Meiseles Salomon

Salomon Chaim Shlomo Meiseles

*13.3.1866 Kniazowskie/Dolina/Galizien; ✡ 19.1.1940 in Sachsenhausen

Staatsangehörigkeit Österreich,polnisch, staatenlos

Religion jüdisch

Vater unbekannt

Mutter unbekannt

Geschwister unbekannt

Beruf Händler; Fabrikant

Adressen Wattenscheid, Hochstraße 42; Gelsenkirchen, Klostergasse 21

Heirat Priwa Jeckel *10.10.1865 in Kalusz, Galizien; ✡8.12.1940 in Gelsenkirchen

Kinder

Jecheskiel Oskar Meiseles *8.9.1895 in Jasienowice; ✡1943 in Auschwitz

Moritz Moses Joseph Meiseles *12.10.1897 Sosnowitz; ✡1943 Auschwitz; oo Estera Karfiol-Dörfler*20.6.1895 in Lancut, Galizien; ✡ 1965 in Antwerpen

Max Meir Meiseles *19.2.1900 in Jasienowice; ✡Dez. 1986 in New York; oo Therese Rothschild (*14.6.1913 in Brüssel; ✡ 5.10.1987 in Brooklyn)

Golda Meiseles *10.6.1902 in Jasienowice; ✡ ; oo 1932 Elimelech Max Hofsteter/Ofir (*1908)

Hermann Markus Zwi Meiseles *31.8.1905 in Essen; ✡1934 nach Haifa

Weiterer Lebensweg

Zwischen 1902 und 1905 Zuzug der Familie aus Galizien nach Essen; dann Wattenscheid

1913 Vater Salomon erstmals im Wattenscheider Adressbuch Hochstraße 42; zunächst ist er hier als „Altwarenhändler“ tätig; später erfolgt der Aufbau einer Fabrikation für Pantoffeln; bis 1927 ist hier Sohn Moritz Geschäftsführer.

Sohn Jecheskiel betrieb auf der Hochstraße 21 einen Groß- und Einzelhandel für Eier; um 1927 führt dieser in Wattenscheid auch ein Schuhwaren- und Textilgeschäft, an dem Bruder Moritz Teilhaber war.

24.12.1934 Einreise von Hermann Meiseles in Haifa mit Arbeiterzertifikat C/LS als Maurer

29.12.1938 Einleitung des Verkaufsprozesses für das Haus Hochstraße 42 an den Nachbar Metzgermeister Josef Schröder

Februar 1939 Sohn Moritz Meiseles flüchtet illegal nach Antwerpen zu seiner Schwägerin Anna Ostersetzer, Minervastraße 1a, da er mit Haftbefehl wegen „Devisenvergehen“ gesucht wird.

17.5.1939 Jecheskiel wohnt noch bei den Eltern in Wattenscheid, Hochstraße 42 bei der Minderheitenzählung

28.6.1939 Genehmigung des Verkaufs durch den NSDAP-Kreiswirtschaftsberater Krüger

25.7.1939 Flucht von Jecheskiel Oskar Meiseles nach Belgien; er nimmt dabei wichtige religiöse Dinge mit wie eine silberne Menora und Gebetbücher.

1.8.1939 Übergabe der Immobilie Hochstraße 42;

19.8.1939 Umzug von Salomon und Priwa Meiseles nach Gelsenkirchen, Klosterstraße 21 (Judenhaus), obwohl noch ein Wohnrecht im Hinterhaus für zwei Jahre vertraglich vereinbart war.

Die zweite Polenaktion

1.9.1939 Überfall der Wehrmacht auf Polen

7.9.1939 Befehl des Chefs der Sicherheitspolizei Reinhard Heydrich mittels Funkspruch an alle Polizeidienststellen zur reichsweiten Verhaftung und Internierung aller jüdischen Männer polnischer Staatsangehörigkeit

9.9.1939 Salomon Meiseles in Gelsenkirchen verhaftet als „Feindlicher Ausländer“

Internierung der Gelsenkirchener Juden für 6 Wochen im Polizeigefängnis in Herne

22.11.1939 Salomon Meiseles eingewiesen in das KL Sachsenhausen Häftlingsnummer 10053, im „Kleinen Lager“ für Juden Block 37

Fredi Diament, Auschwitz-Überlebender, in seinen Lebenserinnerungen:

„Wir kamen in Sachsenhausen an. Ich denke, wir waren 57 Juden im Alter von 15 – ich war der Jüngste – bis zu einem alten Mann von 67 Jahren, einem Rabbi, Rabbi Meiseles. Er war ein kleiner Mann, ein alter Mann, ein Gelehrter, ein Talmudist und Höß (später SS-Lagerkommandant von Auschwitz) hielt uns eine Rede. Er verbrachte 25 Minuten mit uns und wieder war alles eine große Lüge: „Ihr werdet hier gut behandelt, ihr werdet mit Respekt behandelt, kooperiert einfach und arbeitet. Die Parole dieses Lagers ist „Arbeiten“ und solange ihr arbeitet, werdet ihr mit Respekt behandelt“. Und kaum war er raus, kamen die SS Unteroffiziere und fingen an, uns zusammenzuschlagen. Ich meine, es war ein solcher Schock. Ich war 15 Jahre alt. Als wir in dem örtlichen Gefängnis waren, behandelten sie uns wie die übrigen Gefangenen, wie die kriminellen Gefangenen und die, die in Untersuchungshaft waren. Sie gaben uns mehr oder weniger anständiges Essen, aber nichts desto weniger saßen wir die ganze Zeit in einer Zelle, was für mich eine Folter war.“

Sohn Moritz bittet aus Antwerpen über seinen Steuerberater und Grundstücksverwalter Löhmann den Oberfinanzpräsidenten in Hamburg, dass seine 74 Jahre alte Mutter Priwa Meiseles über einen Geldbetrag aus seinem gesperrten Girokonto verfügen könne. Sie sei „seit vielen Jahren krank, gänzlich vermögenslos und in großer Not, zumal ihre einzige Hilfe, mein 72-jähriger Vater, seit Kriegsausbruch als polnischer Staatsangehöriger interniert ist.“


Harry Naujoks, Lagerältester im KL Sachsenhausen erinnert sich:

„Am 11.11.1939 waren dreißig bis fünfzig Juden einer polnischen Minderheit aus Gelsenkirchen eingeliefert worden. Unter ihnen befand sich ein kleiner, schwächlicher Jude, namens Salomon Meiseles, 73 Jahre alt, mit einem langen, weißen Bart. Ein SS-Mann rief: „Einen Weihnachtsmann habt ihr auch mitgebracht!“ Er zündete mehrere Male ein Streichholz an und brannte den Bart fast vollständig ab. Dann wurden alle Juden stundenlang über den Appellplatz gehetzt. Meiseles, der Brandwunden im Gesicht davon getragen hatte, wurde dabei besonders gequält und musste schließlich von den Kameraden zu seinem Block 37 geschleppt werden. In den nächsten Tagen suchte der SS-Mann Meiseles im Block auf. Schon von weitem rief er: „Wo ist denn der Weihnachtsmann?“ Als er ihn vor sich hatte, schlug er auf Meiseles ein. Sobald dieser unter den Schlägen am Boden lag, rief der SS-Mann: „Los, auf! Du markierst nur!“ Diese Quälerei wurde auch in den nächsten Tagen fortgesetzt, bis Meiseles endgültig zusammenbrach und starb. „Körperschwäche“ war die von den SS-Ärzten angegebene Todesursache.“

19.1.1940 Tod von Salomon Meiseles in Sachsenhausen

7.11.1940 Sohn Max Meiseles emigriert nach Luxemburg; dort kann er sich ein Visum für Kuba beschaffen;

8.12.1940 Tod der Ehefrau Priwa in Gelsenkirchen

10.-21.6.1941 Max und Therese von Lissabon auf der SS MOUTINHO nach NEW York

13.7.1941 Ankunft und Registrierung von Max und Therese Meiseles in Puerto Plata mit der SS ALGONQUIN

August 1942  Sohn Jecheskiel Oskar Meiseles folgt dem Aufruf der SS an die Juden in Brüssel, sich zum angeblichen „Arbeitseinsatz“ bei der Gestapo zu melden.

15.8.1942 Sohn Jecheskiel auf dem III. Transport vom SS-Durchgangslager Mechelen nach Auschwitz

Die Familie des Sohnes Moritz

Januar 1939 Flucht von Sohn Moritz mit Frau Estera aus Hamburg nach Düsseldorf, da sie wegen „Devisenvergehen“ mit Haftbefehl gesucht werden.

Oktober 1939 Schwiegertochter Estera mit den drei Söhnen durch einen „Schleuser“ über die grüne Grenze nach Antwerpen; die Familie lebt in Antwerpen, L. v. Ruusbroekstraat 20

10.5.1940 Einmarsch der Wehrmacht in Belgien, Niederlande, Luxemburg, Frankreich

9.10.1940 Sohn Moritz von der Gestapo Antwerpen vorgeladen. Daraufhin geht er mit Familie in Brüssel in ein Versteck bei dem Lebensmittelhändler Achille Canzali in der Rue des Glands 20

6.7.1943 Bruder Moritz Meiseles in Brüssel festgenommen

7.7.1943 Moritz Meiseles Internierung im Durchgangslager Mechelen

31.7.1943 Moritz Meiseles deportiert auf dem XXI. Transport von Mechelen nach Auschwitz

1943 -Januar 1944 Estera im Versteck

Jan 1944 Estera Meiseles verhaftet

April 1944 Estera Meiseles von Mechelen nach Auschwitz

Estera Meiseles überlebt Auschwitz, Ravensbrück und die Todesmärsche.

Gedenken

Grabstein der Ehefrau in Gelsenkirchen Ückendorf

7.5.2007 Stolperstein für Salomon Meiseles in Bochum, Hochstraße 42

25.11.2015 Stolperstein für Priwa und Jecheskiel Meiseles, Bochum, Hochstraße 42

Stolperstein für Moritz Meiseles in Hamburg Altona, Sternschanze, Juliusstraße 12

18.1.1950 Pages of Testimony für seinen Vater Moses Meiseles von Arie Meiseles

28.7.1990 Pages of Testimony für Chaim Shlomo und Oskar Meiseles von Arie Meiseles

Quellen

https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de929202

Lebensgeschichtliche Erinnerungen von Fred Diament; Link: http://gelsenzentrum.de/fred_diament_erinnerungen.pdf

http://www.gelsenzentrum.de/friedhof_ueckendorf_juedischer.htm

Akte des Stadtarchivs Bochum, WAT D 62/2

Passenger and Crew Lists of Vessels Arriving at New York, New York, 1897-1957 (National Archives Microfilm Publication T715, roll 6554); Records of the Immigration and Naturalization Service, Record Group 85

National Archives Microfilm Publication 6554, roll T715

Harry Naujoks, Mein Leben im KZ Sachsenhausen (1936 -1942), Erinnerungen des ehemaligen Lagerältesten, Dietz Verlag Berlin 1989, S. 186

https://collections.arolsen-archives.org/de/document/4083612

https://collections.arolsen-archives.org/de/document/4083681

https://collections.arolsen-archives.org/de/document/4123750

https://collections.arolsen-archives.org/en/document/79468922

https://collections.arolsen-archives.org/en/document/12064448

https://www.bochum.de/C125830C0042AB74/vwcontentbykey/w2acv8ug734bocmde/$file/205_206_oskar_u_priwa_meiseles.pdf

https://www.bochum.de/C125830C0042AB74/vwcontentbykey/w287j9q6432boldde/$file/054_meiseles,_salomon.pdf

https://www.stolpersteine-hamburg.de/?&MAIN_ID=7&r_name=Meiseles&r_strasse=&r_bezirk=&r_stteil=&r_sort=Nachname_AUF&recherche=recherche&submitter=suchen&BIO_ID=1666

Mandat zur Einbürgerung in Palästina, 1937-1947

https://www.mappingthelives.org

Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939

https://yvng.yadvashem.org/index.html?language=de

National Archives Microfilm Publication 6554, roll T715

Veröffentlicht von Franz-Josef Wittstamm

Geboren 31. Mai 1951 in Recklinghausen Gymnasium Petrinum 1961 bis Abitur1970 Studium der Humanmedizin in Bochum Approbation 1981 Promotion1982 Facharzt für Innere Medizin, Kardiologie, Intensivmedizin Im Ruhestand seit 2016

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