Klaus Stern

*7.5.1921 in Breslau; ✡12.5.2013 in Seattle
Staatsangehörigkeit deutsch
Religion jüdisch
Vater Alfred Stern; *11.2.1880 in Langendreer ✡ in Riga1942
Mutter Hedwig Hedi Nossen *25.4.1889 in Freiburg/Schlesien; ✡ im Bezirk Lublin
Geschwister
Renate Stern *23.9.1925 in Berlin
Beruf –
Adressen Breslau; Berlin, Thilo-Wardenberg-Straße 30; Arnstadt; Fürth, Heiligenstraße 33; 4531 Purdue Ave. Seattle
Heirat

5.7.1942 in Neuendorf
29.7.1942 standesamtlich in Buchholz Paula Schaul *22.8.1922 in Arnstadt, Thüringen; ✡?
2.8.1942 durch einen Rabbiner in der Berliner Wohnung einer Verwandten getraut
Kinder zwei
Marvin Stern *11.2.1952
Weiterer Lebensweg
Vater als Generalvertreter für Mantel Meier, Berlin, Regenmäntel
Acht Jahre Volksschule
1936 sein langjähriger Schulfreund Walter beendet die Freundschaft, weil er in die Hitlerjugend eingetreten ist.
1936-1938 Handelsschule in Aurich
17.5.1939 mit der Mutter in Berlin Charlottenburg bei Minderheiten-Volkszählung

2.7.1939 Klaus Stern zur Hachschara in das Landwerk Neuendorf im Sande;

3.11.1940 Paula Schaul zur Hachschara in das Landwerk Neuendorf im Sande
5.7.1941 behördliche Anordnung zur Auflösung der Hachschara-Lager; Umbenennung der noch bestehenden in „Jüdisches Arbeitseinsatzlager“
Mai -September 1941 Auflösung der Hachscharalagers Ahrensdorf, Jessen, Havelberg und Verlegung der Chawerim in das Lehrgut Neuendorf im Sande;
November 1942 in Kraft tretendes Gesetz: „Alle im Reich gelegenen Konzentrationslager sind judenfrei zu machen und sämtliche Juden sind nach Auschwitz und Lublin zu deportieren.“
20.2.1943 neue Richtlinien des Reichssicherheitshauptamtes für die „technische Durchführung der Evakuierung“
März 1943 Reichsweite „Fabrikaktion“, alle noch in Arbeitslagern und kriegswichtigen Betrieben beschäftigten „Volljuden“ werden verhaftet und in Konzentrationslager nach Auschwitz und ins „Generalgouvernement“ deportiert
10. 4.1943 169 Chawerim aus Neuendorf mit LKW nach Fürstenwalde, von dort mit der Bahn nach Berlin; zu Fuß ins Sammellager ehemaliges jüdisches Altenheim Große Hamburger Straße; in Berlin vom Transport zurückgestellt 16 Personen (Geltungsjuden, Juden aus privilegierten Mischehen etc.)
19.4.1943 auf dem 37. Osttransport als Teil der Fabrikaktion, allein 153 Personen aus dem Landwerk Neuendorf bei Fürstenwalde
Esther Bejerano erinnert sich:
„Wohin der Zug fuhr, wussten wir nicht. Die Waggons waren überfüllt und wir konnten uns kaum bewegen. Wenn wir mal austreten wollten, mussten wir über die Menschen steigen, um an die Kübel in der Ecke zu gelangen. Die Luft in den Waggons war miserabel und wurde immer schlechter.“
Esther berichtet auch, dass viele alte und schwache Menschen diesen mehrere Tage dauernden Horrortrip in den Viehwaggons nicht überlebten. Ihre Leichen blieben die ganze Zeit in den Waggons.
Mit Esther saßen viele der Jugendlichen im Waggon, mit denen sie in Neuendorf zusammen war: Eli Heymann, Schimschon Bär, Schoschana Rosenthal, Miriam Edel, Anne Borinski, Hilde Grünbaum, Karla und Sylvia Wagenberg, Herbert Growald und noch viele andere. 20. 4. 1943 Ankunft in Auschwitz; Notiz im Lagerbuch von Auschwitz:
„Mit einem Transport der RSHA […] sind etwa 1 000 jüdische Männer, Frauen und Kinder eingetroffen. Nach der Selektion werden 299 Männer, die die Nummern 116754 bis 117502 erhalten sowie 158 Frauen, die die Nummern 41870 bis 42027 erhalten, als Häftlinge in das Lager eingewiesen.
Die übrigen 543 Deportierten werden in den Gaskammern getötet.“
Ihm wird die Auschwitz-Häftlingsnummer 117033 in den linken Unterarm tätowiert.

Klaus Stern eingewiesen zur Zwangsarbeit in das Buna-Chemiewerk in Monowitz; Arbeit im Kabel-Kommando
15.1.1945 die Häftlinge in Auschwitz hören den russischen Kanonendonner 30 km aus dem Osten
18.1.1945 Evakuierung aller drei Auschwitz-Lager; ca 60 000 Häftlinge;
18.1.1945 Beginn des Todesmarsches mit 400 Frauen von Auschwitz- Birkenau nach Loslau
Auschwitz-Überlebende berichten von der Brutalität der SS-Leute während des Todesmarsches:
Zofia Posmysz:
„Der letzte Tag in Auschwitz war der 18. Januar. Nach drei Tagen und drei Nächten zu Fuß wurden wir in offenen Güterwagen nach Ravensbrück gebracht.“
Asher Aud:
„Wenn wir sind gegangen Totenmarsch, da sind keine Menschen gegangen, da sind nur Skelette gegangen.“
Sigmund Kalinski:
„Wer nicht konnte oder wer zur Seite war, wurde erschossen, bei ungefähr 15 bis 20 Grad minus in unseren Kleidern.“
Isidor Philipp berichtet:
„Wer sich hinlegte, wurde von den SS-Männern, die auf Motorrädern fuhren, erschossen.“
19. – 23.1.1945 Ankunft in den Eisenbahnknotenpunkten Gleiwitz und Loslau. Von Gleiwitz oder Loslau in Güterwaggons zu westlich gelegen Konzentrationslager wie Buchenwald, Ravensbrück
Isidor Philipp berichtet:
„Von dort begann dann – in offenen Kohlewaggons und bei 15 Grad unter Null – die Fahrt durch Polen, Tschechoslowakei und Österreich zurück nach Deutschland.“
Nach Schätzungen starben bei diesen Räumungstransporten von Auschwitz insgesamt zwischen 9.000 und 15.000 Häftlinge.
Von Gleiwitz in offenen Waggons nach Mauthausen, dort wegen Überfüllung abgewiesen; zurück nach Deutschland in das KL Sachsenhausen
Anfang Februar für sechs Tage in das KL Sachsenhausen
6.2.1945 von Sachsenhausen in das KL Flossenbürg

16.3.1945 von Flossenbürg in das Außenlager Leonberg des KL Natzweiler, bis zu 3.500 Häftlinge; April 1944 bis April 1945 Produktion von Tragflächen für die Messerschmitt Me 262 im Engelbergtunnel
April 1945 Evakuierung von Leonberg; Todesmarsch nach Dachau; Dachau überfüllt
Aus Dachau weiter nach Mühldorf am Inn, Außenlagerkomplex des KL Dachau
Ende April in Krankenbau mit Typhus
1./2.5.1945 Die Lager um Mühldorf wurden von den Alliierten erreicht; Befreiung

4.5.1945 Finnenzelte in Mühldorf-Ampfing, Foto George Mallinder, USHMM
Acht Wochen mit Typhus oder Fleckfieber im Katholischen Krankenhaus in Mühldorf
Dreieinhalb Wochen auf dem Weg nach Arnstadt, dem vereinbarten Treffpunkt
16.7.1945 Klaus Stern in Fürth
Sommer 1945 Klaus Stern hinterlässt in Arnstadt in der Herzog-Hedan-Straße 16 einen Infozettel für seine junge Frau Paula, in der Hoffnung auf ihre Rückkehr aus Auschwitz. So finden sie sich wieder.
25.8.1945 Ausstellung einer russischen Identitätskarte

15.8.1945.-22.5.1946 mit Paula Stern in Fürth, Heiligenstraße 33, geführt beim AJDC München
Schicksal der Mutter
23.3.1942 Deportation nach Piaski
Gedenken
27.4.1978 Pages of Testimony für seine Eltern und Schwester Renate durch Sohn/Bruder Klaus Stern
27.4.1978 Pages of Testimony für Mutter Julia und Schwester Dora von Paula Stern
19.9.2019 Sechs Stolpersteine in Arnstadt für die Familie Schaul in der Herzog-Hedan-Straße 16
sechs für die Familie Schaul/Stern vor der Herzog-Hedan-Straße 16. Dort hatte Klaus Stern nach dem Krieg einen Zettel hinterlassen für seine junge Frau Paula, die aus Auschwitz zurück nach Arnstadt kam. Beide fanden sich wieder, aber ein Überleben war die Ausnahme
Quellen
https://collections.arolsen-archives.org/de/document/11016025
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de977356
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de977356
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de1561112
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de1571353
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de1167695
https://www.holocaustcenterseattle.org/images/survivor-voices/Passports/KlausS_Booklet.pdf
Lore Shelley (Editor), The Union Kommando in Auschwitz, Lanham, New York, London, 1996
Video-Interview mit Issy Philipp 1994
Esther Bejarano, Man nannte mich Krümel, Curio Verlag 1989
Esther Bejarano, Erinnerungen, Laika Verlag, 2013
Anneliese Ora Borinski, Erinnerungen
Diethard Aschoff, „Jeden Tag sahen wir den Tod vor Augen“. Der Auschwitzbericht der Recklinghäuserin Mine Winter, in: VZ 94 – 96, 1995 – 97, Hrsg. W. Burghardt, S. 321 – 386
Naftali-Rosenthal-Ron, Aufblitzende Erinnerungen, Autobiografie; deutsche Übersetzung von Alice Meroz, Berlin 2015
Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939
Danuta Czech, Lagerbuch von Auschwitz
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de1002557
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de963914
https://collections.arolsen-archives.org/de/document/127212883
https://www.ortschroniken-mv.de/images/d/d9/MAL_KZ_Aussenlager.pdf
https://www.ernster.com/annot/564C42696D677C7C393738333839313434333533387C7C504446.pdf?sq=2
https://www.topfundsoehne.de/ts/de/service/mediathek/videos/2020/139178.html
https://collections.arolsen-archives.org/de/document/127212883
Ernest W. Michel, „Promises Kept – Ein Lebensweg gegen alle Wahrscheinlichkeiten“, 2013