Ursula Jenny Kuttner
*27.1.1925 in Pforzheim; ✡ 1943 in Auschwitz
Staatsangehörigkeit deutsch
Religion jüdisch
Vater Emil Kuttner *30.4.1885 in Groß Strehlitz; ✡12.8.1942 in Auschwitz
Heirat der Eltern 1913
Mutter Cäcilie Cilla Loewy *5.2.1888 in Eintrachthütte; ✡ 12.8.1942 in Auschwitz
Geschwister
Ruth *9.10.1920 in Pforzheim; ✡6.9.1912 in Wellington, Neuseeland; oo Egon Grünberg
Beruf Landwirtschaftliche Praktikantin
Adressen Pforzheim; Karlsruhe, Blumentorstraße 7; Friedersdorf; Neuendorf
Heirat –
Kinder –
Weiterer Lebensweg
Vater Emil in gemeldet
Umzug der Eltern nach Pforzheim
10.11.1938 Verwüstung des Geschäftslokal in Karlsruhe, Blumenstraße; Vater Emil und Onkel Waldemar verhaftet im Novemberpogrom, „Schutzhaft“ im KL Dachau
20.11.1938 Entlassung Onkel Waldemar aus dem KL Dachau
5.12.1938 Entlassung des Vaters aus dem KL Dachau mit der Auflage, Deutschland zu verlassen
Der Versuch die Töchter mittels Kindertransport nach England in Sicherheit zu bringen, misslingt.
17.5.1939 mit den Eltern und Schwester Ruth in Karlsruhe bei Minderheiten-Volkszählung
August 1939 zur Hachschara ins Gut Skaby bei Friedersdorf
September 1939 Schwester Ruth über Belgien nach England
5.7.1941 behördliche Anordnung zur Auflösung der Hachschara-Lager; Umbenennung der noch bestehenden in „Jüdisches Arbeitseinsatzlager“
Mai bis September 1941 Auflösung der Hachscharalager Ahrensdorf, Jessen, Havelberg; Verlegung der Chaluzim in das Lehrgut Neuendorf im Sande; nur ein kleiner Teil darf noch im Landwerk selbst arbeiten, die meisten werden zur Zwangsarbeit bei Unternehmen in Fürstenwalde verpflichtet.
7.3.1942 Hanna Stern aus dem Gut Skaby bei Friedersdorf zur Hachschara ins Landwerk Neuendorf im Sande, zusammen mit einer Gruppe von insgesamt acht Chawerim: Harry Knopf (Madrich?), Bernhard Rausnitz, Walter Salomon, Günter Steinweg, Ursula Kuttner, Hilde Levy, Cilli Scher, Hanna Stern
2.4.1942 Verhaftung der älteren und der bereits bei der Gestapo zuvor auffällig gewordenen Chaluzim aus Neuendorf und Deportation auf Lastwagen in eine große Turnhalle nach Frankfurt/Oder
3.4.1942 Deportation dieser Neuendorf-Gruppe mit 1009 Personen nach Warschau
November 1942 in Kraft tretendes Gesetz: „Alle im Reich gelegenen Konzentrationslager sind judenfrei zu machen und sämtliche Juden sind nach Auschwitz und Lublin zu deportieren.“
20.2.1943 neue Richtlinien des Reichssicherheitshauptamtes für die „technische Durchführung der Evakuierung“
März 1943 Reichsweite „Fabrikaktion“, alle noch in Arbeitslagern und kriegswichtigen Betrieben beschäftigten „Volljuden“ werden verhaftet und in Konzentrationslager nach Auschwitz und ins „Generalgouvernement“ deportiert
31.3.1943 Die Belegschaftsliste des Landwerk Neuendorf enthält 96 Männer (drei abwesend) und 66 Frauennamen
7.4.1943 Zustellung der Transportlisten für Neuendorf
10. 4.1943 169 Chawerim aus Neuendorf mit LKW nach Fürstenwalde, von dort mit der Bahn nach Berlin; zu Fuß ins Sammellager ehemaliges jüdisches Altenheim Große Hamburger Straße; in Berlin vom Transport zurückgestellt 16 Personen (Geltungsjuden, Juden aus privilegierten Mischehen etc.)
19.4.1943 Chawerim aus 10 jüdischen Einsatzlagern, allein 153 Personen aus dem Landwerk Neuendorf bei Fürstenwalde auf dem 37. Osttransport von Berlin nach Auschwitz (Fabrikaktion)
Esther Bejarano erinnert sich:
„Wohin der Zug fuhr, wussten wir nicht. Die Waggons waren überfüllt und wir konnten uns kaum bewegen. Wenn wir mal austreten wollten, mussten wir über die Menschen steigen, um an die Kübel in der Ecke zu gelangen. Die Luft in den Waggons war miserabel und wurde immer schlechter.“
Esther berichtet auch, dass viele alte und schwache Menschen diese mehrere Tage dauernde Fahrt in den Viehwaggons nicht überlebten. Ihre Leichen blieben die ganze Zeit in den Waggons.
Mit Esther saßen viele der Jugendlichen im Waggon, mit denen sie in Neuendorf zusammen war: Eli Heymann, Schimschon Bär, Schoschana Rosenthal, Miriam Edel, Anne Borinski, Hilde Grünbaum, Karla und Sylvia Wagenberg, Herbert Growald und noch viele andere.
20. 4. 1943 Ankunft in Auschwitz; Notiz im Lagerbuch von Auschwitz:
„Mit einem Transport der RSHA […] sind etwa 1 000 jüdische Männer, Frauen und Kinder eingetroffen. Nach der Selektion werden 299 Männer, die die Nummern 116754 bis 117502 erhalten sowie 158 Frauen, die die Nummern 41870 bis 42027 erhalten, als Häftlinge in das Lager eingewiesen.
Die übrigen 543 Deportierten werden in den Gaskammern getötet.“
Auschwitz-Häftlingsnummer ?; sie wird zur Zwangsarbeit im Auschwitzlager Birkenau eingewiesen
Weiteres Schicksal der Eltern
1940 Umzug der Eltern in die Yorckstraße 41
22.10.1940 6000 Juden aus den NS-Gauen Baden und Saarpfalz ins unbesetzte Frankreich „Wagner-Bürckel-Aktion“ in das Internierungslager Gurs in Südfrankreich deportiert, so auch die Eltern Emil und Cäcilie sowie Onkel und Tante Waldemar und Gertrud Kuttner
6.8.1942 Mutter Cäcilie von Drancy nach Auschwitz
10. 8.1942 Eltern und Onkel Waldemar mit Ehefrau Gertrud auf Transport Nr.17 zusammen mit etwa 1000, meist deutschen Juden nach Auschwitz verfrachtet. Gleich nach der Ankunft wurden 760, vor allem die Älteren und Kinder in die Gaskammern geschickt.
Gedenken
14.4.1995 Pages of Testimony für Cäcilie, Emil und Ursula Jenny Kuttner von Schwester Ruth Grünberg
Stolpersteine für Cäcilie, Emil und Ursula Jenny Kuttner Blumentorstraße 7 und für Gertrud und Waldemar Kuttner Schlössleweg 2 in Karlsruhe
Quellen
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de907110
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de907096
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de907104
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de907138
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de1097365
BILDER & DOKUMENTE – הכשרות החלוץ בגרמניה – דור המשך (hachshara-dor-hemshech.com)
Harald Lordick, Das Landwerk Neuendorf: Berufsumschichtung – Hachschara – Zwangsarbeit; in Pilarczyk, Ulrike (Hrsg) Hachschara und Jugendalija, Schulmuseum Steinhorst, 2019
Lore Shelley (Editor), The Union Kommando in Auschwitz, Lanham, New York, London, 1996
Wiehn Erhard (Hrsg) Wer hätte das geglaubt, 2010
Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939
https://yvng.yadvashem.org/index.html?language=de
https://gedenkbuch.karlsruhe.de/namen/2324
Staatsarchiv Israel, Einwanderungslisten
Harald Lordick, Landwerk Neuendorf in Brandenburg, in: Kalonymos, 2017, Heft 2
Esther Bejerano, Man nannte mich Krümel, Curio Verlag 1989
Esther Bejerano, Erinnerungen, Laika Verlag, 2013
Anneliese Ora Borinski, Erinnerungen
Diethard Aschoff, „Jeden Tag sahen wir den Tod vor Augen“. Der Auschwitzbericht der Recklinghäuserin Mine Winter, in: VZ 94 – 96, 1995 – 97, Hrsg. W. Burghardt, S. 321 – 386
Video-Interview mit Issy Philipp 1994
Naftali-Rosenthal-Ron, Aufblitzende Erinnerungen, Autobiografie; deutsche Übersetzung von Alice Meroz, Berlin 2015
Danuta Czech, Lagerbuch von Auschwitz
https://collections.arolsen-archives.org/de/document/127212883
Ernest W. Michel, „Promises Kept – Ein Lebensweg gegen alle Wahrscheinlichkeiten“, 2013