Walter Steinitz
*5.10.1910 in Hindenburg; ✡ 27.2.2012

Staatsangehörigkeit deutsch
Religion jüdisch
Vater Alexander Steinitz
Mutter Alma Bändel Steinitz *14.11.1877 in Ruda Zabrze/Hindenburg; ✡in Brasilien
Geschwister
Kurt Steinitz *14.1.1907 in Hindenburg; ✡April 2008 in Paderborn
Vier ältere Geschwister:
Irma Steinitz überlebt in Brasilien, später Israel
Hanne Steinitz überlebt in Israel
Marie Steinitz oo Leo; ✡ in der Shoa
Josef Steinitz *7.8.1901 in Hindenburg; ✡ nach 16.5.1942 in Auschwitz mit seiner Familie; oo Ruth Fröhlich *2.7.1906; Tochter Eva *1.11.1937
Beruf –
Adressen Hindenburg; Paderborn, Grüner Weg 86

Heirat Ruth Heilbronn *1913
Kinder –
Weiterer Lebensweg
10.11.1938 Bruder Josef Steinitz verhaftet in Gleiwitz im Novemberpogrom

12.11.1938 Bruder Josef „Schutzhaft“ in Buchenwald; Häftlingsnummer 27200
4.12.1939 entlassen aus Buchenwald
17.5.1939 mit der Mutter und Bruder Kurt in Hindenburg bei Minderheiten-Volkszählung
Ende Juni 1939 mit der Aufbaugruppe des Hechaluz nach Paderborn geschickt
4.7.1939 angemeldet im Umschulungs- und Einsatzlager Paderborn, Grüner Weg 86
Arbeitet zunächst beim Aufbau, dann aber nur im „Innendienst“ des Lagers, Reparaturarbeiten
Jan. 1940 Mutter Alma emigriert als Witwe nach Brasilien zur Tochter Irma
10.8.1940 24 Personen aus dem Umschulungslager, darunter Walter Steinitz abgemeldet aus Paderborn, zunächst Zugfahrt nach Berlin
16.8.1940 mit dem Zug aus Deutschland fahren 350 Jugendliche und 150 Eltern, die bereits Kinder in Palästina hatten, nach Wien mit dem Ziel über die Schwarzmeerroute nach Haifa zu kommen
30.8.1940 mit einer Gruppe von 24 Chawerim aus Paderborn offiziell abgemeldet nach „Paraguay“
Zwei bis drei Wochen in Wien, in einer jüdischen Schule oder Lehrlingsheim
3. 9.1940 mit dem Zug von Wien nach Pressburg/ Bratislava an die Donau;
10.9.1940 zum Donauhafen von Bratislava; dort Verteilung der Chalutzim auf die drei Ausflugsdampfer URANUS, MELK und SCHÖNBRUNN
10.-20.9.1940 von Bratislava nach Tulcea am Schwarzen Meer;
Anfang Oktober 1940 werden 1000 Flüchtlinge auf die drei Schiffe SS PACIFIC, SS MILOS und SS ATLANTIC verteilt, Deutsche auf die PACIFIC, Tschechen auf die MILOS. Zwischenstopp auf Kreta, um Kohle aufzunehmen
31.10.1940 von britischer Marine aufgebracht und in den Hafen von Haifa geleitet
1.11.1940 Ankunft der SS PACIFIC in Haifa. Die Passagiere der SS PACIFIC werden auf die SS PATRIA umgeschifft, dem von den Briten beschlagnahmten, als Truppentransporter umgebauten, großen französischen Frachtschiff (18 000 t)
5.11.1940 Ankunft der tschechischen Emigranten auf der SS MILOS, die ebenfalls auf die PATRIA verbracht werden
8.11.1940 Registrierung im Camp Atlith; gibt als Referenz an
zunächst auch zur Deportation nach Mauritius vorgesehen
23. oder 24.11.1940 Ankunft der SS ATLANTIC in Haifa
25.11.1940 Sprengstoff-Anschlag der Haganah im Maschinenraum der SS PATRIA
Walter Steinitz, ebenfalls aus dem Umschulungslager Paderborn kommend, berichtet:
“ Am 25.November morgens um neun Uhr mussten alle auf die Reling, denn der Colonel hatte die Instruktion gegeben, aber um 9.12 Uhr hatte ein Kommando von 60-80 jungen Leuten ins Wasser zu springen, um die Engländer abzulenken, die mit kleinen Booten die Menschen auffischten. Zeitentsprechend zündete einer von uns eine Bombe, keine Zeitbombe, und ist mitgetötet worden. Es war der zweite Transportleiter – Hans Wendel. Niemand hatte von dieser Aktion gewußt – außer acht Leuten. Innerhalb von ein paar Minuten neigte sich das Schiff zur Seite. … Von den 4000 auf der SS PATRIA zusammengedrängten Menschen verloren etwa 260 ihr Leben.“
Die ins Wasser gesprungenen und die an Bord Überlebenden werden als Schiffbrüchige der SS Patria von den Briten an Land gebracht.
25.11.1940 Internierung in einer Lagerhalle im Hafen von Haifa; die von Bord gesprungenen werden in die Arrestzellen der Polizeiwache von Haifa; Serie von Verhören, insbesondere wenn sie von den Briten der Zugehörigkeit zur Haganah verdächtigt wurden.
26.11. und 8.12.1940 die Überlebenden der SS PATRIA werden mit Bussen in das Internierungscamp Atlith verbracht;
Dezember 1940 noch auf die Umladung wartenden 1581 Emigranten auf der MILOS und ATLANTIC werden als „Detainees“ mit holländischen Frachtschiffen nach Mauritius deportiert. Dort trafen sie am 26.12.1940 ein und wurden in das das Zentralgefängnis von Mauritius nahe Beau Bassin verbracht.
1940 zunächst nur Freilassung kleiner Gruppen aus dem Camp Atlith, die eine Aufnahmeadresse in Palästina vorweisen können
September -Dezember 1941 Entlassung der meisten Internierten aus dem Camp Atlith
5.10.1941 Entlassung aus dem Camp Atlith, Walter Steinitz kommt bei zwei Cousins unter.
12.8.1945 Es sollte noch bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges dauern, bevor die 1.310 überlebenden Flüchtlinge aus Mauritius auf der SS FRANCONIA in das ersehnte Eretz Israel gebracht werden konnten.
Weiteres Schicksal der Familie
Arbeitet für einen großen Verkehrsbetrieb als Mechaniker
19.-28.5.1989 mit Bruder Kurt auf Einladung der Stadt zu Besuch in Paderborn mit einer Gruppe der überlebenden Paderborn Chawerim
Gedenken
Grabstein Tsur Shalom Cemetery, Kiryat Bialik, Israel
Quellen
Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939
Margit Naarmann, Ein Auge gen Zion, Paderborn, 2000; ISBN3-89498-087-7
Manfred de Vries, Mauritius – Insel des Lebens, BtJ-Magazin, April 2019
https://www.ushmm.org/online/hsv/person_view.php?PersonId=9969354
https://www.ushmm.org/online/hsv/person_advance_search.php?SourceId=19584
www.raoulwallenberg.net/general/ruth-kl-uuml-ger-mossad-le/
Rudolf Stern (Chawer aus Dortmund), Meine Aliyah – 13. Oktober 1939 – 29. Januar 1940; unveröffentlichtes Manuskript, 1987