Tilla Tova Taube Nagler
*14.8.1923 in Tulukow, Sniatyn; ✡ 14.11.2014
Staatsangehörigkeit polnisch; rumänisch ?
Religion jüdisch
Vater Salomon Nagler *24.5.1894 in Liski ✡24.9.1939 in Sachsenhausen
Mutter Czarke „Klara“ Waller *7.10.1899 in Tulukow; ✡ 7.2.1975
Geschwister
Philipp Pinchas Nagler *26.2.1926 in Berlin; ✡ 4.7.1976; oo 1955 Bianca Meisles
Leopold Nagler *21.5.1928 in Berlin; ✡ überlebt in Italien
Beruf Bildende Künstlerin
Adressen
Heirat 1950 Josef Yossi Offenberger *16.11.1914; ✡1.5.1990 in Essex,New Jersey
Kinder
Sohn Offenberger
Tochter Offenberger; oo Rothenberg
Weiterer Lebensweg
Vater führt zwei Konfektions- und Hutgeschäfte
Ostern 1930 Einschulung
1936 wird ein Geschäftslokal demoliert, der Vater übel zusammengeschlagen
1938 Abbruch der Schulausbildung
Ausbildung als Zuschneiderin und Modezeichnerin, Schule am Kurfürstendamm in Berlin
Mitglied im Pfadfinderbund Makkabi HaZair, Gruppenleiter Jizchak Schwersenz
Kurzzeitig zur Ausbildung in der Jugendalija Schule Berlin
17.5.1939 mit den Eltern bei Minderheiten-Volkszählung
1.9.1939 Überfall der Wehrmacht auf Polen
Der Tod des Vaters
9./10. 9.1939 reichsweite 2. Polenaktion, Inhaftierung des Vaters als polnischer Staatsbürger zum „feindlichen Ausländer“ abgestempelt, zunächst Polizeigefängnis
13.9.1939 ins KL Sachsenhausen; die polnischen Juden wurden in den KL Sachsenhausen, Buchenwald und Dachau übelst misshandelt, viele starben in den ersten Wochen
24.9.1939 Tod des Vaters im KL Sachsenhausen; offizielle Diagnose: Lungenentzündung;

Liste der Eingeäscherten Toten des KL Sachsenhausen

Leiche im Krematorium eingeäschert die Urne in ein Sammelgrab, jüdischer Friedhof Weissensee Berlin
Hachschara im Landwerk Ahrensdorf

19.5.1940 Zur Hachschara ins Landwerk Ahrensdorf
Die Flucht des Bruders Philipp
Dezember 1940 trifft sie bei einem Chanukka-Abend im Palästinaamt ihre Mutter und ihren ältesten Bruder Philipp, der auf einen illegalen Transport nach Jugoslawien gehen soll. Im Winter-Halbjahr 1940-1941 gab es eine Reihe weithin unbekannter Fahrten kleiner Schiffe
13. April 1941 Philipp kommt – vermutlich auf der SS HOINAR- in Haifa an.
Die Kinder der Villa Emma
Januar 1941 150 jüdische Kinder aus Berlin, Wien, Leipzig und Frankfurt am Main sollen über Zagreb nach Palästina gebracht werden. Als Begleiterin der 16-köpfigen Mädchengruppe aus Berlin wird Tilla Nagler bestimmt. Mit der Bahn vom Anhalter Bahnhof Berlin über Wien nach Graz an die Jugoslawische Grenze;
ohne Transitvisen von Schleusern nach Slowenien geführt
jüdisches Lager bei Leskovec pri Krškem, Slowenien; dann weiter nach Zagreb
April 1941 Jugoslawien wird von der Wehrmacht besetzt.
Josef Indig führt die Gruppe aus Zagreb in das von den Italienern besetzte Slowenien und bringt sie in einem Jagdschloss in Lesno Brdo nahe bei Ljubliana unter.

17.7.1942 Ankunft mit 40 Kindern und neun Begleitern in Nonantola bei Modena, Italien

Die inzwischen auf 73 Kinder und Jugendliche und 18 Begleiter angewachsene Gruppe lebt dort in der Villa Emma. Die Kinder überleben mit gefälschten italienischen Ausweisen

Juni 1943 Italien von der Wehrmacht besetzt. Flucht über verschiedene Stationen u. ein Mönchskloster bis in die Schweiz.
24.11.1943 Ankunft in der Schweiz; die Behörden wollen sie zunächst nach Deutschland abschieben, lenken dann aber doch ein und gewähren der Kindergruppe Asyl.
Die Flucht der Mutter und des Bruders Leopold
1942 Flucht der Mutter Klara mit Bruder Leopold nach Venedig
Artur Posnanski schreibt:
„Ich erinnere mich daran, dass die ehrenwerte Recha Freier in Berlin ein „Büro“ eröffnete und dort Menschen ohne Bezahlung einen falschen Pass ausstellte, damit sie die Grewnze überschreiten, wohlwissend, dass es nicht legal war. Aber es blieb dabei nur für Einzelgänger. Bei uns war Tilla Nagler, deren Familie diesen Weg wählte.“
5.3.1942 Mitteilung der Gestapo Berlin an die Schulverwaltung bezüglich des Fehlens von Bruder Leo Nagler in der Schule:

21.4.1942 Mutter und Bruder im Internierungscamp Ferramonti di Tarsia
10.9.1943 Befreiung des Lagers durch die VIII. Britische Armee; Umwidmung in ein DP-Camp; 6.9.1945 offizielle Schließung des DP-Camps Ferramonti
Die Zeit nach Kriegsende
Sommer 1945 Tilla Nagler mit Palästinazertifikat aus der Schweiz über Barcelona nach Palästina
20.6.1945 Ankunft Haifa
Kibbuz Maayan Zvi; Wiedersehen mit ihrer Mutter
Tel Aviv
1946-1948 Jerusalem
1949 nach Haifa, wo sie sich zur angesehenen Künstlerin entwickelt
1950 Heirat Yossi Offenberger
Gedenken
Die Kinder der Villa Emma, TV-Film ; 2016
Von ihr geschaffene Großplastiken in Haifa und Nonantola bei Modena
Page of Testimony für Salomon Nagler von seinem Enkel Arie Nagler
Survivor forms für Klara, Tilla, Philipp Nagler von Arie Nagler
Grabsteine für Tilla und Josef Offenberger auf dem Sde Yehoshua Military Cemetery
Grabstein für die Mutter Klara Nagler auf dem Holon Cemetery
Quellen
Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de1125409
https://collections.arolsen-archives.org/de/document/4083630
https://collections.arolsen-archives.org/de/document/130631224
https://collections.arolsen-archives.org/en/document/12666973
https://de.wikipedia.org/wiki/Die_Kinder_der_Villa_Emma
http://www.annapizzuti.it/database/ricerca.php?page=31
Artur Posnanski, Ein Nach-Auschwitz-Bericht, autobiografischer Bericht für die UNO; in: Träume und Hoffnungen Heft 5, Ahrensdorf, undatiert
https://collections.ushmm.org/search/catalog/irn501806
https://www.wlb-stuttgart.de/seekrieg/ksp/schwarzmeer/juden_flucht_schiffe.htm
Peter W. Lande, Jewish „Training“ Centers in Germany, Manuskript von 1978 im Bestand des Centers for Jewish History
https://digipres.cjh.org/delivery/DeliveryManagerServlet?dps_pid=FL4311316
Anneliese Ora Borinski, Erinnerungen
Herbert Fiedler, Eine Geschichte der Hachschara; Verein Internationale Begegnungsstätte Hachschara-Landwerk Ahrensdorf e.V
Herbert und Ruth Fiedler, Hachschara, Hentrich & Hentrich 2004
http://www.hachschara-ahrensdorf.de/html/body_anfang.html
Naftali-Rosenthal-Ron, Aufblitzende Erinnerungen, Autobiografie; deutsche Übersetzung von Alice Meroz, Berlin 2015
Urs Faes, Ein Sommer in Brandenburg, Suhrkamp 2015
https://objekte.jmberlin.de/person/jmb-pers-12574/Herbert+Sonnenfeld?se=Suche&qps=q%3DSonnenfeld