Martin Michel
*7.10.1920 in Bonbaden, Gießen; ✡ 27.3.2009 in Shawnee Mission, USA
Staatsangehörigkeit deutsch
Religion jüdisch
Vater Hermann Michel *17.11.1877 in Immendorf; ✡ Izbica
Mutter Friederike Kahn *28.9.1888 in Bonbaden; ✡23.10.1929 in Immendorf
Stiefmutter Sybilla Fränkel *22.12.1888 in Friesheim; ✡ Izbica
Geschwister
Irma Michel *3.8.1911 in Immendorf; ✡ Dezember 1965 in England; oo Butler
Betty Michel *11.10.1913 in Koblenz; ✡1985 in Shawnee USA; oo Moses Sonnenberg
Helga Michel *13.7.1923 in Bonbaden; ✡ Izbica
Beruf Landarbeiter
Adressen Bonbaden; Immendorf; Friedersdorf
Heirat 11.6.1942 in Friedersdorf Ilse Berlowitz *27.4.1921 in Tilsit; ✡ 2013 in Shawnee Mission
Kinder
Marion Elisabeth Michel *2.2.1947 in Fulda (Gehringshof); ✡15.2.2003 in Arizona; oo Fred Tenney
Weiterer Lebensweg
8 Jahre Volksschule, 2 Jahre Handelsschule
1927 Umzug der Familie nach Konstanz
1938 Schwester Betty flieht nach Holland
1938 Zwangsarbeit in der Eifel
1938 auf Hachschara Gut Winkel, Spreenhagen
Hachschara im Landwerk Ahrensdorf
5.7.1941 behördliche Anordnung zur Auflösung der Hachschara-Lager; Sommer1941 48 in Ahrensdorf übrige Chaluzim kommen nach Neuendorf;
Hachschara Gut Skaby bei Friedersdorf
22.3.1942 Deportation des Vaters, der Stiefmutter und Schwester Helga von Koblenz ins Ghetto Izbica
11.6.1942 in Friedersdorf Heirat mit Ilse Berlowitz
26.2.1943 verhaftet in Friedersdorf, Gut Skaby und ins Sammellager nach Berlin verbracht
1.-2.3.1943 mit Ehefrau Ilse auf dem 31. Osttransport aus Gut Skaby deportiert von Berlin nach Auschwitz; ebenfalls die Skaby Chawerim Erich und Siegfried Tichauer mit Frau Margarete
Der erste im Rahmen der „Fabrikaktion“ aus Berlin abgehende Transport vom 1.3.43 war zugleich der 31. Osttransport. Die zugehörige Transportliste enthält 1838 Namen, von denen allerdings 102 wieder gestrichen wurden, womit die Gesamtzahl Deportierter 1736 beträgt. Von ihnen kamen 1647 aus Berlin und weitere 89 aus verschiedenen Orten und jüdischen Arbeitslagern im Brandenburger Umland von Berlin. Am 2.3. wurden im Konzentrationslager Auschwitz lediglich 677 jüdische Häftlinge als arbeitsfähig neu registriert, davon 292 Männer und 385 Frauen. Die übrigen 1059 Männer, Frauen und Kinder des 31. Osttransports wurden demnach sofort ermordet.
2.3.1943 in Auschwitz als „arbeitsfähig“ selektioniert; Häftlingsnummer 104833
Die Männer der Skaby Gruppe werden nach Jawischowitz geschickt.
Verlegt ins Außenlager Jawischowitz des KL Auschwitz, ehemals Bergwerk Andreasschächte (bestand vom 15.8.1942 bis 19.1.1945). In Jawischowitz gab es mit Kurt Julius Goldstein den einzigen jüdischen Lagerältesten im gesamten Auschwitz-Lagerkomplex, KPD, Interbrigadist; die SS gab ihm den Spitznamen „Judenkönig“
Ausbruchsversuch in Jawischowitz
Friedel Tichauer berichtet:
„Es begann mit dem Gedanken, als Fluchtmöglichkeit aus dem Lager Jawischowitz einen Tunnel unter dem Block zu graben, in dem wir lebten. Die Entfernung zwischen uns und der Freiheit betrug sechs Meter. … Bis heute weiß ich nicht, wer uns verraten hat. An einem der letzten Tage wurden wir von den Lageraufsehern überrascht. … Man stellte keine Fragen, sondern begann sie brutal zu schlagen. Die ganze Aufmerksamkeit der SS-Männer wandte sich Martin Michel zu. Mich ließ man einfach stehen. Ich werde das schreckliche Bild meines Freundes Martin nie vergessen. Nach den Schlägen nahm die SS Martin mit.“
Alfred Ohnhaus berichtet aus dem Jahre 1944
„Nach einem Jahr erreichte uns die Meldung, dass Martin Michel wegen eines Fluchtversuches in Jawischowitz sich im Kerker der politischen Abteilung der SS (nicht SS, sondern Gestapo FJW) in Buna befände… Da wir Verbindung mit der kommunistischen Untergrundbewegung hatten, sprach Piese ( Zimche)ein Mitglied dieser Bewegung, einen jungen jüdischen Mann namens Zahler, an. Mit Hilfe von Verbindungen, die sich so nur in den Lagern entwickeln konnten, konnte Zahler mit dem Kapo des Blocks, in dem die Gefangenen der politischen Abteilung lebten, Kontakt aufnehmen und ihm sagen, er solle auf Martin achten und sich bemühen, ihn dort rauszuholen. Dieser Kapo sorgte dafür, dass Martin in den Krankenblock verlegt wurde. Gleichzeitig verschwand bei der politischen Abteilung Martins Akte …“
Seit der Flucht musste Martin zusätzlich zum Winkel den „Fluchtpunkt“ tragen und durfte nicht außerhalb des Lagers eingesetzt werden.
„Fluchtpunkt-Träger“ in Auschwitz und Buchenwald
4.9.1944 Deportation der Schwester Betty aus Westerbork nach Theresienstadt
1.12.1944 Langensalza
2.12.1944 aus Auschwitz verlegt ins KL Buchenwald
In Buchenwald trifft er Arthur Posnanski wieder:
„Dort habe ich auch Martin Michel getroffen, den ich bereits von früher her kannte. Er gehörte zu der „Alten-Hachschara“ (Paderborn). Ich erinnere mich, dass ich ihm einmal mein Band, dass mich als Funktionär auswies, zugeworfen habe, wodurch er sich vor einem Transport hatte retten können.“
2.12.1944 Arbeitskommando La = „Laura“, Bem. „Fluchtpunkt“
Das Außenlager „Laura“ bei Lehesten im Thüringer Schiefergebirge wurde im September 1943 eingerichtet. Im Schiefersteinbruch Untertage-Raketentriebwerkproduktion für den Rüstungsbetrieb „Vorwerk Mitte“.in Thüringen; Produktion von Bauteilen für die V2-Rakete;
11.4.1945 Befreiung in Buchenwald
6.5.1945 entlassen aus Buchenwald durch alliierte Kommission
2.2.1947 Tochter Marion auf dem Gehringshof geboren
6.7.1947 mit Frau Ilse gegistriert im „Kibbuz Buchenwald“ auf dem Gehringshof
28.8.1947 im DP Camp Assembly Center 590
15.-27.10.1947 mit Ehefrau und Tochter auf dem USS Transporter ERNIE PYLE von Bremen nach New York
Gedenken
7.9.1999 Pages of Testimony für den Vater, die Schwester Helga und die Stiefmutter Sybilla Fränkel von Martin Michel
Quellen
Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939
Arthur Posnanski, Auschwitz, in: Wiehn Erhard (Hrsg) Wer hätte das geglaubt, 2010, Hartung Gorre Verlag
https://collections.arolsen-archives.org/de/document/11249026
https://collections.arolsen-archives.org/de/document/127212441
https://www.statistik-des-holocaust.de/list_ger_ber_ot31.html
Margit Naarmann, Ein Auge gen Zion, Paderborn, 2000; ISBN3-89498-087-7
Ernest W. Michel, „Promises Kept – Ein Lebensweg gegen alle Wahrscheinlichkeiten“, 2013
Kurt Salinger, Nächstes Jahr im Kibbutz, Paderborn 1998