Dr. med. dent. Anton Carl Engelbert „Egbert“ Decker
*10.8.1889 in Werne/Bochum; + 30.3.1941 Hamburg, Polizeigefängnis Hütten
Staatsangehörigkeit deutsch
Religion katholisch
Vater Josef Decker *1845 in Medebach, Brilon; + 15.4.1899 in Werne
Mutter Maria Wachtmeister *1852 in Riemke; + 14.6.1901 in Werne
Großeltern Johann Wilhelm Decker, Maria Katharina (geb. Schmidt)
Großeltern Wilhelm Wachtmeister und Katharina Springob
Geschwister acht
Maria Elisabeth Hedwig Decker *1.7.1873 in Werne; oo 1895 Karl Johann Prior
Otto Decker *2.6.1875 in Werne/Bochum; + 30.11.1896 in Werne
Josef Benjamin Decker *4.4.1888 in Werne/Bochum; + 5.4.1944 in Elkton Maryland; oo Gertrude
Wilhelmine Decker *in Werne/Bochum;+ ?; oo Johann Paul Henry
Beruf Zahnarzt
Adressen Werne/Bochum, Haus Nr. 62, Hellweg und Kaiserstraße 51; München; Münster; Hamburg, Mundsburger Damm 65
Heirat ledig
Kinder –
Weiterer Lebensweg
1896 Tod des Bruders Otto Decker, Missionarszögling
15.4.1899 Tod des Vaters Joseph Decker: „Einem Schlaganfall erlag der Geschäftsführer der Harpener Bergbau Gesellschaft, Joseph Decker. Der Verstorbene war lange Jahre Kirchen- und Schulvorsteher.“
Ausbildung
Volksschule, Gymnasium,
Studium der Zahnheilkunde in München
1912 Studiumabschluss mit der Note „gut“
1920 Promotion zum Dr. med. dent.
Berufliche Laufbahn
1913-1915 Assistent in Vegesack/Bremen
1915-1918 Lazarett für Kieferverletzte in Münster
1919 Umzug nach Hamburg
1.1.1920 Eröffnung einer eigenen Zahnarztpraxis
1918 und 1932 stationäre Behandlung der Alkohol- und Medikamentenabhängigkeit

19.-29.6.1929 Decker mit Freund Louis Berens auf der SS MILWAUKEE von Hamburg nach New York; beide wohnhaft in Hamburg, Mundsburger Damm 11



Ziel ist Bruder Josef Ben Decker


8.2.-14.2.1936 in Haft wegen des Vorwurfs homosexueller Handlungen
16.10-31.10.1936 in Haft wegen des Vorwurfs homosexueller Handlungen
Jeweils ohne Gerichtsverfahren entlassen
19.10.1937 Inhaftierung im Polizeigefängnis Fuhlsbüttel nach Anzeige eines Stabsheizers; dieser hatte gegen Bezahlung sexuell mit Egbert Decker verkehrt. Nach Verlassen der Wohnung rief er die Polizei, vermutlich, um einen schweren Diebstahl in Deckers Wohnung zu vertuschen.
19.10-13.11.1937 im Gefängnis Fuhlsbüttel
Verlegung zur Untersuchungshaftanstalt an der Holstenglacis und Verhöre im Hamburger Stadthaus. Kriminaloberassistent Mertens zufolge „spricht man nur gut von ihm und er soll auch ein guter Zahnarzt sein. Unter seinen Kunden finden sich sämtliche Berufe vor, also vom einfachen Arbeiter bis zum Professor“. Engelbert Decker bezeichnete sich als homosexuell und war deshalb wiederholt in Polizei- und Justizakten erfasst, aber jeweils ohne Gerichtsverfahren entlassen worden
22.4. 1938 Verurteilung gemäß Vergehen gegen den §175 zu acht Monaten Gefängnis durch das Amtsgericht Hamburg. Urteilsbegründung durch Amtsgerichtsdirektor Erwin Krause: „Das Gericht ist der Auffassung, dass der Angeklagte hartnäckig leugnet und daher keineswegs irgendwelche besondere Milde verdient. Er als Arzt und einem gebildeten Stande angehörend, darf sich nicht erlauben, der Wahrheit derartig mit seinen Behauptungen ins Gesicht zu schlagen. Von einem ungebildeten Manne kann man wohl so etwas erwarten und es einem solchen nicht so verübeln wie dem Angeklagten, von dem man erwartet hätte, daß er mutvoll seine Tat eingestanden hätte.“
24.6.1938 Entlassung aus dem Männergefängnis Fuhlsbüttel
Es folgen der Entzug der Promotion durch die Hansische Universität am 23.11.1938 und der Approbation durch die Landesbehörden.
29.3.1941 erneute Festnahme in Hamburg, inhaftiert im Polizeigefängnis Hütten, da ein Strichjunge seinen Name im Polizeiverhör angab.
30.3.1941 Suizid, Engelbert Decker erhängte sich mit seinem Gürtel in der Zelle.
Tod von Bruder Josef
5.4.1944 Joseph Ben Decker, zuvor der Direktor von „Triumph Explosives“ verurteilt zu drei Jahren Haft wegen Betrugs suizidiert sich im Gefängnis und stirbt laut „ Sarasota Herald Tribune“ im Hospital von Elkton, Maryland
Gedenken

2011 Stolperstein Hamburg durch die Kassenzahnärztliche Vereinigung Hamburg vor dem Haus Mundsburger Damm 65, die Adresse seiner Zahnarztpraxis; Dr./RO Eric Banthien, Vorstandsvorsitzender der KZV Hamburg sagte bei der Verlegung: „Wir möchten mit diesem Stolperstein an unseren Kollegen erinnern, der nur durch seine Homosexualität im NS-Reich verhaftet und verurteilt wurde und zu Tode kam.“
Quellen
19.-29.6.1929 auf der SS MILWAUKEE von Hamburg nach New York
https://www.stolpersteine-hamburg.de/?&MAIN_ID=7&BIO_ID=2671
Passenger and Crew Lists of Vessels Arriving at New York, New York, 1897-1957 (National Archives Microfilm Publication T715, roll 4524); Records of the Immigration and Naturalization Service, Record Group 85.
Hamburger Zahnärzte, 4.05.2009
https://collections.arolsen-archives.org/de/document/12149128
Ruhr Nachrichten Ausgabe Werne vom 23. Juli 2025, Wie ein homosexueller Zahnarzt zum Opfer des NS-Regimes wurde
„Sarasota Herald Tribune“ Ausgabe vom 5.4.1944