Lotte Mann
*11.11.1921 in Ichenhausen; ✡ 1942/43 in Auschwitz
Staatsangehörigkeit deutsch
Religion jüdisch
Vater Nathan Mann *30.1.1880 in Ichenhausen; ✡ vor 1945 im Bezirk Lublin
Mutter Alice Kahn *10.8.1886 in Buxweiler; ✡ vor 1945 im Bezirk Lublin
Tante Saly Mann *20.5.1883 in Ichenhausen; ✡ vor 1945 im Bezirk Lublin
Geschwister
Adolf Mann *7.10.1920 in Ichenhausen; ✡ vor 1945 in Auschwitz
Cousins
Fritz Weimersheimer *27.11.1922 in Ichenhausen; Gehringshof; SS HILDE; ✡ 10.8.2011 in Providence, USA
Siegbert Levi *5.9.1920 in Fischach, Augsburg; Steckelsdorf ✡ 1942 in Auschwitz
Beruf landwirtschaftliche Praktikantin
Adressen Ichenhausen, Wiesgasse 25 ; Steckelsdorf bei Rathenow
Heirat ledig
Kinder –
Weiterer Lebensweg
10.11.1939 Verhaftung des Bruders Adolf mit weiteren Männer der Familie Mann in Ichenhausen
11.11.1938-27.1.1939 Bruder Adolf in „Schutzhaft“ im KL Dachau;
Häftlingsnummer 22116
17.5.1939 mit den Eltern, Bruder Adolf und Tante Saly in Ichenhausen bei Minderheiten-Volkszählung
Das jüdische Umschulungslager Steckelsdorf-Ausbau
Lagerleiter/Madrichim waren Sigmar Bromberger, Manfred und Schoschana Litten, Dr. Benjamin Abrahamson, Herbert Schönewald, Werner Hoffbauer, Friedrich Löwenthal, ab 1941 Kurt Silberpfennig
10.11.1938 Novemberpogrom in Steckelsdorf, am Abend wurde das Landwerk gestürmt und verwüstet. Alle männlichen Funktionsträger Alle männlichen Funktionsträger wie Betriebsleiter Werner Hoffbauer, Simon Berlinger, Adolf Frohmann, Friedrich Löwenthal und Herbert Schönewald verhaftet ins Polizeigefängnis Magdeburg und später als „Schutzhäftlinge“ nach Buchenwald gebracht.
21.11.1938 Entlassung der Steckelsdorf Madrichim Simon Berlinger, Adolf Frohmann, Friedrich Löwenthal und Herbert Schönewald aus dem KL Buchenwald
1939 Instandsetzung und Übernahme von Steckelsdorf durch die RVJD
1.9.1939 Überfall der Deutschen Wehrmacht auf Polen
21.5.1941 Schließung der Büros des Hechaluz, Palästinaamt und Bachad in der Meinekestraße 10, Wechsel in die Kantstraße 158
22.11.1939 Lotte Mann zur Hachschara in das jüdische Umschulungslager Landwerk Steckelsdorf-Ausbau bei Rathenow im Landkreis Jerichow II; Träger ist der Bachad, 1928 gegründete Jugendorganisation des orthodox-jüdischen Misrachi; das hebräische Akronym בָּחָ״ד BaChaD steht für Brit Chaluzim Datiim, deutsch ‚Bund religiöser Pioniere‘; Träger war zuletzt die Reichsvereinigung der Juden in Deutschland RVJD. Das Anwesen gehörte als Jagdvilla einem Berliner Industriellen, der es einschließlich der dazugehörigen Gärtnerei 1936/37 seiner Jüdischen Gemeinde zur Einrichtung eines Erholungsheims schenkte.
Die Schließung des Landwerks
21.5.1942 schriftliche Ankündigung der Schließung für den 24.5.1942
24.5.1942 offizielle Schließung, nur die Stammbelegschaft des Landwerks verbleibt und 15 Zwangsarbeiter der optischen Industrie in Rathenow
11.7.1942 Lotte Mann deportiert aus Steckelsdorf auf Transport Magdeburg – Dessau-Berlin nach Auschwitz; unter Leitung des Steckelsdorf-Madrich Kurt Silberpfennig, der sich mit Frau und dem siebenjährigen Sohn Siegfried freiwillig dem Transport anschließt. 52 Chawerim kamen aus dem Landwerk Steckelsdorf
11./13. Juli 1942, ab Magdeburg – Leipzig/Chemnitz nach Auschwitz
13.7.1942 Ankunft und Selektion der Chaluzim aus Steckelsdorf in Auschwitz
Anneliese Borinski schreibt:
„Noch aus der Bahn bekommen wir eine Karte, abgestempelt hinter Breslau. Sie schreiben, dass sie in Richtung Auschwitz fahren. Dann haben wir nie wieder etwas von ihnen gehört. Auch in den Karteien von Auschwitz (Borinski arbeitete in Auschwitz in der SS-Kommandantur, FJW) konnte ich keinen von den mir namentlich bekannten finden, noch haben unsere Chawerim während der Lagerzeit oder auch nach der Befreiung etwas von irgendjemanden von ihnen gehört. Nur ein erschütterndes Zeichen fand ich. Als wir in der SS-Wäscherei in Auschwitz (Kommandantur) arbeiteten, brachte mir eines Tages eine Chawerah aus der SS-Wäsche eine Unterhose, die mit vollem Namen: Kurt Silberpfennig, gezeichnet war.“
Tod von Lotte Mann in Auschwitz, keine weiteren Daten bekannt, Todesdatum unbekannt
Deportation der Eltern und Tante Saly nach Piaski
81 Personen aus Ichenhausen verbracht nach München
3.4.1942 Eltern und Tante Saly auf dem Transport ab München ins Ghetto Piaski
Keine weiteren Daten bekannt
Tod vor 1945
Die Auflösung der Forsteinsatzlager in der Fabrikaktion
November 1942 in Kraft tretendes Gesetz: „Alle im Reich gelegenen Konzentrationslager sind judenfrei zu machen und sämtliche Juden sind nach Auschwitz und Lublin zu deportieren.“
20.2.1943 neue Richtlinien des Reichssicherheitshauptamtes für die „technische Durchführung der Evakuierung“
März 1943 Reichsweite „Fabrikaktion“, alle noch in Arbeitslagern und kriegswichtigen Betrieben beschäftigten „Volljuden“ werden verhaftet und in Konzentrationslager nach Auschwitz und ins „Generalgouvernement“ deportiert
10. 4.1943 169 Chawerim aus Neuendorf mit LKW nach Fürstenwalde, von dort mit der Bahn nach Berlin; zu Fuß ins Sammellager ehemaliges jüdisches Altenheim Große Hamburger Straße 26; in Berlin vom Transport zurückgestellt 16 Personen (Geltungsjuden, Juden aus privilegierten Mischehen etc.)
Bruder Adolf Mann und 18 weitere Chaluzim aus dem Jüdischen Forsteinsatzlager Schönfelde werden wie die Neuendorfer dem 37. Osttransport angeschlossen.
Esther Bejarano erinnert sich:
„Wohin der Zug fuhr, wussten wir nicht. Die Waggons waren überfüllt und wir konnten uns kaum bewegen. Wenn wir mal austreten wollten, mussten wir über die Menschen steigen, um an die Kübel in der Ecke zu gelangen. Die Luft in den Waggons war miserabel und wurde immer schlechter.“
20. 4. 1943 Ankunft in Auschwitz; Notiz im Lagerbuch von Auschwitz:
„Mit einem Transport der RSHA […] sind etwa 1 000 jüdische Männer, Frauen und Kinder eingetroffen. Nach der Selektion werden 299 Männer, die die Nummern 116754 bis 117502 erhalten sowie 158 Frauen, die die Nummern 41870 bis 42027 erhalten, als Häftlinge in das Lager eingewiesen.
Die übrigen 543 Deportierten werden in den Gaskammern getötet.“
Keine weiteren Daten bekannt
Tod von Bruder Adolf vor 1945
Gedenken
21.5.1999 Pages of Testimony für Lotte Mann ihre Eltern und Bruder sowie weitere Familienmitglieder von Nichte Khana Mandel Shaked
Quellen
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de924475
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de923910
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de1114648
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de923816
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de924487
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de987778
https://collections.arolsen-archives.org/de/document/128450689
https://collections.arolsen-archives.org/de/document/11247169
https://collections.arolsen-archives.org/de/document/127212893
https://www.statistik-des-holocaust.de/OT37-31.jpg
https://www.statistik-des-holocaust.de/OT420404-Schwaben12.jpg
Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939
Anneliese Ora-Borinski, Erinnerungen 1940 – 1943, Kwuzat Maayan-Zwi, Israel 1970
https://hachschara.juedische-geschichte-online.net/ort/13.pdf
Bettina L. Götze, Landwerk Steckelsdorf-Ausbau, in: Hachschara als Erinnerungsort.
<https://hachschara.juedische-geschichte-online.net/ort/13> [24.03.2024]
Ezra BenGershôm David. Aufzeichnungen eines Überlebenden, Evangelische Verlagsanstalt 1989
Bettina Götze, Rathenow, in: Irene Annemarie Diekmann (Hrsg.), Jüdisches Brandenburg. Verlag für Berlin-Brandenburg 2008. S. 304–328
Jizchak Schwersenz: Die versteckte Gruppe. Ein jüdischer Lehrer erinnert sich an Deutschland. Berlin: Wichern Verlag 1988
Michael Wermke: Ein letztes Treffen im August 1941. Kurt Silberpfennig und die Praxis religiös-zionistischer Pädagogik, Jüdische Bildungsgeschichte in Deutschland. Münster: Waxmann 2020