Hanna Johanna Lewy
*30.5.1926 in Caan, Anhausen, Neuwied; ✡ Juni 2014 in Netzer Sereni
Staatsangehörigkeit deutsch
Religion jüdisch
Vater Fritz Levy *21.7.1898 in Anhausen, Westerwald ✡24.7.1942 Maly Trostinec bei Minsk
Mutter Selma Schönenberg *5.8.1897 in Geistingen, Hennef ✡ Juli 1942 Maly Trostinec bei Minsk
Geschwister – Einzelkind
Beruf –
Adressen Hennef und Neuwied
Heirat Leo Engel im Kibbuz Netzer
Kinder
zwei Söhne, Ezra und Nadav
zwei Töchter; 13 Enkel
Weiterer Lebensweg
1927 Umzug der Familie nach Neuwied
10.11.1938 Vater verhaftet im Novemberpogrom, Demolierung der Wohnung, Onkel Ferdinand an den Folgen der Misshandlung durch SA-Schläger gestorben
15.11.1938 Vater in „Schutzhaft“ im KL Dachau
16.2.1939 Entlassung des Vaters aus dem KL Dachau mit der Auflage, Deutschland zu verlassen
17.5.1939 mit den Eltern bei Minderheiten-Volkszählung
1940 vom Palästinaamt Berlin zur Hachschara ins Landwerk Ahrensdorf eingeladen
Februar 1941 Ankunft mit zwei anderen Mädchen in Ahrensdorf, Lager des Pfadfinderbund Makkabi HaZair; sie werden am Bahnhof Trebbin von einem Jungen (Peter) mit Leiterwagen mit Pferd abgeholt.
5.7.1941 behördliche Anordnung zur Auflösung der Hachschara-Lager; Umbenennung der noch bestehenden in „Jüdisches Arbeitseinsatzlager“
Juli -September 1941 Auflösung des Hachscharalagers Ahrensdorf; Verlegung in das Lehrgut Neuendorf im Sande;
20.7.1942 Eltern auf dem Transport nach Minsk;
24.7.1942 Massenerschießung des gesamten Transports im Wald von Blagowszscina
November 1942 in Kraft tretendes Gesetz: „Alle im Reich gelegenen Konzentrationslager sind judenfrei zu machen und sämtliche Juden sind nach Auschwitz und Lublin zu deportieren.“
20.2.1943 neue Richtlinien des Reichssicherheitshauptamtes für die „technische Durchführung der Evakuierung“
März 1943 Reichsweite „Fabrikaktion“, alle noch in Arbeitslagern und kriegswichtigen Betrieben beschäftigten „Volljuden“ werden verhaftet und in Konzentrationslager nach Auschwitz und ins „Generalgouvernement“ deportiert
10. 4.1943 Aus Neuendorf mit LKW nach Fürstenwalde, von dort mit der Bahn nach Berlin; zu Fuß ins Sammellager Große Hamburger Straße
19.4.1943 auf dem 37. Osttransport als Teil der Fabrikaktion, allein 153 Personen aus dem Landwerk Neuendorf bei Fürstenwalde.
Esther Bejarano erinnert sich:
„Wohin der Zug fuhr, wussten wir nicht. Die Waggons waren überfüllt und wir konnten uns kaum bewegen. Wenn wir mal austreten wollten, mussten wir über die Menschen steigen, um an die Kübel in der Ecke zu gelangen. Die Luft in den Waggons war miserabel und wurde immer schlechter.“
Esther berichtet auch, dass viele alte und schwache Menschen diesen mehrere Tage dauernden Horrortrip in den Viehwaggons nicht überlebten. Ihre Leichen blieben die ganze Zeit in den Waggons.
Mit Esther saßen viele der Jugendlichen im Waggon, mit denen sie in Neuendorf zusammen war: Eli Heymann, Schimschon Bär, Schoschana Rosenthal, Miriam Edel, Anne Borinski, Hilde Grünbaum, Karla und Sylvia Wagenberg, Herbert Growald und noch viele andere. 20. 4. 1943 Ankunft in Auschwitz; Notiz im Lagerbuch von Auschwitz:
„Mit einem Transport der RSHA […] sind etwa 1 000 jüdische Männer, Frauen und Kinder eingetroffen. Nach der Selektion werden 299 Männer, die die Nummern 116754 bis 117502 erhalten sowie 158 Frauen, die die Nummern 41870 bis 42027 erhalten, als Häftlinge in das Lager eingewiesen.
Die übrigen 543 Deportierten werden in den Gaskammern getötet.“
Häftlingsnummer ?
Sie arbeitet im Stabsgebäude der SS mit 300 anderen Jüdinnen
15.1.1945 die Häftlinge in Auschwitz hören den russischen Kanonendonner 30 km aus dem Osten
18.1.1945 Evakuierung aller drei Auschwitz-Lager; ca 60 000 Häftlinge;
18.1.1945 Beginn des Todesmarsches mit 400 Frauen von Auschwitz- Birkenau nach Loslau
Auschwitz-Überlebende berichten von der Brutalität der SS-Leute während des Todesmarsches:
Zofia Posmysz:
„Der letzte Tag in Auschwitz war der 18. Januar. Nach drei Tagen und drei Nächten zu Fuß wurden wir in offenen Güterwagen nach Ravensbrück gebracht.“
Asher Aud:
„Wenn wir sind gegangen Totenmarsch, da sind keine Menschen gegangen, da sind nur Skelette gegangen.“
Sigmund Kalinski:
„Wer nicht konnte oder wer zur Seite war, wurde erschossen, bei ungefähr 15 bis 20 Grad minus in unseren Kleidern.“
Isidor Philipp berichtet:
„Wer sich hinlegte, wurde von den SS-Männern, die auf Motorrädern fuhren, erschossen.“
19. – 23.1.1945 Ankunft in den Eisenbahnknotenpunkten Gleiwitz und Loslau. Von Gleiwitz oder Loslau in Güterwaggons zu westlich gelegen Konzentrationslager wie Buchenwald, Ravensbrück
21./22.1. 1945 Ankunft in Loslau
22.1.-27.1.1945 Transport in offenen Kohlewaggons über KL Groß-Rosen und KL Sachsenhausen (jeweils wegen Überfüllung abgewiesen) bis ins KL Ravensbrück; dort zunächst ins „Jugendlager“,
Nach Schätzungen starben bei diesen Räumungstransporten von Auschwitz insgesamt zwischen 9.000 und 15.000 Häftlinge.
März/ April 1945 bei Auflösung des „Jugendlagers“ für wenige Tage ins „Frauenlager“
Anfang April 1945 mit einem Personenzug ins Lager Malchow, Außenlager des KL Ravensbrück
April 1945 Erneute Todesmärsche“ mit jeweils 2000 bis 3000 Frauen in zahlreichen Kolonnen aus dem bereits überfüllten KL Ravensbrück in mehrere Richtungen. Geschwächte und kranke Häftlinge, die dem Marsch nicht mehr folgen konnten, wurden erschossen. Die etwa 1500 Überlebenden des ca. 60 km langen Fußmarsches, die im April 1945 im Außenlager Malchow ankamen, sollten hier nur wenige Tage bleiben.
April 1945 Ankunft im Außenlager Malchow.
17.4.1945 wird eine Marschkolonne in Richtung Magdeburg erneut auf den Marsch getrieben. Johanna Levy ist in einer Gruppe mit der Madricha Ora Borinski über Magdeburg Richtung Oschatz: Johanna und fünf weitere Frauen setzen sich von der Marschkolonne ab und verstecken sich im Park des Gutshofes Naundorf bei Oschatz. Dort finden sie die Kinder Ursula und Walter des Gutsverwalters Alfred Holschke, der sie auf dem Gelände versteckt. Die drei werden 1997 als „Gerechte unter den Völkern“ in Yad Vashem geehrt.
Hanna und Ora Borinski kommen mit Hilfe von Artur Posnanski nach Buchenwald;
Hannah versucht mit dem Kindertransport für die unter 17-Jährigen unter Begleitung von Anna Borinski in die Schweiz zu kommen, wird aber wegen ihres Alters abgelehnt; dennoch fährt sie mit diesem Zug mit. Sie muss aber mit 75 anderen auf der letzten Station vor der Schweizer Grenze in Frankreich aussteigen, ebenso wie Herschel Schacter (1917-2013), Rabbi der US-Army in Buchenwald. Er organisiert eine einwöchige Unterkunft in Metz und die Reise in ein Auswandererlager in Marseille.
8.7.1945 die Chaluzim reisen auf der SS MATAROA mit einem Gruppeneinreise-Visum; in Neapel nehme sie weitere Migranten auf
16.7.1945 Ankunft in Haifa mit der ersten legalen Alija nach dem Krieg
Internierung durch die britische Mandatsmacht im Camp Atlith
1952 Hannah mit ihren beiden Söhnen Ezra und Nadav in den Kibbutz Netzer-Sereni
Heirat mit Leo Engel in Netzer Sereni
Lebte im Kibbuz Netzer Sereni
Gedenken
25.12.1977 Pages of Testimony für ihre Eltern von Chana Angel Levy Pages of Testimony
Stolpersteine für die Familie Levy in Anhausen, Dierdorfer Straße 56
Quellen
Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939
Israel, Einwanderungslisten
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de912154
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de1000300
https://www.statistik-des-holocaust.de/OT420720_14.jpg
Anneliese Ora Borinski, Erinnerungen
Herbert Fiedler, Eine Geschichte der Hachschara; Verein Internationale Begegnungsstätte Hachschara-Landwerk Ahrensdorf e.V
Herbert und Ruth Fiedler, Hachschara, Hentrich & Hentrich 2004
http://www.hachschara-ahrensdorf.de/html/body_anfang.html
Naftali-Rosenthal-Ron, Aufblitzende Erinnerungen, Autobiografie; deutsche Übersetzung von Alice Meroz, Berlin 2015
Urs Faes, Ein Sommer in Brandenburg, Suhrkamp 2015
https://objekte.jmberlin.de/person/jmb-pers-12574/Herbert+Sonnenfeld?se=Suche&qps=q%3DSonnenfeld
https://www.ortschroniken-mv.de/images/d/d9/MAL_KZ_Aussenlager.pdf
https://www.ernster.com/annot/564C42696D677C7C393738333839313434333533387C7C504446.pdf?sq=2
https://www.topfundsoehne.de/ts/de/service/mediathek/videos/2020/139178.html
https://collections.arolsen-archives.org/de/document/127212883
Ernest W. Michel, „Promises Kept – Ein Lebensweg gegen alle Wahrscheinlichkeiten“, 2013
Video-Interview mit Issy Philipp 1994
Esther Bejarano, Man nannte mich Krümel, Curio Verlag 1989
Esther Bejarano, Erinnerungen, Laika Verlag, 2013
Diethard Aschoff, „Jeden Tag sahen wir den Tod vor Augen“. Der Auschwitzbericht der Recklinghäuserin Mine Winter, in: VZ 94 – 96, 1995 – 97, Hrsg. W. Burghardt, S. 321 – 386
Danuta Czech, Lagerbuch von Auschwitz
https://collections.arolsen-archives.org/de/document/127212883