Gottlieb Abraham

Abraham Gottlieb/Ahuvia

*1.11.1921 in Kozlow; ✡ 1.9.2015 im Kibbuz Netzer Sereni

Staatsangehörigkeit polnisch, staatenlos

Vater Pinkus Gottlieb; September 1942

Mutter Liba Feiga Gerstenfeld; ✡September 1942

Großvater Leiser Gerstenfeld; ✡September 1942

Geschwister

Chaim Meir Gottlieb *20.8.1917 in Kozlow; oo Riwka Truskolaska

Samuel Gottlieb *12.7.1924 in Kozlow

Beruf Maler

Adressen Kozlow; Krakau, Limanowskiego 45

Heirat 14.6.1946 am See Genesareth mit Leah Lola Sultanik *28.12.1925

Kinder zwei

Tochter Hila Ahuvia *17.3.1954; ✡28.6.2009 im Kibbuz Netzer Sereni

Weiterer Lebensweg

Abraham mit seinen Brüdern Mitglied im marxistisch-zionistischen Poʿale Zion (Arbeiter Zions), wo auch der spätere Präsident Ben Gurion Mitglied war

August 1940 Räumungsbefehl für das Ghetto Krakau

8.8.1940 Familie Gottlieb kehrt nach Koslow zurück

29.8.1942 Die Familie und viele Juden werden per Dekret aus Kozlow ausgewiesen und nach Kaschvinz vertrieben

Selektion von etwa 1000 kräftigen Männern, die mit Güterwaggons in das Zwangsarbeiterlager Plaszow transportiert werden

Der gemeinsame Weg der Brüder Abraham und Meir Chaim durch die Lager

2.9.1942-15.11.1943 jüdisches Zwangsarbeitslager JULAG II in Prokocim-Biezanowin bei Krakau; Einsatz bei der Rheinischen Hoch- und Tiefbaugesellschaft (Mannheim); JULAG III war das Frauenlager; JULAG I bei Plaszow

5.1.1943 Umzug in das neu errichtete Lager in Biezanow; hier stößt Bruder Samuel zu Ihnen; Lagerältester ist der Jude Dr. Lifschitz

15.11.1942 Schließung von JULAG II

17.11.1943-1.8.1944 HASAG Werk C in Skarzysko-Kamienna, Munitionsfabrik; bereits 1939 hatte der Leipziger Rüstungskonzern HASAG (Hugo Schneider AG) drei polnische Rüstungswerke übernommen: Skarżysko-Kamienna, Kielce und Tschenstochau

2.8.1944-16.1.1945 Abraham Gottlieb im HASAG Werk „Rakow“, Tschenstochau; vier HASAG-Standorte in Tschenstochau (Pelcery, Eisenhütte Rakow, Warta und Czenstochowianka)

5.8.1944 Bruder Samuel von Kozlow deportiert nach Buchenwald

16.1.1945 Auflösung der vier Lager in Tschenstochau; Bahnfahrt über Breslau, Leipzig nach Weimar

20.1.1945 Registrierung bei Ankunft von Abraham und Meir Chaim in Buchenwald

Zunächst für eine Woche Unterbringung im Block 52 im Kleinen Lager; Häftlingsnummer 116578

Wechsel in den Judenblock 23, wo Bruder Samuel im Stubendienst eingeteilt ist, eine privilegierte Stellung, vermutlich als Mitglied des kommunistisch dominierten Lagerwiderstandes; Blockältester ist Karl Siegmaier, (KPD, in Haft seit 1934, Häftlingsnummer 2162); Schreiber Manfred Langer.

Unterbringung des Bruders Chaim im Block 66 im kleinen Lager

30.1.1945 Arbeitskommando 45 Baukommando V, SS-Lazarett Weimar

5.2.1945 Abraham Gottlieb beginnt, sein Tagebuch zu schreiben (Februar-September 1945):

„Unser Block hat zwei Flügel: A und B. Blockältester Karl (Siegmeier, in Haft seit 1934 KPD; FJW) hat eine Ecke im Flügel A; mit Schränken getrennt vom Tagesteil des Flügels. Dort sitzt auch Hans Reiner, ein tschechischer Jude, groß, gutaussehend, breite Brust, ein hübscher Kerl. In seiner Ecke sitzt auch sein Sekretär Manfred (Langer), ein Jude aus Deutschland, ein guter, fröhlicher Mann, der immer ins Gesicht lacht.“

Das Ende des KL Buchenwald

5.4.1945 Himmlers Befehl zur Evakuierung von Buchenwald (47500 Häftlinge);

6.-10.4.1945 Die SS beginnt mit der Evakuierung des Konzentrationslagers; etwa 28.000 Häftlinge des Stammlagers und mindestens 10.000 Häftlinge der Außenlager werden auf insgesamt 60 Marschrouten – meist zu Fuß – auf die Todesmärsche getrieben, 12000 (Schätzung) kommen auf diesen Märschen um.

6.4. 1945 von den ca. 6000 Juden im Lager, können etwa 3000 versteckt werden;

hierzu gehören auch die drei Brüder Gottlieb, mit Hilfe von Bruder Samuel (Lagerwiderstand);

Abraham Gottlieb kann sich in der Baracke 66 bei Bruder Chaim Meir verstecken:

„Da endete für mich die Zeit von Block 23 im großen Lager. Seit einer Woche bin ich hier in Baracke 66 – die Baracke meines Bruders Meir – und schlafe auf dem Boden und lebe unter ziemlich schwierigen Bedingungen.“

3105 Juden werden im Lager zusammengetrieben, in den Werkshallen der DAW (Deutsche Ausrüstungswerke) eingesperrt und Richtung Flossenburg in Marsch gesetzt

7.4.1945 Todeszug nach Dachau verlässt Weimar mit ca. 7000 Häftlingen

10.4.1945 9.280 Insassen haben an diesem Tag Buchenwald in zwei Kolonnen verlassen. Die SS kündigt für den folgenden Tag die vollständige Räumung des Lagers an.

Evakuierung des KL Buchenwald in Güterwaggons nach Theresienstadt, Flossenbürg und Dachau

11.4.1945 Befreiung von Buchenwald durch das 37. Panzerbataillon der 4. US-Panzerdivision

Abraham Gottlieb schreibt in sein Tagebuch

„Jemand kam angerannt: „Auf dem Dach des Krankenhauses wurde eine weiße Fahne gehisst!“ Und hier sehen wir einen Gefangenen, der ein Maschinengewehr trägt. Er muss sie von einem verlassenen Wachposten geholt haben. Weiße Fahnen erscheinen auf den Dächern. Eine Gruppe von Häftlingen, die als Lager Schutz organisiert sind, kommt mit Waffen in den Händen! Sie organisieren sich in Gruppen und marschieren, einer hier und der andere. Weitere Gruppen werden sofort organisiert. Sie durchschneiden die Zäune, brechen aus dem Lager aus, suchen nach SS Männern und Waffen. Meir und Shmuel schließen sich den Gruppen an und verschwinden schnell. Ich bleibe im Block. … Der Lagerälteste gibt über den Lautsprecher den Befehl: Ruhe bewahren! …

Ich schüttle Meir und Shmuel die Hand. Hier sind wir drei am Leben und wohlauf.

5.5.1945 Elias Grynbaum fordert die Chaluzim in Buchenwald auf, sich illegal unter seiner Führung nach Eretz Israel durchzuschlagen; drei Tage später beschloss er, den Plan auszuführen, und Shmuel Gottlieb schloss sich ihm an. Sie kamen aber bereits einen Tag später ins Lager zurück

12.5.1945 Entlassung der drei Brüder aus Buchenwald durch alliierte Kommission

Kibbuz Buchenwald I – Hof Egendorf

Mai 1945 Gründung des Kibbuz Buchenwald auf dem Hof Egendorf, ein von der US-Army beschlagnahmter und den Buchenwald Häftlingen zur Verfügung gestellter Bauernhof bei Blankenhaim/Weimar.

Mai/Juni 1945 Abraham, Samuel und Chaim im Kibbuz Buchenwald I in Thüringen

Abraham Gottlieb notiert in seinem Tagebuch zum Ideal der Einheit als Grundlage von NOHAM

„Und damit wollen wir unser gemeinsames Leben demokratisch organisieren, dass die Rechte Toleranz gegenüber der Linken zeigt und umgekehrt, dass die Säkularen die Religiösen tolerieren und umgekehrt.“

Kibbuz Buchenwald II – Gehringshof

24.6.1945 wegen der Übergabe Thüringens an die „Rote Armee“ wechseln die Brüder mit allen Kibbuzim auf den Gehringshof bei Fulda in der Amerikanischen Zone,

24.6.1945 53 Chawerim aus Eggendorf auf den Gehringshof; Bruder Chaim Gottlieb im Kibbuz-Tagebuch:

„Wir kamen mit 53 Chawerim nach einer stundenlangen Fahrt in einem Bus und zwei LKWs auf einer Berg- und Talstraße nach Geringshof bei Fulda an.“

August 1945 Abraham mit Bruder Chaim und seiner Partnerin Lola Sultanik auf dem Gehringshof; Abraham Gottlieb als Leiter des Kulturkomitees gewählt

August 1945 mit Bruder Chaim auf der beim Palästina Büro in Paris eingereichten Liste der nach Marseille gereisten Maapilim

1945 registriert im DP Center Schwäbisch Hall

8.9.1945 mit Bruder Chaim auf der SS MATAROA von Marseille nach Haifa

September 1945 wenigen Tagen aus dem Camp Atlith entlassen

Kibbuz Buchenwald  III in Palästina

8.9.1945 Ankunft der 78 Chaluzim in Haifa auf der SS MATAROA mit Arbeiterzertifikat C/L

Nach kurzem Aufenthalt im britischen Internierungscamp Atlith gehen viele in den Kibbuz Afikim, , nachdem durch die Briten die Zahl der noch ausstehenden Zertifikate entsprechend gekürzt wurde.

Die erste Kibbuz-Versammlung in Afikim mit Berichten der Chaluzim wird zur großen Enttäuschung:

Elias Grynbaum : “ … aber sie verstanden uns überhaupt nicht.“

Lola Sultanik (Ahuvia) fügte hinzu:

„Meine Freunde hörten die Geschichten, aber ich weiß nicht, ob sie es überhaupt hören wollten. Als ich glaubte, dass sie mir nicht glaubten, hörte ich auf zu erzählen.“

April 1946 Pessachfest (2.-10.4.1946) Begrüßungsfeier im Kibbuz Afikim für die zweite Gruppe von ca 60 Pionieren, die aus dem Gehringshof mit der TEL HAI nach Haifa gekommen waren

14.6.1946 Lola Sultanik erzählt von ihrer Hochzeit von 5 Brautpaaren am See Genesareth, unter anderen auch Aharon Bacia und Rita Kuperberg:

„Ich erinnere mich: Es gab fünf Hochzeiten zusammen, und Avram war der älteste Bräutigam, und der Rabbi, der auch Schochet war, wusste nicht, dass wir keine Familie hatten, und sagte, sie sollten mich zum Altar führen, und ich hatte keinen einzigen Verwandten, also fing ich an zu weinen, bis Avram es einem Freund dort erzählte und er und seine Frau mich die Chuppa hinunterführten.“

Kibbuz Buchenwald III – Netzer Sereni

7.9.1947 Ankunft einer ersten Gruppe von 16 Chaluzim aus der Kibbuz Buchenwald-Gruppe in Afikim nach Rishon LeZion, da ihnen dort Arbeit im benachbarten Kibbuz Revivim versprochen wurde; Unterkunft im Bernstein-Haus, wo sie vom Sekretär des Arbeiterrates, Genosse Goldman vom benachbarten Kibbuz Revivim freundlich begrüßt werden, Arbeit gibt es aber zunächst nur sehr wenig. Es gibt auch zu wenig Wohnraum, so dass die zurückgebliebenen ca 60 Buchenwalder erst am 23.12. 1947 im benachbarten Nahalat Jehuda untergebracht werden können

9.5.1948 Besetzung der von den Briten geräumten Spohn-Farm durch die Givʿati-Brigade Namensgebung nach dem Verwalter der Jahre 1894-1917 Matthäus Spohn, arabischer Name „Bir Salim“)

14.5.1948 Unabhängigkeits-Proklamation durch David Ben Gurion, Staatsgründung Israel und Beginn des Unabhängigkeitskriegs

Mai/Juni 1948 Mitglieder des Kibbuz erhalten den militärischen Auftrag die benachbarte verlassene Spohn-Farm zu verteidigen

20.6.1948 die erste Gruppe von sechzehn Mitgliedern des Kibbuz Buchenwald, bewaffnet mit tschechischen Gewehren, auf die Spohn-Farm; nach 3 Monaten Kriegsdienst konnten die Verteidiger der Farm ihre Frauen und Kinder nachziehen; später beantragen sie bei der Sochnuth, dass ihnen die Farm in Erbpacht zugesprochen wird.

Neben den landwirtschaftlichen Projekten wird eine Metallwerkstatt und eine Fabrik zur Herstellung von Eisenbetten eröffnet.

Avraham Ahuvia, der noch in Afikim an der Hand verletzt, wird in ein Lehrerseminar geschickt; er hält regelmäßig Bibelunterrichtsstunden ab.

7.5.1949 Aufnahme des Kibbuz Buchenwald im Kibbuzverband HaKibbuz haMe’uchad;

11.6.1949 Beschluss zur Änderung des Namens auf Vorschlag von Ephraim Dekel in Netzer (נֵצֶר ‚Spross‘)

1951 Nach Spaltung des Verbandes Zuzug einer Siedlergruppe aus Giv’at Brenner, u.a. Ada Sereni, der Witwe des Givat-Gründers Enzo Sereni

1.9.2015 Tod im Kibbuz Netzer Sereni

Beisetzung auf dem Friedhof des Kibbuz Netzer Sereni

Quellen

Judith Tydor Baumel, Kibbuz Buchenwald, Hrsg. Kibbuz HaMeuhedet, Tel Aviv 1994

Abraham Ahuvia, autobiografische Erinnerungen in: Zeugnisse aus dem Tal des Todes, Veteranen des Kibbuz Netzer-Sereni erzählen; Oranit Verlag, 1998

https://collections.arolsen-archives.org/de/document/5991115

https://collections.arolsen-archives.org/de/document/5991119

https://newrepublic.com/article/151061/road-buchenwald

https://www.jewiki.net/wiki/Netzer_Sereni

https://de.wikipedia.org/wiki/Netzer_Sereni

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BILDER & DOKUMENTE – הכשרות החלוץ בגרמניה – דור המשך (hachshara-dor-hemshech.com)

Veröffentlicht von Franz-Josef Wittstamm

Geboren 31. Mai 1951 in Recklinghausen Gymnasium Petrinum 1961 bis Abitur1970 Studium der Humanmedizin in Bochum Approbation 1981 Promotion1982 Facharzt für Innere Medizin, Kardiologie, Intensivmedizin Im Ruhestand seit 2016

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