Bischofswerder Rolf

Rolf Bischofswerder

*14.12.1913 in Dortmund; ✡ Oktober 1944 erschossen im Hochwald von Riga

Staatsangehörigkeit deutsch, staatenlos

Vater Norbert Nathan Bischofswerder *4.5.1879 in Wongrowitz; Dr. med. vet.; ✡ nach April 1942 in Zamosc

Eukel Druckfehler, Eickel in Westfalen

Mutter Irma Kronheim * 21.6.1894 in Langendreer, heute Bochum; ✡nach April 1942 in Zamosc

Geschwister

keine

Beruf Arzt

Adressen Recklinghausen, Dortmund, Otto-Senftstraße 14; Köln, Ehrenfeld im Israelitischen Asyl, Ottostraße 85

Heirat Ruth Sofie Lilienfeld *28.11.1917 in Recklinghausen; ✡ Sept 1944 Riga Kaiserwald

Weiterer Lebensweg

1914 -1918 Vater als Kriegsfreiwilliger im tierärztlichen Dienst

Während des Krieges Rolf mit seiner Mutter in Langendreer bei den Großeltern

April 1919 Einschulung „Kleine Vorschule“

April 1923 Aufnahme Prüfung am Städt. Gymnasium Dortmund

1930 Jugend-Boxmeister für Hessen und Westfalen

1.3.1932 Abitur

April 1932 Medizinstudium in Grenoble

9.5.1933 Wechsel zur Wilhelms-Universität Münster

1935 Physikum

Aktivist im jüdischen Boxsport in Dortmund und auf Landesebene, als Boxer, Ringarzt unr Funktionär im „SCHILD“, der Sportorganisation des RjF

1.4.1937 Ruth Lilienfeld beginnt Krankenpflege-Ausbildung am jüdischen Krankenhaus Köln

1938 Staatsexamen, darf nicht promovieren

1.4.1938 Arzt im Ehrenfelder Asyl, jüdisches Krankenhaus Köln, „Krankenbehandler“

9./10.11.1938 Vater im Novemberpogrom auf der Steinwache Dortmund, dann Sachsenhausen

13.11.1941 Schreiben der Gestapo, sich zum Transport nach Minsk bereit zu halten

5.12.1941 Heirat wegen der anstehenden Deportation

6.12.1941 Sammellager Messehallen Köln-Deutz

7.12.1941 Transport Köln-Deutz nach Skirotawa, Riga

10.12.1941 Ankunft Rangierbahnhof Skirotawa, Fußmarsch ins Ghetto Riga,

Zunächst Arzt im Krankenrevier der Kölner Gruppe

März 1942 Arzt der Wiener Gruppe nach der Ermordung des Wiener Arztes Dr. David Bloch

Arzt im Zentrallazarett, Vertreter von Dr. Hans Aufrecht

30.4.1942 beide Eltern nach Zamosc transportiert

Muss wiederholt geheime Abtreibungen im Krankenrevier im Kasseler Haus vornehmen

Leitet häufig „“Aufklärung“-Treffen zur Schwangerschaftsverhütung bei Jugendlichen.

Ruft bei Versammlung zur Mäßigung beim Thema Ghetto-Widerstand auf

Juli-2. November 1943 schrittweise Auflösung des Ghettos Einrichtung des Konzentrationslagers Riga-Kaiserwald und verschiedener Betriebslager mit lokaler Kasernierung

November 1943 Außenlager Meteor Gummiwarenfabrik Kasernierung;

Im Außenlager auch mit Frau Ruth 2 Std./Tag ärztlich tätig; führt Typhusimpfungen durch; er hatte einen weißen Punkt auf der Kleidung (Bericht Alex Salm)

Sommer 1944 Auflösung des KL Kaiserwald, Riga

Gescheiterte Flucht – Das Netzwerk des Janis Lipke

Frau Dr. Katrin Reichelt in einem Vortrag am 15.11.2011:

„Der bekannteste Fall der Rettung von Juden war das hochorganisierte Netzwerk des Rigaer Hafenarbeiters Zanis Lipke, der in einer jahrelangen waghalsigen Aktion 56 verfolgten Juden das Leben rettete. Aus den wenigen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln baute er ein weitverzweigtes Netz von vertrauenswürdigen Personen auf, mit deren Hilfe er längerfristige Unterkunft und Verpflegung für die Verfolgten organisieren konnte. Er und seine Männer schreckten auch nicht davor zurück, sich Judensterne an die Kleidung zu heften, ins Ghetto einzudringen und auf diese Weise Juden die Flucht aus dem Ghetto zu ermöglichen. … Im Jahr 1977 wurde Lipke in Jerusalem mit der „Medaille der Gerechten“ für seine selbstlosen Taten gewürdigt.

September 1944 Fluchtversuch aus dem KL Kaiserwald mit Ehefrau Ruth, Regina Schwarz und Lotte Adler fliegt auf. Ruth und Lotte werden in Kaiserwald erschossen

Rolf Bischofswerder auf offenem LKW angekettet an 9 lettische Juden zu „Stützpunktkommando“ verbracht: Leichen im Hochwald ausgraben und verbrennen. Soll angeblich ( laut Hilde Zander-Winter-Sherman) einen SS-Wachmann getötet haben; wurde erschossen.

Gertrude Schneider schreibt:

„Dr. Bischofswerder, seine Frau Ruth, deren Bekannte Lotte Adler und eine Frau aus Wien, Regina Schwarz, flüchteten vom KZ Kaiserwald im September 1944, als sie zu einem Arbeitskommando in die Stadt geschickt wurden. Frau Schwarz hatte diese Flucht mit dem Letten Janis Lipke einige Tage vorher arrangiert. Wie beschlossen kam Lipke zum Hafen, wo die vier arbeiteten und auf ihn warteten. Da er nur einen nach dem anderen mitnehmen konnte,nahm er Regina Schwarz als Erste und brachte sie in eine nahegelegene Wohnung. Als er nach zirka einer halben Stunde zum Hafen zurückkam, sah er zu seinem Entsetzen, dass eine Streife die drei anderen festgenommen hatte. Sie kamen in das KZ Kaiserwald zurück. Nachdem man die beiden Frauen erschossen hatte, warf man ihre Körper auf einen LKW, auf dem bereits der Arzt stand, angekettet an neun lettische Juden.Alle wurden in den Wald zum „Kommando Stützpunkt“ gebracht. Nach einer Woche grausiger Arbeit, nämlich dem Ausgraben und Verbrennen von Leichen ermordeter Juden, wurden auch sie getötet und verbrannt.“

September 1944 Tod im Riga Hochwald

Gedenken

Stolpersteine für Rolf Bischofswerder und seine Eltern in Dortmund, Kampstraße 45

1999 Pages of Testimony bei Yad Vashem von Alex Salm, Riga Überlebender aus Köln

Quellen

https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de843342

https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de843337

Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939  

https://www.riga-komitee.eu/historie/lettland-unter-deutscher-besatzung-1941-1944

https://www.mappingthelives.org/

Interview mit Alex Salm von Becker-Jákli, Barbara am 19.6.1998 und 25.8.1998; Stadtarchiv Köln

Anita Kugler, Scherwitz – Der Jüdische SS-Offizier, 2017

Käthe Fries, Schießen Sie mich nieder, Lukas Verlag 2017

Gertrude Schneider, Reise in den Tod, Deutsche Juden in Riga 1941-1944, Laumann-Verlag, 2008

Hilde Sherman: Zwischen Tag und Dunkel. Mädchenjahre im Ghetto, Frankfurt/M.-Berlin-Wien, 1984

Ralf Piorr, Ohne Rückkehr, Klartext-Verlag Essen, 2012

Gedenkbuch Opfer und Stätten der Herrschaft, der Verfolgung und des Widerstandes in Recklinghausen 1933-194

https://www.recklinghausen.de/Inhalte/Startseite/Ruhrfestspiele_Kultur/Gedenkbuch/_Opferbuch_selfdb.asp?form=detail&db=545&id=288

Willi Hagemann, Höhere Mädchenbildung und jüdische Schülerinnen in Recklinghausen von 1866 bis 1938/39, in: Vestische Zeitschrift 90/91 (1991/92), hg. v. Werner Burghardt, S. 231-244, S. 233

Georg Möllers / Jürgen Pohl: Abgemeldet nach „unbekannt“ 1942, Die Deportation der Juden aus dem Vest Recklinghausen nach Riga, hrsg. von der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Recklinghausen, Klartext Verlag, Essen 2013, S. 18
Jüdische Einwohner Recklinghausens, Sta Re III 6519, 6520

Jüdische Holocaust-Gedenkstätten und jüdische Einwohner Deutschlands 1939-1945

https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/directory.html.de?id=843343

Otto Gertzen, Gedenkblatt Rolf Bischofswerder, Flurgespräche, 2015

Schmalhausen, Bernd, Dr. Rolf Bischofswerder, Leben und Sterben eines jüdischen Arztes aus Dortmund, Bottrop/Essen 1998

Veröffentlicht von Franz-Josef Wittstamm

Geboren 31. Mai 1951 in Recklinghausen Gymnasium Petrinum 1961 bis Abitur1970 Studium der Humanmedizin in Bochum Approbation 1981 Promotion1982 Facharzt für Innere Medizin, Kardiologie, Intensivmedizin Im Ruhestand seit 2016

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1 Kommentar

  1. herzlichen Dank für die gut recherchierte Biographie (ich bin über die Spurensuche von seiner Ehefrau Ruth Lilienfeld darauf gestossen.
    Habe soeben beim NS-Dokumentationszentrum Köln darauf hingewiesen, dass Rolf (im Gedenkbuch des Bundearchivs wurde sein Vorname mit Rudolf genannt) auch in der Kölner opferliste neben seine Frau erwähnt wird. Auf der rekonstrukierten Kölner Deportationslist steht Rolf auf Blatt 4 mit der Kölner Wohnanschrift Ottostr. 85

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