Gitta Sichel
*5.4.1909 in Ober-Seemen, Hessen; ✡ 1942/43 in Auschwitz
Staatsangehörigkeit deutsch
Religion jüdisch
Vater Mordechai Max Sichel *4.6.1877 in Dornheim; ✡1925 in Burghaslach
Mutter Selma Sila Massenbacher *16.8.1884 in Burghaslach; ✡15.8.1968 in Jerusalem
Großmutter Karolina Gittel Sichel geb. Neumann *9.4.1854 in Baden; ✡10.12.1942 in Theresienstadt
Großeltern Maier Massenbacher und Helena Blum
Geschwister
Moses Chaim Siegfried Sichel * 20.12.1911; ✡21.12.1914
Leo Jehuda *25.2.1913 in Wächtersbach; ✡24.8.2005 in Bene Beraq, Israel
Ilse Jehudit *4.7.1920 in Burghaslach; ✡24.2.1983 in Jerusalem; oo Ferenc Neumann
Beruf Angestellte; landwirtschaftliche Praktikantin
Adressen Ober-Seemen; Hamburg; Steckelsdorf bei Rathenow im Landkreis Jerichow;
Heirat ledig
Kinder –
Weiterer Lebensweg
Nach dem Tod des Vaters zieht Gitta mit der Mutter Selma und Schwester Ilse nach Hamburg, wo bereits mehrere Massenbacher, Geschwister der Mutter wohnten.
21.7.1937 Passausstellung für Schwester Ilse in Altona
22.11.1937 Einreise der Mutter und Schwester Ilse mit der SS GALILEA in Haifa mit Kapitalistenzertifikat Kategorie A
17.5.1939 Selma Sichel in Hamburg bei Minderheiten-Volkszählung
Das jüdische Umschulungslager Steckelsdorf-Ausbau
Gitta Sichel zur Hachschara in das jüdische Umschulungslager Landwerk Steckelsdorf-Ausbau bei Rathenow im Landkreis Jerichow II; Träger ist der Bachad, 1928 gegründete Jugendorganisation des orthodox-jüdischen Misrachi; das hebräische Akronym בָּחָ״ד BaChaD steht für Brit Chaluzim Datiim, deutsch ‚Bund religiöser Pioniere‘; Träger war zuletzt die Reichsvereinigung der Juden in Deutschland RVJD. Das Anwesen gehörte als Jagdvilla einem Berliner Industriellen, der es einschließlich der dazugehörigen Gärtnerei 1936/37 seiner Jüdischen Gemeinde zur Einrichtung eines Erholungsheims schenkte.
15.9.1941-9.5.1942 Gitta Sichel auf den Lohnkarten der Rathenower Reißverschluß GmbH
Die Schließung des Landwerks
21.5.1942 schriftliche Ankündigung der Schließung für den 24.5.1942
24.5.1942 offizielle Schließung, nur die Stammbelegschaft des Landwerks verbleibt und 15 Zwangsarbeiter der optischen Industrie in Rathenow
11.7.1942 Gitta Sichel deportiert aus Steckelsdorf auf Transport Magdeburg – Dessau-Berlin nach Auschwitz; unter Leitung des Steckelsdorf-Madrich Kurt Silberpfennig, der sich mit Frau und dem siebenjährigen Sohn Siegfried freiwillig dem Transport anschließt. 52 Chawerim kamen aus dem Landwerk Steckelsdorf
11./13. Juli 1942, ab Magdeburg – Leipzig/Chemnitz nach Auschwitz
13.7.1942 Ankunft und Selektion der Chaluzim aus Steckelsdorf in Auschwitz
Anneliese Borinski schreibt:
„Noch aus der Bahn bekommen wir eine Karte, abgestempelt hinter Breslau. Sie schreiben, dass sie in Richtung Auschwitz fahren. Dann haben wir nie wieder etwas von ihnen gehört. Auch in den Karteien von Auschwitz (Borinski arbeitete in Auschwitz in der SS-Kommandantur, FJW) konnte ich keinen von den mir namentlich bekannten finden, noch haben unsere Chawerim während der Lagerzeit oder auch nach der Befreiung etwas von irgendjemanden von ihnen gehört. Nur ein erschütterndes Zeichen fand ich. Als wir in der SS-Wäscherei in Auschwitz (Kommandantur) arbeiteten, brachte mir eines Tages eine Chawerah aus der SS-Wäsche eine Unterhose, die mit vollem Namen: Kurt Silberpfennig, gezeichnet war.“
Tod von Gitta Sichel in Auschwitz, keine weiteren Daten bekannt, Todesdatum unbekannt
Gedenken
11.9.1955 Page of Testimony für Gitta Sichel von Ihrer Mutter Selma Sichel
Quellen
https://collections.arolsen-archives.org/de/document/128450689
https://www.stolpersteine-hamburg.de/?&MAIN_ID=7&BIO_ID=5427
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de29804
Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939
Mandat zur Einbürgerung in Palästina, 1937-1947
Einreiselisten Israel
Anneliese Ora-Borinski, Erinnerungen 1940 – 1943, Kwuzat Maayan-Zwi, Israel 1970
https://hachschara.juedische-geschichte-online.net/ort/13.pdf
Bettina L. Götze, Landwerk Steckelsdorf-Ausbau, in: Hachschara als Erinnerungsort.
<https://hachschara.juedische-geschichte-online.net/ort/13> [24.03.2024]
Ezra BenGershôm David. Aufzeichnungen eines Überlebenden, Evangelische Verlagsanstalt 1989
Bettina Götze, Rathenow, in: Irene Annemarie Diekmann (Hrsg.), Jüdisches Brandenburg. Verlag für Berlin-Brandenburg 2008. S. 304–328
Jizchak Schwersenz: Die versteckte Gruppe. Ein jüdischer Lehrer erinnert sich an Deutschland. Berlin: Wichern Verlag 1988
Michael Wermke: Ein letztes Treffen im August 1941. Kurt Silberpfennig und die Praxis religiös-zionistischer Pädagogik, Jüdische Bildungsgeschichte in Deutschland. Münster: Waxmann 2020