Ruth Fanny Elkeles
*14.8.1920 in Obersitzko, Posen; ✡24.8.1976 in Hamburg
Staatsangehörigkeit deutsch
Religion jüdisch
Vater Theodor Elkeles *21.12.1887 in Posen; ✡22.10.1942 bei Massenerschießung in Riga
Mutter Regina Elkeles *9.4.1886 inObersitzko; ✡22.10.1942 bei Massenerschießung in Riga
Onkel Heinrich Elkeles *4.9.1885 in Posen; ✡April 1943 in Auschwitz
Tante Betty Hirsch *10.4.1894 in Mosina, Schroda ✡ April 1943 in Auschwitz
Geschwister
Rudi Rafael Elkeles *4.6.1917 in Posen; 17.10.2006 oo Bedriska Ilana Blumenstiel (1922-1998)
Cousin Rolf Elkeles *23.1.1926 in Berlin; ✡ 26.7.2007 in Israel
Beruf Adressen Berlin, Regensburger Straße 23; Ahrensdorf
Heirat Mai 1948 in Tel Aviv Willy Simon Wolf Neumann *20.12.1910 in Fürth; 29.9.1990 in Tel Aviv
Kinder
Jonathan Yoni Neumann
Stiefsohn erste Ehe des Mannes 1935 mit Rosel Hony (*28.10.1910; ✡15.5.1947 in Tel Aviv)
Daniel Neumann *27.1.1941 in Tel Aviv
Weiterer Lebensweg
5.8.1936 Ankunft von Bruder Rudi in Palästina mit dem „Blauen Ausweis des Palästinaamt Berlin
17.5.1939 Ruth in Ahrensdorf und Berlin bei Minderheiten-Volkszählung
17.5.1939 Cousin Rolf mit den Eltern in Berlin bei Minderheiten-Volkszählung
Ruth Elkeles zur Hachschara ins Landwerk Ahrensdorf, Pfadfinderbund Makkabi HaZair
März 1940 die führenden jüdischen Funktionäre aus Berlin, Prag und Wien werden von SS-Sturmbannführer Adolf Eichmann ins Reichssicherheitshauptamt nach Berlin vorgeladen, um die illegalen „Sondertransporte“ nach Palästina zu forcieren; Ephraim Frank als Vertreter des erkrankten Lyon vom Palästinaamt und als designierter Transportführer dabei.
August 1940 große Gruppe aus Ahrensdorf zur Vorbereitung nach Ellguth/Steinau
10.8.1940 Chawerim aus Paderborn abgemeldet, zunächst Zugfahrt nach Berlin
16.8.1940 mit dem Zug aus Deutschland fahren 350 Jugendliche und 150 Eltern, die bereits Kinder in Palästina hatten, nach Wien mit dem Ziel über die Schwarzmeerroute nach Haifa zu kommen; Transportführer war Efraim Frank aus Gelsenkirchen
30.8.1940 mit einer Gruppe von 29 Chawerim aus Paderborn offiziell abgemeldet nach „Paraguay“
Zwei bis drei Wochen in Wien, in einer jüdischen Schule oder Lehrlingsheim
3. 9.1940 mit dem Zug von Wien nach Pressburg/ Bratislava an die Donau;
10.9.1940 zum Donauhafen von Bratislava; dort Verteilung der Chalutzim auf die drei Ausflugsdampfer URANUS, MELK und SCHÖNBRUNN
10.-20.9.1940 von Bratislava nach Tulcea am Schwarzen Meer;
Anfang Oktober 1940 werden 1000 Flüchtlinge auf die drei Schiffe SS PACIFIC, SS MILOS und SS ATLANTIC verteilt, Deutsche auf die PACIFIC, Tschechen auf die MILOS.
Zwischenstopp im Hafen Agios Nikolaos, Kreta, um Kohle aufzunehmen
31.10.1940 von britischer Marine aufgebracht und in den Hafen von Haifa geleitet
1.11.1940 Ankunft der SS PACIFIC in Haifa.
4.11.1940 Alle Passagiere der SS PACIFIC werden auf die SS PATRIA umgeschifft, dem von den Briten beschlagnahmten, als Truppentransporter umgebauten, großen französischen Frachtschiff (18 000 t)
5.11.1940 Ankunft der tschechischen Emigranten auf der SS MILOS, die ebenfalls auf die PATRIA verbracht werden
8.11.1940 Registrierung im Camp Atlith; gibt Bruder Rudi Elkeles in Tiberias als Referenz an
zunächst auch zur Deportation nach Mauritius vorgesehen
23. oder 24.11.1940 Ankunft der SS ATLANTIC in Haifa
25.11.1940 Sprengstoff-Anschlag der Haganah im Maschinenraum der SS PATRIA, zu diesem Zeitpunkt waren bereits 1771 jüdische illegale Einwanderer auf das Schiff gebracht.
Walter Steinitz, ebenfalls aus dem Umschulungslager Paderborn kommend, berichtet:
“ Am 25.November morgens um neun Uhr mussten alle auf die Reling, denn der Colonel hatte die Instruktion gegeben, aber um 9.12 Uhr hatte ein Kommando von 60-80 jungen Leuten ins Wasser zu springen, um die Engländer abzulenken, die mit kleinen Booten die Menschen auffischten. Zeitentsprechend zündete einer von uns eine Bombe, keine Zeitbombe, und ist mitgetötet worden. Es war der zweite Transportleiter – Hans Wendel. Niemand hatte von dieser Aktion gewußt – außer acht Leuten. Innerhalb von ein paar Minuten neigte sich das Schiff zur Seite. … Von den 4000 auf der SS PATRIA zusammengedrängten Menschen verloren etwa 260 ihr Leben.“ (ca 200 von 1771)
25.11.1940 Internierung in einer Lagerhalle im Hafen von Haifa; die ins Wasser gesprungenen werden als verdächtige Mitwisser in die Arrestzellen der Polizeiwache von Haifa; Serie von Verhören, insbesondere wenn sie von den Briten der Zugehörigkeit zur Haganah verdächtigt wurden.
26.11.1940 Die an Bord Überlebenden als Schiffbrüchige der SS Patria im Camp Atlith interniert
8.12.1940 die in Haifa Inhaftierten werden mit Bussen in das Internierungscamp Atlith verbracht
Dezember 1940 die noch auf die Umladung wartenden 1581 Emigranten auf der MILOS und ATLANTIC werden als „Detainees“ mit holländischen Frachtschiffen nach Mauritius deportiert. Dort trafen sie am 26.12.1940 ein und wurden in das das Zentralgefängnis von Mauritius nahe Beau Bassin verbracht.
1940 zunächst nur Freilassung kleiner Gruppen aus dem Camp Atlith, die eine Aufnahmeadresse in Palästina vorweisen können
September -Dezember 1941 Entlassung der meisten Internierten aus dem Camp Atlith
12.8.1945 Es sollte noch bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges dauern, bevor die 1.310 überlebenden Flüchtlinge aus Mauritius auf der SS FRANCONIA in das ersehnte Eretz Israel gebracht werden konnten.
Das Schicksal der Eltern Theodor und Regina Elkeles
19.10.1942 Eltern auf dem 21. Osttransport, u.a. mit 59 Kindern aus dem Baruch-Auerbachschen Waisenhaus in der Schönhauser Allee 162
22.10.1942 nach Ankunft wurden 81 arbeitsfähige Männer selektioniert, alle anderen wurden unmittelbar im Wald von Bikernieki erschossen
Das Schicksal des Cousins Rolf Elkeles
1939/40 Cousin Rolf auch ins Landwerk Ahrensdorf
2.3.1943 Cousin Rolf mit den Eltern auf dem 32. Osttransport von Berlin nach Auschwitz
Cousin Rolf wird Häftlingsnummer 104621 in den linken Unterarm tätowiert.
15.1.1945 die Häftlinge in Auschwitz hören den russischen Kanonendonner 30 km aus dem Osten
18.1.1945 Evakuierung aller drei Auschwitz-Lager; ca 60 000 Häftlinge;
Nach Schätzungen starben bei diesen Räumungstransporten von Auschwitz insgesamt zwischen 9.000 und 15.000 Häftlinge.
26. 1.1945 Ankunft von Cousin Rolf in Buchenwald, Unterbringung in Block 51
5.6.1945 Cousin Rolf entlassen von alliierter Kommission aus Buchenwald mit Unterschrift (Stempel) von Bartel dem Leiter des Lagerwiderstandes (KPD)
22.6.1945 Cousin Rolf mit dem von Ora Borinski begleiteten Transport der Kinderhilfe des Schweizer Roten Kreuz mit 375 Kindern aus Buchenwald nach Rheinfelden/Schweiz. Die Jungen kommen nach Felsenegg in eine alte Landwirtschaftsschule, die Mädchen nach La Rochelle in die frühere Klinik von Dr. Liengme de Vaumarcus. Er fälscht das Geburtsjahr auf 1928, um noch als unter 18 -jähriger zugelassen zu werden.
15.2.1949 Cousin Rolf gibt im Antrag auf IRO-Unterstützung zur Ausreise nach Palästina Cousine Ruth Neumann in Tel Aviv und Rudi Elkeles in Haifa als Referenz an.
Gedenken
15.4.1969 Pages of Testimony für die Eltern von Ruth Neumann
Grabstein für Ruth und Willy Neumann auf dem Kiryat Shaul Cemetery, Tel Aviv
Grabstein für Rolf Elkeles auf dem Yarkon Cemetery, Petah Tiqwa
Grabstein für Rudi Elkeles auf dem Sde Yehoshua Military Cemetery, Haifa
Quellen
https://collections.arolsen-archives.org/de/document/127212477
https://collections.arolsen-archives.org/de/document/80963446
https://www.ushmm.org/online/hsv/person_view.php?PersonId=13152686
https://www.ushmm.org/online/hsv/person_view.php?PersonId=9968535
https://www.statistik-des-holocaust.de/list_ger_ber_ot21.html
Staatsarchiv Israel, Mandat zur Einbürgerung in Palästina, 1937-1947
Peter W. Lande, Jewish „Training“ Centers in Germany, Manuskript von 1978 im Bestand des Centers for Jewish History
https://digipres.cjh.org/delivery/DeliveryManagerServlet?dps_pid=FL4311316
Anneliese Ora Borinski, Erinnerungen
Herbert Fiedler, Eine Geschichte der Hachschara; Verein Internationale Begegnungsstätte Hachschara-Landwerk Ahrensdorf e.V
Herbert und Ruth Fiedler, Hachschara, Hentrich & Hentrich 2004
http://www.hachschara-ahrensdorf.de/html/body_anfang.html
Naftali-Rosenthal-Ron, Aufblitzende Erinnerungen, Autobiografie; deutsche Übersetzung von Alice Meroz, Berlin 2015
Urs Faes, Ein Sommer in Brandenburg, Suhrkamp 2015