Neugarten Ingeborg

Ingeborg Ingrid Neugarten

*21.3.1924 in Hamburg; ✡ 17.2.2002 in Hertfordshire, London

Staatsangehörigkeit deutsch

Religion jüdisch

Vater Emil Manuel Neugarten *17.1.1885 in Hombruch, Dortmund; ✡Nov.1941 Minsk

Heirat der Eltern 1913 in Münster

Mutter Alwine Sander *28.5.1890 in Bocholt; ✡15.9.1965 in Paramus, USA

2. Ehe des Vaters 2.4.1940 in Hamburg

Stiefmutter Hertha Gottschalk *11.2.1897 in Hamburg; Krankenschwester; ✡ ?

Geschwister

Ilse Neugarten *31.8.1910 in Klein Masselwitz bei Breslau; ✡1987 USA; oo Dolman

Irene Neugarten *25.6.1915 in Hamburg; ✡Tod in Lodz; Abrahams

Margot Neugarten *27.9.1916 in Hamburg; ✡2014 in Monsey; oo Berkovics

Ruth Sonja Neugarten *28.6.1922 in Hamburg; ✡12.7.1943 in Lodz; oo Melamerson

Beruf Landwirtschaftliche Praktikantin

Adressen Hamburg, Kielortallee 22

Heirat 29.8.1948 in der Dollis Hill Synagogue Kurt Marx *30.8.1925 in Köln

Kinder drei

Michael Marx *27.2.1960

Weiterer Lebensweg

1913 Umzug der Familie nach Hamburg

Scheidung der Eltern ca 1919

15.5.1928 Wiederheirat der Eltern

Volksschule; Israelitische Töchterschule in Hamburg bis 1938

1938 Arbeiterin in der Papierfabrik Willy Rendsburg

10.11.1938 Vater verhaftet im Novemberpogrom, „Schutzhaft“ in Sachsenhausen

Dezember 1938 Entlassung des Vaters aus dem KL Sachsenhausen mit der Auflage, Deutschland zu verlassen

Die Schwestern Ilse und Margot emigrieren. 

17.5.1939 in Hamburg Harvestehude, Werder bei Minderheiten-Volkszählung

17.5.1939 Eltern in Hamburg Rotherbaum, Grindel bei Minderheiten-Volkszählung

1939 Hausangestellte in der jüdischen Familie Nadler in der Oberstraße 123, Hamburg

Januar 1940 erneute Scheidung der Eltern

27.5.1941 aus dem Lehrgut Havelberg ins Landwerk Neuendorf im Sande

5.7.1941 behördliche Anordnung zur Auflösung der Hachschara-Lager; Um­be­nen­nung der noch bestehenden in „Jü­di­sches Ar­beits­ein­satz­lager“

Juli -September 1941 Auflösung des Hachscharalagers Havelberg; Verlegung in das Lehrgut Neuendorf im Sande;

25.10.1941 Deportation der Familien der Schwestern Irene und Ruth aus Hamburg nach Lodz

8.11.1941 Deportation des Vaters und der Stiefmutter ins Ghetto Minsk

2.4.1942 Verhaftung der älteren und der bereits bei der Gestapo zuvor auffällig gewordenen Chaluzim aus Neuendorf und Deportation auf Lastwagen in eine große Turnhalle nach Frankfurt/Oder

3.4.1942 Deportation dieser Neuendorf-Gruppe mit 1009 Personen nach Warschau

November 1942 in Kraft tretendes Gesetz: „Alle im Reich gelegenen Konzentrationslager sind judenfrei zu machen und sämtliche Juden sind nach Auschwitz und Lublin zu deportieren.“

20.2.1943 neue Richtlinien des Reichssicherheitshauptamtes für die „technische Durchführung der Evakuierung“

März 1943 Reichsweite „Fabrikaktion“, alle noch in Arbeitslagern und kriegswichtigen Betrieben beschäftigten „Volljuden“ werden verhaftet und in Konzentrationslager nach Auschwitz und ins „Generalgouvernement“ deportiert

31.3.1943 Die Belegschaftsliste des Landwerk Neuendorf enthält 96 Männer (drei abwesend) und 66 Frauennamen

7.4.1943 Zustellung der Transportlisten für das Landwerk Neuendorf

10. 4.1943 169 Chawerim aus Neuendorf mit LKW nach Fürstenwalde, von dort mit der Bahn nach Berlin; zu Fuß ins Sammellager ehemaliges jüdisches Altenheim Große Hamburger Straße; in Berlin vom Transport zurückgestellt 16 Personen (Geltungsjuden, Juden aus privilegierten Mischehen etc.)

19.4.1943 auf dem 37. Osttransport als Teil der Fabrikaktion, allein 153 Personen aus dem Landwerk Neuendorf bei Fürstenwalde.

Esther Bejarano erinnert sich:

„Wohin der Zug fuhr, wussten wir nicht. Die Waggons waren überfüllt und wir konnten uns kaum bewegen. Wenn wir mal austreten wollten, mussten wir über die Menschen steigen, um an die Kübel in der Ecke zu gelangen. Die Luft in den Waggons war miserabel und wurde immer schlechter.“

Esther berichtet auch, dass viele alte und schwache Menschen diesen mehrere Tage dauernden Horrortrip in den Viehwaggons nicht überlebten. Ihre Leichen blieben die ganze Zeit in den Waggons.
Mit Esther saßen viele der Jugendlichen im Waggon, mit denen sie in Neuendorf zusammen war: Eli Heymann, Schimschon Bär, Schoschana Rosenthal, Miriam Edel, Anne Borinski, Hilde Grünbaum, Karla und Sylvia Wagenberg, Herbert Growald und noch viele andere.  

20. 4. 1943 Ankunft in Auschwitz; Notiz im Lagerbuch von Auschwitz:

„Mit einem Transport der RSHA […] sind etwa 1 000 jüdische Männer, Frauen und Kinder eingetroffen. Nach der Selektion werden 299 Männer, die die Nummern 116754 bis 117502 erhalten sowie 158 Frauen, die die Nummern 41870 bis 42027 erhalten, als Häftlinge in das Lager eingewiesen.
Die übrigen 543 Deportierten werden in den Gaskammern getötet.“

Häftlingsnummer ?

15.1.1945 die Häftlinge in Auschwitz hören den russischen Kanonendonner 30 km aus dem Osten

18.1.1945 Evakuierung aller drei Auschwitz-Lager; ca 60 000 Häftlinge;

18.1.1945 Beginn des Todesmarsches mit 400 Frauen von Auschwitz- Birkenau nach Loslau

Auschwitz-Überlebende berichten von der Brutalität der SS-Leute während des Todesmarsches:

Zofia Posmysz:

„Der letzte Tag in Auschwitz war der 18. Januar. Nach drei Tagen und drei Nächten zu Fuß wurden wir in offenen Güterwagen nach Ravensbrück gebracht.“

21./22.1. 1945 Ankunft in Loslau

22.1.-27.1.1945 Miriam mit Anni auf Transport in offenen Kohlewaggons über KL Groß-Rosen und KL Sachsenhausen (jeweils wegen Überfüllung abgewiesen) bis ins KL Ravensbrück; dort zunächst ins „Jugendlager“,

Nach Schätzungen starben bei diesen Räumungstransporten von Auschwitz insgesamt zwischen 9.000 und 15.000 Häftlinge.

März/ April 1945 bei Auflösung des „Jugendlagers“ für wenige Tage ins „Frauenlager“

Anfang April 1945 mit einem Personenzug ins Lager Malchow, Außenlager des KL Ravensbrück

Nach einer anderen Darstellung soll sie am 16. 2. 1945 in Buchenwald eingetroffen und am 11.4. in Buchenwald befreit worden sein

22.6.1945 Ingeborg mit Anneliese Borinski als Begleitung der „Buchenwald-Kinder“ mit einem Transport der Kinderhilfe des Schweizer Roten Kreuz SRK mit 375 Kindern aus Buchenwald nach Rheinfelden/Schweiz. Die Jungen kommen nach Felsenegg in eine alte Landwirtschaftsschule, die Mädchen nach La Rochelle in die frühere Klinik von Dr. Liengme in Vaumarcus. Dort ist sie mit dem gefälschten Geburtsdatum „21.7.1928“ geführt, um als unter 16-Jährige durchzugehen, zur Täuschung der Behörden.

Nach London zu ihrer Mutter

29.8.1948 Heirat in London nach jüdischem Ritus den gebürtigen Gelsenkirchener Kurt Marx

Kurt Marx durch Kindertransport gerettet

Anfang 1939 Kurt Marx Köln mit einen von Dr. Erich Klibansky organisierten Kindertransport mit etwa 20 Mädchen und 20 Jungen der Unterstufe der JAWNE nach London, die Jungen kamen in ein Jawne Hostel in der Minster Road, die Mädchen in ein Hostel in der Willesden Lane.

Die Jungen im Hostel an der Minster Road, Kurt Marx 3. v.l.

Seine Eltern wurden bei der Massenerschießung im Wald von Blagowtschina bei Minsk ermordet.

Gedenken

Stolpersteine für den Vater, die Stiefmutter und zwei Verwandte in HH, Kielortallee 22

https://www.stolpersteine-hamburg.de/index.php?&LANGUAGE=DE&MAIN_ID=7&p=176&r_strasse=23121039709520&r_name=&submitter=suchen&recherche=recherche&r_stteil=&r_bezirk=&BIO_ID=2983

http://www.kindertransporte-nrw.eu/marx/marx_bio_1.html

https://www.ushmm.org/online/hsv/person_view.php?PersonId=13152052

BILDER & DOKUMENTE – הכשרות החלוץ בגרמניה – דור המשך (hachshara-dor-hemshech.com)

https://yvng.yadvashem.org/ad

Walter Keschner/Ze’ev Keschet, in: Wiehn Erhard (Hrsg) Wer hätte das geglaubt, 2010

Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939

https://yvng.yadvashem.org/index.html?language=de

Staatsarchiv Israel, Einwanderungslisten

Harald Lordick, Landwerk Neuendorf in Brandenburg, in: Kalonymos, 2017, Heft 2

Esther Bejerano, Man nannte mich Krümel, Curio Verlag 1989

Esther Bejerano, Erinnerungen, Laika Verlag, 2013

Anneliese Ora Borinski, Erinnerungen

Diethard Aschoff, „Jeden Tag sahen wir den Tod vor Augen“. Der Auschwitzbericht der Recklinghäuserin Mine Winter, in: VZ 94 – 96, 1995 – 97, Hrsg. W. Burghardt, S. 321 – 386

Video-Interview mit Issy Philipp 1994

Naftali-Rosenthal-Ron, Aufblitzende Erinnerungen, Autobiografie; deutsche Übersetzung von Alice Meroz, Berlin 2015

Danuta Czech, Lagerbuch von Auschwitz

https://collections.arolsen-archives.org/de/document/127212883

https://www.ortschroniken-mv.de/images/d/d9/MAL_KZ_Aussenlager.pdf

https://www.ernster.com/annot/564C42696D677C7C393738333839313434333533387C7C504446.pdf?sq=2

https://www.spiegel.de/geschichte/esther-bejarano-ist-tot-erinnungen-an-den-sommer-1945-a-06923ddf-6dc0-4c75-8136-011be044df7a

https://www.topfundsoehne.de/ts/de/service/mediathek/videos/2020/139178.html

https://collections.arolsen-archives.org/de/document/127212883

Veröffentlicht von Franz-Josef Wittstamm

Geboren 31. Mai 1951 in Recklinghausen Gymnasium Petrinum 1961 bis Abitur1970 Studium der Humanmedizin in Bochum Approbation 1981 Promotion1982 Facharzt für Innere Medizin, Kardiologie, Intensivmedizin Im Ruhestand seit 2016

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert