Anders Regina

Regina Anders

*24.10.1930 in Berlin; Überlebende;

Staatsangehörigkeit deutsch

Religion jüdisch

Vater Simon Welner *14.3.1905 in Krakau; ✡2.10.1987

Mutter Ottilie Martha Anders *9.11.1906 in Berlin; ✡ 7.1.1940 in Berlin

die Zwillinge Regina und Ruth vorn, die Brüder Theo und Benno mit ihrer Mutter Martha Rajberg 1936

Stiefbrüder (Vater Moritz Theodor Rajfeld *4.11.1900 Berlin ✡1.1.1927 in Berlin)

Theo Rajfeld *21.12.1924 in Berlin; ✡4.5.2009; oo 1945 Shifra Woloski *1924

Benno Rajfeld *27.2.1926 in Berlin; oo Ziva Grauer *10.7.1924 in Myszkow

Zwillingsschwester

Ruth Anders *24.10.1930 in Berlin; Überlebende; oo 1952 Simcha Malin

Beruf

Adressen Berlin, Moltkestr. 8/11, Auguststraße 50 b, Fehrbelliner Straße

Heirat 1949 Zwi Helmut Steinitz *1.6.1927 in Posen; ✡ 24.8.2019 in Tel Aviv

Kinder zwei

Weiterer Lebensweg

1925 Mutter Martha bei der ersten Heirat zum jüdischen Glauben konvertiert

1.1.1927 Moritz Rajfeld stirbt an Tuberkulose in Berlin, sein Mitarbeiter Simon Welner übernimmt dessen Fotoatelier; er wird der Partner der Mutter

24.10.1930 die Zwillingschwestern werden in Berlin geboren

1937 jüdische Mädchenvolksschule in der Auguststraße

6.-16.7.1938 Vater Simon Welner auf der SS PRESIDENT ROOSEVELT von Hamburg nach New York

Heimatadresse Martha Rajfeld, Berlin

10.11.1938 Inszenierter Pogrom in Berlin, Regina Steinitz berichtet:

»Eines Tages, es muss der 9. November 1938 gewesen sein, klopfte unsere Nachbarin an unsere Tür und was sie sagte, klingt mir noch heute in den Ohren: »Die stecken überall in Berlin die Synagogen in Brand. Und die Schaufenster der jüdischen Geschäfte werden eingeschlagen, es wird geplündert.« Mit »die« waren die Nazis gemeint, das war klar. Meine Mutter war zu krank, sie ging kaum noch auf die Straße, aber meine Brüder sagten sofort: »Wenn sie die Synagogen abbrennen, muss man die Thorarollen retten.« Meine Brüder liefen also los und ich hinterher, ich machte immer alles nach, was sie taten. Nebenan, in der schmalen Gasse, die Kleine Auguststraße heißt, brannte die Synagoge von Ahawas Scholaum, da überlegte man nicht lange, viele jüdische Leute löschten schon mit Kleidern und Jacken. Andere waren dabei, Bücher aus dieser brennenden Synagoge zu schleppen, viele waren angesengt, Gebetsbücher wie sie immer unter den Pulten lagen, Siddur und Machsor, Gebete für den Alltag und für die Festtage und für den Sabbat. Meine Brüder beteiligten sich an dieser Rettungsaktion und plötzlich waren da stapelweise diese angebrannten Bücher. Wohin damit? Auf der Straße war ja auch der Mob, der die Synagoge in Brand gesetzt hatte. Da schleppten sie die Bücher in unsere Wohnung. Weil meine Neugier größer war als meine Angst, lief ich plötzlich allein zur Rosenthaler Straße, bis zum Hackeschen Markt, schaute mir die jüdischen Geschäfte mit den zerschlagenen Scheiben an. Davor auf der Straße lagen Kleider, zerschlagenes Geschirr, Menschen liefen in die Geschäfte, warfen etwas hinaus, andere fingen das auf, rafften ihre Beute zusammen. Es war ein grauenhafter Anblick, die Leute waren außer Rand und Band in ihrer Gier.«

Dezember 1938 Stiefbruder Theo mit Kindertransport nach England geschickt

17.5.1939 Mutter und Stiefbruder Benno in Berlin bei Minderheiten-Volkszählung

17.5.1939 die Zwillinge Ruth und Regina bei der Volkszählung in Berlin Mitte Auguststraße, hier befand sich das jüdische Kinderheim „Beit Ahawah“; zuvor waren sie im Kinderheim an der Moltkestraße 8-11 . Hier wurde seit 1915 von dem bereits 1903 gegründeten „Fürsorgeverein für hilflose jüdische Kinder e.V.“ ein Säuglings- und Kleinkinderheim betrieben.

7.1.1940 Mutter stirbt an Tuberkulose in Berlin

1940 Bruder Benno zur Hachschara nach Schniebinchen bei Sommerfeld, Niederlausitz

Die Zwillingsschwestern kommen in das Jüdische Kinderheim Fehrbelliner Straße am Prenzlauer Berg¸ dort lernen sie Sylvia Wagenberg kennen, die Reginas beste Freundin wird

Frühjahr 1942 bei Auflösung des Kinderheimes Fehrbelliner Straße kommen die Zwillinge in eine jüdische Pflegefamilie wie auch Sylvia Wagenberg, die meisten Kinder aber ins Auerbachsche Waisenhaus an der Schönhauser Allee. Diese werden später nach Riga deportiert und bei Ankunft ermordet.

1943 Regina und Ruth mit ihrer Pflegefamilie von der Gestapo abgeholt und in ein Sammellager zur Deportation verbracht. Der nicht-jüdische Bruder der Mutter kann sie aber aus dem Sammellager holen, da ihre jüdische Identität bei nichtjüdischer Mutter und „unbekanntem Vater“ nicht feststehe. Regina lebt fortan bei der Schwester Mathilde der Mutter, Ruth bei der Großmutter Anders.

Regina, Tante Mathilde und Ruth

So überstehen sie die NS-Zeit.

Bruder Benno in Auschwitz

10.4.1943 Bruder Benno aus dem Forsteinsatzlager Teuplitz, Kreis Sorau, Gartenstraße 4

 mit der Bahn nach Berlin; zu Fuß ins Sammellager Große Hamburger Straße

mit der Bahn nach Berlin; zu Fuß ins Sammellager Große Hamburger Straße

19.4.1943 auf dem 37. Osttransport als Teil der Fabrikaktion, allein 153 Personen aus dem Landwerk Neuendorf bei Fürstenwalde.

20. 4. 1943 Ankunft in Auschwitz; Benno Rajfeld wird die Auschwitz- Häftlingsnummer 117023 in den Unterarm tätowiert; Zwangsarbeit im Elektiker-Kommando in Auschwitz III BUNA

18.1.1945 Evakuierung aller drei Auschwitz-Lager; ca 60 000 Häftlinge;

18.1.1945 Beginn des Todesmarsches der 10 000 aus dem KL Monowitz nach Nikolai

14.4.1945 Befreiung in Bergen-Belsen

August 1945 Bruder Benno auf dem Gehringshof, Kibbuz Buchenwald

August/September 1945 Alijah von Bruder Benno auf der SS MATAROA nach Palästina

Bruder Benno geht in den Kibbuz Afikim und später in den Kibbuz Buchenwald -Netzer Sereni

8.5.1945 die Zwillingsschwester erleben die Kapitulation/Befreiung in Berlin

Regina Anders als Kinderschwester im neu aufgebauten Jüdischen Kinderheim in Berlin Niederschönhausen 1945

19.10.1948 Ankunft der Zwillingsschwestern in Haifa auf der SS NURIT

Sie folgen dem Bruder in den Kibbuz Buchenwald – Netzer Sereni.

1949 Regina heiratet dort den Auschwitz -Überlebenden Zwi Steinitz.

1951 verlässt das Ehepaar Steinitz den Kibbuz; das Ehepaar zieht nach Tel Aviv; Regina lässt sich zur diplomierten Kinderkrankenschwester ausbilden; anschließend arbeitet sie dort als Lehrerin;Ehemann Kurt arbeitet im Blumengroßhandel; entwickelt sich zum Experten für Blumenexport, in dieser Funktion ab 1974 für ein paar Jahre nach Frankfurt und nach Holland

1955;  v. l. Benno Rajfeld, Regina Steinitz, Vater Simon Welner, Ruth Malin und  Bruder Theo

1955 Familientreffen im Kibbuz Netzer Sereni

1978 nach Rückkehr aus den Niederlanden wird Regina Leiterin eines Gesundheitszentrums

Quellen

http://amcha.de/ueberlebensgeschichten-wir-hatten-einen-onkel-der-kein-jude-war-nur-so-haben-wir-ueberlebt-regina-steinitz-und-ruth-malin/

Regina Steinitz, Regina Scheer, Zerstörte Kindheit und Jugend, Berlin, 2014

http://www.inge-franken.de/fehrbelliner92/malin

http://www.inge-franken.de/fehrbelliner92/steinitz

Barbara Kurowska, Daniel Baranowski, Zeitzeugen, Interview mit Regina Steinitz, 2011

http://www.stiftung-denkmal.de/aktuelles/regina-steinitz-ist-augenzeugin-der-reichsprogromnacht/

Passenger and Crew Lists of Vessels Arriving at New York, New York, 1897-1957 (National Archives Microfilm Publication T715, roll 6182); Records of the Immigration and Naturalization Service, Record Group 85

Zwi Helmut Steinitz, Als Junge durch die Hölle des Holocaust, 2006 Hartung Gorre-Verlag Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939

Zwi und Regina Steinitz, Videointerview Mai und November 2011; Link www.sprechentrotzallem.de

Danuta Czech, Lagerbuch von Auschwitz

https://collections.arolsen-archives.org/de/document/127212883

Veröffentlicht von Franz-Josef Wittstamm

Geboren 31. Mai 1951 in Recklinghausen Gymnasium Petrinum 1961 bis Abitur1970 Studium der Humanmedizin in Bochum Approbation 1981 Promotion1982 Facharzt für Innere Medizin, Kardiologie, Intensivmedizin Im Ruhestand seit 2016

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