Weyl Oskar

Oskar Weyl

*19.2.1898 in Ochtrup; ✡17.10.1941 in Mauthausen

Staatsangehörigkeit deutsch, Staatenlos

Religion jüdisch

Vater Martijn Weijl *21.1.1862 in Oldenzaal; ✡21.10.1941 in Enschede

Mutter Helena Wolff * 24.12.1859 in Dorsten; ✡14.12.1928 in Gronau

Geschwister

Bernhard Weyl *1.11.1893 in Ochtrup; ✡ 5.11.1941 in Mauthausen; oo Gertrud Goldstein *27.3.1900 Wildeshausen; ✡8.3.1985 in Enschede

Sophie Weyl *20.11.1896 in Ochtrup; Mechelen; ✡1944 in Auschwitz; oo Albert Linz (*1897 in Siegburg)

Paul Weyl *6.2.1900 in Ochtrup; ✡7.5.1943 Sobibor oo Ruth Stern (*1915 Pirmasens)

Walter Weyl *27.7.1901 in Ochtrup; ✡29.7.1942 in Auschwitz

Beruf

Adressen Ochtrup; Gronau; Enschede, Emmastraat 158

Heirat Jansje Slager *3.3.1899 in Enschede; ✡8.3.1985 in Enschede

Kinder

Karoline Weyl *6.8.1928 in Gronau; ✡ ?

Martin Weyl *22.3.1930 in Gronau; ✡ 25.10.1944 in Auschwitz

Neffe

Max Weyl *9.3.1927 in Gronau; ✡20.4.2009 in Enschede; oo Frieda Frank

Weiterer Lebensweg

Umzug der Familie nach Gronau

14.12.1928 Tod der Mutter Helena in Gronau

28.1.1934 Schwester Sophie mit Ehemann Albert Linz (*1897) von Siegburg nach Antwerpen

1935 Bruder Walter von Greven zur Familie nach Gronau

Die Familie Martijn Weyl flieht nach Enschede

14.12.1937 Bruder Walter von Gronau nach Enschede

21.12.1938 Oskar mit Ehefrau Jansje, Tochter Karoline und Sohn Martin abgemeldet nach Enschede

Wohnadresse war Enschede, Emmastraat 158

22.12.1938 Bruder Bernhard Weyl mit Ehefrau Gertrud von Gronau nach Enschede

16.8.1939 Bruder Paul flüchtet aus Gelsenkirchen nach Amsterdam, Zoomstraart 41

10.5.1940 Überfall der Wehrmacht auf die neutralen Niederlande; Enschede ist wegen der Grenznähe die erste von den Deutschen besetzte Stadt

1940 Bruder Walter von den Besatzern in Almelo inhaftiert, dann KL Amersfoort

Die drei Mauthausen Razzien 1941 in den Niederlanden

Alle bei den drei Razzien als „Vergeltungsaktion“ verhafteten Juden wurden zur „Sonderbehandlung“ Mauthausen deportiert. Die Einweisung in das als Stufe III kategorisierte Lager Mauthausen bedeutete dabei faktisch eine Verurteilung zur „Vernichtung durch Arbeit“ im dortigen Steinbruch.

(Laut Erlass von Reinhard Heydrich: „Stufe III: Für schwer belastete, insbesondere auch gleichzeitig kriminell vorbestrafte und asoziale, d. h. kaum noch erziehbare Schutzhäftlinge, das Lager: Mauthausen.“)

In Mauthausen werden sie durch extrem harte Arbeit im Steinbruch, oftmals tödliche medizinische Experimente und Giftinjektionen ermordet.

Die erste große Razzia in Amsterdam – Februari Groep

22. und 23. Februar 1941 erste Razzia der die Sicherheitspolizei in Amsterdam, bei der 600 Mann bewaffneter deutscher Ordnungspolizei (Grüne Polizei) und SS-Männern 425 jüdische Männer verhafteten.

28.2.1941 387 Männer von Alkmaar zur „Sonderbehandlung“ in das KL Buchenwald transportiert

22.5.1941 die 341 Juden „Februari Groep“ werden zur „Sonderbehandlung“ in das als Stufe III kategorisierte KL Mauthausen verlegt mit dem Ziel der Vernichtung der Häftlinge durch Arbeit.

In Folge der Razzien und der raschen Ermordung der Verschleppten in Mauthausen, hieß das KL in den Niederlanden zu Recht „Mordhausen“.

Die zweite große Razzia in Amsterdam – „Juni – Groep“

14.5.1941 Bombenexplosion im Marine-Offiziersclub Amsterdam auf der Bernard Zweerskade ist Anlass für Verhaftungswelle

Juni 1941 Zweite große Razzia in Amsterdam;

11.6.1941 „Vergeltungsmaßnahme“ 300 vorwiegend Jugendliche, davon 61 „Werkdorper“ im Durchgangslager Schoorl inhaftiert; von ihnen werden vier, die keine vier jüdischen Großeltern haben, freigelassen.

22.6.1941 Deportation der 296 in Schoorl Inhaftierten in das KL Mauthausen; keiner überlebt das Jahr 1941

September Razzia in Twente

Im Sommer 1941 und am 12.9.1941, dem Vortag der Razzia in Twente verübte der örtliche Widerstand Sabotageakte, Telefonkabel der Wehrmacht wurden durchtrennt. Die Besatzer reagierten zunächst mit der Androhung von Repressalien, sollten sich die Täter nicht melden.

13./14. September 1941 die Brüder Oskar und Bernhard Weyl werden bei der Razzia in Enschede festgenommen und im Lyceum von Enschede eingesperrt (auf einer Nachkriegsliste werden 105 Männer genannt, das Netzwerk „Oorlogsbronnen“ listet 107 auf).

Die Festnahmen erfolgten in: Enschede (66), Hengelo (10), Almelo (10), Oldenzaal (8), Denekamp (3), Goor (3), Delden (2), Haaksbergen (2), Borne (1).

16.9.1941 Deportation mit dem Zug ab Bahnhof Enschede in das KL Mauthausen

Eugen Kogon berichte unter Berufung auf die Mauthausen-Häftlinge Adam Kuczynski und Ludwig Neumaier:

„Am zweiten Tag nach Ihrer Ankunft wurden die Juden in den Steinbruch gejagt. Sie durften die 148 Stufen, die in die Tiefe führten, nicht hinuntergehen, sondern mussten im seitlichen Steingeröll hinunterrutschen, was vielen bereits den Tod oder zumindest schwere Verletzungen eintrug. Man legte Ihnen dann die zum Steintragen bestimmten Bretter über die Schultern, und zwei Häftlinge wurden gezwungen, jedem Juden einen überschweren Stein auf das Brett zu heben. Dann ging es im Laufschritt die 148 Stufen aufwärts! Zum Teil fielen die Steine gleich nach hinten, so dass manchem Nachfolgenden die Füße abgeschlagen wurden. Jeder Jude, dem der Stein herunterfiel, wurde entsetzlich geschlagen, der Stein von neuem aufgeladen. Vielen verübten aus Verzweiflung gleich am ersten Tage Selbstmord, indem Sie sich von oben in die Tiefe stürzten. Am dritten Tag öffnete die SS ‘das Todestor’: man trieb die Juden unter furchtbaren Prügeln über die Postenkette, wo sie von den Turmposten mit den Maschinengewehren haufenweise niedergeschossen werden. Tags darauf sprang jeweils nicht mehr bloß einer der Juden in die Tiefe, sondern sie gaben einander die Hand, und der erste zog neun bis zwölf Kameraden hinter sich her in den schrecklichen Tod. Es dauerte nicht sechs, sondern knapp drei Wochen und der Block war judenleer.“

Keiner der insgesamt 744 Juden aus den drei Straftransporten hat die mörderischen Bedingungen im Steinbruch und ärztliche Experimente in Mauthausen länger als 10 Monate überlebt, der letzte – David Zilverberg aus der „Februari Groep“ – starb am 5.2.1942.

17.10.1941 Tod von Oskar Weyl in Mauthausen

7.11.1941 Tod von Bernard Weyl in Mauthausen, offiziell „Akute Herzschwäche“;

Todesdatum, Todesort und Ursache der beiden Brüder sind aber keineswegs gesichert, da nachweislich bei über 3794 Mauthausen Häftlingen gefälschte Sterbeurkunden ausgestellt wurden, um die Angehörigen darüber hinwegzutäuschen, dass diese der Häftlingseuthanasie in Schloss Hartheim zum Opfer gefallen waren.

Häftlingseuthanasie in Schloss Hartheim – Code 14f13

Die nicht arbeitsfähigen und kranken Häftlinge im KL Mauthausen wurden durch Selektion zum Tode verurteilt: sie wurden in Bussen der Reichspost in die Tötungsanstalt Schloss Hartheim verbracht und dort unmittelbar nach Ankunft durch CO-Gas erstickt. Von der „Februari Groep“ waren dies mindestens 108 Männer (vermutlich aber 150, jeder zweite oder dritte!).

Groep Overduin

Nach der Twente Razzia nahm die Bereitschaft der christlichen Bevölkerung zu helfen deutlich zu. Leendert Overduin (1900–1976), ein Prediger der Gereformeerde Kerken in Hersteld Verband, einer kleinen reformierten Kirche, konnte 50 mutige Menschen um sich scharen, die bereit waren, Juden als „onderduiker“ auf Bauernhöfen der Umgebung zu verstecken.

So konnten um die 1000 Juden aus der Region untertauchen. 500 der rund 1300 Juden, die 1940 in Enschede lebten, erlebten als „onderduiker“ ihre Befreiung.

Ehefrau Gertrud überlebt auf diese Weise. Sie geht eine zweite Ehe mit Salomon de Haas ein

Martin Weyl in Westerbork, Theresienstadt, Auschwitz

1.7.1944 Sohn Martin interniert im Judendurchgangslager Westerbork, zunächst im Strafblock Nr. 67; das lässt vermuten, dass er als „onderduiker in seinem Versteck gefasst wurde;

später im Block 35 „Weeshuis“ für alleinstehende Kinder

6.9.1944 Sohn Martin auf Transport XXIV/7 von Westerbork nach Theresienstadt

23.10.1944 Sohn Martin auf Transport E t von Theresienstadt nach Auschwitz

Walter Weyl in Greven, Gronau und Enschede

Walter Weyl zum Katholizismus konvertiert

1929 Walter Weyl von Ochtrup nach Greven

Frühjahr 1935 von Nazis durch Greven getrieben und geschlagen

1935 Flucht nach Gronau zur Familie

14.12.1937 Bruder Walter von Gronau nach Enschede

Juli 1942 Walter nach Westerbork deportiert, dort aber wohl nur registriert

16.7.1942 auf einem der ersten beiden Transporte aus Westerbork nach Auschwitz

Ankunftsliste KL Auschwitz

29.7.1942 Tod von Bruder Walter in Auschwitz

Gedenken

Jährliche Gedenkfeiern in Twente

4.3.2008 Stolpersteine für die Brüder Walter und Paul Weijl in Ochtrup, Bahnhofstraße 19

10.12.2008 Stolpersteine für die Geschwister Bernard, Sophie, Oskar, Paul und Walter Weyl sowie für Jansje und Martin Weyl in Gronau, Pumpenstraße 7

Grabstein für die Schwägerin Gertrud de Haas

Stolperstein für Walter Weyl in Greven Johannesstraße Nr. 23

Walter-Weyl-Weg in der Grevener Innenstadt

Quellen

https://collections.arolsen-archives.org/de/document/130399386

https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/en986757

https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de986888

https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de987737

https://beeldbank.kazernedossin.eu/portal/media?q=Sophie,WEYL

https://www.amsterdam.nl/stadsarchief/themasites/razzia

https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/5/50/Februari1941staking.gif

Veränderungsmeldungen im KL Buchenwald 1937-1945, Arolsen Signatur 8012500

https://collections.arolsen-archives.org/de/document/5280149

https://collections.arolsen-archives.org/de/document/5133074

https://collections.arolsen-archives.org/de/document/515416

https://collections.arolsen-archives.org/de/document/5280337

https://collections.arolsen-archives.org/de/search/topic/1-1-5-1_8012500204?s=8012500204

Walter Poller, Arztschreiber in Buchenwald, Verlag Das Segel, 1960

Eugen Kogon, Der SS-Staat, Der Untergang der holländischen Juden, S.213-215; Kindler 1974

https://www.oorlogsbronnen.nl/mensen?theme=https%3A%2F%2Fdata.niod.nl%2FWO2_Thesaurus%2F11459&page=5

https://www.joodsmonument.nl/nl/page/225250/oskar-weyl

https://www.joodsmonument.nl/nl/page/137603/bernhard-weijl

https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de986888

Veröffentlicht von Franz-Josef Wittstamm

Geboren 31. Mai 1951 in Recklinghausen Gymnasium Petrinum 1961 bis Abitur1970 Studium der Humanmedizin in Bochum Approbation 1981 Promotion1982 Facharzt für Innere Medizin, Kardiologie, Intensivmedizin Im Ruhestand seit 2016

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