Hans Khanan Wartenburg
*6.10.1919 in Beuthen; ✡ 1945 Todesmarsch ab Flossenbürg
Staatsangehörigkeit deutsch
Religion jüdisch
Vater Abraham Wartenburg *22.3.1887 in Wirsitz; Anstreicher; ✡ Juni 1942 in Auschwitz
Mutter Berta Fröhlich *10.3.1886 in Königshütte; ✡ Juni 1942 in Auschwitz
Geschwister
Ilse Judith Wartenburg; oo Hermann Koplowitz; Sohn Ezra *20.10.1936 in Haifa
Beruf Anstreicher
Adressen
Heirat 2.11.1942 in Paderborn Gisela Säbel *22.11.1920 in Leipzig; ✡ Juni 1942 in Auschwitz Kinder –
Weiterer Lebensweg
8 Jahre deutsche Volksschule
Vor 1936 Schwester Ilse und Ehemann mit Handwerker-Zertifikat A III (Zahlung von 250 Palästina Pfund) nach Haifa
17.5.1939 mit den Eltern in Beuthen bei Minderheiten-Volkszählung
23.6.1939 Vertrag zwischen der RVJD und der Stadt Paderborn zur Errichtung des Umschulungs- und Einsatzlagers Paderborn, Grüner Weg 86;
10.11.1939 aus dem Hachschara Lager Ellguth bei Steinau kommend angemeldet in Paderborn
1.3.1940 Gisela Säbel aus Leipzig angemeldet in Paderborn
5.7.1941 behördliche Anordnung zur Auflösung der Hachschara-Lager; Umbenennung „Jüdisches Arbeitseinsatzlager Paderborn“
23.6.1942 Deportation der Eltern aus Gleiwitz nach Auschwitz
November 1942 in Kraft tretendes Gesetz: „Alle im Reich gelegenen Konzentrationslager sind judenfrei zu machen und sämtliche Juden sind nach Auschwitz und Lublin zu deportieren.“
2.11.1942 Heirat vor dem Standesamt in Paderborn mit Gisela Säbel
20.2.1943 neue Richtlinien des Reichssicherheitshauptamtes für die „technische Durchführung der Evakuierung“
März 1943 Reichsweite „Fabrikaktion“, alle noch in Arbeitslagern und kriegswichtigen Betrieben beschäftigten „Volljuden“ werden verhaftet und in Konzentrationslager nach Auschwitz und ins „Generalgouvernement“ deportiert
27.2.1943 Befehl von Wilhelm Pützer (1893-1945), Leiter des Judenreferats der Gestapo-Außendienststelle Bielefeld, das „jüdische Arbeitseinsatzlager in Paderborn“ aufzulösen und deren Insassen und weitere Juden aus dem Sprengel bis zum 1. März, also zwei Tage später, nach Bielefeld zu bringen, wo sie „spätestens“ bis 13 Uhr im „Saal der Eintracht“ eintreffen mussten.
27.2.1943 die Pforte des Lagers Paderborn wird von Polizisten bewacht, um Fluchten zu verhindern
1.3.1943 Auflösung des Arbeitslagers Paderborn; mit der Bahn nach Bielefeld, dann mit Bussen ins Sammellager Saal im Haus der Gesellschaft „Eintracht“ am Klosterplatz
Erwin Angress berichtet:
„Die Jüdischen Lagerinsassen – insgesamt 99 – wurden in Extrawagen nach Bielefeld transportiert, die an den fahrplanmäßigen Zug ab Paderborn am 1.3.43 um 8.24 Uhr angehängt wurden. In Bielefeld gab es im Saal des Vereinslokals ,Eintracht‘ ein Sammellager für Juden aus dem ganzen Bezirk. Bereits in der darauffolgenden Nacht vom 1. auf den 2. März 1943 wurden alle Juden zum Bielelelder Güterbahnhof gebracht und in Waggons gepfercht. Mit diesem Zug rollten wir dann nach Auschwitz… Nur 9 Personen haben überlebt.“
2.3.1943 40 Stunden im geschlossenen Güterwaggon, Transport Bielefeld über Hannover – Erfurt – Dresden nach Auschwitz mit allen 98 Chawerim aus dem Arbeitslager
3.3.1943 Ankunft und Selektion in Auschwitz; Ernst Michel berichtet:
„Es gab nun zwei Reihen, beide rückten langsam voran. Männer an eine Seite, Frauen an die andere. … Issy schlurfte neben mir. Er war in Paderborn einer der charismatischen und zuverlässigsten Leiter. Er war dynamisch, optimistisch und stets hilfsbereit. Er war stark wie ein Stier. Er hatte Lilo in Paderborn geheiratet einige Wochen vor unserer Deportation. Sie war bereits auf der anderen Seite. Tränen rannen sein Gesicht hinunter. Ich berührte ihn. Er nickte nur.“
Hans Wartenburg eingewiesen in Auschwitz III zum Aufbau des IG-Farben Werkes Buna Monowitz, Häftlingsnummer 105055
Kalendarium von Auschwitz vom 3.3.1943
„Reichssicherheitshauptamt Transport, Juden aus Berlin. Nach der Selektion lieferte man 535 Männer als Häftlinge ins Lager ein, sie bekamen die Nr. 104 890 – 105 424; 145 Frauen bekamen die Nr. 36 9035 – 37 079. Die übrigen wurden vergast.“
18.1.1945 „Evakuierung aller drei Auschwitz-Lager; ca 60 000 Häftlinge auf dem Todesmarsch über 80 km von Auschwitz nach Gleiwitz; Isidor Philipp berichtet:
„Wer sich hinlegte, wurde von den SS-Männern, die auf Motorrädern fuhren, erschossen.“
„Von dort begann dann – in offenen Kohlewaggons und bei 15 Grad unter Null – die Fahrt durch Polen, Tschechoslowakei und Österreich zurück nach Deutschland.“
6.2.1945 Ankunft nach Todesmarsch im KL Flossenbürg Häftlingsnummer 47902
Vermutlich im April 1945 bei Evakuierung des KL Flossenbürg auf dem Todesmarsch nach Dachau ermordet
Gedenken
29.10.1955 Pages of Testimony für Hans und seine Frau Gisela, sowie für die Eltern von Schwester Jehudit
Quellen
Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939
https://collections.arolsen-archives.org/de/document/130832165
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de986177
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de956701
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de986176
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de986203
Mandat zur Einbürgerung in Palästina, 1937-1947
Margit Naarmann, Ein Auge gen Zion, Paderborn, 2000; ISBN3-89498-087-7
Ernest W. Michel, „Promises Kept – Ein Lebensweg gegen alle Wahrscheinlichkeiten“, 2013
Kurt Salinger, Nächstes Jahr im Kibbutz, Paderborn 1998