Wallach Dora

Dora Dorothea Wallach geb. Tichauer

*31.8.1887 in Großchelm, Pless; ✡ 1944 in Riga

Staatsangehörigkeit deutsch, staatenlos

Vater Simon Tichauer 2.1.1861 in Zasdrosch; ✡?

Heirat der Eltern 17.12.1901 in Berlin

Mutter Agnes Auerbach *17.6.1863 in Berlin; ✡ ?

Geschwister unbekannt

Beruf

Adressen Kiel, Exerzierplatz 25

Heirat 1927 Hugo Wallach *22.9.1886 in Groß Munzel; ✡ 1944in Riga

Stiefkinder aus erster Ehe des Hugo Wallach mit Julie Salomonson

Ruth Wallach *6.2.1915 in Kiel; ✡16.12.1957 in New York; oo Erich Kaiser

Ursula Paula Wallach *16.11.1921 in Kiel; ✡3.5.1945 in Neustadt/Holstein

Tante der Stieftöchter

Rosalie Gottschalk geb. Salomonson *14.5.1880 in Gehrden; in Riga oo 1924 Siegmund Gottschalk

Weiterer Lebensweg

1927 Hugo Wallach Eigentümer einer Samenhandlung am Exerzierplatz 25

17.5.1939 in Kiel mit Hugo Wallach bei Minderheiten-Volkszählung (Ergänzungsbogen zur Volkszählung)

17.5.1939 Ursula Wallach in Bremen bei Minderheiten-Volkszählung

10.11.1938 Hugo Wallach verhaftet im Novemberpogrom,

10.11.1938 Hugo Wallach „Schutzhaft“ im KL Sachsenhausen

2.12.1938 Hugo Wallach entlassen aus Sachsenhausen

19.-27.4.1939 Stieftochter Tochter Ruth auf der SS MANHATTAN von Hamburg nach New York

Heimatadresse

Zieladresse

November 1941 Deportationsbefehl der Gestapo

Sammellager für Kieler Juden Schutzraum 1 im Kieler Rathaus

6.12.1941 deportiert aus Kiel; Waggons in Bad Oldesloe angehängt an den Hamburger Transport nach Riga, statt wie vorgesehen nach Minsk

9.12.1941 Ankunft Skirotawa; Fußmarsch in Fünferreihen entlang der Dünaburger Landstraße ins provisorische Lager Jungfernhof

13.12.1941 die Tante der Ursula Wallach, Rosalie Gottschalk geb. Salomonson und ihr Ehemann Siegmund ebenfalls nach Riga auf dem Transport Münster Bielefeld Riga

Fünf Transporte zum Jungfernhof

30.11.1941 -2. 12.1941 1008 Personen aus dem Sammellager Langwasser in Nürnberg

4.12.1941 Stuttgarter Transport von 1013 Juden aus dem Sammellager Killesberg in Stuttgart

3.-6.12.1941 aus Wien 1001 Juden zum Jungfernhof

9. 12.1941 Transport von 964 Personen aus Hamburg, Lübeck und Danzig (Ziel zuvor Minsk)

13.12.1941 200 (-500) junge Männer aus dem Jungfernhof zum Aufbau nach Salaspils

4.1.1942 Lagerleiter Seck schickt ca. 200 junge Frauen ins Ghetto Riga

11.-15.1.1942 Transport 14 1002 Juden aus Wien, 300 ins Ghetto Riga, 700 zum Jungfernhof

19.1.1942 80 junge Männer aus dem Jungfernhof nach Salaspils

Vermutlich noch im April 1942 aus dem Jungfernhof ins Ghetto Riga verlegt

Dora Wallach eingeteilt zur Arbeit im Gewerbebetrieb des Ghetto Riga; hier wurden überwiegend alte Frauen, denen der tägliche Marsch in die Außenkommandos nicht mehr zugemutet werden konnte, mit Sortieren der Kleidung aus den geraubten Koffern der Neuankömmlinge und mit Ausbesserung von Wehrmachtskleidung beschäftigt. Die wenigen Männer waren in der Regel Schneider von Beruf.

Verzeichnis der Personen, die am Montag, dem 10.8.42 im Gewerbebetrieb eingestellt sind

10.8.1942 Dora Wallach Nr. 15 auf der Liste der im Gewerbebetrieb im Ghetto Riga Beschäftigten

Juli-2. November 1943 schrittweise Auflösung des Ghettos; Einrichtung des Konzentrationslagers Riga-Kaiserwald und verschiedener Betriebslager mit lokaler Kasernierung; Kommandant des KL Kaiserwald Sturmbannführer Albert Sauer

3.11.1943 Große Selektion bei finaler Auflösung des Ghetto Riga;

Außenkasernierung Strasdenhof des KL Kaiserwald in Riga

Geht vermutlich mit der gesamten Näherei aus dem „Gewerbebetrieb“ unter Umgehung des KL Kaiserwald direkt in die Außenkasernierung in Riga Strasdenhof in der Widzemer Chaussee von der AEG, bestehend bereits ab dem 1. August 1943, ab dem 1. Juni 1944 dann auch in der dortigen Anodenwerkstatt zur Aufbereitung von Batterien. Einer der zwei Lagerältesten im Strasdenhof war Ludwig Miltenberg

Sommer 1944 Auflösung des KL Kaiserwald, Riga

Juli 1944 Selektion in Riga- Strasdenhof aller über 30-Jährigen vor Liquidierung des KL Kaiserwald. 300 Männer und Frauen über 30 zunächst in einem ausgeräumten Saal der Kabelfabrik gesammelt, dann auf LKW verladen und vermutlich im Juli 1944 im Wald von Rumbula ermordet. Strasdenhof war das einzige Außenlager des KL Kaiserwald, in dem alle über 30-Jährigen ermordet wurden.

6.8-9.8.1944 1. Großer Transport mit der „Bremerhaven“ von Riga nach Danzig mit 200 Häftlingen aus dem Außenkommando Armeebekleidungsamt ABA 701 in Riga Mühlgaben (Milgravis)

9.8.1944 Ankunft von Stieftochter Ursula Wallach im KL Stutthof

Die Tragödie in der Lübecker Bucht, der Judenmord von Neustadt

21.-26.4.1945 10 000 Häftlinge aus dem KL Neuengamme von SS-Wachen nach Lübeck gebracht, dort auf das manövrierunfähige Kreuzfahrtschiff „Cap Arcona“ und die Frachter „Thielbeck“, „Athen“ und „Elmenhorst“ im Vorwerker Hafen.

April 1945 wurden auch aus Außenlagern des KL Stutthof Häftlinge mit Lastkähnen in die Lübecker Bucht verbracht, so auch Ursula Wallach;

Der Kapitän der ARCONA verweigerte die Übernahme auf das schon überfüllte Schiff; die Lastkähne trieben herrenlos ohne Antrieb an den Strand bei Neustadt. Die Häftlinge, versuchten vom Strand aus, sich Nahrungsmittel zu besorgen.

3.5.1945 am frühen Morgen trieben Neustädter Bürger, Angehörige der Kriegsmarine, einer Versehrteneinheit und des Volkssturms in einer sogenannten „Sammelaktion“ die Menschen zusammen und erschossen mindestens 208 Häftlinge aus dem KL Stutthof; der Strand war von Toten übersät.

3.5. 1945 Britischer Fliegerangriff in der Lübecker Bucht bei Neustadt auf die „Cap Arcona“ und die „Thielbeck“, die nach Treffern Feuer fangen und sinken; über 7000 Häftlinge ertrinken. Tragisch: eine entsprechende Meldung des IRC war nicht weitergeleitet worden und erreichte die Piloten nicht.

Der Weg entlang des Ehrenfriedhofs „Cap Arcona“ erhielt den Namen Stutthof-Weg.

29.9.1945 Suchanfrage der Stieftochter Ruth Kaiser für Dora und Ursula Wallach und weitere

Gedenken

11.6.2012 Stolpersteine für Dora, Hugo und Ursula Wallach in Kiel, Exerzierplatz 25

Quellen

Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939

https://objekte.jmberlin.de/object/jmb-obj-116601

https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de1008120

https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de1008189

https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de985006

https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de465136

https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de878221

https://collections.arolsen-archives.org/de/document/130501184

https://collections.arolsen-archives.org/de/document/131656711

https://www.statistik-des-holocaust.de/OT411206_SH3.jpg

https://taz.de/Der-Judenmord-von-Neustadt/!5682028/

Passenger and Crew Lists of Vessels Arriving at New York, New York, 1897-1957 (National Archives Microfilm Publication T715, roll 6319); Records of the Immigration and Naturalization Service, Record Group 85

https://www.statistik-des-holocaust.de/OT411213-Muenster4.jpg

Dietlind Kautzky, Thomas Käpernick Hrsg., Mein Schicksal ist nur eins von Abertausenden VSA 2020

Wolfgang Scheffler, Diana Schulle, Buch der Erinnerung, Die ins Baltikum deportierten Juden 2011

Gertrude Schneider, Reise in den Tod, Deutsche Juden in Riga 1941-1944, Laumann-Verlag, 2008

Gertrude Schneider, Exile and Destruction, The Fate of the Austrian Jews 1938-1945; Praeger 1995

Hilde Sherman: Zwischen Tag und Dunkel. Mädchenjahre im Ghetto, Frankfurt/M.-Berlin-Wien, 1984

Anita Kugler, Scherwitz – Der Jüdische SS-Offizier, 2017

Veröffentlicht von Franz-Josef Wittstamm

Geboren 31. Mai 1951 in Recklinghausen Gymnasium Petrinum 1961 bis Abitur1970 Studium der Humanmedizin in Bochum Approbation 1981 Promotion1982 Facharzt für Innere Medizin, Kardiologie, Intensivmedizin Im Ruhestand seit 2016

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