Moshe Moritz David Artmann
*3.5.1911 in Duisburg; ✡21.4.1944 in Auschwitz
Staatsangehörigkeit polnisch,staatenlos
Religion jüdisch
Vater Chaim Asher Artmann *11.11.1887 in Perechinsko; ✡16.2.1943 in Nottinghamshire
Mutter Feiga Frieda Landsmann *2.6.1883 in Rozniatow; ✡ Juni 1962 in England
Geschwister
Erich Artmann *9.6.1906 in Duisburg; oo Miriam Lustmann aus Bochum
Oscar Artmann *12.3.1909 in Duisburg; ✡11.3.1996 in Israel
Richard Artmann *16.11.1914 in Duisburg
Cousin/e
Norbert Knoll gen. Artmann *5.6.1912 in Duisburg; ✡13.11.1941 in Duisburg
Frieda Artmann *6.5.1920 in Hamborn
Hermann Artmann *16.4.1921 in Hamborn, Duisburg; ✡ ? in Polen
Rosa Artmann *28.4.1923 in Hamborn
Beruf Kaufm. Angestellter
Adressen Duisburg; Minden; Aurich; Jever; Münzenberg, Kiefergasse 5; Bielefeld
Heirat Irene Katz *1.2.1912 in Münzenberg; ✡1943 in Auschwitz
Kinder –
Weiterer Lebensweg
Bruder Oskar Artmann gehörte zu den „jüdischen Kriegskinder von 1917“, aus Duisburg zur Erholung nach Kalkar geschickt;
Moritz Artmann in Aurich
17.1.1933 Moritz Artmann aus Minden kommend nach Aurich; gemeldet bei Fam. Wolff, Norderstraße 11, dann Osterstraße 16-18 (Familie Sternberg)
15. 8.1933 Ortswechsel nach Jever, Schlachtstraße 9 (seine spätere Frau Irene war auch zeitweilig in Jever gemeldet)
Ende September 1933 wieder zu Familie Sternberg, Osterstraße 16-18
Anfang 1935 für 7 Monate in den Hammerkeweg 1 zu Familie Wolffs
4.9.1935 Abgemeldet aus Aurich nach Duisburg
Hachschara und Alija der Artmanns aus Duisburg
8.4.1935 Ankunft von Bruder Erich Artmann und Frau Miriam in Haifa
1936 Bruder Oscar Artmann zur Hachschara in Breslau
2.7.1936 Bruder Oscar Artmann zur Hachschara nach Dänemark
26.7.1937 Ankunft von Bruder Oscar Artmann mit Arbeiter-Zertifikat C 2 aus Dänemark über Chiasso, Triest in Haifa
Cousin Hermann zur Hachschara ins Landwerk Havelberg
Die erste Polenaktion, Abschiebung nach Zbaszyn
28.10.1938 Hermann Artmann verhaftet in Havelberg; Verbringung in ein Sammellager nach Berlin, zwei Nächte im Potsdamer Gefängnis
30.10.1938 Hermann abgeschoben aus Berlin nach Zbaszyn in der ersten Polenaktion
30.10.1938 Hermanns Eltern abgeschoben aus Duisburg nach Zbaszyn in der ersten Polenaktion
22.8.1939 Emigration der Eltern nach England
Jan 1939 Cousine Rosa nach Polen
5.7.1941 behördliche Anordnung zur Auflösung der Hachschara-Lager; Umbenennung der noch bestehenden in „Jüdisches Arbeitseinsatzlager“
Das Umschulungs- und Einsatzlager in Bielefeld Schlosshofstraße 73 a
1939 Nachdem zahlreiche, in Bielefeld lebende Jüdinnen und Juden in „Judenhäusern“ zwangseingewiesen wurden, schloss die Reichsvereinigung der Juden in Deutschland (RVJD) mit den jeweiligen Städten Verträge zur Errichtung der Umschulungs- und Einsatzlager in Bielefeld Koblenzer Straße 4 und Paderborn, Grüner Weg 86;
Anfang September entstand für zunächst 36 Praktikanten ein Wohn- und Arbeitslager in der Koblenzer Straße 4 (heute: Artur-Ladebeck Straße 6). Das Haus beherbergte zuvor die Praxis des nach Holland geflüchteten Orthopäden Dr. med. Bernhard Mosberg.
23.3.1940 wegen der räumliche Enge Wechsel von 57 Bewohnern in das Lager in der Schloßhofstraße 73a, einem ehemaligen Gutshof.
Dort bestand auch eine Unterkunft für alte und kranke Jüdinnen und Juden („Siechenheim“) als Einrichtung der RVJD. Vom Lager aus wurden die Männer kolonnenweise bei den Straßen-, Tief- und Gleisbauarbeiten der Fa. Nebelung & Sohn eingesetzt.
1940 erfolgte ein Austausch männlicher Bewohner mit dem Umschulungslager Paderborn; die zionistischen Chawerim wechselten nach Paderborn und umgekehrt. Allein am 9. und 10.Juni 1940 kommen 10 Paderborner in das Lager in der Schloßhofstraße 73a.
30.10.1940 mit Ehefrau Irene aus Münzenberg ins Umschulungs- und Einsatzlager in Bielefeld
5.7.1941 behördliche Anordnung zur Auflösung der Hachschara-Lager; Umbenennung „Jüdisches Arbeitseinsatzlager Bielefeld“
Herbst 1942 Errichtung von Baracken für junge Familien auf dem Gelände.
November 1942 in Kraft tretendes Gesetz: „Alle im Reich gelegenen Konzentrationslager sind judenfrei zu machen und sämtliche Juden sind nach Auschwitz und Lublin zu deportieren.“
20.2.1943 neue Richtlinien des Reichssicherheitshauptamtes für die „technische Durchführung der Evakuierung“
März 1943 Reichsweite „Fabrikaktion“, alle noch in Arbeitslagern und kriegswichtigen Betrieben beschäftigten „Volljuden“ werden verhaftet und in Konzentrationslager nach Auschwitz deportiert, um den Arbeitskräftebedarf im Nebenlager Buna zu decken.
27.2.1943 Befehl von Wilhelm Pützer (1893-1945), Leiter des Judenreferats der Gestapo-Außendienststelle Bielefeld, das „jüdische Arbeitseinsatzlager in Bielefeld“ aufzulösen und deren Insassen und weitere Juden aus dem Sprengel bis zum 1. März, also zwei Tage später, nach Bielefeld zu bringen, wo sie „spätestens“ bis 13 Uhr im „Saal der Eintracht“ eintreffen mussten.
1.3.1943 Auflösung des Arbeitslagers Bielefeld, mit Bussen ins Sammellager Saal im Haus der Gesellschaft „Eintracht“ am Klosterplatz
Erwin Angress berichtet:
„In Bielefeld gab es im Saal des Vereinslokals ,Eintracht‘ ein Sammellager für Juden aus dem ganzen Bezirk. Bereits in der darauffolgenden Nacht vom 1. auf den 2. März 1943 wurden alle Juden zum Bielelelder Güterbahnhof gebracht und in Waggons gepfercht. Mit diesem Zug rollten wir dann nach Auschwitz… Nur 9 Personen haben überlebt.“
2.3.1943 Moritz mit Ehefrau Irene aus dem Einsatzlager Bielefeld Schloßhofstraße nach Auschwitz
2.3.1943 40 Stunden im geschlossenen Güterwaggon, Transport Bielefeld über Hannover – Erfurt – Dresden nach Auschwitz mit allen 98 Chawerim aus dem Arbeitslager Paderborn
3.3.1943 Ankunft und Selektion der ‚Alten Rampe‘ am Güterbahnhof von Auschwitz;
Ernst Michel berichtet:
„Es gab nun zwei Reihen, beide rückten langsam voran. Männer an eine Seite, Frauen an die andere. … Issy schlurfte neben mir. Er war in Paderborn einer der charismatischen und zuverlässigsten Leiter. Er war dynamisch, optimistisch und stets hilfsbereit. Er war stark wie ein Stier. Er hatte Lilo in Paderborn geheiratet einige Wochen vor unserer Deportation. Sie war bereits auf der anderen Seite. Tränen rannen sein Gesicht hinunter. Ich berührte ihn. Er nickte nur.“
Kalendarium von Auschwitz vom 3.3.1943
„Reichssicherheitshauptamt Transport, Juden aus Berlin. Nach der Selektion lieferte man 535 Männer als Häftlinge ins Lager ein, sie bekamen die Nr. 104 890 – 105 424; 145 Frauen bekamen die Nr. 369035 – 37 079. Die übrigen wurden vergast.“
Moritz eingewiesen in Auschwitz III zum Aufbau des IG-Farben Werkes Buna Monowitz, auf LKW in die Quarantäneblöcke des „Arbeitslager Buna“ gebracht; Tätowierung der „nichtarischen“ Häftlinge, Häftlingsnummer 104 893; Mithäftling Karl Polak:
„Wir wurden nacheinander auf einen Stuhl gesetzt, da war ein Schraubstock und wir mussten unseren linken Arm dort hineinzwängen, und er wurde so festgezogen, dass wir den Arm nicht bewegen konnten. Darauf kam ein Häftling und hat uns die Nummer hineintätowiert.“
21.4.1944 Tod in Auschwitz
13.12.1945 Suchanzeige von Bruder Erich „Private (Soldat) im 220. Pioneer Corps BAOR“, Nottingham
Gedenken
1952 Pages of Testimony für Moshe David und Irene Artmann von Otto Artmann, von Oscar Artmann und für ihre Familie aus Bochum von Miriam Lustmann Artmann
Quellen
Auszug aus dem Hausbuch Schloßhofstraße des Einwohnermeldeamtes Bielefeld (Signatur: StArchBi, Bestand 104,3 Einwohnermeldeamt, Nr. 1547)
Daniel Hoffmann, Lebensspuren meines Vaters, Wallstein Verlag 2007
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de833583
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de833552
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de1556034
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de1191482
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de1675982
https://www.statistik-des-holocaust.de/OT430302_1.jpg
www.80jahrepogrom.jgpb.de/erwin-angress/
https://stolpersteineaurich.wordpress.com/2010/01/02/moritz-artmann/
Margit Naarmann, Ein Auge gen Zion, Paderborn, 2000; ISBN3-89498-087-7
Oskar Artmann, Angesehen und wohlhabend. Jüdische Familie in Kalkar zwischen 1917 und 1934, in: Kalender für das Klever Land auf das Jahr 1983, Seite 40
1938-1988 – Schicksal einer jüdischen Familie, Zeugenberichte von Karl Polak über sieben Jahre Verfolgung