
Lotte Wahrhaftig verh. Siesel
*14.6.1926 in Berlin
Staatsangehörigkeit polnisch, staatenlos
Religion jüdisch
Die Zuordnung der drei Brüder Fritz, Isaac und Chaim Wahrhaftig, alle gebürtig in Lezajsk, Galizien als Väter zu den 5 gemeinsam von Berlin nach Nijmegen geflohenen Lotte, Rosa, Adi, Selma und Edith Wahrhaftig ist nicht eindeutig
Es liegen verschiedene widersprüchliche Dokumente diesbezüglich vor. Nach den Schulkarteikarten der jüd. Gemeinde Berlin verhält es sich folgendermaßen:
Fritz Wahrhaftig und Else sind die Eltern von Lotte
Adresse Berlin, Choriner Straße 16

Isaac Wahrhaftig (*6.3.1888) und Bertha Schiff (* 12.3.1888 in Pruchnik)
Adresse Berlin, Sophienstraße 5, sind die Eltern von
Rosa Wahrhaftig *16.9.1923 in Berlin; ✡ Israel
Adi Adolf Wahrhaftig *3.2.1928 in Berlin; ✡23.7.1943 in Sobibor
Chaim Wahrhaftig (*27.11.1893) und Chaja Nellenbogen (*17.3.1883 in Przemysl),
Adresse Berlin Saarbrücker Straße 16, sind die Eltern von
Sophie Wahrhaftig *26.1.1920
Selma Wahrhaftig *28.4.1922 in Berlin
Edith Wahrhaftig *27.6.1925 in Berlin

Zacharja Moses Wahrhaftig *21.2.1905 in Lezajsk; oo Rosa Stemmer *13.8.1910 Ludwigshafen
Adresse Berlin Prenzlauer Allee 31; den Haag

Beruf Landwirtschaftliche Arbeiterin
Adressen Berlin, Choriner Straße 16
Heirat
Siegfried Peretz Fritz Siesel *17.2.1925 in Altenstadt, Kassel; ✡18.8.2008 Beit Jitzak
Kinder
Jakob Siesel *4.7.1945
Judith Siesel * 1.7.1947
Weiterer Lebensweg
6.4.1932 Einschulung in die Jüdische Volksschule, Rykestraße 53
Bis November 1938 Jüdische Volksschule
1. Polenaktion
28.10.1938 Chaim Wahrhaftig verhaftet in Berlin und ausgewiesen nach Zbaszyn
Adresse Zbaszyn, Jezioma 5
Dezember 1938 die Mutter setzt Lotte mit Rosa und Adi sowie Selma und Edith Wahrhaftig in einen Fernzug von Berlin nach Nijmegen.
6.12.1938 auf dem Bahnhof Nijmegen werden die fünf Kinder von einem Flüchtlingskomitee festgehalten und zur Quarantäne nach Amsterdam geschickt
10.1.1939 I.G.K.R. Liesbosch, Moerdijkse Postbaan 18/Steenmansweg, Leur
23.8.1939 Huize Kraaybeek, Hoofdstraat 63, Driebergen
Zunächst Unterbringung in der Pflegefamilie Levie vorgesehen, die Familie lehnt aber ab
5.11.1939 Schwester Rosa emigriert nach Palästina
21.11.1939 zur Hachschara nach Loosdrecht, Jugend-Alija-Heim „het Paviljoen“
27.12.1939 bekommt sie die Erlaubnis ihren Onkel M. Wahrhaftig in Den Haag für vier Tage zu besuchen
17.5.1939 bei Minderheitenvolkszählung
28.8.1940 Loosdrecht, Aliyah-Zentrum „het Paviljoen“, Loosdrecht
5.9.1940 Cousine Selma zur Hachschara ins Werkdorp Wieringen
Loosdrecht
August 1942 die ersten Chaluzim in Loosdrecht bekommen ihre Transportbescheide.
Mit Hilfe der Westerweel groep können die meisten in Verstecken untertauchen; ihr erstes Versteck war bei Helene Bolke in Bilthoven, dann bei einer Arbeiterfamilie in Utrecht.
In der Regel wurden 50 Gulden und Lebensmittelkarten pro Person und Monat gezahlt
Nach zwei Monaten kommt sie als Haushilfe zu Baron van Heckeren, Philipps-Ingenier in Eindhoven
Erneuter Wechsel zu Bouke Koning,
Dezember 1943 wird dort sie nach Verrat mit Koning verhaftet und mit ihm ins Polizeigefängnis Utrecht gebracht
Als Strafgefangene („S“) in die Strafbaracke in Westerbork. Lotte und Herr Blueth können sie vor Deportation bewahren. Sie arbeitet dann in der Hachschara-Gruppe und als Kinderpflegerin im Kinderheim von Westerbork
Lotte mit Lungenentzündung in den Krankenbau von Westerbork
Für den 3. April 1944 wird sie mit 12 Chaluzim auf den „Transport gestellt“
Am 3.3.1944 konnten zwei Dreiergruppen fliehen; die erste Gruppe mit Werner Hirschfeld, Lotte Wahrhaftig und Franz Pollak verlässt noch am Abend mit gefälschten „Roten Passierscheinen“ das Lager, die zweite mit Siegfried Pinkus, David Dotsch und Frieda Rosenblatt-Weil folgt am Morgen des 4.3.1944.
Auf der zum Bahnhof Westerbork kann sie sich mit Werner Hirschfeld und Franz Polak aus der Kolonne entfernen; die drei verstecken sich zunächst in der Schulbaracke; mit gefälschten Passierscheinen von Kurt Walter, Leiter des illegalen Widerstandes in Westerbork, können sie das Lager verlassen; sie warten in einem Wäldchen, dort kommen noch drei Chaluzim hinzu: Bubi Pinkus, Friedel Rosenblatt und David Dotsch). Sie werden von Lore Durlacher, Franz Gerritsen und Jan Smit mit 8 Fahrrädern abgeholt. Mit dem Zug wird die Gruppe nach Eindhoven gebracht. Sie soll von Koning und Joop Westerweel über die grüne Grenze nach Belgien gebracht werden;
11.3.1944 Koning und Joop Westerweel werden aber verhaftet, als sie die Chaluzoth Ruth Direktor und Thea Perlmutter über die Grenze bringen wollen.
Bouke Koning überlebt KL Vught, Sachsenhausen, Groß-Rosen Dora, Ravensbrück und wurde am 2.5.1945 im Außenlager Malchow von der Roten Armee befreit.
Joop Westerweel wird am 11.8.1944 im KL Vught hingerichtet.
18.9.1944 Lotte Wahrhaftig bleibt bis zur Befreiung von Eindhoven im Versteck bei Baron van Heckeren
Cousine Selma überlebt als „onderduiker“ im Versteck
Lilly Kettner schreibt:

März 1945 Reise nach Marseille zur Alija
Mitte August 1945 Alijah Beth auf der SS MATAROA von Marseille nach Haifa
15.8.1945 Ankunft in Haifa
Verhaftung durch die britische Mandatsmacht im Camp Atlith
Heirat mit Fritz Siesel
Flucht nach Zagreb
15.5.1941 Flucht von Isaak und Berta Wahrhaftig nach Zagreb
Nach Einmarsch der Deutschen Wehrmacht werden sie verhaftet und nach Auschwitz deportiert
Gedenken
–
Quellen
http://dokin.nl/deceased-children/Adi-Alie-Adolf-Wahrhaftig-born-3-Feb-1928
http://dokin.nl/surviving-children/Rosa-Wahrhaftig-born-16-Sep-1923
http://dokin.nl/surviving-children/Selma-Wahrhaftig-born-28-Apr-1922
http://dokin.nl/deceased-children/Edith-Wahrhaftig-born-27-Jun-1925
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de1175144
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de1175106
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de1175055
http://collections.yadvashem.org/en/documents/3655767
https://collections.arolsen-archives.org/en/document/130395618
https://archief.amsterdam/indexen/persons?ss=%7B%22q%22:%22Wahrhaftig%201922%22%7D
https://www.mappingthelives.org
Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939
Staatsarchiv Israel, Mandat zur Einbürgerung in Palästina, 1937-1947
https://yvng.yadvashem.org/index.html?language=de
Peter W. Lande, Jewish „Training“ Centers in Germany, Manuskript von 1978 im Bestand des Centers for Jewish History
https://digipres.cjh.org/delivery/DeliveryManagerServlet?dps_pid=FL4311316