Löbenstein Margot

Margot Löbenstein

Religion jüdisch

Staatsangehörigkeit deutsch

Vater Baruch Löbenstein *14.9.1881 in Datterode; ✡ 1942 in Riga Bikernieki

Mutter Ellen Helene Gottlieb *11.1.1890 in Schlitz, Lauterbach; ✡ 20.11.1944 in Stutthof

Schwester Bella Löbenstein *23.9.1914 in Datterode; ✡18.8.1942 in Auschwitz

Großvater Herz Löbenstein *7.9.1851 in Datterode; ✡25.6.1914 in Datterode

Großmutter Bertha Löbenstein geb. Goldschmidt *22. März 1857 in Erdmannrode, Altkreis Hünfeld; ✡24.10.1941 in Eschwege

Onkel Siegfried Löbenstein *14.3.1883 in Datterode; Rechtsanwalt Dr. jur; ✡ 29.11.1959 in Bonn

Tante Luise Liesel Karoline Strobel *12.10.1899 in Recklinghausen, evang. Christin; ✡ 29.11.1973 in Kassel

Cousinen

Helga Löbenstein *18.8.1927; ✡ 2015 in Bonn; oo Hermann Greiner (1920-2014), hochdekorierter Jagdflieger der Luftwaffe im 2.WK

Margot Löbenstein *23.8.1922; ✡ 30.8. 1947

Onkel Leo Gottlieb *31.5.1893 in Fulda; ✡Juni 1971 USA

Cousin Fred Gottlieb *1930 in Siegburg; ✡24.7.2020 in Jerusalem

Beruf landwirtschaftliche Praktikantin; Med. Technikerin

Adressen Datterode Nr. 31; Eschwege, Fr.-Wilhelmstraße 14; Hattenhof; New York; Montevideo; Buenos Aires

Heirat 18.9.1950 im Lake County mit Rolf/Ralph Mezger *26.1.1925 in Heilbronn; ✡2008

Kinder

Susanna Mezger *Juni 1955 in Montevideo; oo Lewenbuch

Gabriela Mezger *November 1961 in Montevideo; oo Santiago

Weiterer Lebensweg

Vater Baruch war Getreidehändler Fa. „Gebrüder Löbenstein“

1928 Umzug nach Eschwege, Friedrich-Wilhelmstraße 14

Schulbesuch für 9 Jahre Volks- und Mittelschule

April bis Anfang Oktober 1938 Jüdische Haushaltsschule, Internatsschule in
Wolfratshausen bei Bad Tölz. Der „Jüdische Frauenbund München“ betrieb auf dem Gelände des Erholungsheims ab 1926 eine staatlich genehmigte „Wirtschaftliche Frauenschule auf dem Land“. Das Institut bot jüdischen Mädchen nach ihrem Volksschulabschluss eine einjährige hauswirtschaftliche Ausbildung.

Oktober1938 Rückkehr zu den Eltern nach Eschwege

9./10.11.1938 Vater im Novemberpogrom zunächst von einem christl. Nachbarn versteckt, verhaftet am Bahnhof bei dem Versuch abzureisen; Verbringung mit den anderen Juden aus Eschwege in das „Hochzeitshaus“

Deportierung der Eschweger in das KL Buchenwald;

Buchenwald-Häftlingsnummer des Vaters 25700

Die Gold und Silberzwangsabgabe für Juden 1939

1939 Besuch von Tante Liesel Löbenstein (ev. Christin) in Begleitung eines SS-Mannes;, sie kommt aus Bonn, wo sie mit Tochter Helga seit 1939 bei ihren Eltern lebt. Ihr Ehemann Siegfried Löbenstein ist bereits 1936 aus Herne nach Antwerpen geflohen, da er als Jude und ehemaliges SPD-Ratsmitglied in Herne besonders gefährdet war; er wurde bereits am 10.3.1933 in Herne in Schutzhaft genommen. Liesel Löbenstein – pro forma 30.9.1935 in Bonn geschieden, 1948 wiederverheiratet – nimmt die Wertgegenstände der Familie nach Bonn in Verwahrung, um die „Gold-und Silberabgabe“ für Juden zu umgehen (Abgabefrist unter Strafandrohung bis 31. März 1939)

28.3.1939 Ausstellung der Kennkarte in Eschwege

17.5.1939 Margot mit den Eltern in Eschwege bei Minderheiten-Volkszählung

Das jüdische Umschulungslager Gehringshof

3.6.1940 Margot Löbenstein zur Hachschara in das jüdische Umschulungslager Gehringshof in Hattenhof bei Fulda; Träger ist der Bachad, 1928 gegründete Jugendorganisation des orthodox-jüdischen Misrachi; das hebräische Akronym בָּחָ״ד BaChaD steht für Brit Chaluzim Datiim, deutsch ‚Bund religiöser Pioniere‘;  Träger zuletzt die Reichsvereinigung der Juden in Deutschland RVJD.

Der Gehringshof wurde 1929 erworben von der Kibbuz-Haddati-Bewegung, Mitglied im Bachad, zuvor in Betzenrod und Rodges, ab April 1934 auch Kibbuz Hag Shamash

 Die Ausbildung erfolgte auch auf den umliegenden Bauernhöfen. Neben dem Gehringshof bestanden in Hessen Hachscharalager in Grüsen, Külte bei Volkmarsen und Lohnberghütte bei Weilburg.

1.11.1940 Margot Löbenstein abgemeldet aus dem Gehringshof, Hattenhof

1940-1941 verschiedene Zwangsarbeitsstellen in Eschwege

Riga Deportation mit den Eltern aus Kassel

6.12.1941 Verbringung von 100 weiteren Juden aus Eschwege ins Sammellager nach Kassel, über Nacht im Sammellager Turnhalle der Bürgerschule für Jungen, Schillerstraße

9.12.1941 Deportation von Margot L. mit den Eltern, insgesamt mit 1034 Juden auf dem  „Gesellschafts-Sonderzug Reichssicherheitshauptamt“, Zugnummer „Da 36“ ab Kassel über Berlin, Breslau, Posen, Königsberg, Riga- Skirotawa

12.12.1941 Ankunft Skirotawa; Fußmarsch ins Ghetto Riga bei 40 Grad minus

Schwester Bella von Amsterdam über Westerbork nach Auschwitz

Bella Löwenstein;
Foto privat, Archiv Mezger

4.7.1935 Schwester Bella verhaftet wegen Auslandsaufenthalt

10.7.-8.9.1935 Bella als Schützhäftling im „Schulungslager Moringen“

15.9.1935 Schwester Bella flieht nach Enschede;

1938 Bella Haushälterin bei Fam. Magnus in Amsterdam

Der letzte Brief von Schwester Bella aus Amsterdam

A‘[mster]dam, 16. Juli 1942

Meine lieben Eltern, mein liebes Margotlein!

Dass ich vor kurzem den ersten Bericht über Euer Wohlergehen bekommen habe, ist mir eine große Beruhigung. Denn ich stehe im Begriff, mein Domizil zu verändern, und es wird wohl einige Zeit dauern, bis wir wieder einander erreichbar sind. Ich bin nämlich zum Arbeitsdienst nach Deutschland aufgerufen und werde in einer knappen Stunde aufbrechen. Ich bin guten Mutes und mein Hauptwunsch ist, dass wir uns bald einmal wiedersehen. Da es jedoch möglich ist, dass Ihr früher als ich im Stande sein werdet die Verbindung untereinander wieder herzustellen so schreibe ich Euch diesen Brief, der also ein Abschiedsbrief für unbestimmte Zeit ist. Möge Gott Euch mir inzwischen gesund erhalten!

In Liebe Eure Bella

16.7.1942 Schwester Bella aus Amsterdam zur Bahnstation Hooghalen, Fußmarsch ins Camp Westerbork; dort keine Aufnahme vorgesehen, nur zur Registrierung; Fußmarsch zurück nach Hooghalen; Bahntransport auf dem 2. Transport von Westerbork ins KL Auschwitz

Riga – Libau – Fuhlsbüttel – Nordmark – Schweden

Juli 1942 Tod des Vaters im Lager Salaspils

Mutter Helene im Armeebekleidungsamt ABA 701

Margot im Außenkommando Vairogs, „Eisenbahnlager“, eine Waggonfabrik

Juli-2. 11.1943 schrittweise Auflösung des Ghetto Riga; Einrichtung des Konzentrationslagers Riga-Kaiserwald und verschiedener Betriebslager mit lokaler Kasernierung; Kommandant des KL Kaiserwald Sturmbannführer Albert Sauer

November 1943 im Armeebekleidungsamt ABA 701 in Mühlgraben, Kasernierung

Sommer 1944 Auflösung des KL Kaiserwald, Riga

Juli – September 1944 Transporte der Arbeitsfähigen aus Riga per Schiff nach Stutthof

28.9.-1.10.1944 3155 Häftlinge aus Riga Kaiserwald, 300 von der Lenta auf dem Frachtschiff „Kanonier“ von Riga->Danzig

29.9.- 3.10.1944 140 Zwangsarbeiter ABA 701 mit dem Frachtschiff „Sanga“ nach Libau, Lettland

13.-14.10. 1944 Die letzten 50 Männer, 10 junge Frauen mit der „Drechtdijk“ auch „Drächtig“ nach Libau

SS-Sonderlager Libau in Lettland, Arbeit im Hafen, Be- und Entladen von Schiffen

22.10.1944 Fliegerangriff auf Libau mit zwei Toten unter den Häftlingen

22.12.1944 schwerer russischer Bombenangriff auf die besetzte Stadt, 13 Lagerinhaftierte kommen um

19. 2. 1945 200 Häftlinge von Libau auf dem mit Granaten- und Patronenhülsen beladenen Kohlefrachter „Balkan“ über die Ostsee erst Richtung Lübeck, wegen Bombenangriffen umgeleitet nach Hamburg;

27.2.1945 Ankunft in Hamburg, von der Gestapo in Gefängniswagen vom Hafen nach Fuhlsbüttel

27.2.1945 – 11.4.1945 Polizeigefängnis Fuhlsbüttel „Kola-Fu“, Zuchthaus und Konzentrationslager

12.-15.4.1945 86 km Fußmarsch nach Kiel, ins „Arbeitserziehungslager“ (AEL) „Nordmark“ in Hassee, Außenlager des KL Neuengamme in Kiel.

Rettungsaktion „Graf Bernadotte“ durch das Schwedische Rote Kreuz

Nach Verhandlungen des schwedischen Graf Bernadotte und Norbert Masur vom World Jewish Congress, Stockholm mit Heinrich Himmler nahe Berlin werden u.a. 153 jüdische Häftlinge und ihre Kinder aus dem AEL Nordmark nach Schweden freigelassen.

1.5.1945 153 Juden mit weißen Bussen des Roten Kreuz nach Pattburg, Dänemark, Entlausung in der Quarantänestation; weiter mit dem Zug nach Kopenhagen

2.5.1945 mit der Fähre nach Malmö; erste Quarantäne ca. 10 Tage

4.5.1945 Befreiung des AEL Nordmark Hassee durch britische „Royal Army“

Mai Mai 1945 in Smalandstenar

8.6. bis Mitte Juli 1945 Flüchtlingsheim Holsbybrunn, Ausländerheim der Schwedischen Ausländerkommission

15.7.- 31.8.1945 in der Internatsschule in Viggbyholm bei Anna Kronheimer, eine Ausbildungsstätte für Hauswirtschaft

1.9.1945 Anstellung als Hausmädchen bei Büroleiter Samuel Serov, Nockeby

Emigration in die USA, Uruguay, Argentinien

17.-28.11.1945 Margot Löbenstein auf der SS STAVANGERFJORD von Oslo nach New York zu Onkel Dr. Leo Gottlieb, Arzt aus Siegburg; Sohn Fred

Ausbildung zur Medzinischen Technikerin am Brooklyn Jewish Hospital in New York;

1.4.1946 – 30.9.1947 Besuch der Boro Hall Academy und des Brooklyn College

18.9.1950 Heirat in Lake County, Indiana

Hochzeitsreise zu den Schwiegereltern

Niederlassung in Montevideo

1970 Emigration von Montevideo nach Buenos Aires

Gedenken

15.11.2014 Pages of Testimony für die Eltern von Cousin Fred Gottlieb

26.5.2010 Stolpersteine für die Eltern in Eschwege, Fr.-Wilhelmstraße 14

Quellen

https://www.joodsmonument.nl/nl/page/680851/biographie-bella-l%C3%B6benstein

https://archief.amsterdam/indexen/persons?ss=%7B%22q%22:%22L%C3%B6benstein%201914%22%7D

Thomas Beck, Letzter Gruß der Mutter; Eschweger Geschichtsblätter 31/2020

https://www.alemannia-judaica.de/images/Images%20459/Datterode%20EG_31_2020.pdf

https://collections.arolsen-archives.org/de/document/11206813

https://collections.arolsen-archives.org/de/document/130335565

https://collections.arolsen-archives.org/de/document/11245826

https://collections.arolsen-archives.org/de/document/70385340

https://www.statistik-des-holocaust.de/OT411209-12.jpg

Peter W. Lande,  Jewish „Training“ Centers in Germany, Manuskript von 1978 im Bestand des Centers for Jewish History

Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939

http://www.fuldawiki.de/fd/index.php?title=Gehringshof

https://collections.arolsen-archives.org/de/document/78790374

Arolsen Archives, Arolsen Signatur DE ITS 2.1.1.1 HE 016 JÜD 7 ZM

https://yvng.yadvashem.org/ad

https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch

Dietlind Kautzky, Thomas Käpernick Hrsg., Mein Schicksal ist nur eins von Abertausenden VSA 2020

Bernd Philipsen, Fred Zimmak, Hrsg., Wir sollten leben, Novalis 2020

Wolfgang Scheffler, Diana Schulle, Buch der Erinnerung, Die ins Baltikum deportierten Juden 2011

Gertrude Schneider, Exile and Destruction, The Fate of the Austrian Jews 1938-1945; Praeger 1995

Hilde Sherman: Zwischen Tag und Dunkel. Mädchenjahre im Ghetto, Frankfurt/M.-Berlin-Wien, 1984

Anita Kugler, Scherwitz – Der Jüdische SS-Offizier, 2017

Veröffentlicht von Franz-Josef Wittstamm

Geboren 31. Mai 1951 in Recklinghausen Gymnasium Petrinum 1961 bis Abitur1970 Studium der Humanmedizin in Bochum Approbation 1981 Promotion1982 Facharzt für Innere Medizin, Kardiologie, Intensivmedizin Im Ruhestand seit 2016

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert