Erich Tichauer
*10.12.1922 in Lublinitz; ✡ Überlebender
Staatsangehörigkeit deutsch
Religion jüdisch
Vater Max Friedrich Tichauer *30.1.1889 in Myslowice; ✡ ?
Mutter Klara Pories *23.4.1890 in Wien; ✡ ? Auschwitz
Onkel Dr. Willy Tichauer *30.10.1899 in Kattowitz; ✡ ? Auschwitz; oo Henriette Hecht (1907-1944)
Geschwister
Siegfried Tichauer * 19.7. 1921 in Lublinitz; ✡ 3.8.1999; oo Gretl Zentner
Wilhelm Tichauer; oo Adrienne Ada Rosenfeld
Beruf –
Adressen Lublinitz; Beuthen, Fr.-Wilhelm-Ring 11;
Heirat Rafaela Tichauer; geschieden ?
Kinder eins (?Ruth van de Garde-Tichauer)
Weiterer Lebensweg
10.11.1938 Mit den Brüdern Wilhelm und Siegfried verhaftet im Novemberpogrom, „Schutzhaft“ im KL Buchenwald
Dezember 1938 Entlassung aus Buchenwald
17.5.1939 mit den Eltern und Geschwistern bei Minderheiten-Volkszählung
Bruder Siegfried zur Hachschara ins Gut Skaby, Friedersdorf
Zur Hachschara ins Landwerk Ahrensdorf, Pfadfinderbund Makkabi HaZair; Wechsel ins Gut Skaby
27.2.1943 Mit Bruder Siegfried verhaftet in Gut Skaby
10. 4.1943 Aus Skaby mit der Bahn nach Berlin; zu Fuß ins Sammellager Große Hamburger Straße
19.4.1943 auf dem 37. Osttransport als Teil der Fabrikaktion, allein 153 Personen aus dem Landwerk Neuendorf bei Fürstenwalde.
Esther Bejarano erinnert sich:
„Wohin der Zug fuhr, wussten wir nicht. Die Waggons waren überfüllt und wir konnten uns kaum bewegen. Wenn wir mal austreten wollten, mussten wir über die Menschen steigen, um an die Kübel in der Ecke zu gelangen. Die Luft in den Waggons war miserabel und wurde immer schlechter.“
Esther berichtet auch, dass viele alte und schwache Menschen diesen mehrere Tage dauernden Horrortrip in den Viehwaggons nicht überlebten. Ihre Leichen blieben die ganze Zeit in den Waggons.
Mit Esther saßen viele der Jugendlichen im Waggon, mit denen sie in Neuendorf zusammen war: Eli Heymann, Schimschon Bär, Schoschana Rosenthal, Miriam Edel, Anne Borinski, Hilde Grünbaum, Karla und Sylvia Wagenberg, Herbert Growald und noch viele andere.
20. 4. 1943 Ankunft in Auschwitz; Notiz im Lagerbuch von Auschwitz:
„Mit einem Transport der RSHA […] sind etwa 1 000 jüdische Männer, Frauen und Kinder eingetroffen. Nach der Selektion werden 299 Männer, die die Nummern 116754 bis 117502 erhalten sowie 158 Frauen, die die Nummern 41870 bis 42027 erhalten, als Häftlinge in das Lager eingewiesen.
Die übrigen 543 Deportierten werden in den Gaskammern getötet.“
Erich wird die Häftlingsnummer 104 876 tätowiert, Bruder Siegfried Nr. 104875
In Auschwitz wird er einmal mit 25 Stockhieben bestraft
15.1.1945 die Häftlinge in Auschwitz hören den russischen Kanonendonner 30 km aus dem Osten
18.1.1945 Evakuierung aller drei Auschwitz-Lager; ca 60 000 Häftlinge;
18.1.1945 Beginn des Todesmarsches mit 400 Frauen von Auschwitz- Birkenau nach Loslau
Auschwitz-Überlebende berichten von der Brutalität der SS-Leute während des Todesmarsches:
Zofia Posmysz:
„Der letzte Tag in Auschwitz war der 18. Januar. Nach drei Tagen und drei Nächten zu Fuß wurden wir in offenen Güterwagen nach Ravensbrück gebracht.“
Asher Aud:
„Wenn wir sind gegangen Totenmarsch, da sind keine Menschen gegangen, da sind nur Skelette gegangen.“
Sigmund Kalinski:
„Wer nicht konnte oder wer zur Seite war, wurde erschossen, bei ungefähr 15 bis 20 Grad minus in unseren Kleidern.“
Isidor Philipp berichtet:
„Wer sich hinlegte, wurde von den SS-Männern, die auf Motorrädern fuhren, erschossen.“
19. – 23.1.1945 Ankunft in den Eisenbahnknotenpunkten Gleiwitz und Loslau. Von Gleiwitz oder Loslau in Güterwaggons zu westlich gelegen Konzentrationslager wie Buchenwald, Ravensbrück
Isidor Philipp berichtet:
„Von dort begann dann – in offenen Kohlewaggons und bei 15 Grad unter Null – die Fahrt durch Polen, Tschechoslowakei und Österreich zurück nach Deutschland.“
Nach Schätzungen starben bei diesen Räumungstransporten von Auschwitz insgesamt zwischen 9.000 und 15.000 Häftlinge.
22.1.1945 Ankunft mit Bruder Siegfried von Auschwitz in Buchenwald
26.1.1945 mit Bruder Siegfried von Buchenwald in das Außenlager Ohrdruf Code S III
2. 4.1945 Räumung von Ohrdruf, Todesmarsch nach Buchenwald (51 km)
Kann sich bei den Todesmärschen ab Buchenwald Anfang April verstecken
11.4.1945 Befreiung durch die US Army in Buchenwald
6.4.1945 Evakuierung von Buchenwald Todesmarsch Richtung Theresienstadt
22.4.1945 Ankunft von Bruder Siegfried in Leitmeritz; dann Theresienstadt; Befreiung 8.5.1945
20.6.1945 Erich entlassen von alliierter Kommission aus Buchenwald mit Unterschrift (Stempel) von Bartel dem Leiter des Lagerwiderstandes
6.7.1947 Bruder Siegfried mit Frau Grete im Kibbuz Buchenwald, Gehringshof
7.10.1947 Siegfried und Grete Tichauer auf Alija, emigrieren nach Palästina
1972 Umzug von Erich Tichauer mit Familie nach Bad Kreuznach zu Bruder Wilhelm
Schicksal der Familie
2.6.1942 Deportation von Onkel Willy und Frau Henriette ab Beuthen nach Auschwitz
23.6.1942 Eltern ab Gleiwitz nach Auschwitz
1970er Jahre Dr. Wilhelm Tichauer, Vorsitzender der Jüdischen Kultusgemeinde für die Kreise Bad Kreuznach und Birkenfeld
Gedenken
11.8.1977 Pages of Testimony für die Eltern von Bruder Wilhelm, Bad Kreuznach
Grabstein für Siegfried auf dem Yarkon Cemetery, Petah Tiqwa
Quellen
Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de982106
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de982108
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de982085
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de982036
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de982132
https://collections.arolsen-archives.org/de/document/7273625
https://collections.arolsen-archives.org/de/document/5284318
Peter W. Lande, Jewish „Training“ Centers in Germany, Manuskript von 1978 im Bestand des Centers for Jewish History
https://digipres.cjh.org/delivery/DeliveryManagerServlet?dps_pid=FL4311316
Anneliese Ora Borinski, Erinnerungen
Herbert Fiedler, Eine Geschichte der Hachschara; Verein Internationale Begegnungsstätte Hachschara-Landwerk Ahrensdorf e.V
Herbert und Ruth Fiedler, Hachschara, Hentrich & Hentrich 2004
http://www.hachschara-ahrensdorf.de/html/body_anfang.html
Naftali-Rosenthal-Ron, Aufblitzende Erinnerungen, Autobiografie; deutsche Übersetzung von Alice Meroz, Berlin 2015
Urs Faes, Ein Sommer in Brandenburg, Suhrkamp 2015
https://objekte.jmberlin.de/person/jmb-pers-12574/Herbert+Sonnenfeld?se=Suche&qps=q%3DSonnenfeld