Gisela Loebl Loebl
*17.9.1921 in Leipzig; ✡ 1942/43 in Auschwitz
Staatsangehörigkeit staatenlos
Religion jüdisch
Vater Osias David Löbl *6.7.1888 in Hliboka, Rumänien; 28.5.1942 Sachsenhausen
Heirat der Eltern 14.6.1911 in Sadagora, Bukowina
Mutter Mali Lea Neuberger *5.1.1887 in Zaleszczyki; ✡7.10.1942 in Ravensbrück
Großeltern Abraham und Rachel Löbl
Geschwister
Hermann Löbl *24.4.1912 in Sadagora bei Czernowitz; ✡ca 1975 in Asnieres; oo 29.12.1945 in Paris Ita Ryfka Wainer (1907-1978); 28.2.1948 Einbürgerung in Frankreich
Beruf landwirtschaftliche Praktikantin
Adressen Leipzig, Alexanderstraße 42; Steckelsdorf bei Rathenow
Heirat ledig
Kinder –
Weiterer Lebensweg
10.11.1938 Verhaftung des Vaters im Novemberpogrom, „Schutzhaft“ in Sachsenhausen
17.5.1939 Gisela mit den Eltern in Leipzig bei Minderheiten-Volkszählung
Die zweite Polenaktion
1.9.1939 Überfall der Deutschen Wehrmacht auf Polen
Verhaftung der polnischstämmigen Juden in den Polizeigefängnissen
Mitte September 1939 Verlegung in die Konzentrationslager
5.1.1940 Verhaftung beider Eltern wegen Lebensmittelschiebung
13.3.1942 Vater Osias verlegt in das KL Sachsenhausen
13.3.1942 Mutter Mali verlegt in das KL Ravensbrück
Massenmord als Racheaktion in Sachsenhausen
28.5.1942 Tod von Vater Osias Löbl in Sachsenhausen, hingerichtet mit 96 jüdischen Häftlingen des KZ Sachsenhausen auf persönliche Anordnung des „Reichsführer-SS“ Heinrich Himmler als Racheaktion wegen des Brandschlags auf die NS-Propaganda-Ausstellung „Das Sowjetparadies“ im Berliner Lustgarten durch die jüdische Widerstandsgruppe um Herbert Baum am 18. Mai 1942.
Das jüdische Umschulungslager Steckelsdorf-Ausbau
Dezember 1939 Gisela Loebl zur Hachschara in das jüdische Umschulungslager Landwerk Steckelsdorf-Ausbau bei Rathenow im Landkreis Jerichow II; Träger ist der Bachad, 1928 gegründete Jugendorganisation des orthodox-jüdischen Misrachi; das hebräische Akronym בָּחָ״ד BaChaD steht für Brit Chaluzim Datiim, deutsch ‚Bund religiöser Pioniere‘; Träger war zuletzt die Reichsvereinigung der Juden in Deutschland RVJD. Das Anwesen gehörte als Jagdvilla einem Berliner Industriellen, der es einschließlich der dazugehörigen Gärtnerei 1936/37 seiner Jüdischen Gemeinde zur Einrichtung eines Erholungsheims schenkte.
15.-27.9.1941 Gisela Löbl auf der Lohnkarte der Rathenower Reißverschluß GmbH, Steckelsdorf
Die Schließung des Landwerks
21.5.1942 schriftliche Ankündigung der Schließung für den 24.5.1942
24.5.1942 offizielle Schließung, nur die Stammbelegschaft des Landwerks verbleibt und 15 Zwangsarbeiter der optischen Industrie in Rathenow
17.6.1942 Gisela Löbl erhält im Lager Steckelsdorf , dass ihr Vater am 29.5.1942 verstorben sei. Die Mitteilung enthält auf Anweisung des Reichssicherheit-Hauptamtes RSHA keine weiteren Hinweise auf die Todesursache; die Anweisung wurde den RVJD-Bezirksstellen von Dr. Paul Eppstein aus der RVJD-Zentrale in Berlin per Brief vermittelt. Es durfte nach gesicherter Ermittlung der aktuellen Adresse jeweils nur ein Familienmitglied angeschrieben werden.
11.7.1942 Gisela Loebl deportiert aus Steckelsdorf auf Transport Magdeburg – Dessau-Berlin nach Auschwitz; unter Leitung des Steckelsdorf-Madrich Kurt Silberpfennig, der sich mit Frau und dem siebenjährigen Sohn Siegfried freiwillig dem Transport anschließt. 52 Chawerim kamen aus dem Landwerk Steckelsdorf
11./13. Juli 1942, ab Magdeburg – Leipzig/Chemnitz nach Auschwitz
13.7.1942 Ankunft und Selektion der Chaluzim aus Steckelsdorf in Auschwitz
Anneliese Borinski schreibt:
„Noch aus der Bahn bekommen wir eine Karte, abgestempelt hinter Breslau. Sie schreiben, dass sie in Richtung Auschwitz fahren. Dann haben wir nie wieder etwas von ihnen gehört. Auch in den Karteien von Auschwitz (Borinski arbeitete in Auschwitz in der SS-Kommandantur, FJW) konnte ich keinen von den mir namentlich bekannten finden, noch haben unsere Chawerim während der Lagerzeit oder auch nach der Befreiung etwas von irgendjemanden von ihnen gehört. Nur ein erschütterndes Zeichen fand ich. Als wir in der SS-Wäscherei in Auschwitz (Kommandantur) arbeiteten, brachte mir eines Tages eine Chawerah aus der SS-Wäsche eine Unterhose, die mit vollem Namen: Kurt Silberpfennig, gezeichnet war.“
Tod von Gisela Loebl in Auschwitz, keine weiteren Daten bekannt, Todesdatum unbekannt
Deportation der Mutter in das KL Ravensbrück
1.3.1942 Deportation der Mutter in das KL Ravensbrück
Oktober 1942 Verlegung der nicht arbeitsfähigen Frauen aus Ravensbrück nach Auschwitz
7.10.1942 Tod der Mutter in Auschwitz
Keine weiteren Daten bekannt
Gedenken
–
Quellen
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de917815
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de917836
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de917839
https://collections.arolsen-archives.org/de/document/12665162
https://collections.arolsen-archives.org/de/document/128450689
https://collections.arolsen-archives.org/de/document/129826421
Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939
Mandat zur Einbürgerung in Palästina, 1937-1947
Einreiselisten Israel
Anneliese Ora-Borinski, Erinnerungen 1940 – 1943, Kwuzat Maayan-Zwi, Israel 1970
Bettina L. Götze, Landwerk Steckelsdorf-Ausbau, in: Hachschara als Erinnerungsort.
<https://hachschara.juedische-geschichte-online.net/ort/13> [24.03.2024]
Ezra BenGershôm David. Aufzeichnungen eines Überlebenden, Evangelische Verlagsanstalt 1989
Bettina Götze, Rathenow, in: Irene Annemarie Diekmann (Hrsg.), Jüdisches Brandenburg. Verlag für Berlin-Brandenburg 2008. S. 304–328
Jizchak Schwersenz: Die versteckte Gruppe. Ein jüdischer Lehrer erinnert sich an Deutschland. Berlin: Wichern Verlag 1988
Michael Wermke: Ein letztes Treffen im August 1941. Kurt Silberpfennig und die Praxis religiös-zionistischer Pädagogik, Jüdische Bildungsgeschichte in Deutschland. Münster: Waxmann 2020