Paul Harry Spits
*20.7.1919 in Lünen; ✡24.10.1941 in Mauthausen
Staatsangehörigkeit deutsch, Staatenlos
Religion jüdisch
Vater Millian Joachim Spits *12.10.1887 in Enschede; Überlebender
Heirat der Eltern 18.4.1918 in Lünen
Mutter Regina Grüneberg *13.4.1894 in Lünen; ✡28.4.1970 in Südafrika
Großeltern Hertz Grüneberg und Julie Guthmann
Geschwister

Walter Philipp Spitz *14.3.1922 in Lünen; Überlebender
Beruf Elektriker
Adressen Lünen, Enschede, Johan van Rees-Straat
Heirat Kinder –
Weiterer Lebensweg
Max Spits war seit 1907 Mitglied im Fußballverein Lünen, 1933 wurde er ausgeschlossen
Emigration der Familie in die Niederlande
Paul Harry Spits war Mitglied im Sportclub Enschede
Die drei Mauthausen Razzien 1941 in den Niederlanden
Alle bei den drei Razzien als „Vergeltungsaktion“ verhafteten Juden wurden zur „Sonderbehandlung“ Mauthausen deportiert. Die Einweisung in das als Stufe III kategorisierte Lager Mauthausen bedeutete dabei faktisch eine Verurteilung zur „Vernichtung durch Arbeit“ im dortigen Steinbruch.
(Laut Erlass von Reinhard Heydrich: „Stufe III: Für schwer belastete, insbesondere auch gleichzeitig kriminell vorbestrafte und asoziale, d. h. kaum noch erziehbare Schutzhäftlinge, das Lager: Mauthausen.“)
In Mauthausen werden sie durch extrem harte Arbeit im Steinbruch, oftmals tödliche medizinische Experimente und Giftinjektionen ermordet.
Die erste große Razzia in Amsterdam – Februari Groep
22. und 23. Februar 1941 erste Razzia der die Sicherheitspolizei in Amsterdam, bei der 600 Mann bewaffneter deutscher Ordnungspolizei (Grüne Polizei) und SS-Männern 425 jüdische Männer verhafteten.
28.2.1941 387 Männer von Alkmaar zur „Sonderbehandlung“ in das KL Buchenwald transportiert
22.5.1941 die 341 Juden „Februari Groep“ werden zur „Sonderbehandlung“ in das als Stufe III kategorisierte KL Mauthausen verlegt mit dem Ziel der Vernichtung der Häftlinge durch Arbeit.
In Folge der Razzien und der raschen Ermordung der Verschleppten in Mauthausen, hieß das KL in den Niederlanden zu Recht „Mordhausen“.
Die zweite große Razzia in Amsterdam – „Juni – Groep“
14.5.1941 Bombenexplosion im Marine-Offiziersclub Amsterdam auf der Bernard Zweerskade ist Anlass für Verhaftungswelle
Juni 1941 Zweite große Razzia in Amsterdam;
11.6.1941 „Vergeltungsmaßnahme“ 300 vorwiegend Jugendliche, davon 61 „Werkdorper“ im Durchgangslager Schoorl inhaftiert; von ihnen werden vier, die keine vier jüdischen Großeltern haben, freigelassen.
22.6.1941 Deportation der 296 in Schoorl Inhaftierten in das KL Mauthausen; keiner überlebt das Jahr 1941
September Razzia in Twente
Im Sommer 1941 und am 12.9.1941, dem Vortag der Razzia in Twente verübte der örtliche Widerstand Sabotageakte, Telefonkabel der Wehrmacht wurden durchtrennt. Die Besatzer reagierten zunächst mit der Androhung von Repressalien, sollten sich die Täter nicht melden.
13./14. September 1941 bei der Razzia in Enschede wird Paul Harry Spits festgenommen und im Lyceum von Enschede eingesperrt (auf einer Nachkriegsliste werden 105 Männer genannt, das Netzwerk „Oorlogsbronnen“ listet 107 auf).
Die Festnahmen erfolgten in: Enschede (66), Hengelo (10), Almelo (10), Oldenzaal (8), Denekamp (3), Goor (3), Delden (2), Haaksbergen (2), Borne (1).
Eugen Kogon berichte unter Berufung auf die Mauthausen-Häftlinge Adam Kuczynski und Ludwig Neumaier:
„Am zweiten Tag nach Ihrer Ankunft wurden die Juden in den Steinbruch gejagt. Sie durften die 148 Stufen, die in die Tiefe führten, nicht hinuntergehen, sondern mussten im seitlichen Steingeröll hinunterrutschen, was vielen bereits den Tod oder zumindest schwere Verletzungen eintrug. Man legte Ihnen dann die zum Steintragen bestimmten Bretter über die Schultern, und zwei Häftlinge wurden gezwungen, jedem Juden einen überschweren Stein auf das Brett zu heben. Dann ging es im Laufschritt die 148 Stufen aufwärts! Zum Teil fielen die Steine gleich nach hinten, so dass manchem Nachfolgenden die Füße abgeschlagen wurden. Jeder Jude, dem der Stein herunterfiel, wurde entsetzlich geschlagen, der Stein von neuem aufgeladen. Vielen verübten aus Verzweiflung gleich am ersten Tage Selbstmord, indem Sie sich von oben in die Tiefe stürzten. Am dritten Tag öffnete die SS ‘das Todestor’: man trieb die Juden unter furchtbaren Prügeln über die Postenkette, wo sie von den Turmposten mit den Maschinengewehren haufenweise niedergeschossen werden. Tags darauf sprang jeweils nicht mehr bloß einer der Juden in die Tiefe, sondern sie gaben einander die Hand, und der erste zog neun bis zwölf Kameraden hinter sich her in den schrecklichen Tod. Es dauerte nicht sechs, sondern knapp drei Wochen und der Block war judenleer.“
Keiner der insgesamt 744 Juden aus den drei Straftransporten hat die mörderischen Bedingungen im Steinbruch und ärztliche Experimente in Mauthausen länger als 10 Monate überlebt, der letzte – David Zilverberg aus der „Februari Groep“ – starb am 5.2.1942.
26.10.1941 Tod von Paul Harry Spits in Mauthausen
Todesdatum, Todesort und Ursache sind aber keineswegs gesichert, da nachweislich bei über 3794 Mauthausen Häftlingen gefälschte Sterbeurkunden ausgestellt wurden, um die Angehörigen darüber hinwegzutäuschen, dass diese der Häftlingseuthanasie in Schloss Hartheim zum Opfer gefallen waren.
Die Familie Max Spits überlebte in den Niederlanden als „onderduiker“ im Versteck und wanderte nach 1945 nach Südafrika aus.
Max Spits hielt Kontakt zu seiner Heimat, er fand in Lünen zusammen mit seiner Frau die letzte Ruhestätte.
Bruder Walter, der ebenfalls in Lünen bestattet ist, hinterließ dem Stadtarchiv zahlreiche persönliche Dokumente und Fotos.
Gedenken
Quellen
https://collections.arolsen-archives.org/de/document/130399386
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de973294
Otto Jenrich, Max Spitz: Mit seinem „Lüner Mädchen“ in Heimaterde begraben; Heimatbuch Kreis Unna, 1988
https://www.amsterdam.nl/stadsarchief/themasites/razzia
https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/5/50/Februari1941staking.gif
Veränderungsmeldungen im KL Buchenwald 1937-1945, Arolsen Signatur 8012500
https://collections.arolsen-archives.org/de/document/5280149
https://collections.arolsen-archives.org/de/document/5133074
https://collections.arolsen-archives.org/de/document/515416
https://collections.arolsen-archives.org/de/document/5280337
https://collections.arolsen-archives.org/de/search/topic/1-1-5-1_8012500204?s=8012500204
Walter Poller, Arztschreiber in Buchenwald, Verlag Das Segel, 1960
Eugen Kogon, Der SS-Staat, Der Untergang der holländischen Juden, S.213-215; Kindler 1974