Weinberg Albrecht

Albrecht „Alwin“ Weinberg

*7.3.1925 Westrhauderfehn; März 2024 lebt er in Leer

Staatsangehörigkeit deutsch,staatenlos

Religion jüdisch

Vater Alfred Weinberg *18.7.1889 in Buer, Melle; ✡ 4.10. 1944 in Auschwitz

Mutter Flora Grünberg *27.11.1886 in Jemgum ; ✡ 4.10. 1944 in Auschwitz

Geschwister

Albrecht, Diedrich und Friedel Weinberg

Diedrich Dieter Weinberg *23.8.1922 in Westrhauderfehn; ✡13.10.1946 in Breinermoor NL bei Autounfall

Friedel Weinberg *14.11.1923 in Westrhauderfehn; ✡18.5.2012 in USA

Cousine Ruth Heilbronn 14.11.1921 in Lingen; ✡8.9.2014 in London

Beruf landwirtschaftlicher Praktikant

Adressen  Westrhauderfehn; Leer Bremer Straße 66, Reimer Straße 6; Groß Breesen; Hangelsberg; Neuendorf; New York

Heirat ledig

Kinder

Weiterer Lebensweg

Ostern1931 Einschulung Sundermannschule in Rhauderfehn

10.9.1935 Verfügung ab 1.1.1936 Besuch der Schule in Rhauderfehn verboten

1.1.1936 von der Sundermannschule in Rhauderfehn verwiesen

Januar 1936 Albrecht nach Leer zum Besuch der jüdischen Schule , die Geschwister wohnen bei Onkel Wilhelm Cohen, Leer, Bremer Straße 70, Friedel dann bei Bekannten der Familie des Viehhändlers Albert Frank auf der Bremer Straße 64

22.8.1936 Umzug der Eltern aus Rhaudermoor nach Leer, Bremer Straße 66, im Hinterhaus des Viehhändlers Isaak Polak; Söhne Walter Polak und Karl Polak

22.8.1936 Umzug der Familie nach Leer, Bremer Straße 66

10.11.1938 alle Juden aus Leer verhaftet im Novemberpogrom, aus ihren Häusern geholt und zum Viehhof getrieben Albrecht mit seiner Mutter, wie alle Frauen und Kinder, separat von den Männern im Schlachthof eingesperrt; die Frauen mit ihren Kindern und die alten Männer wurden noch am 10. November entlassen.

56 Juden aus Leer wurden interniert in „Schutzhaft“ in Sachsenhausen;

Januar 1939 Entlassung des Vaters aus dem KL Sachsenhausen mit der Auflage, Deutschland zu verlassen

23.4.1939 Albrecht zusammen mit Schwester Friedel in das Übersee-Gruppenauswanderer-Lehrgut Groß Breesen

17.5.1939 Eltern in Leer bei Minderheitenzählung

1939 Bruder Dietrich mit den Cousinen Frauke und Ruth Grünberg aus Leer zur Gärtnerausbildung in die Israelitische Gartenbauschule Ahlem, Hannover

5.7.1941 behördliche Anordnung zur Auflösung der Hachschara-Lager; Um­be­nen­nung der noch bestehenden in „Jü­di­sches Ar­beits­ein­satz­lager“

Juli -September 1941 Auflösung der Hachscharalager Ahrensdorf, Gut Winkel. Havelberg; Verlegungen in das Lehrgut Neuendorf im Sande und Paderborn;

Ende August 1941 offizielle Schließung des Lagers Groß Breesen

Albrecht und Friedel Weinberg aus Groß Breesen über Neuendorf ins Forsteinsatzlager Hangelsberg; Lagerleiter und Kolonnenführer ist Ernst Grünberger

20.3.1942 der Forstmeister in Hangelsberg richtet ein Protestschreiben gegen den angeordneten Abzug der jüdischen Waldarbeiter an den Landforstmeister

2.4.1942 Verhaftung von 62 Bewohnern des Landwerks Neuendorf, besonders der älteren, staatenlosen oder zuvor bei der Gestapo auffällig gewordenen; Deportation auf Lastwagen in eine große Turnhalle nach Frankfurt/Oder, wo noch 100 Juden aus den Forst- und Ernteeinsatzlagern in Beerfelde, Hangelsberg, Hasenfelde, Jakobsdorf, Kaisermühl, Kersdorf, Pillgram, Schönfelde und Treplin hinzustoßen. Die älteren Deportierten sind zumeist 1940 aus dem Regierungsbezirk Schneidemühl nach Neuendorf, Pillgram, Treplin und anderen Lagern verbracht worden.

3.4.1942 Deportation von 8 Chawerim aus Wulkow mit der 1. Welle auf dem XII. Transport von Berlin ins Ghetto Warschau; Abfahrt aus Frankfurt/Oder um Mitternacht

Albrecht und Friedel Weinberg verbleiben mit einer kleinen Gruppe in Hangelsberg

Clara Grunwald schreibt in einem Brief vom 3.4.1942

„Ich muss dir etwas sehr trauriges mitteilen: einige 60 Menschen, ein knappes Drittel haben gestern fortfahren müssen und werden heute Charfreitag , um Mitternacht, nach Polen verladen..“

18.2.1943 noch 10 Juden im Forsteinsatzlager Hangelsberg registriert

April 1943 Auflösung von Hangelsberg zusammen mit dem Hauptlager Neuendorf

19.4.1943 Chawerim aus 10 jüdischen Einsatzlagern, allein 153 Personen aus dem Landwerk Neuendorf bei Fürstenwalde auf dem 37. Osttransport von Berlin nach Auschwitz (Fabrikaktion)

Esther Bejarano erinnert sich:

„Wohin der Zug fuhr, wussten wir nicht. Die Waggons waren überfüllt und wir konnten uns kaum bewegen. Wenn wir mal austreten wollten, mussten wir über die Menschen steigen, um an die Kübel in der Ecke zu gelangen. Die Luft in den Waggons war miserabel und wurde immer schlechter.“

Esther berichtet auch, dass viele alte und schwache Menschen diese mehrere Tage dauernde Fahrt in den Viehwaggons nicht überlebten. Ihre Leichen blieben die ganze Zeit in den Waggons.
Mit Esther saßen viele der Jugendlichen im Waggon, mit denen sie in Neuendorf zusammen war: Eli Heymann, Schimschon Bär, Schoschana Rosenthal, Miriam Edel, Anne Borinski, Hilde Grünbaum, Karla und Sylvia Wagenberg, Herbert Growald und noch viele andere.

20. 4. 1943 Ankunft in Auschwitz; Notiz im Lagerbuch von Auschwitz:

„Mit einem Transport der RSHA […] sind etwa 1 000 jüdische Männer, Frauen und Kinder eingetroffen. Nach der Selektion werden 299 Männer, die die Nummern 116754 bis 117502 erhalten sowie 158 Frauen, die die Nummern 41870 bis 42027 erhalten, als Häftlinge in das Lager eingewiesen.
Die übrigen 543 Deportierten werden in den Gaskammern getötet.“

Er wird zur Zwangsarbeit im Auschwitz-Nebenlager Monowitz eingewiesen; er bekommt die Auschwitz-Häftlingsnummer 116927 in den linken Unterarm tätowiert.

Auschwitz Todesmarsch

15.1.1945 die Häftlinge in Auschwitz hören den russischen Kanonendonner 30 km aus dem Osten

18.1.1945 Evakuierung aller drei Auschwitz-Lager; ca. 60 000 Häftlinge; 10000 Männer aus Monowitz

18.1.1945 Beginn des Todesmarsches mit 400 Frauen von Auschwitz- Birkenau nach Loslau

Auschwitz-Überlebende berichten von der Brutalität der SS-Leute während des Todesmarsches:

Albrecht Weinberg:

„Wer nicht mehr gehen konnte, wurde erschossen oder erschlagen. Wir haben während der kurzen Marschpausen auf den Leichen am Wegrand gesessen, um uns auszuruhen.“

Zofia Posmysz:

„Der letzte Tag in Auschwitz war der 18. Januar. Nach drei Tagen und drei Nächten zu Fuß wurden wir in offenen Güterwagen nach Ravensbrück gebracht.“

Asher Aud:

„Wenn wir sind gegangen Totenmarsch, da sind keine Menschen gegangen, da sind nur Skelette gegangen.“

Sigmund Kalinski:

„Wer nicht konnte oder wer zur Seite war, wurde erschossen, bei ungefähr 15 bis 20 Grad minus in unseren Kleidern.“

Isidor Philipp berichtet:

„Wer sich hinlegte, wurde von den SS-Männern, die auf Motorrädern fuhren, erschossen.“

Übernachtung in einer Ziegelei in Nikolai. weitere 25 km bis nach Gleiwitz

19. – 23.1.1945 Ankunft in den Eisenbahnknotenpunkten Gleiwitz und Loslau. Von Gleiwitz oder Loslau in Güterwaggons zu westlich gelegen Konzentrationslager wie Buchenwald, Ravensbrück, Sachsenhausen, Mauthausen

„Von dort begann dann – in offenen Kohlewaggons und bei 15 Grad unter Null – die Fahrt durch Polen, Tschechoslowakei und Österreich zurück nach Deutschland.“

Von Gleiwitz in Güterwaggons nach Mauthausen und KL Dora Außenlager des KZ Buchenwald KL Mittelbau Dora bei Nordhausen, V2-Produktion

März 1945 Todesmarsch nach Bergen-Belsen

Nach Schätzungen starben bei diesen Räumungstransporten von Auschwitz insgesamt zwischen 9.000 und 15.000 Häftlinge.

15.4.1945 Befreiung durch die Royal Army in Bergen Belsen

Die drei Geschwister Friedel, Albrecht und Diedrich treffen sich in Bergen-Belsen wieder.

Rückkehr nach Leer

13.10.1946 Tod von Bruder Dieter in Breinermoor NL bei Autounfall

1946 im DP-Camp Zeilsheim bei Frankfurt bis zur Emigration in die USA

28.1.-11.2.1947 auf dem US-Truppentransporter USS MARINE PERCH mit Schwester Friedel ab Bremerhaven nach New York

1985 Geschwister Weinberg 1985 auf Einladung der Stadt zu Besuch in Leer

2012 Rückkehr nach Deutschland, wohnt in Leer

Deportation der Eltern nach Theresienstadt und Auschwitz

Sommer 1939 Umzug der Eltern nach Berlin, zuletzt Judenhaus Kirchstraße 22

30.6.1942 Schließung der Gartenbauschule in Hannover-Ahlem. Nutzung als Sammelstelle der jüdischen Bevölkerung Hannovers und Umgebung; Diedrich nach Berlin zu den Eltern

1.3.1943 Bruder Dietrich in der Berliner Fabrikaktion mit dem 31. Osttransport von Berlin nach Auschwitz, zusammen mit Karl Polak aus Leer und Arthur Posnanski

17.3.1943 Eltern Flora und Alfred Weinberg auf dem 4. Großen Alterstransport I/90 nach Theresienstadt

1.10.1944 Eltern auf Transport Em von Theresienstadt nach Auschwitz

Gedenken/Ehrungen

15.6.2016 Pages of Testimony für die Eltern von Rafael de Levie

2016 Albrecht Weinberg erster Ehrenbürger der Geburtsstadt Rhauderfehn

2017 Albrecht Weinberg mit Bundesverdienstkreuz geehrt

2020 Umbenennung des Gymnasium in Rhauderfehn in Albrecht-Weinberg-Gymnasium

2023 Ernennung zum Ehrenbürger von Leer/Ostfriesland

23.11.2023 Verleihung der Hermann-Tempel-Medaille

1.3.2024 Albrecht Weinberg gibt der Süddeutschen Zeitung ein Interview

Quellen

Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939

Passenger and Crew Lists of Vessels Arriving at New York, New York, 1897-1957 (National Archives Microfilm Publication T715, roll 7280); Records of the Immigration and Naturalization Service, Record Group 85

http://www.archiv-heinze.de/colonien/westrhfehn/kirchenWF/andere/juden/Weinberg_/weinberg.html

https://de.wikipedia.org/wiki/Albrecht_Weinberg

https://www.leer.de/media/custom/1778_56_1.PDF

Martin Priess: Jahrhundertzeugen – Albrecht Weinberg, eine Graphic-Novel-Erzählung in der Phoenix-Mediathek. Video (48 Min.), abrufbar bis 21. Juli 2025

Bernd-Volker Brahms, Nicole Nocon: Interview mit Albrecht Weinberg für die Shoa Foundation (4 Stunden 7 Minuten), aufgezeichnet 2. Mai 2023 in Leer/Ostfriesland

https://www.statistik-des-holocaust.de/list_ger_ber_ot12.html

https://www.statistik-des-holocaust.de/OT420403_Frankfurt7.jpg

https://www.statistik-des-holocaust.de/OT420403_Frankfurt8.jpg

https://collections.arolsen-archives.org/de/document/5185319

https://collections.arolsen-archives.org/de/document/5185325

https://collections.arolsen-archives.org/de/document/5185327

https://collections.arolsen-archives.org/de/document/5185317

https://collections.arolsen-archives.org/en/document/5185313

https://collections.arolsen-archives.org/de/document/127212765

https://yvng.yadvashem.org/index.html?language=de

Peter W. Lande,  Jewish „Training“ Centers in Germany, Manuskript von 1978 im Bestand des Centers for Jewish History

https://digipres.cjh.org/delivery/DeliveryManagerServlet?dps_pid=FL4311316

Veröffentlicht von Franz-Josef Wittstamm

Geboren 31. Mai 1951 in Recklinghausen Gymnasium Petrinum 1961 bis Abitur1970 Studium der Humanmedizin in Bochum Approbation 1981 Promotion1982 Facharzt für Innere Medizin, Kardiologie, Intensivmedizin Im Ruhestand seit 2016

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