Ursula Edith Berghausen geb. Ardel
*8.3.1918 in Leipzig; ✡ März 1943 in Auschwitz
Staatsangehörigkeit Österreich
Religion jüdisch
Vater Heinrich Isidor Ardel *18.6.1891 in Leipzig; Kürschner; ✡14.2.1956 in Leipzig
Heirat der Eltern 4.12.1914
Mutter Lina Elsa Geiler *30.12.1886 in Leipzig; ✡1955
Onkel Paul Berthold Ardel *30.5.1885 in Breslau; ✡ in USA
Tante Marie Eichner-Ardel *11.6.1891 in Leipzig; ✡ Juli 1972 Bronx, NY
Geschwister
Horst Harry Ardel *14.10.1915 in Leipzig; ✡ 26.5.1941 in Atteln; oo vor Mai 1939 mit Susanna Rappaport (*4.12.1921 in Leipzig; ✡26.8.1943 in Auschwitz)
Gerd Ardel *16.11.1923 in Leipzig; ✡1965 in Deutschland
Cousine Fanni Inge Ardel *18.8.1922 in Leipzig
Beruf –
Adressen Leipzig Luppenstraße 22 (Capa-Haus)
Heirat oo Julius Berghausen *18.12.1908 in Brake, Lippe; ✡ in Auschwitz
Kind
Tana Berghausen *28.10.1942 in Bielefeld
Weiterer Lebensweg
10.11.1938 Julius Berghausen verhaftet im Novemberpogrom,
12.-21.11.1938 „Schutzhaft“ im Konzentrationslager Buchenwald
10.11.1938 Vater ebenfalls verhaftet, „Schutzhaft“ in Buchenwald; Häftlingsnummer 24473
6.12.1938 Vater entlassen aus Buchenwald
17.5.1939 Bruder Horst mit Ehefrau Susanna in Leipzig bei Minderheiten-Volkszählung
17.5.1939 Bruder Gerd Ardel mit den Eltern in Leipzig bei Minderheiten-Volkszählung
17.5.1939 Onkel Paul Ardel mit Frau Marie und Fanni, in Leipzig bei Minderheitenzählung
1939 Nachdem zahlreiche, in Bielefeld lebende Jüdinnen und Juden in „Judenhäusern“ zwangseingewiesen wurden, schloss die Reichsvereinigung der Juden in Deutschland (RVJD) mit den jeweiligen Städten Verträge zur Errichtung der Umschulungs- und Einsatzlager in Bielefeld Schlosshofstraße 73 a und Paderborn, Grüner Weg 86;
Es entstand zunächst ein Wohn- und Arbeitslager in der Koblenzer Straße 4 (heute: Artur-Ladebeck Straße 6), anschließend erfolgte wegen der räumliche Enge der Wechsel in das Lager in der Schloßhofstraße 73a. Dort bestand eine Unterkunft für alte und kranke Jüdinnen und Juden („Siechenheim“) als Einrichtung der RVJD.
5.7.1941 behördliche Anordnung zur Auflösung der Hachschara-Lager; Umbenennung „Jüdisches Arbeitseinsatzlager Bielefeld“
Herbst 1942 Errichtung von Baracken für junge Familien auf dem Gelände
26.6.1940 Bruder Harry vom Hachschara Gut Winkel Spreenhagen angemeldet im Lager Paderborn
13.7.1940 Susanna Ardel aus Gut Winkel Spreenhagen angemeldet im Lager Paderborn
22.7.-3.8.1940 Paul Marie und Fanni Ardel auf der MS HIKAWA MARU von Yokohama nach Seattle
3.1.1941 eine Baracke in Paderborn brennt durch einen überhitzten Kanonenofen ab. Kurt Steinitz frieren die Kleidungsstücke steif bei den Löschversuchen.
12. 2.1941 Vater Heinrich im KL Sachsenhausen
3.-5.5.1941 Vater als Zu- bzw. Abgang im Krankenbau Sachsenhausen geführt
Mai 1941 Wegen des geplanten Neuaufbaus der abgebrannten Baracke entleiht Wachsmann eine Gruppe Arbeiter an ein Sägewerk in Atteln. Harry Ardelt kommt dort bei einem Arbeitsunfall ums Leben (vom Baum erschlagen). Der fehlende Unfallversicherungsschutz führt zu heftigen Auseinandersetzungen. Hans Wachsmann werden dabei Falschaussagen nachgewiesen.
5.7.1941 behördliche Anordnung zur Auflösung der Hachschara-Lager; Umbenennung „Jüdisches Arbeitseinsatzlager Paderborn“ bzw. Bielefeld
10.1.1942 Zuzug von Ursula Berghausen aus Leipzig ins RVJD-Lager Bielefeld
10.8.1942 die Witwe des Bruders Horst heiratet den Paderborn Chawer Walter Glogowski
November 1942 in Kraft tretendes Gesetz: „Alle im Reich gelegenen Konzentrationslager sind judenfrei zu machen und sämtliche Juden sind nach Auschwitz und Lublin zu deportieren.“
20.2.1943 neue Richtlinien des Reichssicherheitshauptamtes für die „technische Durchführung der Evakuierung“
März 1943 Reichsweite „Fabrikaktion“, alle noch in Arbeitslagern und kriegswichtigen Betrieben beschäftigten „Volljuden“ werden verhaftet und in Konzentrationslager nach Auschwitz und ins „Generalgouvernement“ deportiert
27.2.1943 Befehl von Wilhelm Pützer (1893-1945), Leiter des Judenreferats der Gestapo-Außendienststelle Bielefeld, das „jüdische Arbeitseinsatzlager in Paderborn“ aufzulösen und deren Insassen und weitere Juden aus dem Sprengel bis zum 1. März, also zwei Tage später, nach Bielefeld zu bringen, wo sie „spätestens“ bis 13 Uhr im „Saal der Eintracht“ eintreffen mussten.
Ende Februar/März 1943 Reichsweite „Fabrikaktion“, alle noch in Arbeitslagern und kriegswichtigen Betrieben beschäftigten „Volljuden“ werden verhaftet und in Konzentrationslager nach Auschwitz deportiert, um den Arbeitskräftebedarf im Nebenlager Buna zu decken.
1.3.1943 Auflösung des Arbeitslagers Bielefeld, mit Bussen ins Sammellager Saal im Haus der Gesellschaft „Eintracht“ am Klosterplatz
Erwin Angress berichtet:
„Die Jüdischen Lagerinsassen – insgesamt 99 – wurden in Extrawagen nach Bielefeld transportiert, die an den fahrplanmäßigen Zug ab Paderborn am 1.3.43 um 8.24 Uhr angehängt wurden. In Bielefeld gab es im Saal des Vereinslokals des Vereins ‚Eintracht‘, ein Sammellager für Juden aus dem ganzen Bezirk. Bereits in der darauffolgenden Nacht vom 1. auf den 2. März 1943 wurden alle Juden zum Bielelelder Güterbahnhof gebracht und in Waggons gepfercht. Mit diesem Zug rollten wir dann nach Auschwitz… Nur 9 Personen haben überlebt.“
2.3.1943 ab dem Güterbahnhof Bielefeld für 40 Stunden im geschlossenen Güterwaggon, Transport Bielefeld über Hannover – Erfurt – Dresden nach Auschwitz mit 80 Insassen des Lager Bielefeld Schloßhofstraße und allen 98 Chawerim aus dem Arbeitslager Paderborn.
3.3.1943 Ankunft und Selektion der ‚Alten Rampe‘ am Güterbahnhof von Auschwitz; Ernst Michel berichtet:
„Es gab nun zwei Reihen, beide rückten langsam voran. Männer an eine Seite, Frauen an die andere. … Issy schlurfte neben mir. Er war in Paderborn einer der charismatischen und zuverlässigsten Leiter. Er war dynamisch, optimistisch und stets hilfsbereit. Er war stark wie ein Stier. Er hatte Lilo in Paderborn geheiratet einige Wochen vor unserer Deportation. Sie war bereits auf der anderen Seite. Tränen rannen sein Gesicht hinunter. Ich berührte ihn. Er nickte nur.“
Walter Glogowski eingewiesen in Auschwitz III zum Aufbau des IG-Farben Werkes Buna Monowitz, Häftlingsnummer 104928
Kalendarium von Auschwitz vom 3.3.1943
„Reichssicherheitshauptamt Transport, Juden aus Berlin. Nach der Selektion lieferte man 535 Männer als Häftlinge ins Lager ein, sie bekamen die Nr. 104 890 – 105 424; 145 Frauen bekamen die Nr. 36 9035 – 37 079. Die übrigen wurden vergast.“
Tod von Ursula, Julius und Tana Berghausen in Auschwitz
1954 -1956 Vater HeinrichVorsitzender der Israelitischen Religionsgemeinde zu Leipzig
Ab 1955 Bruder Gerd im Vorstand der Israelitischen Religionsgemeinde zu Leipzig
Gedenken
25.7.2003 Page of Testimony für Harry und Schwester Edith von Cousine Hillel Schechter
Quellen
Auszug aus dem Hausbuch Schloßhofstraße des Einwohnermeldeamtes Bielefeld (Signatur: StArchBi, Bestand 104,3 Einwohnermeldeamt, Nr. 1547)
Daniel Hoffmann, Lebensspuren meines Vaters, Wallstein Verlag 2007
Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de840313
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de1056621
https://www.statistik-des-holocaust.de/OT430302-Paderborn2.jpg
https://www.lindenauerstadtteilverein.de/heimatkunde/jdisches-leben-in-lindenau.htm
Margit Naarmann, Ein Auge gen Zion, Paderborn, 2000; ISBN3-89498-087-7
Ernest W. Michel, „Promises Kept – Ein Lebensweg gegen alle Wahrscheinlichkeiten“, 2013
Kurt Salinger, Nächstes Jahr im Kibbutz, Paderborn 1998
www.80jahrepogrom.jgpb.de/erwin-angress/