Walter Straaß
*10.10.1924 in Steinbach, Brücken, Kusel; ✡ 28.9.1995 in Kansas City, Missouri
Staatsangehörigkeit deutsch
Religion jüdisch
Vater Simon Lazarus Israel Straaß *6.10.1893 in Bergzabern; ✡7.9.1942 in Auschwitz
Heirat der Eltern 11.5.1923 in Glan
Mutter Hildegunde Mann *25.3.1901 in Steinbach; ✡ 15.8.1942 in Auschwitz
Geschwister
Mildrut Millie Straaß *9.8.1929 in Kaiserslautern; ✡ 8.5.2005 in Missouri; oo Marvin Kritzler
von links Siegfried Müller, Ruth Weinberg, Hilde und Walter Straaß, Hildegard Müller
Beruf –
Adressen
Malka und Walter Straaß
Heirat Malvine Neimann *17.6.1923 in Satu Mare; ✡24.3.2008 Kansas, Missouri
Kinder zwei
Stephen Emanuel Stras *8.12.1951 in Missouri
Weiterer Lebensweg
1931-1939 acht Jahre Deutsche Volksschule
10.11.1938 Vater verhaftet in Kusel im Novemberpogrom,
12.11.1938 „Schutzhaft“ des Vaters in Dachau
1.12.1938 Entlassung des Vaters aus dem KL Dachau
17.5.1939 Walter Straaß in Mannheim bei Minderheiten-Volkszählung
17.5.1939 Eltern in Kusel bei Minderheiten-Volkszählung
1940 Walter Straaß zur Hachschara ins Landwerk Ahrensdorf, Pfadfinderbund Makkabi HaZair
Ende Mai -September 1941 Auflösung des Hachscharalagers Ahrensdorf;
27.5.1941 Verlegung in das Lehrgut Neuendorf im Sande;
5.7.1941 behördliche Anordnung zur Auflösung der Hachschara-Lager; Umbenennung der noch bestehenden in „Jüdisches Arbeitseinsatzlager“
November 1942 in Kraft tretendes Gesetz: „Alle im Reich gelegenen Konzentrationslager sind judenfrei zu machen und sämtliche Juden sind nach Auschwitz und Lublin zu deportieren.“
20.2.1943 neue Richtlinien des Reichssicherheitshauptamtes für die „technische Durchführung der Evakuierung“
März 1943 Reichsweite „Fabrikaktion“, alle noch in Arbeitslagern und kriegswichtigen Betrieben beschäftigten „Volljuden“ werden verhaftet und in Konzentrationslager nach Auschwitz und ins „Generalgouvernement“ deportiert
10. 4.1943 Walter Straaß aus Neuendorf mit LKW nach Fürstenwalde, von dort mit der Bahn nach Berlin; zu Fuß ins Sammellager Große Hamburger Straße
19.4.1943 auf dem 37. Osttransport als Teil der Fabrikaktion, allein 153 Personen aus dem Landwerk Neuendorf bei Fürstenwalde.
Esther Bejarano erinnert sich:
„Wohin der Zug fuhr, wussten wir nicht. Die Waggons waren überfüllt und wir konnten uns kaum bewegen. Wenn wir mal austreten wollten, mussten wir über die Menschen steigen, um an die Kübel in der Ecke zu gelangen. Die Luft in den Waggons war miserabel und wurde immer schlechter.“
Esther berichtet auch, dass viele alte und schwache Menschen diesen mehrere Tage dauernden Horrortrip in den Viehwaggons nicht überlebten. Ihre Leichen blieben die ganze Zeit in den Waggons.
Mit Esther saßen viele der Jugendlichen im Waggon, mit denen sie in Neuendorf zusammen war: Eli Heymann, Schimschon Bär, Schoschana Rosenthal, Miriam Edel, Anne Borinski, Hilde Grünbaum, Karla und Sylvia Wagenberg, Herbert Growald und noch viele andere. 20. 4. 1943 Ankunft in Auschwitz; Notiz im Lagerbuch von Auschwitz:
„Mit einem Transport der RSHA […] sind etwa 1 000 jüdische Männer, Frauen und Kinder eingetroffen. Nach der Selektion werden 299 Männer, die die Nummern 116754 bis 117502 erhalten sowie 158 Frauen, die die Nummern 41870 bis 42027 erhalten, als Häftlinge in das Lager eingewiesen.
Die übrigen 543 Deportierten werden in den Gaskammern getötet.“
Ihm wird die Häftlingsnummer 117022 in den linken Unterarm tätowiert.
Walter Straass kommt durch Anforderung von Stefan Heymann (Kommunist) in den Krankenbau von Monowitz als Desinfektor; Posnanski schreibt:
„Walter war auf einem sehr riskanten Posten. Viele Chawerim haben sich bei mir beschwert, dass er ihnen mit Kleidung nicht immer geholfen habe. Aber das war Unrecht. Größte Vorsicht war angebracht. Ich kenne auch viele Fälle, wo Walter geholfen hat.“
15.1.1945 die Häftlinge in Auschwitz hören den russischen Kanonendonner 30 km aus dem Osten
18.1.1945 Evakuierung aller drei Auschwitz-Lager; ca 60 000 Häftlinge;
18.1.1945 Beginn des Todesmarsches mit 400 Frauen von Auschwitz- Birkenau nach Loslau
Auschwitz-Überlebende berichten von der Brutalität der SS-Leute während des Todesmarsches:
Zofia Posmysz:
„Der letzte Tag in Auschwitz war der 18. Januar. Nach drei Tagen und drei Nächten zu Fuß wurden wir in offenen Güterwagen nach Ravensbrück gebracht.“
Asher Aud:
„Wenn wir sind gegangen Totenmarsch, da sind keine Menschen gegangen, da sind nur Skelette gegangen.“
Sigmund Kalinski:
„Wer nicht konnte oder wer zur Seite war, wurde erschossen, bei ungefähr 15 bis 20 Grad minus in unseren Kleidern.“
Isidor Philipp berichtet:
„Wer sich hinlegte, wurde von den SS-Männern, die auf Motorrädern fuhren, erschossen.“
19. – 23.1.1945 Ankunft in den Eisenbahnknotenpunkten Gleiwitz und Loslau. Von Gleiwitz oder Loslau in Güterwaggons zu westlich gelegen Konzentrationslager wie Buchenwald, Ravensbrück
Isidor Philipp berichtet:
„Von dort begann dann – in offenen Kohlewaggons und bei 15 Grad unter Null – die Fahrt durch Polen, Tschechoslowakei und Österreich zurück nach Deutschland.“
Nach Schätzungen starben bei diesen Räumungstransporten von Auschwitz insgesamt zwischen 9.000 und 15.000 Häftlinge.
Das komplette Personal des Häftlingskrankenbau geht nach dem Todesmarsch nach Gleiwitz komplett per Bahn nach Buchenwald, so auch Walter Straass, der in Monowitz als Desinfektor beschäftigt war.
26.1.1945 Ankunft im KL Buchenwald
11.4.1945 Befreiung durch US-Truppen in Buchenwald
6.7.1947 mit Ehefrau Malvine Straaß auf dem Gehringshof, Kibbuz Buchenwald
12.2.1948 zusammen mit Ehefrau Malvine Straaß auf dem Transporter USS MARINE TIGER von Bremerhaven nach New York
Zukünftige Adresse Kansas City, Missouri
Schicksal der Familie
Der damalige Ahrensdorf-Madrich Artur Posnanski berichtet über den Konflikt, dass Eltern vor der anstehenden Zwangsdeportation ihre Kinder zurückriefen und erinnert an Walter Straass:
„… da waren in einer Nacht 21 Angehörige seiner Familie betroffen.“
„Späterhin hatte er es einmal versucht, ein Schreiben an seine Angehörigen, die im Lager Gurs untergebracht waren, zu richten. Duch ZUfall wurde dieser Brief von der Gestapo (Geheime Staatspolizei) entdeckt un er wurde zur Vernehmung bestellt. Ich war mir sofort bewusst, welche Gefahr bevorstand und habe viel Zeit gebraucht, um Walter hier diese Vernehmung vorzubereiten, ihm seelischen Beistand zu geben und ihn zu begleiten. Er kam noch gerade mit einem blauen Auge davon.“
22.10.1940 Wagner-Bürckel-Aktion, Deportation von über 6500 Juden aus Baden und der Saarpfalz in das Internierungslager Gurs im nicht besetzten Teil Frankreichs; beide Eltern nach Gurs deportiert
Mutter von Gurs in das Sammellager Drancy,
12.8.1942 Mutter deportiert von Drancy nach Auschwitz
4.9.1942 Vater deportiert von Drancy nach Auschwitz
Gedenken
–
Quellen
Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939
Artur Posnanski, Ein Nach-Auschwitz-Bericht, autobiografischer Bericht für die UNO, 1985; in: Träume und Hoffnungen Heft 5, Ahrensdorf, undatiert
https://www.ushmm.org/online/hsv/person_view.php?PersonId=4839296
Anträge und Ansprüche der US-amerikanischen Sozialversicherung, 1936-2007
Missouri, Geburtenregister, 1920-2015
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de978295
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de978294
https://collections.arolsen-archives.org/de/document/69321547
Anneliese Ora Borinski, Erinnerungen
Herbert Fiedler, Eine Geschichte der Hachschara; Verein Internationale Begegnungsstätte Hachschara-Landwerk Ahrensdorf e.V
Herbert und Ruth Fiedler, Hachschara, Hentrich & Hentrich 2004
http://www.hachschara-ahrensdorf.de/html/body_anfang.html
Naftali-Rosenthal-Ron, Aufblitzende Erinnerungen, Autobiografie; deutsche Übersetzung von Alice Meroz, Berlin 2015
Urs Faes, Ein Sommer in Brandenburg, Suhrkamp 2015
https://objekte.jmberlin.de/person/jmb-pers-12574/Herbert+Sonnenfeld?se=Suche&qps=q%3DSonnenfeld