Visser Schontje Ruth

Schontje Ruth Visser

*15.2.1921 in Oldenburg; ✡24.2.2020 in Stockholm

Staatsangehörigkeit deutsch; staatenlos; schwedisch

Religion jüdisch

Vater Eduard Visser *15.1.1879 in Leer; ✡ 1.1.1941 in Berlin

Heirat der Eltern im Mai 1920

Mutter Käthe Rose *24.12.1896 in Dornum; ✡ 13.1.1943 in Auschwitz

Tante Else Rose * 11.5.1893 in Dornum; ✡1942 in Auschwitz; oo Ewald Frankenberg

Ruth, Eduard, Inge und Käthe Visser in Varel

Geschwister

Ingeborg Visser *22.11.1923 Varel; ✡3.2.1943 Auschwitz; oo David Friedmann (*6.5.1921)

 Adressen Varel, Oldenburger Straße 39

Heirat

Sept 1939 in Dänemark Alfred Forchheimer *23.6.1918 in Berlin; ✡ 17.11.1986 in Stockholm

zweite Ehe 31.8.1946 mit Walter Wächter *26.3.1913 in Hamburg; ✡ 15.11.1983 in Örebro

Kinder

Anders Reuben Wächter *6.8.1949

Weiterer Lebensweg

1915-1918 Vater Eduard im Deutschen Heer

12.5.1916 verwundet gemeldet als Soldat der 5. Komp. des Inf-Reg Nr.74

Landsturmmann im Oldenburgischen Inf-Reg 91

Ostern 1931 Einschulung in der Jüdischen Schule, dann Mädchenschule

Ostern 1935-März 1937 für zwei Jahre Besuch eine höheren Schule in Hamburg

Oktober 1937 Besuch der jüdischen Haushaltsschule in Frankfurt mit Schwester Inge

1937 Wechsel von Alfred Forchheimer nach Frankfurt in eine jüdische Lehrwerkstatt

In Frankfurt lernt Ruth Visser bei Treffen der Hechaluz-Mitglieder Alfred Forchheimer kennen; er schreibt über sie:

„Sie war 16 Jahre alt und ich 19, als wir uns in Frankfurt/M kennen lernten. Sie war Schülerin auf einer Haushaltsschule, ich Schüler auf der Berufsschule. Auch in Frankfurt lebte ich mit einem größeren Kreise von Freunden in einem Haus zusammen und Ruth kam öfters zu unseren kulturellen Veranstaltungen, die dort hauptsächlich aus literarischen, philosophischen und politischen Abenden bestanden. Ein äußerst kluges und sympathisches Mädel – natürlich und unproblematisch mit einer gesunden Portion ‚sex appeal’. Wir wurden gute Freunde, ohne daß unsere Beziehung auch nur im geringsten äußerlich über den Rahmen des ‚platonischen’ hinausging. Kunst, Literatur, Psychologie und Philosophie waren unsere gemeinsamen Interessen. Wir besuchten die Kunstgalerien gemeinsam, vertieften uns in Rembrandt oder Raffael, in Kolbe oder Sintenis, sprachen über Stil und Farbe, über Stoff und Form – nie über uns selbst.“

Novemberpogrom

10.11.1938 Vater Eduard und Mutter Käthe von SA-Greiftrupps ins Polizeigefängnis Varel gebracht im Novemberpogrom, die Frauen werden tagsüber wieder entlassen

10.11.1938 Alfred Forchheimer verhaftet in Frankfurt im Novemberpogrom, in „Schutzhaft“ als „Aktionsjuden“ im KL Buchenwald

11.11.1938 die sechs jüdischen Männer aus Varel werden ins Polizeigefängnis Oldenburg und dann ins KL Sachsenhausen verbracht

29.11.1938 frühe Entlassung des Vaters als Weltkrieg-Frontkämpfer mit EK aus dem KL Sachsenhausen

Rückkehr der Schwestern Ruth und Inge aus Frankfurt nach Varel

3.1.1939 Mit Hilfe einer vom Hechaluz beschafften Einreise- und Arbeitserlaubnis für Dänemark kann Alfred Forchheimer das KL Buchenwald verlassen, mit der Auflage, aus Deutschland innerhalb von vier Wochen auszureisen.

17.5.1939 Ruth Visser mit beiden Eltern in Varel, Oldenburger Str. 39 bei der Minderheitenvolkszählung

17.5.1939 Schwester Inge in Berlin, Wangenheimstr. 36 bei der Minderheitenvolkszählung

Zur Hachschara nach Dänemark

Januar 1939 ein Treffen von Ruth Visser mit Alfred Forchheimer in Hamburg

6.2.1939 Alfred Forchheimer zur Hachschara nach Dänemark

Briefliche Verlobung, um Ruth Visser die Einreise nach Dänemark zu ermöglichen

4.7.1939 Ankunft von Ruth Visser in Dänemark

September 1939 Heirat von Ruth Visser mit Alfred Forchheimer

5.11.1940 Fred und Ruth Forchheimer in der Familie von Hans Greve als Gärtnerlehrling und Lehrling in Fraugde, Asum, Odense

1943 Forchheimer aktiv bei illegalen Schleuseraktionen von Dänemark nach Schweden, vermutlich aber auch an anderen gewaltsamen Widerstandsaktionen beteiligt, in die er später nur seine Cousine Margot einweiht, nachdem er von ihr aber absolutes Stillschweigen verlangt hat. „Man steckt sich nicht mehr den Revolver in die Tasche, wenn man weggeht.“, sagt er später rückblickend in Schweden.

Judenvertreibung aus Ostfriesland/Oldenburg

Januar 1940 Anordnung der Gestapo-Leitstelle Wilhelmshaven: Ausweisung der in Ostfriesland lebenden Juden „aus militärischen Gründen“ bis zum 1. April 1940.

16.3.1940 Umzug der Eltern von Emden nach Berlin Schöneberg, Motzstraße 58 IV

15.5.1940 Umzug in Berlin-Charlottenburg, Wilmersdorfer Straße 32 II bei Ludwig Beer

Die Eltern und Schwester Ingeborg müssen in Berlin Zwangsarbeit leisten

1.1.1941 Tod des Vaters in Berlin „Herzinfarkt“

4. 10.1941 Heirat von Schwester Inge in Berlin-Charlottenburg mit David Friedmann (*6.5.1921)

9.9.1942 Geburt des Neffen Denny Friedmann

Auschwitz

12.-13.1.1943 Mutter Käthe auf dem 26. Osttransport von Berlin nach Auschwitz

3.-4.2.1943 Schwester Ingeborg mit Mann David und Säugling Denny Friedmann auf dem 28. Osttransport von Berlin nach Auschwitz

David Friedmann wird an der Rampe von Auschwitz zur Zwangsarbeit selektiert und bekommt die Häftlingsnummer 99959 in den linken Unterarm tätowiert.

Ausnahmezustand in Dänemark 1943

1939 Emigration von Ruth Visser nach Dänemark zur Hachschara auf einzelnen Bauernhöfen

9.4.1940 Einmarsch der Deutschen in Dänemark; Dänemark bleibt in Teilen autonom bis zum Oktober 1943

29.8.1943 Die deutschen Besatzer verkünden den „Ausnahmezustand“ wegen zunehmender Widerstandaktionen

17.9.1943 Adolf Hitler befiehlt die Endlösung für die Juden in Dänemark

September 1943 Anordnung von Werner Best, SS-Obergruppenführer und Generalbevollmächtigter für Dänemark

„Die Festnahme der zu evakuierenden Juden erfolgt in der Nacht vom 1. zum 2.10.43. Der Abtransport wird von Seeland zu Schiff (ab Kopenhagen), von Fünen und Jütland mit der Bahn Sonderzug durchgeführt“.

28.9.1943 der deutsche Diplomat Georg Ferdinand Duckwitz verrät die geplante Deportation bei einem Treffen mit dänischen Sozialdemokraten.

Oktober 1943 7700 Juden können sich mit Hilfe der dänischen Bevölkerung in einer Massenflucht über den Øresund (Ostsee) nach Schweden retten.

6.10.1943 Ruth Visser mit dem Boot nach Schweden

15.10.1943 Alfred Forchheimer mit einem dänischen Fischerboot von Kopenhagen nach Malmö

Schweden/Nachkriegszeit

Entfremdung und Trennung von Fred Forchheimer

Studium der Sozialarbeit

Arbeit in leitenden Funktionen in den Sozialverwaltungen

2005 Ehrendoktorwürde der Universität Lund

24.2.2020 Tod von Ruth Wächter im Jüdischen Altersheim in Stockholm

Gedenken

Grabstein auf dem Södra Judiska Begravningsplatsen, Stockholm

Quellen

Holger Frerichs, Biografie der Familie Visser, Varel, 2024

https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de866948

https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de866954

https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de866960

https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de866958

https://collections.arolsen-archives.org/de/document/12677273

https://collections.arolsen-archives.org/de/document/5876963

https://www.statistik-des-holocaust.de/OT411129-Bamberg1.jpg

Volkszählung in Dänemark von 1940 – Alfred Israel Forchheimer

http://mjhnyc.org/exhibitions/courage-to-act-rescue-in-denmark/

https://safe-haven.dk

https://safe-haven.dk/fileadmin/user_upload/Uppgift_Forchheimer__Alfred.pdf

https://www.willy-aron.de/assets/files/AB-01_2020Gedenkenanden8.11.1938FredForchheimer_am05.11.2019.pdf

Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939

https://www.mappingthelives.org

USC Shoah Foundation Institute Visual History Archive; Interview mit Ruth
Wächter vom 15.1.1998,

http://collections.ushmm.org/search/catalog/vha40351

https://yvng.yadvashem.org/index.html?language=de

Peter W. Lande,  Jewish „Training“ Centers in Germany, Manuskript von 1978 im Bestand des Centers for Jewish History

https://digipres.cjh.org/delivery/DeliveryManagerServlet?dps_pid=FL4311316

Veröffentlicht von Franz-Josef Wittstamm

Geboren 31. Mai 1951 in Recklinghausen Gymnasium Petrinum 1961 bis Abitur1970 Studium der Humanmedizin in Bochum Approbation 1981 Promotion1982 Facharzt für Innere Medizin, Kardiologie, Intensivmedizin Im Ruhestand seit 2016

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