Siegbert Shmuel Mendelsohn
*26.3.1921 in Berlin*; ✡ 2.5.2017 im Kibbuz Shuval
Staatsangehörigkeit deutsch
Religion jüdisch
Vater Erich Mendelsohn *13.5.1887 in Gnesen; ✡ 1943 in Auschwitz
Verlobung/Heirat der Eltern 1919/1920
Mutter Elsa Hirsch *2.10.1893 in Kolmar; ✡ 1943 in Auschwitz
Geschwister
Hans Mendelsohn *30.4.1924 in Berlin; ✡ 31.3.1943 in Auschwitz
Beruf landwirtschaftlicher Praktikant
Adressen Berlin, Hufelandstraße 21, Boetzowstraße 22, Prenzlauer Berg; Gut Skaby Friedersdorf;
Heirat Ida Eisenberg *14.12.1924 in Rumänien; 21.11.1999 im Kibbuz Shuval
Kinder
Weiterer Lebensweg
9/10.11.1938 Novemberpogrom
Der Vater wird von einem kommunistischen Nachbarn vor den geplanten Razzien gewarnt; er schlägt sich mit seinen Söhnen drei Tage lang mit U-Bahnfahrten durch Berlin, um nicht zuhause sein zu müssen.
1939 Siegbert M. zur Zwangsarbeit auf Gut Gottesgabe in Werneuchen
17.5.1939 Siegbert M. in Oberbarnim, Altfriedland bei Minderheiten-Volkszählung
Zwangsarbeit auf „Gut Gottesgabe“ in Oberbarnim, Altfriedland: Hermann Fränkel, Paul Jacobsohn, Siegbert Mendelsohn, Siegfried Lewy, Nathan Wolke
17.5.1939 Eltern und Bruder Hans in Berlin Boetzowstraße 22, Prenzlauer Berg bei Minderheiten-Volkszählung
Das Hachschara-Gut Skaby in Friedersdorf
Das Hachschara- Lager auf Gut Skaby in Friedersdorf, Kreis Beeskow bestand ab der Einrichtung im Mai 1939 für 40 Chawerim bis zur Auflösung am 27.2.1943 in der reichsweiten „Fabrikaktion“; alle noch in Arbeitslagern und kriegswichtigen Betrieben beschäftigten „Volljuden“ werden verhaftet und in Konzentrationslager nach Auschwitz und ins „Generalgouvernement“ deportiert, so auch in den benachbarten Lagern Gut Winkel und Groß Breesen.
1939 Siegbert Mendelsohn zur Hachschara auf Gut Skaby
Shmuel Mendelsohn im Interview über Gut Skaby:
Alija Beth – Sonderhachschara VII – der Paraguay-Transport
März 1940 die führenden jüdischen Funktionäre aus Berlin, Prag und Wien werden von SS-Sturmbannführer Adolf Eichmann ins Reichssicherheitshauptamt nach Berlin vorgeladen, um die illegalen „Sondertransporte“ nach Palästina zu forcieren; Ephraim Frank als Vertreter des erkrankten Lyon vom Palästinaamt und als designierter Transportführer dabei.
Juli 1940 in Vorbereitung auf die illegale Alija stellen etwa 31 Chaluzim aus Gut Skaby den behördlichen Antrag zur Emigration offiziell nach Paraguay, so auch Siegbert Mendelsohn.
August 1940 10 Chaluzim aus Skaby zusammen mit Lagerleiter Haim Stern und dessen Frau Hedwig mit dem Sohn Peter offiziell abgemeldet nach „Paraguay“, zunächst Zugfahrt nach Berlin
August 1940 letzter Besuch bei der Familie, Abschied von den Eltern und Bruder
16.8.1940 mit dem Zug aus Berlin, Bahnhof Friedrichstraße fahren 350 Jugendliche und 150 Eltern, deren Kinder bereits Palästina-Pioniere in Palästina waren, nach Wien mit dem Ziel über die Schwarzmeerroute nach Haifa zu kommen; Transportführer war Ephraim Frank
Zwei bis drei Wochen in Wien, in einer jüdischen Schule oder Lehrlingsheim
3.9.1940 mit dem Zug von Wien nach Pressburg/ Bratislava an die Donau;
10.9.1940 zum Donauhafen von Bratislava; dort Verteilung der Chalutzim auf die drei Ausflugsdampfer URANUS, MELK und SCHÖNBRUNN
10.-20.9.1940 von Bratislava nach Tulcea am Schwarzen Meer;
Anfang Oktober 1940 werden 1000 Flüchtlinge auf die drei Schiffe SS PACIFIC, SS MILOS und SS ATLANTIC verteilt, Deutsche auf die PACIFIC, Tschechen auf die MILOS.
Zwischenstopp im Hafen Agios Nikolaos, Kreta, um Kohle aufzunehmen.
Shmuel Mendelsohn im Interview über die gastfreundlichen Griechen auf Kreta:
31.10.1940 von britischer Marine aufgebracht und in den Hafen von Haifa geleitet
1.11.1940 Ankunft der SS PACIFIC in Haifa.
3.11.1940 Ankunft der tschechischen Emigranten auf der SS MILOS, die ebenfalls auf die PATRIA verbracht werden
4.11.1940 Alle Passagiere der SS PACIFIC werden auf die SS PATRIA umgeschifft, dem von den Briten beschlagnahmten, als Truppentransporter umgebauten, großen französischen Frachtschiff (18 000 t)
8.11.1940 Registrierung im Camp Atlith; gibt als Referenz an Onkel Isidor Fruehling T-A, 7 Jean Faures str. Heinz Reich (uncle) T-A, H7 Reines street
zunächst auch zur Deportation nach Mauritius vorgesehen
23. oder 24.11.1940 Ankunft der SS ATLANTIC in Haifa
25.11.1940 Sprengstoff-Anschlag der Haganah im Maschinenraum der SS PATRIA, zu diesem Zeitpunkt waren bereits 1771 Ma’apilim (illegale Immigranten) auf das Schiff gebracht.
Walter Steinitz, aus dem Umschulungslager Paderborn kommend, berichtet:
“ Am 25.November morgens um neun Uhr mussten alle auf die Reling, denn der Colonel hatte die Instruktion gegeben, aber um 9.12 Uhr hatte ein Kommando von 60-80 jungen Leuten ins Wasser zu springen, um die Engländer abzulenken, die mit kleinen Booten die Menschen auffischten. Zeitentsprechend zündete einer von uns eine Bombe, keine Zeitbombe, und ist mitgetötet worden. Es war der zweite Transportleiter – Hans Wendel. Niemand hatte von dieser Aktion gewußt – außer acht Leuten. Innerhalb von ein paar Minuten neigte sich das Schiff zur Seite. … Von den 4000 auf der SS PATRIA zusammengedrängten Menschen verloren etwa 260 ihr Leben.“ (ca 200 von 1771)
Wie viele andere an Deck springt Siegbert Mendelsohn ins Hafenbecken und wird von Rettungsbooten der australischen Kriegsmarine aufgefischt. Die an Bord Überlebenden werden als Schiffbrüchige der SS Patria von den Briten an Land gebracht.
25.11.1940 Internierung in einer Lagerhalle im Hafen von Haifa; die von Bord gesprungenen werden in die Arrestzellen der Polizeiwache von Haifa; Serie von Verhören, insbesondere wenn sie von den Briten der Zugehörigkeit zur Haganah verdächtigt wurden.
26.11. und 8.12.1940 die Überlebenden der SS PATRIA werden mit Bussen in das Internierungscamp Atlith verbracht;
Dezember 1940 noch auf die Umladung wartenden 1581 Emigranten auf der MILOS und ATLANTIC werden als „Detainees“ mit holländischen Frachtschiffen nach Mauritius deportiert. Dort trafen sie am 26.12.1940 ein und wurden in das Zentralgefängnis von Mauritius nahe Beau Bassin verbracht.
1940 zunächst nur Freilassung kleiner Gruppen aus dem Camp Atlith, die eine Aufnahmeadresse in Palästina vorweisen können
September -Dezember 1941 Entlassung der meisten Internierten aus dem Camp Atlith
Oktober 1941 Entlassung von Siegbert Mendelsohn aus Atlith
12.8.1945 Es sollte noch bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges dauern, bevor die 1.310 überlebenden Flüchtlinge aus Mauritius auf der SS FRANCONIA in das ersehnte Eretz Israel gebracht werden konnten.
Deportation nach Auschwitz
Im Dezember 1942 erhält er den letzten „Rote-Kreuz-Brief“ seiner Eltern
3.2.1943 Beide Eltern und Bruder Hans auf de 28. Osttransport von Berlin nach Auschwitz
Gedenken
Quellen
Interview mit Shmuel Mendelsohn regarding his experiences in aliya training und aliya to Eretz Israel 1940; 17.3.1997 Link: https://collections.yadvashem.org/en/documents/3565147
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de1118599
https://collections.arolsen-archives.org/de/document/127212221
https://blha-recherche.brandenburg.de/detail.aspx?ID=2183926
https://www.mappingthelives.org
Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939
https://yvng.yadvashem.org/index.html?language=de
Margit Naarmann, Ein Auge gen Zion, Paderborn, 2000; ISBN3-89498-087-7
Manfred de Vries, Mauritius – Insel des Lebens, BtJ-Magazin, April 2019
https://www.ushmm.org/online/hsv/person_advance_search.php?SourceId=19584
https://www.ushmm.org/online/hsv/source_view.php?SourceId=19561
www.raoulwallenberg.net/general/ruth-kl-uuml-ger-mossad-le/
Rudolf Stern (Chawer aus Dortmund), Meine Aliyah – 13. Oktober 1939 – 29. Januar 1940; unveröffentlichtes Manuskript, 1987