Hans Johann Wachsmann
*7.6.1901 in Königshütte; ✡23.4. 1943 in Auschwitz
Staatsangehörigkeit deutsch
Religion jüdisch
Vater Heinrich Wachsmann *5.6.1872 in Laurahütte; ✡23.9.1942 in Treblinka
Heirat der Eltern 28.8.1898 in Königshütte
Mutter Fanny Troplowitz *20.12.1878 in München; ✡23.9.1942 in Treblinka
Geschwister
Kurt Wachsmann *1.1.1900 in Königshütte; ✡13.11.1918 in Solln bei München
Alfred Wachsmann *29.3.1903 in Königshütte; Dr. jur.; oo Elisabeth; emigrierte 1933 nach Paris, überlebte die Shoah im Untergrund, 1949 Remigration nach Baden-Baden; Vizepräsident des Oberrates der Israeliten Badens und Vorsitzender der Kultusgemeinde Baden-Baden, ✡6.3.1983 in Baden-Baden
Großvater Samuel Wachsmann; Bergverwalter in Laurahütte
Großmutter Karolina Wachsmann geb. Neumann
Beruf Ingenieur
Adressen Königshütte; München; Fürstenwalde; Paderborn; Bielefeld
Heirat –
Kinder –
Entfernter Neffe aus Oppeln Rudolf Wachsmann *3.7.1926 in Oppeln; ✡ 9.5.1974 in Los Angeles
Weiterer Lebensweg
1.12.1921 Umzug der Familie von Königshütte nach München
28.6.1924 Zuzug zu den Eltern, Schraudolphstraße 11/0
15.6.1932 Umzug in München mit den Eltern, Keuslinstraße 3/0
30.3.1935 Umzug in München mit den Eltern, Sonnenstraße 2/III
7.6.1935 nach Landwerk Neuendorf im Sande, Fürstenwalde
17.5.1939 in Fürstenwalde bei Minderheiten-Volkszählung
17.5.1939 beide Eltern in München bei Minderheiten-Volkszählung
Hans Wachsmann
23.6.1939 Vertrag zwischen der RVJD und der Stadt Paderborn zur Errichtung des Umschulungs- und Einsatzlagers Paderborn, Grüner Weg 86
19.7.1939 nach der ersten Aufbauphase vom Hechaluz vom Landwerk Neuendorf im Sande als Lagerleiter und Nachfolger von Martin Gerson ins Lager Paderborn geschickt
22.3.1940 Eltern folgen aus München nach Paderborn
3.1.1941 eine Baracke brennt durch einen überhitzten Kanonenofen ab. Kurt Steinitz frieren die Kleidungsstücke steif bei den Löschversuchen.
12. 2.1941 Vater Heinrich in Sachsenhausen
3.-5.5.1941 Vater als Zu- bzw. Abgang im Krankenbau Sachsenhausen geführt
Mai 1941 Wegen des geplanten Neuaufbaus der abgebrannten Baracke entleiht Wachsmann eine Gruppe Arbeiter an die Zimmerei in Atteln. Harry Ardelt kommt dort bei einem Arbeitsunfall ums Leben. Der fehlende Unfallversicherungsschutz führt zu heftigen Auseinandersetzungen. Hans Wachsmann werden dabei Falschaussagen nachgewiesen.
5.7.1941 angeordnete Umbenennung „Jüdische Arbeitseinsatzlager Paderborn“
1.8.1941 Wachsmann wird von Ludwig Kuttner aus Schniebinchen als Leiter in Paderborn abgelöst.
22.8.-31.10.1941 Vater als Zu- bzw. Abgang im Krankenbau Sachsenhausen geführt
Das Umschulungs- und Einsatzlager in Bielefeld Schlosshofstraße 73 a
1939 Nachdem zahlreiche, in Bielefeld lebende Jüdinnen und Juden in „Judenhäusern“ zwangseingewiesen wurden, schloss die Reichsvereinigung der Juden in Deutschland (RVJD) mit den jeweiligen Städten Verträge zur Errichtung der Umschulungs- und Einsatzlager in Bielefeld Koblenzer Straße 4 und Paderborn, Grüner Weg 86;
Anfang September entstand für zunächst 36 Praktikanten ein Wohn- und Arbeitslager in der Koblenzer Straße 4 (heute: Artur-Ladebeck Straße 6). Das Haus beherbergte zuvor die Praxis des nach Holland geflüchteten Orthopäden Dr. med. Bernhard Mosberg.
23.3.1940 wegen der räumliche Enge Wechsel von 57 Bewohnern in das Lager in der Schloßhofstraße 73a, einem ehemaligen Gutshof.
Dort bestand auch eine Unterkunft für alte und kranke Jüdinnen und Juden („Siechenheim“) als Einrichtung der RVJD. Vom Lager aus wurden die Männer kolonnenweise bei den Straßen-, Tief- und Gleisbauarbeiten der Fa. Nebelung & Sohn eingesetzt.
1940 erfolgte ein Austausch männlicher Bewohner mit dem Umschulungslager Paderborn; die zionistischen Chawerim wechselten nach Paderborn und umgekehrt. Allein am 9. und 10.Juni 1940 kommen 10 Paderborner in das Lager in der Schloßhofstraße 73a.
18.6.1942 als Lagerleiter ins Arbeitseinsatzlager Bielefeld, Schloßhofstraße 73 a; die Eltern bleiben im Lager Grüner Weg 86
31.7.1942 Eltern mit Transport X/1 aus Paderborn Grüner Weg 86 über Bielefeld nach Theresienstadt
23.9.1942 Eltern mit den Transport Bq von Theresienstadt nach Treblinka
November 1942 in Kraft tretendes Gesetz: „Alle im Reich gelegenen Konzentrationslager sind judenfrei zu machen und sämtliche Juden sind nach Auschwitz und Lublin zu deportieren.“
15.12.1942 Armin Dudschinszki aus Radinkendorf als neuer Heimleiter mit Ehefrau Hermina als Wirtschaftsleiterin nach Bielefeld
8.1.1943 Wachsmann verlässt den Schloßhof, Umzug in das Judenhaus Steinstraße 7
März 1943 Reichsweite „Fabrikaktion“, alle noch in Arbeitslagern und kriegswichtigen Betrieben beschäftigten „Volljuden“ werden verhaftet und in Konzentrationslager nach Auschwitz und ins „Generalgouvernement“ deportiert
27.2.1943 Befehl von Wilhelm Pützer (1893-1945), Leiter des Judenreferats der Gestapo-Außendienststelle Bielefeld, die „jüdischen Arbeitseinsatzlager“ aufzulösen und deren Insassen und weitere Juden aus dem Sprengel bis zum 1. März, also zwei Tage später, nach Bielefeld zu bringen, wo sie „spätestens“ bis 13 Uhr im „Saal der Eintracht“ eintreffen mussten.
Heinrich Wachsmann wohnt Ende Februar 1943 nicht im Lager sondern in Bielefeld, Steinstraße 7
2.3.1943 40 Stunden im geschlossenen Güterwaggon, Transport Bielefeld über Hannover – Erfurt – Dresden nach Auschwitz mit allen 98 Chawerim aus dem Arbeitslager
3.3.1943 Ankunft und Selektion in Auschwitz; Ernst Michel berichtet:
„Es gab nun zwei Reihen, beide rückten langsam voran. Männer an eine Seite, Frauen an die andere. … Issy schlurfte neben mir. Er war in Paderborn einer der charismatischen und zuverlässigsten Leiter. Er war dynamisch, optimistisch und stets hilfsbereit. Er war stark wie ein Stier. Er hatte Lilo in Paderborn geheiratet einige Wochen vor unserer Deportation. Sie war bereits auf der anderen Seite. Tränen rannen sein Gesicht hinunter. Ich berührte ihn. Er nickte nur.“
Selektion zum Aufbau des IG-Farben Werkes Buna Monowitz, Häftlingsnummer
Hans Wachsmann soll laut Paul Hoffmann in „Lebensspuren meines Vaters“ nach einer Selektion noch im Frühjahr 1943 in den Gaskammern von Auschwitz-Birkenau umgekommen sein.
Paul Hoffmann schreibt in einem aus Auschwitz herausgeschmuggeltem erhaltenen Brief an Johanne Peppmöller im Juli 1943:
„Hier sind nur noch wenige von unseren Bielefeldern, denn die meisten sind schon gleich in den ersten Wochen zusammengebrochen, um dannn in ein anderes Lager transportiert zu werden, wo sie die restlichen Tage des Lebens verbringen. Zu diesen gehört auch Herr Wachsmann, Neustädter, Zimmt, Feldheim und viele Jungens aus unserem Umschulungslager. Ich werde mich so leicht nicht unterkriegen lassen.“
16.9.1949 Bruder Alfred in Frankreich eingebürgert
Gedenken
25.5.1977 Page of Testimony für Hans und die Eltern von Bruder Dr. jur. Alfred Wachsmann, Baden-Baden
Quellen
Auszug aus dem Hausbuch Schloßhofstraße des Einwohnermeldeamtes Bielefeld (Signatur: StArchBi, Bestand 104,3 Einwohnermeldeamt, Nr. 1547)
Daniel Hoffmann, Lebensspuren meines Vaters, Wallstein Verlag 2007
Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de984700
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de984708
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de984717
https://gedenkbuch.muenchen.de/index.php?id=gedenkbuch_link&gid=12097
Margit Naarmann, Ein Auge gen Zion, Paderborn, 2000; ISBN3-89498-087-7