Gottschalk Getsch Schlesinger
*21.9.1921 in Hamburg; ✡ 1942
Staatsangehörigkeit deutsch
Religion jüdisch
Vater Israel Schlesinger *9.1.1892 in Hamburg; ✡5.5.1930
Mutter Lea Lange *20.4.1896 in Frankfurt; ✡ 1942 Riga
Geschwister
Golda Hana Schlesinger *10.11.1922 in Hamburg; ✡12.1.1999 Jerusalem; oo Manfred Heli
Itzchak Schlesinger *10.3.1924 in Hamburg; ✡17.2.1994 in Bnei Brak; oo Rita Hertz
Michael Schlesinger *6.3.1927 in Hamburg; ✡1942 Riga
Friederike Friedel Schlesinger *6.3.1927 in Hamburg; ✡1942 Riga
David Dan Schlesinger *9.2.1930 in Hamburg; ✡1942 Riga
Rosi Shoshana Schlesinger *28.8.1928 in Hamburg; oo 1951 Benjamin Eschwege
Beruf Landwirtschaftlicher Praktikant
Adressen Hamburg; Neuendorf; Berlin, Rosenthaler Straße 26
Heirat ledig
Kinder keine
Weiterer Lebensweg
5.12.1939 Einreise von Schwester Golda in Haifa mit Studentenzertifikat B (III)
Die Chewra NOAR AGUDATI ISRAEL in Neuendorf
Juni 1938 Gründung einer Chewra (Gruppe) des „Noar Agudati Israel“ im Landwerk Neuendorf, Jugendorganisation des orthodox-religiösen Verbandes „Agudas Jisroel“ (Gründung 28.5.1912 in Kattowitz). Erklärtes Ziel der Gruppe war, dass jeder Chaluzim über zwei Jahre „an der praktischen und theoretischen Ausbildung in allen Zweigen der Landwirtschaft voll teilnimmt und von einem orthodoxen Jugendführer geistig betreut wird“.
Im Landwerk Neuendorf gab es drei Fraktionen, die orthodox-religiöse, die zionistisch-sozialistische und eine neutrale.
1938 Getsch Schlesinger zur Hachschara ins Landwerk Neuendorf im Sande
Im April 1940 zählte die Chewra Noar Agudati Israel 33 Mitglieder.
Madrich der Chewra war Josef „Jossel“ Schwarz aus Nürnberg.
11.4.1940 Tod der Mutter von Noar Agudati -Madrich Josef Schwarz
Text in Iwrith: Der Ewige werde Dich im Kreise der anderen Trauernden Jerusalems trösten
15.4.1940 Getsch Schlesinger schreibt einen Brief an Madrich Josef Schwarz
5.7.1941 behördliche Anordnung zur Auflösung der Hachschara-Lager; Umbenennung der noch bestehenden in „Jüdisches Arbeitseinsatzlager“
Mai bis September 1941 Auflösung der Hachscharalager Ahrensdorf, Jessen, Havelberg; Verlegung der Chaluzim in das Lehrgut Neuendorf im Sande; nur ein kleiner Teil darf noch im Landwerk selbst arbeiten, die meisten werden zur Zwangsarbeit bei Unternehmen in Fürstenwalde verpflichtet.
Getsch Schlesinger geht nach Berlin, Rosenthaler Straße 26
Riga Transport
Ende November Deportationsbescheid für die Mutter und die Geschwister David, Michael und Friedel;
Getsch Schlesinger kommt aus Berlin nach Hamburg und schließt sich dem Transport nach Riga „freiwillig“ an.
Vier Transporte im Dezember 1941 zum Jungfernhof
In dem ehemaligen Landgut brachte man insgesamt 3984 Juden aus vier Deportationszügen unter. Nur 149 überlebten.
(1) 30.11.1941 -2. 12.1941 1008 Personen aus dem Sammellager Langwasser in Nürnberg
(2) 4.12.1941 Stuttgarter Transport von 1013 Juden aus dem Sammellager Killesberg in Stuttgart
(3) 6.12.1941 aus Wien 1001 Juden zum Jungfernhof
(4) 9. 12.1941 Transport von 964 Personen aus Hamburg, Lübeck und Danzig (Ziel zuvor Minsk)
6.12.1941 Transport der Familie von Hamburg nach Riga Skirotawa
9.12.1941 Ankunft Rangierbahnhof Skirotawa, Fußmarsch in Fünferreihen entlang der Dünaburger Landstraße ins provisorische Lager Jungfernhof
13.12.1941 200-250 junge Männer aus dem Jungfernhof zum Aufbau nach Salaspils
4.1.1942 Lagerleiter Seck schickt ca. 200 junge Frauen ins Ghetto Riga
10.1.1941 Transport aus Wien; umstritten, ob dieser auch in den Jungfernhof ging, es sollen nur ca 50 Männer des Entladekommandos dorthin gekommen sein
26.3.1942 „Dünamünde-Aktion“ im Jungfernhof; 1800 Juden im Hochwald von Bikernieki erschossen
Ende März bleiben nur 450 kräftige Arbeiter im Jungfernhof zurück, diese werden nach und nach ins Ghetto Riga eingewiesen.
26.3.1942 Tod der Mutter und Geschwister David, Michael und Friedel in der „Dünamünde -Aktion im Außenlager Jungfernhof; die Vermutung liegt aber nahe, dass Getsch Schlesinger nach Salaspils kam und wegen der dortigen mörderischen Bedingungen umgekommen ist.
Gedenken
20.2.1957 Page of Testimony von Tante Helena Wolf
23.4.1957 Page of Testimony von Cousine Dvora Kutman
18.12.1994 Pages of Testimony für die Mutter und Geschwistern von Schweseter Shoshana Eschwege, Kibbuz Chafetz Chaim
Quellen
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/en1008144
https://collections.yadvashem.org/en/documents/3539753
https://www.statistik-des-holocaust.de/OT411206-37.jpg
https://www.statistik-des-holocaust.de/OT411206-30.jpg
BILDER & DOKUMENTE – הכשרות החלוץ בגרמניה – דור המשך (hachshara-dor-hemshech.com)
Harald Lordick, Das Landwerk Neuendorf: Berufsumschichtung – Hachschara – Zwangsarbeit; in Pilarczyk, Ulrike (Hrsg) Hachschara und Jugendalija, Schulmuseum Steinhorst, 2019
Lore Shelley (Editor), The Union Kommando in Auschwitz, Lanham, New York, London, 1996
Wiehn Erhard (Hrsg) Wer hätte das geglaubt, 2010, Hartung Gorre Verlag
https://www.mappingthelives.org
Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939
https://yvng.yadvashem.org/index.html?language=de
https://digipres.cjh.org/delivery/DeliveryManagerServlet?dps_pid=FL4311316
Staatsarchiv Israel, Einwanderungslisten
Harald Lordick, Landwerk Neuendorf in Brandenburg, in: Kalonymos, 2017, Heft 2
Esther Bejarano, Man nannte mich Krümel, Curio Verlag 1989
Esther Bejarano, Erinnerungen, Laika Verlag, 2013
Anneliese Ora-Borinski, Erinnerungen 1940 – 1943, Kwuzat Maayan-Zwi, Israel 1970
Diethard Aschoff, „Jeden Tag sahen wir den Tod vor Augen“. Der Auschwitzbericht der Recklinghäuserin Mine Winter, in: VZ 94 – 96, 1995 – 97, Hrsg. W. Burghardt, S. 321 – 386
Video-Interview mit Issy Philipp 1994
Naftali-Rosenthal-Ron, Aufblitzende Erinnerungen, Autobiografie; deutsche Übersetzung von Alice Meroz, Berlin 2015
Danuta Czech, Lagerbuch von Auschwitz
https://collections.arolsen-archives.org/de/document/127212883
Ernest W. Michel, „Promises Kept – Ein Lebensweg gegen alle Wahrscheinlichkeiten“, 2013