Kohn Gerda

Gerda Kohn geb. Lewinski

*19.6.1919 in Marienwerder; ✡ 1944 in Stutthof

Staatsangehörigkeit deutsch, staatenlos

Vater Jaques Lewinski *31.1.1886 in Marienwerder; ✡30.11.1941 in Riga Rumbula

Mutter Meta Jacobsthal *26.1.1890 in Königsberg; ✡30.11.1941 in Riga Rumbula

Geschwister

Kurt Lewinski *11.12.1921 in Marienwerder; ✡in Australien

Beruf Schneiderin

Adressen Marienwerder; Berlin; Stuttgart,Frühlingshalde 10; zuletzt in Haigerloch

Heirat 19.11.1940 in Berlin mit Wilhelm Kohn *25.2.1909 in Stuttgart; ✡1942 in Riga

Schwiegermutter Paula Kohn geb. Fränkel *9.6.1879 in Fürth; ✡26.3.1942 in Riga

Schwägerin Anny Kohn * 28.4.1919 in Stuttgart; ✡1944 in Stutthof

Kinder  –

Weiterer Lebensweg

Ausbildung als Schneiderin, nachdem ihr das Abitur verweigert wurde

17.5.1939 mit den Eltern und Bruder Kurt in Berlin Tiergarten bei Minderheiten-Volkszählung

Sommer 1939 Bruder Kurt nach England, Kindertransport

1940 Schwägerin Anni Kohn gemeldet im Heim des Jüdischen Frauenbundes in Neu-Isenburg (Haus II für schwangere Mütter, Säuglinge und Kleinkinder)

2.4.1940 Anni Kohn bringt in Frankfurt ihre Tochter Bela Rachel Kohn zur Welt, die zu Pflegeeltern in den Schwarzwald gegeben wird.

Die Bürckel-Wagner-Aktion in Baden

22.10.1940 Nichte Bela mit den Pflegeeltern mit 6500 Juden des Saarlandes, der Pfalz und Baden in das Internierungslager Gurs in Südfrankreich transportiert in der „Bürckel-Wagner-Aktion“; Bela Kohn überlebt in einem Kinderheim in Limoges

19.11.1940 Heirat und Umzug nach Stuttgart, wo sie von der jüdischen Gemeinde als Kursleiterin angestellt wird 

November 1941 Deportationsbescheid der Gestapo für die beiden Eltern

November 1941 Deportationsbescheid für das Ehepaar Gerda und Wilhelm Kohn, Schwiegermutter Paula und Schwägerin Anny; Verbringung zur Sammelstelle Killesberg, Stuttgart

1.12. 1941 Transport mit 1013 württembergischen Juden vom Güterbahnhof des Stuttgarter Nordbahnhofs nach Riga- Skirotawa.

4.12.1941 Ankunft am Bahnhof Skirotawa, Fußmarsch ins Außenlager Jungfernhof

13.12.1941 Wilhelm Kohn mit 500 jungen Männern aus dem Jungfernhof zum Aufbau nach Salaspils

4.1.1942 200 junge Frauen aus dem Außenlager Jungfernhof ins Ghetto Riga verlegt

26.3.1942 Schwiegermutter Paula Kohn bei der Dünamünde Aktion im Jungfernhof im Wald von Bikernieki erschossen wurde mit etwa 1600 Erwachsenen und 240 Kindern

Juli 1942 Wilhelm Kohn aus Salaspils ins Ghetto Riga, soll dort erschossen worden sein,

Verzeichnis der Personen, die am Montag, dem 10.8.42 im Gewerbebetrieb eingestellt sind

10.8.1942 Gerda Kohn als Schneiderin Nr. 15 auf der Liste der im Gewerbebetrieb im Ghetto Riga Beschäftigten als Mitglied der Gruppe Hannover

Juli-2. November 1943 schrittweise Auflösung des Ghettos; Einrichtung des Konzentrationslagers Riga-Kaiserwald und verschiedener Betriebslager mit lokaler Kasernierung; Kommandant des KL Kaiserwald Sturmbannführer Albert Sauer

25.9.1943 Transport von 300 Juden aus dem Ghetto Riga und 700 aus dem Ghetto Wilna in das KL Kaiserwald

Ende Oktober 1943 800 lettische Juden aus Libau; die SS-Wachen bereichern sich an deren versteckten Wertsachen. In diesem Zusammenhang berichtet Gertrude Schneider:

„Am nächsten Tag zierten die Kowa (Eva Kowa, SS-Aufseherin) Smaragdohrringe. Sie brachte grünen Stoff in die Baracke und ließ Gerda Kohn, eine Damenschneiderin, die später Blockälteste wurde, ein Kleid für sich schneidern.“

3. November 1943 Große Selektion bei Auflösung des Ghetto Riga;

Gerda Kohn wird Blockälteste der Baracke I im KL Kaiserwald; dort ist sie mit dem Koch des KL befreundet, einem BV-ler (Krimineller); sie informierte Gerda Hacker, dass ihre Schwester Olly Adler aus Wien (ehemalige Geliebte des Lagerkommandanten Krause) wegen „Verlockung zur Rassenschande“ verhaftet worden sei. Gertrude Schneider schreibt über die beiden Schwestern:

„Olly und Gerda waren beide ungefähr 1,70 m groß und schlank. Olly goldblond und Gerda dunkelbraun. Olly eine Schönheit und Gerda hübsch.“

Sommer 1944 Auflösung des KL Kaiserwald, Riga

Juli 1944 Selektion in Riga- Strasdenhof aller über 30-Jährigen vor Liquidierung des KL Kaiserwald. 300 Männer und Frauen über 30 zunächst in einem ausgeräumten Saal der Kabelfabrik gesammelt, dann auf LKW verladen und vermutlich im Juli 1944 im Wald von Rumbula ermordet. Strasdenhof war das einzige Außenlager des KL Kaiserwald, in dem alle über 30-Jährigen ermordet wurden.

6.8-9.8.1944 1. Großer Transport mit der „Bremerhaven“ von Riga nach Danzig mit 200 Häftlingen aus dem Außenkommando Armeebekleidungsamt ABA 701 in Riga Mühlgaben (Milgravis)

28.9.-1.10.1944 3155 Häftlinge aus Riga Kaiserwald, 300 von der Lenta auf dem Frachtschiff „Kanonier“ von Riga->Danzig

1.10.1944 Ankunft mit Schwägerin Anni im KL Stutthof

 Tod in Stutthof; eine überlebende Gefährtin berichtet über Stutthof an den Bruder Kurt:

“Ihre Schwester Gerda musste leider auch bald ihren Mann (Wilhelm) verlieren.  Es ging ihr im Lager Riga verhältnismäßig ordentlich, da sie sich im Nähen betätigen konnte.  Wir kamen dann in ein Lager Stutthof bei Danzig, wo Gerda leider verblieben ist.  Es war ein Schreckenslager, ich werde nie im Leben vergessen, was sich dort alles abgespielt hat.”

Bruder Kurt von England nach Australien deportiert

8.4.1942 – 14.8.1946 in der 8. Employment Company der Australischen Armee

Gedenken

2008 Stolpersteine in Stuttgart für die Familie Kohn in Stuttgart Süd, Kolbstraße 4C

Quellen

Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939

https://objekte.jmberlin.de/object/jmb-obj-116601

https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de913729

https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de903301

https://collections.arolsen-archives.org/de/document/4525394

Dietlind Kautzky, Thomas Käpernick Hrsg., Mein Schicksal ist nur eins von Abertausenden VSA 2020

Wolfgang Scheffler, Diana Schulle, Buch der Erinnerung, Die ins Baltikum deportierten Juden 2011

Gertrude Schneider, Reise in den Tod, Deutsche Juden in Riga 1941-1944, Laumann-Verlag, 2008

Gertrude Schneider, Exile and Destruction, The Fate of the Austrian Jews 1938-1945; Praeger 1995

Hilde Sherman: Zwischen Tag und Dunkel. Mädchenjahre im Ghetto, Frankfurt/M.-Berlin-Wien, 1984

Anita Kugler, Scherwitz – Der Jüdische SS-Offizier, 2017

Veröffentlicht von Franz-Josef Wittstamm

Geboren 31. Mai 1951 in Recklinghausen Gymnasium Petrinum 1961 bis Abitur1970 Studium der Humanmedizin in Bochum Approbation 1981 Promotion1982 Facharzt für Innere Medizin, Kardiologie, Intensivmedizin Im Ruhestand seit 2016

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