Max Levisohn
*30.12.1879 in Bochum; ✡ nach dem 22. 4 1942 im Ghetto Izbica
Staatsangehörigkeit deutsch
Vater Hermann Levisohn *28.10.1842; Kanzleigehilfe; ✡30.6.1914 in Bochum
Mutter Dina Müller ✡ in Bochum
Geschwister
Albert Levisohn * 11.7.1876 in Bochum; ✡24.3.1938 in Essen; oo Anna Vockenroth
Paula Levisohn * 31.12.1878 in Bochum; ✡22.2.1879 in Bochum
Leo Levisohn * Januar 1882 in Bochum; ✡3.7.1916 in Gelsenkirchen
Julius Levisohn *23.3.1883 in Bochum; ✡5.5.1915 in Bochum
Paul Levisohn * 27.10.1888 in Bochum; ✡24.5.1890 in Bochum
Else Levisohn * 12.4.1890 in Bochum; ✡19.4.1890 in Bochum
Martha Levisohn * Nov..1891 in Bochum; ✡21.4.1893 in Bochum
Walter Levisohn * 21.2.1893 in Bochum; ✡8.4.1893 in Bochum
Onkel Moritz Levisohn *9.5.1848; ✡11.6.1891 in Bochum
Tante Johanne Levisohn geb. Friedheim *21.1.1848; ✡8.1.1920 in Bochum
Schwägerin Anna Maria Levisohn geb. Vockenroth *1883; ✡23.10.1947 in Bochum
Beruf Lehrer und Kantor
Adressen Bochum, Obere Marktstraße 23, Bongardstraße 26, Kaiserstraße 9; Korbach; Lippstadt; Essen, von-Seeckt-Str. 47, Saarbrücker Straße 39 Judenhaus
Heirat
1. Ehe Paula Israel *23.7.1886; ✡ 20.2.1919 in Bochum
2. Ehe 1921 Paula Löwenstein * 9. 7. 1880 in Bocholt; ✡ nach dem 22. 4 1942 Izbica
Kinder
Tochter aus erster Ehe
Ruth Levisohn *13.1.1922 in Essen; ✡ nach dem 22. 4 1942 im Ghetto Izbica
Sohn aus zweiter Ehe
Heinz Levisohn David Bar-Levi *22.7.1912 in Essen; ; ✡19.5.1991 in Jerusalem; oo Ruth Rita Malinowski *26.1.1914 in Berlin
Weiterer Lebensweg
Max Levisohn mit Unterstützung der Haindorfschen Stiftung Ausbildung zum Elementarlehrer am jüdischen Lehrerseminar Marks-Haindorf-Stiftung in Münster
Bis 1904 Lehrer in Korbach, Waldeck
1904-1910 Lehrer an der jüd. Schule in Lippstadt; dort auch Kantor und Prediger; 1909 nur noch 7 jüdische Kinder. Da die Gemeinde 1910 das Gehalt für den Lehrer nicht mehr aufbringen konnte, wurde die Schule geschlossen.
1910 Lehrer an der jüdischen Volksschule Gerlingstraße in Essen, letzter Schulleiter in der Dreilindenstraße in Essen; Leiter des Schülerchors; nebenamtlich zweiter Kantor der Gemeinde
19. 2. 1921 Paula Löwenstein zieht nach Essen
„Neben seiner Tätigkeit als Lehrer an dieser Schule wurde Max Levisohn auch Kantor (Vorbeter) an der neuen […] Synagoge am Steeler Tor, wo er auch den gemischten Chor und den Kinderchor leitete. Nicht selten hat er auch den Organisten vertreten, was er jedes Mal mit großer Freude und musikalischem und technischem Können tat. Neben seinem Beruf betätigte er sich aktiv in verschiedenen Organisationen, wie z.B. im Verband der jüdischen Jugendvereine, deren Landesvorstand er angehörte, und natürlich im jüdischen Lehrerverband – Rheinland/Westfalen[-]. Außerdem gehörte er dem Centralverein deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens an.“
Benjamin K. R. (*1929 ),1936 in die jüdische Volksschule in Essen eingeschult, berichtet,
„Mein Lehrer im 1. und 2. Schuljahr war Herr Levisohn, den die Schüler seiner
Klasse „Spinnewippken“ nannten. Herr Levisohn war ein sehr anständiger
Mann. Er schlug die Kinder nicht und trug einen Stock nur als Drohung bei sich.“
„es habe an der Schule eine Lehrerin gegeben, die die Schüler mit einer Rute schlug. Auch der Lehrer Levisohn sei immer mit einem Stock in der Klasse herumgegangen, habe aber keinen Gebrauch von ihm gemacht .
Ebenso Rita R., Jahrgang 1927, sie berichtet:
„dass fast alle Lehrer der Essener jüdischen Schule die Schüler schlugen. Diese Bestrafungen, so R., seien in einem Rahmen erfolgt, in dem es zur damaligen Zeit „für Lehrer üblich“ gewesen sei, Schüler zu strafen.“
9./10.1938 Heinz Levisohn in Stettin im Novemberpogrom verhaftet, „Schutzhaft“ im KL Sachsenhausen
17.5.1939 in Essen bei Minderheiten-Volkszählung
17.5.1939 Sohn Heinz mit Ehefrau Ruth Rita in Stettin bei Minderheiten-Volkszählung
Dezember 1939 Ankunft von Heinz Levisohn mit Zertifikat und regulärem Visum in Haifa
16.8.1940 Ruth Rita Levisohn mit dem Zug aus Deutschland mit 350 Jugendlichen und 150 Eltern, die bereits Kinder in Palästina hatten, nach Wien mit dem Ziel über die Schwarzmeerroute nach Haifa zu kommen
30.8.1940 mit einer Gruppe von 29 Chawerim aus Paderborn offiziell abgemeldet nach „Paraguay“
Zwei bis drei Wochen in Wien, in einer jüdischen Schule oder Lehrlingsheim
3. 9.1940 mit dem Zug von Wien nach Pressburg/ Bratislava an die Donau
Nach einer Woche auf einem Ausflugsdampfer von Bratislava nach Tulcea am Schwarzen Meer;
Anfang Oktober 1940 werden 1000 Flüchtlinge auf die drei Schiffe SS PACIFIC, SS MILOS und SS ATLANTIC verteilt, Deutsche auf die PACIFIC, Tschechen auf die MILOS.
31.10.1940 von britischer Marine aufgebracht und in den Hafen von Haifa geleitet
1.11.1940 Ankunft der SS PACIFIC in Haifa.
4.11.1940 Die Passagiere der SS PACIFIC werden auf die SS PATRIA umgeschifft, dem von den Briten beschlagnahmten, als Truppentransporter umgebauten, großen französischen Frachtschiff (18 000 t)
5.11.1940 Ankunft der tschechischen Emigranten auf der SS MILOS, die ebenfalls auf die PATRIA verbracht werden
6.11.1940 Registrierung von Ruth Rita Levisohn im Camp Atlith; gibt als Referenz Ehemann Heinz Levisohn, Jerusalem, Rochavia 35 Ben Maimon Str. C/o Marcus an
zunächst auch zur Deportation nach Mauritius vorgesehen
23. oder 24.11.1940 Ankunft der SS ATLANTIC in Haifa
25.11.1940 Sprengstoff-Anschlag der Haganah im Maschinenraum der SS PATRIA
Walter Steinitz, aus dem Umschulungslager Paderborn kommend, berichtet:
“ Am 25.November morgens um neun Uhr mussten alle auf die Reling, denn der Colonel hatte die Instruktion gegeben, aber um 9.12 Uhr hatte ein Kommando von 60-80 jungen Leuten ins Wasser zu springen, um die Engländer abzulenken, die mit kleinen Booten die Menschen auffischten. Zeitentsprechend zündete einer von uns eine Bombe, keine Zeitbombe, und ist mitgetötet worden. Es war der zweite Transportleiter – Hans Wendel. Niemand hatte von dieser Aktion gewußt – außer acht Leuten. Innerhalb von ein paar Minuten neigte sich das Schiff zur Seite. … Von den 4000 auf der SS PATRIA zusammengedrängten Menschen verloren etwa 260 ihr Leben.“
Die ins Wasser gesprungenen werden als Schiffbrüchige der SS Patria von den Briten an Land gebracht. 25.11.1940 Die Schiffbrüchigen der SS PATRIA werden mit Bussen in das Internierungscamp Athlith verbracht, wo sie z.T. über ein Jahr verbleiben, da immer nur kleine Gruppen freigelassen werden.
Die noch auf die Umladung wartenden 1581 Emigranten auf der MILOS und ATLANTIC werden als „Detainees“ mit holländischen Frachtschiffen nach Mauritius deportiert. Dort trafen sie am 26.12.1940 ein und wurden in das das Zentralgefängnis von Mauritius nahe Beau Bassin verbracht. Es sollte noch bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges dauern, bevor die 1.310 überlebenden Flüchtlinge endlich am 12.8.1945 auf der SS FRANCONIA in das ersehnte Eretz Israel gebracht werden konnten.
2.10.1941 Entlassung von Ruth Rita Levisohn aus dem Camp Atlith; sie geht zum Ehemann Heinz nach Jerusalem
1941 Entzug der Schulleitung der jüd. Schule Essen und Zwangspensionierung von Max Levinsohn
In der Von-Seeckt-Straße gab es zwischen 1939 und 1942 zwei „Judenhäuser“, Haus Nr. 32 und Haus Nr. 47. Die jüdischen Hauseigentümern mussten 45 Juden aufnehmen, so wurden auch Max, Paula und Ruth Levinsohn zwangsweise in das Judenhaus Von-Seeckt-Straße 47 einquartiert.
22. 4.1942 Max, Tochter Ruth Wolff und Ehefrau Paula Levisohn mit 355 Juden aus Essen, insgesamt 942 Juden ab Düsseldorf nach Izbica deportiert; die Tochter Ruth hatte offenbar kurz zuvor einen Herrn Wolff geheiratet.
Im Bericht der Gestapo Düsseldorf heißt es zum Transport:
„Am Mittwoch dem 22.4.1942, 11.06 Uhr, hat Transportzug Nr. Da 52 den Abgangsbahnhof Düsseldorf-Derendorf in Richtung Izbica mit insgesamt 941 Juden verlassen.“
Tod im Ghetto Izbica
Gedenken
Grabstein für Hermann Levisohn auf dem jüd. Friedhof Wiemelhausen
Grabstein für Albert Levisohn auf dem jüdischen Friedhof Wiemelhausen
Grabstein für Julius Levisohn auf dem jüdischen Friedhof Wiemelhausen
Grabstein für Paula Levisohn geb. Israel auf dem jüd. Friedhof Essen
Gedenkstein für Max Levisohn
Stolpersteine für Max, Paula und Ruth Levinsohn in Essen, Von-Seeckt-Straße 47
Quellen
Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939
Mandat zur Einbürgerung in Palästina, 1937-1947
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de914592
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de914596
https://www.ushmm.org/online/hsv/person_advance_search.php?SourceId=19584
https://www.ushmm.org/online/hsv/person_view.php?PersonId=9969147
Hubert Schneider, Die Entjudung des Wohnraums: Judenhäuser in Bochum; Münster, 2010
Hubert Schneider, Leben nach dem Überleben; LIT-Verlag 2014
Gedenkbuch der Opfer der Shoa aus Bochum und Wattenscheid, 2000
Manfred Keller/Gisela Wilbertz (Hg.), Spuren im Stein. Ein Bochumer Friedhof als Spiegel jüdischer Geschichte, Essen 1997