Lachmann Norbert Weile
*24.1.1894 in Schlochau; ✡ 1943 in Auschwitz
Staatsangehörigkeit deutsch
Religion jüdisch
Vater Siegfried Weile *1852 in Prechlau; ✡9.6.1915 in Schlochau
Mutter Johanna Lewinski; ✡ ?
Geschwister
Isidor Weile *10.6.1883 in Schlochau; ✡1943 in Auschwitz; oo 1914 Zella (1885-1934)
Margarete Weile *11.8.1900 in Schlochau; ✡1943 in Auschwitz;
Neffe Siegfried Weile *1935 Obrawalde; ✡1943 in Auschwitz;
Beruf Landwirt
Adressen
Heirat Johanna Weile geb. Schwarzmann *17.11.1903 in Beuthen; ✡ ? USA
Kinder
Weiterer Lebensweg
10.11.1938 Lachmann und Isidor Weile verhaftet im Novemberpogrom,
„Schutzhaft“ im KL Sachsenhausen
20.12.1938 Entlassung von Isidor aus dem KL Sachsenhausen
23.12.1938 Entlassung von Lachmann aus dem KL Sachsenhausen
17.5.1939 mit Lachmann, Isidor, Margarete und Siegfried Weile in Schlochau bei Minderheiten-Volkszählung
Die Vertreibung aus Schneidemühl
20.2.-23.2.1940 verhaftet im provisorischen Polizeigefängnis Schneidemühl
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23.2.1940 zwangsdeportiert mit Ehefrau Johanna ins Landwerk Neuendorf im Sande
Eine für das RSHA erstellte Liste vom 9.4.1940 beschreibt die Räumung des Bezirks Schneidemühl:
„Am 21. Februar 1940 wurden die im Regierungsbezirk Schneidemühl wohnhaften Juden im Ort Schneidemühl gesammelt und im Gemeindehaus sowie in der jüdischen Leichenhalle notdürftig untergebracht. Es handelte sich um insgesamt 544 Personen. Am 22. Februar wurden 104 Personen nach Neuendorf überführt. Von diesen kamen zum Forsteinsatz 25 Personen, in Heime und Pflegeanstalten 16 Kinder, ins Krankenhaus 3 Kinder, ins Altersheim Friedenstr. 15 Personen, ins Siechenheim Lichterfelde 2 Personen, in die Sammelpflegestelle Elsasserstrasse 3 Personen; in Neuendorf befinden sich 40 Personen. Am 27. Februar wurden mit einem Krankentransport 17 Personen in das Siechenheim Lichterfelde verbracht. Es sind davon 4 Personen verstorben. Am 11. März wurden 165 Personen in das Durchgangslager Glowno b/Posen abtransportiert. Diese wurden am 2.4. und 6.4. aus Glowno entlassen, und zwar nach Neuendorf 65 Personen, nach Radinkendorf 45 Personen, in ein Heim in Bielefeld 38 Personen, in das Altersheim Friedenstrasse 7 Personen, in das Siechenheim Berlin-Lichterfelde 4 Personen, in Pflegestellen Berlin 2 Kinder, in Glowno verstorben 3 Personen, im Krankenhaus Posen verblieben 1 Person. Aus Schneidemühl sind am 4. April 49 Personen verbracht worden, und zwar sind 22 Kinder in Heime und Pflegestellen in Berlin, 27 Erwachsene nach Radinkendorf gekommen. Zur Einzelentlassung kamen (vor allem ins Krankenhaus) 6 Personen, in Schneidemühl verstorben sind 4 Personen. Es befinden sich noch in Schneidemühl 199 Personen.“
5.7.1941 behördliche Anordnung zur Auflösung der Hachschara-Lager; Umbenennung der noch bestehenden in „Jüdisches Arbeitseinsatzlager“
Mai bis September 1941 Auflösung der Hachscharalager Ahrensdorf, Jessen, Havelberg; Verlegung der Chaluzim in das Lehrgut Neuendorf im Sande; nur ein kleiner Teil darf noch im Landwerk selbst arbeiten, die meisten werden zur Zwangsarbeit bei Unternehmen in Fürstenwalde verpflichtet.
2.4.1942 Isidor, Margarete und Neffe Siegfried Weile auf dem Transport XII von Berlin nach Warschau
2.4.1942 Verhaftung der älteren und der bereits bei der Gestapo zuvor auffällig gewordenen Chaluzim aus Neuendorf und Deportation auf Lastwagen in eine große Turnhalle nach Frankfurt/Oder
3.4.1942 Deportation dieser Neuendorf-Gruppe dem Teiltransport XII mit 1009 Personen nach Warschau
November 1942 in Kraft tretendes Gesetz: „Alle im Reich gelegenen Konzentrationslager sind judenfrei zu machen und sämtliche Juden sind nach Auschwitz und Lublin zu deportieren.“
20.2.1943 neue Richtlinien des Reichssicherheitshauptamtes für die „technische Durchführung der Evakuierung“
März 1943 Reichsweite „Fabrikaktion“, alle noch in Arbeitslagern und kriegswichtigen Betrieben beschäftigten „Volljuden“ werden verhaftet und in Konzentrationslager nach Auschwitz und ins „Generalgouvernement“ deportiert
31.3.1943 Die Belegschaftsliste des Landwerk Neuendorf enthält 96 Männer (drei abwesend) und 76 Frauennamen
7.4.1943 Zustellung der Transportlisten für Neuendorf
10. 4.1943 169 Chawerim aus Neuendorf mit LKW nach Fürstenwalde, von dort mit der Bahn nach Berlin; zu Fuß ins Sammellager ehemaliges jüdisches Altenheim Große Hamburger Straße; in Berlin vom Transport zurückgestellt 16 Personen (Geltungsjuden, Juden aus privilegierten Mischehen etc.)
19.4.1943 Chawerim aus 10 jüdischen Einsatzlagern, allein 153 Personen aus dem Landwerk Neuendorf bei Fürstenwalde auf dem 37. Osttransport von Berlin nach Auschwitz (Fabrikaktion)
Esther Bejarano erinnert sich:
„Wohin der Zug fuhr, wussten wir nicht. Die Waggons waren überfüllt und wir konnten uns kaum bewegen. Wenn wir mal austreten wollten, mussten wir über die Menschen steigen, um an die Kübel in der Ecke zu gelangen. Die Luft in den Waggons war miserabel und wurde immer schlechter.“
Esther berichtet auch, dass viele alte und schwache Menschen diese mehrere Tage dauernde Fahrt in den Viehwaggons nicht überlebten. Ihre Leichen blieben die ganze Zeit in den Waggons.
Mit Esther saßen viele der Jugendlichen im Waggon, mit denen sie in Neuendorf zusammen war: Eli Heymann, Schimschon Bär, Schoschana Rosenthal, Miriam Edel, Anne Borinski, Hilde Grünbaum, Karla und Sylvia Wagenberg, Herbert Growald und noch viele andere.
20. 4. 1943 Ankunft in Auschwitz; Notiz im Lagerbuch von Auschwitz:
„Mit einem Transport der RSHA […] sind etwa 1 000 jüdische Männer, Frauen und Kinder eingetroffen. Nach der Selektion werden 299 Männer, die die Nummern 116754 bis 117502 erhalten sowie 158 Frauen, die die Nummern 41870 bis 42027 erhalten, als Häftlinge in das Lager eingewiesen.
Die übrigen 543 Deportierten werden in den Gaskammern getötet.“
Lachmann Weile wird zur Zwangsarbeit im Auschwitz-Nebenlager Monowitz eingewiesen, Ehefrau Johanna in Birkenau; ihm wird die Auschwitz-Häftlingsnummer 116795 in den linken Unterarm tätowiert
13.12.1943 Lachmann Weile ins Stammlager Auschwitz I, letzte Aktennotiz im KL Monowitz
Tod in Auschwitz
15.1.1945 die Häftlinge in Auschwitz hören den russischen Kanonendonner 30 km aus dem Osten
3. 5.1945 Befreiung der Ehefrau durch US-Truppen in Lübz in Mecklenburg
5.-15.7.1946 Johanna Weile auf der USS MARINE FLASHER von Bremen nach New York
Gedenken
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Quellen
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de1177225
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de986986
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de987033
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de1187021
Passenger and Crew Lists of Vessels Arriving at New York, New York, 1897-1957 (National Archives Microfilm Publication T715, roll 7140); Records of the Immigration and Naturalization Service, Record Group 85
https://www.statistik-des-holocaust.de/list_ger_ber_ot12.html
BILDER & DOKUMENTE – הכשרות החלוץ בגרמניה – דור המשך (hachshara-dor-hemshech.com)
Harald Lordick, Das Landwerk Neuendorf: Berufsumschichtung – Hachschara – Zwangsarbeit; in Pilarczyk, Ulrike (Hrsg) Hachschara und Jugendalija, Schulmuseum Steinhorst, 2019
Lore Shelley (Editor), The Union Kommando in Auschwitz, Lanham, New York, London, 1996
Wiehn Erhard (Hrsg) Wer hätte das geglaubt, 2010
Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939
https://yvng.yadvashem.org/index.html?language=de
Staatsarchiv Israel, Einwanderungslisten
Harald Lordick, Landwerk Neuendorf in Brandenburg, in: Kalonymos, 2017, Heft 2
Esther Bejerano, Man nannte mich Krümel, Curio Verlag 1989
Esther Bejerano, Erinnerungen, Laika Verlag, 2013
Anneliese Ora Borinski, Erinnerungen
Diethard Aschoff, „Jeden Tag sahen wir den Tod vor Augen“. Der Auschwitzbericht der Recklinghäuserin Mine Winter, in: VZ 94 – 96, 1995 – 97, Hrsg. W. Burghardt, S. 321 – 386
Video-Interview mit Issy Philipp 1994
Naftali-Rosenthal-Ron, Aufblitzende Erinnerungen, Autobiografie; deutsche Übersetzung von Alice Meroz, Berlin 2015
Danuta Czech, Lagerbuch von Auschwitz
https://collections.arolsen-archives.org/de/document/127212883
Ernest W. Michel, „Promises Kept – Ein Lebensweg gegen alle Wahrscheinlichkeiten“, 2013