Johanna Weile geb. Schwarzmann
*17.11.1903 in Beuthen; ✡ ?, in USA
Staatsangehörigkeit deutsch
Religion jüdisch
Vater unbekannt
Mutter unbekannt
Geschwister unbekannt
Beruf Arbeiterin
Adressen Beuthen; Schlochau;Neuendorf
Heirat Lachmann Weile *24.1.1894 in Schlochau
Kinder
Weiterer Lebensweg
10.11.1938 Ehemann Lachmann und Schwager Isidor verhaftet im Novemberpogrom,
„Schutzhaft“ im KL Sachsenhausen
20.12.1938 Entlassung des Schwagers Isidor aus dem KL Sachsenhausen
23.12.1938 Entlassung des Ehemanns aus dem KL Sachsenhausen
17.5.1939 mit Lachmann, Isidor, Margarete und Siegfried Weile in Schlochau bei Minderheiten-Volkszählung
Die Vertreibung aus Schneidemühl
20.2.-23.2.1940 verhaftet im provisorischen Polizeigefängnis Schneidemühl


23.2.1940 deportiert mit Ehemann Lachmann ins Landwerk Neuendorf im Sande
Eine für das RSHA erstellte Liste vom 9.4.1940 beschreibt die Räumung des Bezirks Schneidemühl:
„Am 21. Februar 1940 wurden die im Regierungsbezirk Schneidemühl wohnhaften Juden im Ort Schneidemühl gesammelt und im Gemeindehaus sowie in der jüdischen Leichenhalle notdürftig untergebracht. Es handelte sich um insgesamt 544 Personen. Am 22. Februar wurden 104 Personen nach Neuendorf überführt. Von diesen kamen zum Forsteinsatz 25 Personen, in Heime und Pflegeanstalten 16 Kinder, ins Krankenhaus 3 Kinder, ins Altersheim Friedenstr. 15 Personen, ins Siechenheim Lichterfelde 2 Personen, in die Sammelpflegestelle Elsasserstrasse 3 Personen; in Neuendorf befinden sich 40 Personen. Am 27. Februar wurden mit einem Krankentransport 17 Personen in das Siechenheim Lichterfelde verbracht. Es sind davon 4 Personen verstorben. Am 11. März wurden 165 Personen in das Durchgangslager Glowno b/Posen abtransportiert. Diese wurden am 2.4. und 6.4. aus Glowno entlassen, und zwar nach Neuendorf 65 Personen, nach Radinkendorf 45 Personen, in ein Heim in Bielefeld 38 Personen, in das Altersheim Friedenstrasse 7 Personen, in das Siechenheim Berlin-Lichterfelde 4 Personen, in Pflegestellen Berlin 2 Kinder, in Glowno verstorben 3 Personen, im Krankenhaus Posen verblieben 1 Person. Aus Schneidemühl sind am 4. April 49 Personen verbracht worden, und zwar sind 22 Kinder in Heime und Pflegestellen in Berlin, 27 Erwachsene nach Radinkendorf gekommen. Zur Einzelentlassung kamen (vor allem ins Krankenhaus) 6 Personen, in Schneidemühl verstorben sind 4 Personen. Es befinden sich noch in Schneidemühl 199 Personen.“
5.7.1941 behördliche Anordnung zur Auflösung der Hachschara-Lager; Umbenennung der noch bestehenden in „Jüdisches Arbeitseinsatzlager“
Mai bis September 1941 Auflösung der Hachscharalager Ahrensdorf, Jessen, Havelberg; Verlegung der Chaluzim in das Lehrgut Neuendorf im Sande; nur ein kleiner Teil darf noch im Landwerk selbst arbeiten, die meisten werden zur Zwangsarbeit bei Unternehmen in Fürstenwalde verpflichtet.
2.4.1942 Isidor, Margarete und Neffe Siegfried Weile auf dem Transport XII von Berlin nach Warschau
2.4.1942 Verhaftung der älteren und der bereits bei der Gestapo zuvor auffällig gewordenen Chaluzim aus Neuendorf und Deportation auf Lastwagen in eine große Turnhalle nach Frankfurt/Oder
3.4.1942 Deportation dieser Neuendorf-Gruppe dem Teiltransport XII mit 1009 Personen nach Warschau
November 1942 in Kraft tretendes Gesetz: „Alle im Reich gelegenen Konzentrationslager sind judenfrei zu machen und sämtliche Juden sind nach Auschwitz und Lublin zu deportieren.“
20.2.1943 neue Richtlinien des Reichssicherheitshauptamtes für die „technische Durchführung der Evakuierung“
März 1943 Reichsweite „Fabrikaktion“, alle noch in Arbeitslagern und kriegswichtigen Betrieben beschäftigten „Volljuden“ werden verhaftet und in Konzentrationslager nach Auschwitz und ins „Generalgouvernement“ deportiert
31.3.1943 Die Belegschaftsliste des Landwerk Neuendorf enthält 96 Männer (drei abwesend) und 76 Frauennamen
7.4.1943 Zustellung der Transportlisten für Neuendorf
10. 4.1943 169 Chawerim aus Neuendorf mit LKW nach Fürstenwalde, von dort mit der Bahn nach Berlin; zu Fuß ins Sammellager ehemaliges jüdisches Altenheim Große Hamburger Straße; in Berlin vom Transport zurückgestellt 16 Personen (Geltungsjuden, Juden aus privilegierten Mischehen etc.)
19.4.1943 Chawerim aus 10 jüdischen Einsatzlagern, allein 153 Personen aus dem Landwerk Neuendorf bei Fürstenwalde auf dem 37. Osttransport von Berlin nach Auschwitz (Fabrikaktion)
Esther Bejarano erinnert sich:
„Wohin der Zug fuhr, wussten wir nicht. Die Waggons waren überfüllt und wir konnten uns kaum bewegen. Wenn wir mal austreten wollten, mussten wir über die Menschen steigen, um an die Kübel in der Ecke zu gelangen. Die Luft in den Waggons war miserabel und wurde immer schlechter.“
Esther berichtet auch, dass viele alte und schwache Menschen diese mehrere Tage dauernde Fahrt in den Viehwaggons nicht überlebten. Ihre Leichen blieben die ganze Zeit in den Waggons.
Mit Esther saßen viele der Jugendlichen im Waggon, mit denen sie in Neuendorf zusammen war: Eli Heymann, Schimschon Bär, Schoschana Rosenthal, Miriam Edel, Anne Borinski, Hilde Grünbaum, Karla und Sylvia Wagenberg, Herbert Growald und noch viele andere.
20. 4. 1943 Ankunft in Auschwitz; Notiz im Lagerbuch von Auschwitz:
„Mit einem Transport der RSHA […] sind etwa 1 000 jüdische Männer, Frauen und Kinder eingetroffen. Nach der Selektion werden 299 Männer, die die Nummern 116754 bis 117502 erhalten sowie 158 Frauen, die die Nummern 41870 bis 42027 erhalten, als Häftlinge in das Lager eingewiesen.
Die übrigen 543 Deportierten werden in den Gaskammern getötet.“
Ehemann Lachmann wird zur Zwangsarbeit im Auschwitz-Nebenlager Monowitz eingewiesen, sie in Birkenau; Auschwitz-Häftlingsnummern unbekannt;
13.12.1943 Ehemann Lachmann ins Stammlager Auschwitz I
15.1.1945 die Häftlinge in Auschwitz hören den russischen Kanonendonner 30 km aus dem Osten
18.1.1945 Evakuierung aller drei Auschwitz-Lager; ca. 60 000 Häftlinge; 10000 aus Monowitz
18.1.1945 Beginn des Todesmarsches mit 400 Frauen von Auschwitz- Birkenau nach Loslau
Auschwitz-Überlebende berichten von der Brutalität der SS-Leute während des Todesmarsches:
Zofia Posmysz:
„Der letzte Tag in Auschwitz war der 18. Januar. Nach drei Tagen und drei Nächten zu Fuß wurden wir in offenen Güterwagen nach Ravensbrück gebracht.“
Asher Aud:
„Wenn wir sind gegangen Totenmarsch, da sind keine Menschen gegangen, da sind nur Skelette gegangen.“
Sigmund Kalinski:
„Wer nicht konnte oder wer zur Seite war, wurde erschossen, bei ungefähr 15 bis 20 Grad minus in unseren Kleidern.“
Isidor Philipp berichtet:
„Wer sich hinlegte, wurde von den SS-Männern, die auf Motorrädern fuhren, erschossen.“
19. – 23.1.1945 Ankunft in den Eisenbahnknotenpunkten Gleiwitz und Loslau. Von Gleiwitz oder Loslau in Güterwaggons zu westlich gelegen Konzentrationslager wie Buchenwald, Ravensbrück
Isidor Philipp berichtet:
„Von dort begann dann – in offenen Kohlewaggons und bei 15 Grad unter Null – die Fahrt durch Polen, Tschechoslowakei und Österreich zurück nach Deutschland.“
Nach Schätzungen starben bei diesen Räumungstransporten von Auschwitz insgesamt zwischen 9.000 und 15.000 Häftlinge.
21./22.1. 1945 Ankunft in Loslau
22.1.-27.1.1945 auf Transport in offenen Kohlewaggons über KL Groß-Rosen und KL Sachsenhausen (jeweils wegen Überfüllung abgewiesen) bis ins KL Ravensbrück; dort zunächst ins „Jugendlager“,
März/ April 1945 bei Auflösung des „Jugendlagers“ für wenige Tage ins „Frauenlager“
Anfang April 1945 mit einem Personenzug ins Lager Malchow, Außenlager des KL Ravensbrück
April 1945 Erneute Todesmärsche“ mit jeweils 2000 bis 3000 Frauen in zahlreichen Kolonnen aus dem bereits überfüllten KL Ravensbrück in mehrere Richtungen. Geschwächte und kranke Häftlinge, die dem Marsch nicht mehr folgen konnten, wurden erschossen. Die etwa 1500 Überlebenden des ca. 60 km langen Fußmarsches, die im April 1945 im Außenlager Malchow ankamen, sollten hier nur wenige Tage bleiben.
April 1945 Ankunft im Außenlager Malchow.
1.5. 1945 Befehl der SS, das Lager Malchow zu räumen, Todesmarsch über Plau endet in Lübz.
1.5.1945 werden sie erneut auf dem Marsch getrieben. In der Umgebung der Stadt Crivitz traf der größere Teil der Sachsenhausener Häftlinge aus dem Waldlager Below auf die Frauen aus dem KL Ravensbrück, deren Todesmarsch sie über das Außenlager Malchow, nicht weit von Below entfernt, geführt hatte.
Der Zug mischt sich mit großen Flüchtlingsströmen. Die Wachmannschaften werden von Tag zu Tag weniger, bis sie ganz verschwunden sind.
3.5.1945 am nächsten Morgen rollen die US-Tanks in den Ort und nehmen die jungen Frauen zu einer gemeinsamen Siegesfeier mit Soldaten der ebenfalls eingetroffenen Roten Armee in den Ort Lübz mit. Esther Loewy begleitet das Fest auf dem Akkordeon.
3. 5.1945 Befreiung durch US-Truppen in Lübz in Mecklenburg
5.-15.7.1946 auf der USS MARINE FLASHER von Bremen nach New York
Gedenken
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Quellen
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de1177225
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de986986
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de987033
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de1187021
Passenger and Crew Lists of Vessels Arriving at New York, New York, 1897-1957 (National Archives Microfilm Publication T715, roll 7140); Records of the Immigration and Naturalization Service, Record Group 85
https://www.statistik-des-holocaust.de/list_ger_ber_ot12.html
BILDER & DOKUMENTE – הכשרות החלוץ בגרמניה – דור המשך (hachshara-dor-hemshech.com)
Harald Lordick, Das Landwerk Neuendorf: Berufsumschichtung – Hachschara – Zwangsarbeit; in Pilarczyk, Ulrike (Hrsg) Hachschara und Jugendalija, Schulmuseum Steinhorst, 2019
Lore Shelley (Editor), The Union Kommando in Auschwitz, Lanham, New York, London, 1996
Wiehn Erhard (Hrsg) Wer hätte das geglaubt, 2010
Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939
https://yvng.yadvashem.org/index.html?language=de
Staatsarchiv Israel, Einwanderungslisten
Harald Lordick, Landwerk Neuendorf in Brandenburg, in: Kalonymos, 2017, Heft 2
Esther Bejerano, Man nannte mich Krümel, Curio Verlag 1989
Esther Bejerano, Erinnerungen, Laika Verlag, 2013
Anneliese Ora Borinski, Erinnerungen
Diethard Aschoff, „Jeden Tag sahen wir den Tod vor Augen“. Der Auschwitzbericht der Recklinghäuserin Mine Winter, in: VZ 94 – 96, 1995 – 97, Hrsg. W. Burghardt, S. 321 – 386
Video-Interview mit Issy Philipp 1994
Naftali-Rosenthal-Ron, Aufblitzende Erinnerungen, Autobiografie; deutsche Übersetzung von Alice Meroz, Berlin 2015
Danuta Czech, Lagerbuch von Auschwitz
https://collections.arolsen-archives.org/de/document/127212883
Ernest W. Michel, „Promises Kept – Ein Lebensweg gegen alle Wahrscheinlichkeiten“, 2013