Beate Beatrice Rosenbach
*7.5.1926 in Hoof, Kassel; + 10.7.2005 in New York (letzte Wohnadresse)
Staatsangehörigkeit deutsch, staatenlos
Vater Gustav Rosenbach*17.12.1890 in Hoof; Kaufmann; oo18.1.1923; +Nov. 1943 in Riga/Auschwitz
Mutter Bertha Bachrach *3.1.1900 in Ziegenhain, später oo Max Goldschmidt
Onkel Max Bachrach
Geschwister
Ruth Rosel Rosenbach *10.11.1923 in Hoof; ; 16.6.1946 Kurt Katz;+9.10.2008 in New York

Beruf Schneiderin
Adressen Kassel, Gießbergstraße 7, zuletzt Admiral-Scheer- Straße 13

Heirat 4.4.1948 in New York Benno Schreiber *21.12.1919 in Kassel; +5.4.2011 in New York
Ein gemeinsames Kind
Renee Schreiber *12.7.1953
Weiterer Lebensweg
April 1933 – Nov. 1938 ? Volksschule
17.5.1939 mit den Eltern in Kassel bei Deutsche Minderheiten-Volkszählung
8.12.41 über Nacht im Sammellager Turnhalle Wörthschule, Schillerstraße
9.12.41 Deportation Kassel-Riga mit den Eltern und Schwester Ruth
Fahrtroute über Berlin, Breslau, Posen, Königsberg, Skirotawa
12.12.1941 Ankunft Skirotawa bei 40 Grad minus
Nach einiger Zeit der schweren Arbeit wurde meine Schwester (Beate) sehr krank. Sie bekam sehr hohes Fieber und ein jüdischer Arzt im Ghetto stellte Diphterie fest. Sie wurde wegen der besonderen Ansteckungsgefahr in ein besonderes Haus gelegt, wo sie versteckt gehalten wurde, da die SS sie sonst als schwer Kranke und Arbeitsunfähige erschossen hätte. Sie war so dem Ersticken nahe, dass man den Hals von innen öffnete, um ihr Luft zu verschaffen. Sie war so krank, dass die ganze Gruppe besondere Gebete für sie verrichtete. Nur wie durch ein Wunder ist sie nach Monaten besser geworden. Sie hat aber noch für lange Zeit keine Stimme gehabt, fast kaum sehen können und war auf beiden Hüften wie gelähmt. (…) Da täglich Aktionen stattfanden, wo man alte und kranke Menschen zum Erschießen aussortierte, mussten wir sie noch für eine sehr lange Zeit versteckt halten.
Juli-November 1943 schrittweise Auflösung des Ghettos Einrichtung des Konzentrationslagers Riga-Kaiserwald und verschiedener Betriebslager mit lokaler Kasernierung
November 1943 im Armeebekleidungsamt ABA 701 in Mühlgraben, Kasernierung
Die Arbeit meiner Schwester [beim Armeebekleidungsamt] bestand darin, Güterwagen mit den vom Schlachtfeld gekommenen schmutzigen Uniformen auszuladen und dieselben in eine Gashalle zur Desinfizierung zu bringen. Nachdem diese Kleidungsstücke mehrere Stunden unter Gas waren, wurden die Türen der Gashalle geöffnet und alle die jungen Mädchen, die dort arbeiteten, mussten dann diese vergasten Uniformen auf Lastwagen laden, um dieselben in eine andere Halle zur Sortierung zu bringen. Man hat diese Mädchen mit den frisch vergasten Sachen in die verschlossenen Lastwagen eingesperrt, damit sie zum Ausladen wieder da sein sollten. Am Ziel angekommen, wurden die Türen der Lastwagen wieder geöffnet und zum Vergnügen der Wachmannschaften taumelten diese Mädchen hysterisch, halb ohnmächtig und schreiend aus diesen mit Gas verseuchten Lastwagen heraus. Darunter war auch meine Schwester.
Sommer 1944 Auflösung des KL Kaiserwald, Riga
Juli – September 1944 Transporte der Arbeitsfähigen aus Riga per Schiff nach Stutthof
29.9.- 3.10.1944 140 Zwangsarbeiter ABA 701 mit dem Frachtschiff „Sanga“ nach Libau, Lettland
13.-14.10. 1944 Die letzten 50 Männer, 10 junge Frauen mit der „Drechtdijk“ auch „Drächtig“ nach Libau
SS-Sonderlager Libau in Lettland, Arbeit im Hafen, Be- und Entladen von Schiffen
22.10.1944 Fliegerangriff auf Libau mit zwei Toten unter den Häftlingen
22.12.1944 schwerer russischer Bombenangriff auf die besetzte Stadt, 14 Lagerinhaftierte kommen um
19. 2. 1945 200 Häftlinge von Libau auf dem mit Granaten- und Patronenhülsen beladenen Kohlefrachter „Balkan“ über die Ostsee erst Richtung Lübeck, wegen Bombenangriffen umgeleitet nach Hamburg
27.2.1945 Ankunft in Hamburg, von der Gestapo in Gefängniswagen vom Hafen nach Fuhlsbüttel
27.2.1945 – 11.4.1945 Polizeigefängnis Fuhlsbüttel „Kola-Fu“, Zuchthaus und Konzentrationslager
12.-15.4.1945 86 km Fußmarsch nach Kiel, ins „Arbeitserziehungslager“ (AEL) „Nordmark“ in Hassee, Außenlager des KL Neuengamme in Kiel.
Rettungsaktion „Graf Bernadotte“ durch das Schwedische Rote Kreuz
Nach Verhandlungen des schwedischen Graf Bernadotte und Norbert Masur vom World Jewish Congress, Stockholm mit Heinrich Himmler nahe Berlin werden 168 jüdische Häftlinge und ihre Kinder nach Schweden freigelassen.
1.5.1945 153 Juden mit weißen Bussen des Roten Kreuz nach Pattburg, Dänemark, Entlausung in der Quarantänestation; weiter mit dem Zug nach Kopenhagen
2.5.1945 mit der Fähre nach Malmö; erste Quarantäne ca. 10 Tage
4.5.1945 Befreiung des AEL Nordmark Hassee durch britische „Royal Army“
13.5.1945 in Smålandsstenar, Schweden in Quarantäne
8.6.1945 Flüchtlingsheim Holsbybrunn, Schweden
29.11.1945 nach Ausländerheim Ryds Brunn
7.12.1945 nach Göteborg
8.-22.12. 1945 auf der „Cape Lilibeo“ von Göteborg -> Philadelphia mit Mutter und Schwester
10.7.2005 Tod in New York
Quellen
Erinnerungen der Ruth Rosenbach
https://www.vorderer-westen.net/geschichte/juedisches-leben/ein-ueberlebensbericht/
HHStAW Best. 518: Entschädigungsakten von Beatrice Schreiber und Ruth Katz
Beate Kleinert, Wolfgang Prinz, Namen und Schicksale der Juden Kassels 1933-45; 1986
https://collections.arolsen-archives.org/archive/70442443/?p=1&s=Katz%20Kurt%201921&doc_id=70442443
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de950917
Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939 https://www.mappingthelives.org/
Passenger Lists of Vessels Arriving at Philadelphia, Pennsylvania, 1883-1945 (National Archives Microfilm Publication T840, roll 181, line number 10, record id 004855982_00640_9)
New York City Ehelizenz-Index 1908-1972
U.S. Behördendaten Verzeichnis
U.S. Sterbe-Verzeichnis der Sozialversicherung (SSDI)
https://collections.ushmm.org/search/catalog/vha9615
https://www.statistik-des-holocaust.de/OT411209-9.jpg
https://www.statistik-des-holocaust.de/OT411209-16.jpg
Passenger and Crew Lists of Vessels Arriving at New York, New York, 1897-1957 (National Archives Microfilm Publication T715, roll 7108); Records of the Immigration and Naturalization Service, Record Group 85
Käthe Fries, Schießen Sie mich nieder, Lukas Verlag 2017
Gertrude Schneider, Reise in den Tod, Deutsche Juden in Riga 1941-1944, Laumann-Verlag, 2008
Hilde Sherman: Zwischen Tag und Dunkel. Mädchenjahre im Ghetto, Frankfurt/M.-Berlin-Wien, 1984
Aufbau, Nach Schweden gerettet; Ausgabe vom 22.6.1945
Bernd Philipsen, Fred Zimmak, Hrsg., Wir sollten leben, Novalis 2020
Dietlind Kautzky, Thomas Käpernick (Hrsg.), Mein Schicksal ist nur eins von Abertausenden VSA 2020
Mein besonderer Dank gebührt Fred Zimmak für die großzügige Unterstützung meiner Recherchen.