Dora Labe
*5.11.1923 in Glambeck, Ruppin; ✡ 1943 in Auschwitz
Staatsangehörigkeit deutsch
Religion jüdisch
Vater Julius Labe *1895 in Berlin; ✡ 17.8.1927 in Vielitz, Ruppin
Mutter Rosalie Simon *27.9.1895 in Schönsee; ✡ 25.11.1941 Fort IX in Kauen
Großeltern Siegfried und Henrietta Simon
Großeltern Karl und Ernestine Labe
Geschwister
Paul Labe *25.8.1922 in Seebeck, Ruppin; ✡in Treblinka
Theodor Labe *6.10.1925 in Glambeck; ✡25.11.1941 Fort IX in Kauen
Beruf Landwirtschaftliche Praktikantin
Adressen Glambeck; Berlin, Knesebeckstraße 86/87; Bielefeld
Heirat ledig
Kind –
Weiterer Lebensweg
Dorfschule in Glambeck ca 1937 ; Dora 2. Reihe, 1. von links; Theo 3. Reihe links; Bildrechte MDR
9./10.November 1938 das Wohnungsinventar der Familie wird auf dem Dorfplatz verbrannt
Die Familie wird aus Glambeck vertrieben
24.4.1939 Umzug der Familie nach Berlin, Niederwallstraße 15
17.5.1939 mit der Mutter in Glambeck bei Minderheiten-Volkszählung (irrtümlich Lembeck)
1939 Dora ins Hachscharalager Schniebinchen, dann nach Berlin Knesebeckstraße 86/87 .
Das Umschulungs- und Einsatzlager in Bielefeld Schlosshofstraße 73 a
1939 Nachdem zahlreiche, in Bielefeld lebende Jüdinnen und Juden in „Judenhäusern“ zwangseingewiesen wurden, schloss die Reichsvereinigung der Juden in Deutschland (RVJD) mit den jeweiligen Städten Verträge zur Errichtung der Umschulungs- und Einsatzlager in Bielefeld Koblenzer Straße 4 und Paderborn, Grüner Weg 86;
Anfang September entstand für zunächst 36 Praktikanten ein Wohn- und Arbeitslager in der Koblenzer Straße 4 (heute: Artur-Ladebeck Straße 6). Das Haus beherbergte zuvor die Praxis des nach Holland geflüchteten Orthopäden Dr. med. Bernhard Mosberg.
23.3.1940 wegen der räumliche Enge Wechsel von 57 Bewohnern in das Lager in der Schloßhofstraße 73a, einem ehemaligen Gutshof.
Dort bestand auch eine Unterkunft für alte und kranke Jüdinnen und Juden („Siechenheim“) als Einrichtung der RVJD. Vom Lager aus wurden die Männer kolonnenweise bei den Straßen-, Tief- und Gleisbauarbeiten der Fa. Nebelung & Sohn eingesetzt.
1940 erfolgte ein Austausch männlicher Bewohner mit dem Umschulungslager Paderborn; die zionistischen Chawerim wechselten nach Paderborn und umgekehrt. Allein am 9. und 10.Juni 1940 kommen 10 Paderborner in das Lager in der Schloßhofstraße 73a.
14.8.1940 Dora aus Berlin angemeldet im Umschulungs- und Einsatzlager in Bielefeld
5.7.1941 behördliche Anordnung zur Auflösung der Hachschara-Lager; Umbenennung „Jüdisches Arbeitseinsatzlager Bielefeld“
17.11.1941 Deportation der Mutter Rosalie aus Berlin in das im Fort IX in Kauen
25.11.1941 Tod der Mutter Rosalie bei Massenerschießung im Fort IX in Kauen
2.4.1942 Bruder Paul deportiert aus Berlin ins Ghetto Warschau; Tod in Treblinka
Herbst 1942 Errichtung von Baracken für junge Familien auf dem Gelände.
November 1942 in Kraft tretendes Gesetz: „Alle im Reich gelegenen Konzentrationslager sind judenfrei zu machen und sämtliche Juden sind nach Auschwitz und Lublin zu deportieren.“
20.2.1943 neue Richtlinien des Reichssicherheitshauptamtes für die „technische Durchführung der Evakuierung“
März 1943 Reichsweite „Fabrikaktion“, alle noch in Arbeitslagern und kriegswichtigen Betrieben beschäftigten „Volljuden“ werden verhaftet und in Konzentrationslager nach Auschwitz deportiert, um den Arbeitskräftebedarf im Nebenlager Buna zu decken.
27.2.1943 Befehl von Wilhelm Pützer (1893-1945), Leiter des Judenreferats der Gestapo-Außendienststelle Bielefeld, das „jüdische Arbeitseinsatzlager in Bielefeld“ aufzulösen und deren Insassen und weitere Juden aus dem Sprengel bis zum 1. März, also zwei Tage später, nach Bielefeld zu bringen, wo sie „spätestens“ bis 13 Uhr im „Saal der Eintracht“ eintreffen mussten.
1.3.1943 Auflösung des Arbeitslagers Bielefeld, mit Bussen ins Sammellager Saal im Haus der Gesellschaft „Eintracht“ am Klosterplatz
Erwin Angress berichtet:
„Die Jüdischen Lagerinsassen – insgesamt 99 – wurden in Extrawagen nach Bielefeld transportiert, die an den fahrplanmäßigen Zug ab Paderborn am 1.3.43 um 8.24 Uhr angehängt wurden. In Bielefeld gab es im Saal des Vereinslokals ,Eintracht‘ ein Sammellager für Juden aus dem ganzen Bezirk. Bereits in der darauffolgenden Nacht vom 1. auf den 2. März 1943 wurden alle Juden zum Bielelelder Güterbahnhof gebracht und in Waggons gepfercht. Mit diesem Zug rollten wir dann nach Auschwitz… Nur 9 Personen haben überlebt.“
2.3.1943 ab dem Güterbahnhof Bielefeld für 40 Stunden im geschlossenen Güterwaggon, Transport Bielefeld über Hannover – Erfurt – Dresden nach Auschwitz mit 69 Insassen des Lager Bielefeld Schloßhofstraße und allen 98 Chawerim aus dem Arbeitslager Paderborn.
3.3.1943 Ankunft und Selektion der ‚Alten Rampe‘ am Güterbahnhof von Auschwitz;
Ernst Michel berichtet:
„Es gab nun zwei Reihen, beide rückten langsam voran. Männer an eine Seite, Frauen an die andere. … Issy schlurfte neben mir. Er war in Paderborn einer der charismatischen und zuverlässigsten Leiter. Er war dynamisch, optimistisch und stets hilfsbereit. Er war stark wie ein Stier. Er hatte Lilo in Paderborn geheiratet einige Wochen vor unserer Deportation. Sie war bereits auf der anderen Seite. Tränen rannen sein Gesicht hinunter. Ich berührte ihn. Er nickte nur.“
Kalendarium von Auschwitz vom 3.3.1943
„Reichssicherheitshauptamt Transport, Juden aus Berlin. Nach der Selektion lieferte man 535 Männer als Häftlinge ins Lager ein, sie bekamen die Nr. 104 890 – 105 424; 145 Frauen bekamen die Nr. 36 9035 – 37 079. Die übrigen wurden vergast.“
Tod in Auschwitz
Gedenken
27.1.1957 Pages of Testimony für die Geschwister und Rosalie Labe von Jakob Simon, dem
Bruder der Mutter
27.01.2020 Erstausstrahlung des MDR-Film „Dora Labe und ihre Brüder“ mit dem 57. Grimme-Preis 2021 ausgezeichnet
Quellen
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de907343
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de1097202
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de1097308
https://collections.arolsen-archives.org/de/document/12662866
Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939
https://www.statistik-des-holocaust.de/OT430302_1.jpg
Margit Naarmann, Ein Auge gen Zion, Paderborn, 2000; ISBN3-89498-087-7
Ernest W. Michel, „Promises Kept – Ein Lebensweg gegen alle Wahrscheinlichkeiten“, 2013
Kurt Salinger, Nächstes Jahr im Kibbutz, Paderborn 1998