Edith Devorah Miriam Heinrich
*7.6.1920 in Frankfurt; ✡6.9.2003 Israel
Staatsangehörigkeit deutsch
Religion jüdisch
Vater Philipp Aka Nechemya Heinrich *25.12.1882 in Schlaining; ✡April 1961 Kibbuz Chofetz
Heirat der Eltern 21.1.1909 in Frankfurt
Mutter Emilie Sachs *14.4.1888 in Frankfurt; ✡ 25.11.1941 Massenerschießung in Kaunas
Geschwister
Albi Jonas Heinrich (1909-1994)
Wilhelmina Martha Heinrich (1911-1991); ooTremer
Max Moshe Heinrich (1913-1999)
Julius Israel Heinrich (1915-2006)
Elieser Heinrich (1916-1916)
Liesel Heinrich (1918-2008); oo Stoppelman
Zilli Heinrich (1922-1941)
Joseph Heinrich (1924-1992)
Artur Heinrich (1926-1957)
Flora Heinrich (1930-2013); oo Vogel
Beruf Landwirtschaftliche Praktikantin
Adressen Frankfurt, Obermainanlage 29; Neuendorf
Heirat Jehuda Arthur Jacob *1.6.1913; 17.8.1993
Kinder
Avraham Jacob *14.10.1950; ✡ ?
Chanan Jacob *20.12.1951 im Kibbuz Hafetz; ✡ ?
Nechama Jacob *15.5.1953; ✡ 2; oo Katz
Hagai Jacob *5.10.1954; ✡ ?; oo Jacob
Plia Jacob *?; ✡ ?; oo Mordechai Vagshal
Nechemia Jacob *27.1.1961; ✡ ?
Asher Jacob *15.5.1962; ✡ ?; oo Kraus
Weiterer Lebensweg
10.11.1938 Vater verhaftet im Novemberpogrom, „Schutzhaft“ in Buchenwald
Dezember 1938 Entlassung des Vaters aus dem KL Buchenwald mit der Auflage, Deutschland zu verlassen
10.7.1933 Ankunft von Bruder Albi auf der SS M WASHINGTON in Tel Aviv
19.9.1938 Ankunft und Schwester Elisabeth auf der SS Jerusalem in Haifa
16.11.1938 die Geschwister Joseph, Flora und Arthur flüchten in die Niederlande
1939 Vater Philipp nach England
17.5.1939 Edith in Frankfurt bei Minderheiten-Volkszählung
1940 Bruder Artur und Joseph in Mijnsheerenland (unter 15-jährige) und Loosdrecht zur Hachschara; Flucht von Joseph über die Pyrenäen nach Spanien
1939/1940 Edith Heinrich zur Hachschara ins Landwerk Neuendorf im Sande
Die Chewra NOAR AGUDATI ISRAEL in Neuendorf
Juni 1938 Gründung einer Chewra (Gruppe) des „Noar Agudati Israel“ im Landwerk Neuendorf, Jugendorganisation des orthodox-religiösen Verbandes „Agudas Israel“ (Gründung 28.5.1912 in Kattowitz). Erklärtes Ziel der Gruppe war, dass jeder Chaluzim über zwei Jahre „an der praktischen und theoretischen Ausbildung in allen Zweigen der Landwirtschaft voll teilnimmt und von einem orthodoxen Jugendführer geistig betreut wird“.
Im Landwerk Neuendorf gab es drei Fraktionen, die orthodox-religiöse, die zionistisch-sozialistische und eine neutrale.
Edith Heinrich zur Hachschara ins Landwerk Neuendorf im Sande
Im April 1940 zählte die Chewra Noar Agudati Israel 33 Mitglieder.
Madrich der Chewra war Josef „Jossel“ Schwarz aus Nürnberg.
11.4.1940 Tod der Mutter von Noar Agudati -Madrich Josef Schwarz
14.4.1940 Die Chewra Noar Agudati kondoliert Madrich Josef Schwarz
Alija Beth – Sonderhachschara VII – der Paraguay-Transport
März 1940 die führenden jüdischen Funktionäre aus Berlin, Prag und Wien werden von SS-Sturmbannführer Adolf Eichmann ins Reichssicherheitshauptamt nach Berlin vorgeladen, um die illegalen „Sondertransporte“ nach Palästina zu forcieren; Ephraim Frank als Vertreter des erkrankten Lyon vom Palästinaamt und als designierter Transportführer dabei.
16.8.1940 mit dem Zug aus Berlin, Bahnhof Friedrichstraße fahren 350 Jugendliche und 150 Eltern, deren Kinder bereits Palästina-Pioniere in Palästina waren, nach Wien mit dem Ziel über die Schwarzmeerroute nach Haifa zu kommen; Transportführer war Ephraim Frank
Zwei bis drei Wochen in Wien, in einer jüdischen Schule oder Lehrlingsheim
3. 9.1940 mit dem Zug von Wien nach Pressburg/ Bratislava an die Donau;
10.9.1940 zum Donauhafen von Bratislava; dort Verteilung der Chalutzim auf die drei Ausflugsdampfer URANUS, MELK und SCHÖNBRUNN
10.-20.9.1940 von Bratislava nach Tulcea am Schwarzen Meer;
Anfang Oktober 1940 werden 1000 Flüchtlinge auf die drei Schiffe SS PACIFIC, SS MILOS und SS ATLANTIC verteilt, Deutsche auf die PACIFIC, Tschechen auf die MILOS.
Zwischenstopp im Hafen Agios Nikolaos, Kreta, um Kohle aufzunehmen
31.10.1940 von britischer Marine aufgebracht und in den Hafen von Haifa geleitet
1.11.1940 Ankunft der SS PACIFIC in Haifa.
3.11.1940 Ankunft der tschechischen Emigranten auf der SS MILOS, die ebenfalls auf die PATRIA verbracht werden
4.11.1940 Alle Passagiere der SS PACIFIC werden auf die SS PATRIA umgeschifft, dem von den Briten beschlagnahmten, als Truppentransporter umgebauten, großen französischen Frachtschiff (18 000 t)
8.11.1940 Registrierung im Camp Athlit, sie gibt ihre Brüder James und Julius Heinrich, Kfar Atta, Haifa als Referenz an
zunächst auch zur Deportation nach Mauritius vorgesehen
23. oder 24.11.1940 Ankunft der SS ATLANTIC in Haifa
25.11.1940 Sprengstoff-Anschlag der Haganah im Maschinenraum der SS PATRIA, zu diesem Zeitpunkt waren bereits 1771 Ma’apilim (illegale Immigranten) auf das Schiff gebracht.
Walter Steinitz, ebenfalls aus dem Umschulungslager Paderborn kommend, berichtet:
“ Am 25.November morgens um neun Uhr mussten alle auf die Reling, denn der Colonel hatte die Instruktion gegeben, aber um 9.12 Uhr hatte ein Kommando von 60-80 jungen Leuten ins Wasser zu springen, um die Engländer abzulenken, die mit kleinen Booten die Menschen auffischten. Zeitentsprechend zündete einer von uns eine Bombe, keine Zeitbombe, und ist mitgetötet worden. Es war der zweite Transportleiter – Hans Wendel. Niemand hatte von dieser Aktion gewußt – außer acht Leuten. Innerhalb von ein paar Minuten neigte sich das Schiff zur Seite. … Von den 4000 auf der SS PATRIA zusammengedrängten Menschen verloren etwa 260 ihr Leben.“ (ca 200 von 1771)
25.11.1940 Internierung in einer Lagerhalle im Hafen von Haifa; die von Bord gesprungenen werden in die Arrestzellen der Polizeiwache von Haifa; Serie von Verhören, insbesondere wenn sie von den Briten der Zugehörigkeit zur Haganah verdächtigt wurden.
26.11. und 8.12.1940 die Überlebenden der SS PATRIA werden mit Bussen in das Internierungscamp Atlith verbracht;
Dezember 1940 noch auf die Umladung wartenden 1581 Emigranten auf der MILOS und ATLANTIC werden als „Detainees“ mit holländischen Frachtschiffen nach Mauritius deportiert. Dort trafen sie am 26.12.1940 ein und wurden in das Zentralgefängnis von Mauritius nahe Beau Bassin verbracht.
1940 zunächst nur Freilassung kleiner Gruppen aus dem Camp Atlith, die eine Aufnahmeadresse in Palästina vorweisen können
September -Dezember 1941 Entlassung der meisten Internierten aus dem Camp Atlith
12.8.1945 Es sollte noch bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges dauern, bevor die 1.310 überlebenden Flüchtlinge aus Mauritius auf der SS FRANCONIA in das ersehnte Eretz Israel gebracht werden konnten.
Die Massenerschießung in Kaunas Fort IX
Schwester Cilli von 1929 bis 1938 auf der Samson-Raphael-Hirsch-Schule Ausbildung zur Kinderpflegerin am Kinderkrankenhaus der Georgine Sara von Rothschild’schen Stiftung, Röderbergweg 97, Abbruch 1940; zuletzt Zwangsarbeit in einer Waffenfabrik.
25.11.1941 Mutter Emilie und Schwester Cilli deportiert von Frankfurt nach Kauen/Kaunas
29.11.1941 Massenerschießung des gesamten Transports im Fort IX in Kaunas
Gedenken
Beisetzung von Jehuda und Devorah Jakob auf dem Friedhof Hafetz Chaim
12 Stolpersteine für die Familie Heinrich in Frankfurt Börneplatz 1
Quellen
BILDER & DOKUMENTE – הכשרות החלוץ בגרמניה – דור המשך (hachshara-dor-hemshech.com)
Harald Lordick, Das Landwerk Neuendorf: Berufsumschichtung – Hachschara – Zwangsarbeit; in Pilarczyk, Ulrike (Hrsg) Hachschara und Jugendalija, Schulmuseum Steinhorst, 2019
Lore Shelley (Editor), The Union Kommando in Auschwitz, Lanham, New York, London, 1996
Wiehn Erhard (Hrsg) Wer hätte das geglaubt, 2010, Hartung Gorre Verlag
Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939
https://digipres.cjh.org/delivery/DeliveryManagerServlet?dps_pid=FL4311316
Staatsarchiv Israel, Einwanderungslisten
Harald Lordick, Landwerk Neuendorf in Brandenburg, in: Kalonymos, 2017, Heft 2
Esther Bejarano, Man nannte mich Krümel, Curio Verlag 1989
Esther Bejarano, Erinnerungen, Laika Verlag, 2013
Anneliese Ora-Borinski, Erinnerungen 1940 – 1943, Kwuzat Maayan-Zwi, Israel 1970