Ismar Windmann
*29.4.1903 in Beuthen; ✡ in Auschwitz
Staatsangehörigkeit polnisch
Religion jüdisch
Vater Elieser Leibusch Ludwig *9.3.1876 in Tschenstochau; ✡18.11.1938 in Duisburg
Heirat der Eltern 5.7.1902 in Beuthen

Mutter Ernestine Willinger *29.3.1876 in Myslowitz; ✡15.11.1940 in Duiburg

Familie Windmann in Duisburg
Geschwister
Felix Windmann *20.1.1909 in Duisburg, ✡?; oo Rosemarie Sadowski; Sohn Günter Windmann (*1932); 2. Ehe mit Hedwig Bornstein
Beruf Musiker, spielte Akkordeon in einem Rundfunkorchester
Adressen Beuthen; Duisburg; Gelsenkirchen; Bielefeld
Heirat
16.8.1940 in Gelsenkirchen Johanna Löwenstein *29.12.1916 in Fischelbach; ✡ 5.3.1943 Auschwitz
Kinder
Reha Windmann *3.11.1941 in Gelsenkirchen; ✡ 5.3.1943 Auschwitz
Weiterer Lebensweg
1907 die Familie zieht von Beuthen nach Duisburg. Die Familie lebte von 1911 bis 1923 in der Horststraße in Meiderich, anschließend in Homberg.
1929 Rückkehr der Familie nach Duisburg
1931 hatte die Familie ihren Wohnsitz am Sonnenwall 72
Vater Ludwig war Geschäftsinhaber der „Hosenzentrale Windmann“ in Duisburg; er galt als humorvoll und aufgeschlossen. Seine Frau und er waren Vorstandsmitglieder der Duisburger Ortsgruppe im Reichsverband ostjüdischer Organisationen.
„Einige wenden sich mutlos ab“
Neffe Günter Windmann berichtet über den Morgen des 10. Novembers in Duisburg
„Drei SA-Uniformierte stürzen in das Ladenlokal, in ihrer Begleitung ein Mann mit langem Ledermantel, Hut – Gestapo. Zwei bleiben als Wachen vor der Tür. Eine gezielte, keine zufällige Aktion. Unter angsteinflößendem Gebrüll der Horde packen zwei SA-Männer Ludwig Windmann an Kragen und Hose, drücken ihm den Kopf nach unten und zerren ihn ins Freie. Sie schleudern den Wehrlosen mit großem Schwung mit dem Kopf an die Hauswand, einmal, zweimal, immer wieder, immer wieder und zerschmettern dem 62-Jährigen den Schädel, der zerbirst. Schließlich lassen die Täter von ihrem Opfer ab, lassen den leblosen Körper auf dem Pflaster inmitten einer Blutlache liegen und entfernen sich im Laufschritt vom Tatort.“
Obwohl auch zahlreiche Passantinnen und Passanten die Szene am Duisburger Sonnenwall beobachten, schreitet niemand ein. erinnert sich Ludwigs Enkel. Irgendwann ruft doch jemand den Notarzt. Ein paar Tage später stirbt Ludwig Windmann im Krankenhaus an seinen Verletzungen.

1939 stellt Ismar Windmann gemeinsam mit den jüdischen Mitgliedern seiner Dortmunder Jazzband Julius Hess und Walter Andress einen Antrag auf Unterstützung zur Einreise nach Shanghai im Büro der THE FAR EASTERN JEWISH CENTRAL INFORMATION BUREAU (DALJEWCIB), HARBIN-SHANGHAI
Jahreswechsel 1939/40 Einweisung der Familie Windmann in das „Judenhaus“ Bergmannstraße 41
16.8.1940 Johanna Löwenstein heiratet Ismar Windmann;
August 1940 bis Juli 1942 Ismar Windmann zur Zwangsarbeit bei der Gelsenkirchener Bergwerks-AG, Gruppe Gelsenkirchen, auf der Zeche Holland im Rahmen des „geschlossenen Arbeitseinsatzes für Juden“; seine Wohnadresse ist das Evangelischen Gemeindehaus Ückendorf in der Scharnhorststraße 13
3. 11. 1941 Geburt der Tochter Reha in Gelsenkirchen
5.7.1941 behördliche Anordnung zur Auflösung der Hachschara-Lager; Umbenennung „Jüdisches Arbeitseinsatzlager Bielefeld“
31.3.1942 beide Schwiegereltern ab Gelsenkirchen über Bielefeld-Hannover ins Ghetto Warschau
Nachdem 1939 zahlreiche, in Bielefeld lebende Jüdinnen und Juden in „Judenhäusern“ zwangseingewiesen wurden, schloss die Reichsvereinigung der Juden in Deutschland (RVJD) mit den jeweiligen Städten Verträge zur Errichtung der Umschulungs- und Einsatzlager in Bielefeld Schlosshofstraße 73 a und Paderborn, Grüner Weg 86;


8. 9. 1942 Familie Windmann aus Gelsenkirchen nach Bielefeld ins Arbeitslager an der Bielefelder Schloßhofstraße 73a, eingewiesen in die auf dem Lagergelände in der zweiten Hälfte des Jahres 1942 eigens für junge Familien errichteten Baracken.

8.9.1942 Familie Windmann nach Bielefeld; mit demselben Transport wie Familie Windmann drei weitere junge Familien aus Gelsenkirchen ins Umschulungslager Bielefeld, Schloßhofstraße: Familien Dessauer, Hess, Levy, Windmann, alle jeweils mit einem 1942 in Gelsenkirchen entbundenem Säugling nach Bielefeld
November 1942 in Kraft tretendes Gesetz: „Alle im Reich gelegenen Konzentrationslager sind judenfrei zu machen und sämtliche Juden sind nach Auschwitz und Lublin zu deportieren.“
20.2.1943 neue Richtlinien des Reichssicherheitshauptamtes für die „technische Durchführung der Evakuierung“
März 1943 Reichsweite „Fabrikaktion“, alle noch in Arbeitslagern und kriegswichtigen Betrieben beschäftigten „Volljuden“ werden verhaftet und in Konzentrationslager nach Auschwitz deportiert, um den Arbeitskräftebedarf im Nebenlager Buna zu decken.
27.2.1943 Befehl von Wilhelm Pützer (1893-1945), Leiter des Judenreferats der Gestapo-Außendienststelle Bielefeld, das „jüdische Arbeitseinsatzlager in Bielefeld“ aufzulösen und deren Insassen und weitere Juden aus dem Sprengel bis zum 1. März, also zwei Tage später, nach Bielefeld zu bringen, wo sie „spätestens“ bis 13 Uhr im „Saal der Eintracht“ eintreffen mussten.
1.3.1943 Auflösung des Arbeitslagers Bielefeld, mit Bussen ins Sammellager Saal im Haus der Gesellschaft „Eintracht“ am Klosterplatz
Erwin Angress berichtet:
„Die Jüdischen Lagerinsassen – insgesamt 99 – wurden in Extrawagen nach Bielefeld transportiert, die an den fahrplanmäßigen Zug ab Paderborn am 1.3.43 um 8.24 Uhr angehängt wurden. In Bielefeld gab es im Saal des Vereinslokals ,Eintracht‘ ein Sammellager für Juden aus dem ganzen Bezirk. Bereits in der darauffolgenden Nacht vom 1. auf den 2. März 1943 wurden alle Juden zum Bielelelder Güterbahnhof gebracht und in Waggons gepfercht. Mit diesem Zug rollten wir dann nach Auschwitz… Nur 9 Personen haben überlebt.“

2.3.1943 ab dem Güterbahnhof Bielefeld für 40 Stunden im geschlossenen Güterwaggon, Transport Bielefeld über Hannover – Erfurt – Dresden nach Auschwitz mit 69 Insassen des Lager Bielefeld Schloßhofstraße und allen 98 Chawerim aus dem Arbeitslager Paderborn.
3.3.1943 Ankunft und Selektion der ‚Alten Rampe‘ am Güterbahnhof von Auschwitz;
Ernst Michel berichtet:
„Es gab nun zwei Reihen, beide rückten langsam voran. Männer an eine Seite, Frauen an die andere. … Issy schlurfte neben mir. Er war in Paderborn einer der charismatischen und zuverlässigsten Leiter. Er war dynamisch, optimistisch und stets hilfsbereit. Er war stark wie ein Stier. Er hatte Lilo in Paderborn geheiratet einige Wochen vor unserer Deportation. Sie war bereits auf der anderen Seite. Tränen rannen sein Gesicht hinunter. Ich berührte ihn. Er nickte nur.“
—- eingewiesen in Auschwitz III zum Aufbau des IG-Farben Werkes Buna Monowitz, auf LKW in die Quarantäneblöcke des „Arbeitslager Buna“ gebracht; Tätowierung der „nichtarischen“ Häftlinge, —– bekommt die Auschwitz-Häftlingsnummer in den linken Unterarm tätowiert Kalendarium von Auschwitz vom 3.3.1943
„Reichssicherheitshauptamt Transport, Juden aus Berlin. Nach der Selektion lieferte man 535 Männer als Häftlinge ins Lager ein, sie bekamen die Nr. 104 890 – 105 424; 145 Frauen bekamen die Nr. 36 9035 – 37 079. Die übrigen wurden vergast.“
Bruder Felix
Bruder Felix in der ersten Polenaktion nach Zbaszyn abgeschoben; später in Tschenstochau
18.1.1945 eingewiesen vom RSHA in das KL Buchenwald; laut Angabe verheiratet mit Hedwig Bornstein

26.1.1945 verlegt in das KL Dora Mittelbau
Weiteres Schicksal unklar
Gedenken

Grabstein für den Vater auf dem Waldfriedhof in Duisburg
23. 5.2019 Stolperstein für Familien Moritz Löwenstein, Ismar Windmann und Moritz Heymann, Bergmannstraße 43, Gelsenkirchen
Stolpersteine für Ismar und die Eltern in Duisburg, Sonnenwall 73
Quellen
Auszug aus dem Hausbuch Schloßhofstraße des Einwohnermeldeamtes Bielefeld (Signatur: StArchBi, Bestand 104,3 Einwohnermeldeamt, Nr. 1547)
Daniel Hoffmann, Lebensspuren meines Vaters, Wallstein Verlag 2007
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de999889
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de919591
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de999890
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de1110349
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de919805
http://www.stolpersteine-gelsenkirchen.de/stolpersteine_familie_moritz_loewenstein.htm
http://cahjp.nli.org.il/webfm_send/596
https://kirche-duisburg.de/wp-content/uploads/2021/04/Stolpersteine_1.pdf
Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939
https://collections.arolsen-archives.org/de/document/75684506
https://www.statistik-des-holocaust.de/OT430302_1.jpg
Margit Naarmann, Ein Auge gen Zion, Paderborn, 2000; ISBN3-89498-087-7
Ernest W. Michel, „Promises Kept – Ein Lebensweg gegen alle Wahrscheinlichkeiten“, 2013
Kurt Salinger, Nächstes Jahr im Kibbutz, Paderborn 1998