Johanna Windmann geb. Löwenstein
*29.12.1916 in Fischelbach; ✡ 5.3.1943 Auschwitz
Staatsangehörigkeit deutsch
Religion jüdisch
Vater Moritz Löwenstein *12.9.1885 in Fischelbach/Wittgenstein; ✡ Ghetto Warschau
Mutter Martha Hei(ne)mann *12. 9. 1886 in Mülheim a. d. Ruhr; 31.3.1942 in das Ghetto Warschau
v.l. Martha, Manfred, Moritz, Herta und Johanna Löwenstein ca 1930
Geschwister
Herta Löwenstein *10.6.1913 in Mülheim/Ruhr, ✡21. 1. 1986 Bournemouth/Sussex
Manfred Siegbert Löwenstein *17.2.1925 in Fischelbach; Berlin; ✡ 15.8.1943 Auschwitz
Beruf –
Adressen Fischelbach; Gelsenkirchen; Bielefeld
Heirat 16.8.1940 in Gelsenkirchen Ismar Windmann *29.4.1903 in Beuthen; ✡ 5.3.1943 Auschwitz
Kind Reha Windmann *3.11.1941 in Gelsenkirchen; ✡ 5.3.1943 Auschwitz
Weiterer Lebensweg
1927 Umzug der Eltern von Fischelbach nach Gelsenkirchen
12.12.1927 angemeldet bei den Eltern in Gelsenkirchen, Bergmannstraße 43
1927 Schwester Herta Löwenstein nach Recklinghausen Süd, Bochumer Straße 82 bei Saalberg
1931 Umzug von Johanna in die Scharnhorststraße 12 (heute Heidelbergerstraße) in Gelsenkirchen, hielt sich jedoch häufig im Elternhaus auf.
1936 Rückkehr von Schwester Herta aus Recklinghausen
1939 Emigration von Schwester Herta über die Niederlande nach England
1939 Nachdem zahlreiche, in Bielefeld lebende Jüdinnen und Juden in „Judenhäusern“ zwangseingewiesen wurden, schloss die Reichsvereinigung der Juden in Deutschland (RVJD) mit den jeweiligen Städten Verträge zur Errichtung der Umschulungs- und Einsatzlager in Bielefeld Schlosshofstraße 73 a und Paderborn, Grüner Weg 86;
Es entstand zunächst ein Wohn- und Arbeitslager in der Koblenzer Straße 4 (heute: Artur-Ladebeck Straße 6), anschließend erfolgte wegen der räumliche Enge der Wechsel in das Lager in der Schloßhofstraße 73a. Dort bestand eine Unterkunft für alte und kranke Jüdinnen und Juden („Siechenheim“) als Einrichtung der RVJD.
16.8.1940 Johanna Löwenstein heiratet Ismar Windmann; Ismar Windmann war ein begabter Musiker, spielte Akkordeon in einem Rundfunkorchester
August 1940 bis Juli 1942 Ismar Windmann zur Zwangsarbeit bei der Gelsenkirchener Bergwerks-AG, Gruppe Gelsenkirchen, auf der Zeche Holland im Rahmen des „geschlossenen Arbeitseinsatzes für Juden“.
Jahreswechsel 1939/40 Einweisung der Familie Windmann in das „Judenhaus“ Bergmannstraße 41
3. 11. 1941 Geburt der Tochter Reha in Gelsenkirchen
5.7.1941 behördliche Anordnung zur Auflösung der Hachschara-Lager; Umbenennung „Jüdisches Arbeitseinsatzlager Bielefeld“
31.3.1942 beide Eltern ab Gelsenkirchen über Bielefeld-Hannover ins Ghetto Warschau
8. 9. 1942 Familie Windmann aus Gelsenkirchen nach Bielefeld ins Arbeitslager an der Bielefelder Schloßhofstraße 73a, eingewiesen in die auf dem Lagergelände in der zweiten Hälfte des Jahres 1942 eigens für junge Familien errichteten Baracken.
8.9.1942 Familie Windmann nach Bielefeld; mit demselben Transport wie Familie Windmann drei weitere junge Familien aus Gelsenkirchen ins Umschulungslager Bielefeld, Schloßhofstraße: Familien Dessauer, Hess, Levy, Windmann, alle jeweils mit einem 1942 in Gelsenkirchen entbundenem Säugling nach Bielefeld
November 1942 in Kraft tretendes Gesetz: „Alle im Reich gelegenen Konzentrationslager sind judenfrei zu machen und sämtliche Juden sind nach Auschwitz und Lublin zu deportieren.“
14.12.1942 Bruder Manfred aus Berlin nach Auschwitz
15.1.1943 Tod von Bruder Manfred in Auschwitz
20.2.1943 neue Richtlinien des Reichssicherheitshauptamtes für die „technische Durchführung der Evakuierung“
März 1943 Reichsweite „Fabrikaktion“, alle noch in Arbeitslagern und kriegswichtigen Betrieben beschäftigten „Volljuden“ werden verhaftet und in Konzentrationslager nach Auschwitz deportiert, um den Arbeitskräftebedarf im Nebenlager Buna zu decken.
27.2.1943 Befehl von Wilhelm Pützer (1893-1945), Leiter des Judenreferats der Gestapo-Außendienststelle Bielefeld, das „jüdische Arbeitseinsatzlager in Bielefeld“ aufzulösen und deren Insassen und weitere Juden aus dem Sprengel bis zum 1. März, also zwei Tage später, nach Bielefeld zu bringen, wo sie „spätestens“ bis 13 Uhr im „Saal der Eintracht“ eintreffen mussten.
1.3.1943 Auflösung des Arbeitslagers Bielefeld, mit Bussen ins Sammellager Saal im Haus der Gesellschaft „Eintracht“ am Klosterplatz
Erwin Angress berichtet:
„Die Jüdischen Lagerinsassen – insgesamt 99 – wurden in Extrawagen nach Bielefeld transportiert, die an den fahrplanmäßigen Zug ab Paderborn am 1.3.43 um 8.24 Uhr angehängt wurden. In Bielefeld gab es im Saal des Vereinslokals ,Eintracht‘ ein Sammellager für Juden aus dem ganzen Bezirk. Bereits in der darauffolgenden Nacht vom 1. auf den 2. März 1943 wurden alle Juden zum Bielelelder Güterbahnhof gebracht und in Waggons gepfercht. Mit diesem Zug rollten wir dann nach Auschwitz… Nur 9 Personen haben überlebt.“
2.3.1943 ab dem Güterbahnhof Bielefeld für 40 Stunden im geschlossenen Güterwaggon, Transport Bielefeld über Hannover – Erfurt – Dresden nach Auschwitz mit 69 Insassen des Lager Bielefeld Schloßhofstraße und allen 98 Chawerim aus dem Arbeitslager Paderborn.
3.3.1943 Ankunft und Selektion der ‚Alten Rampe‘ am Güterbahnhof von Auschwitz;
Ernst Michel berichtet:
„Es gab nun zwei Reihen, beide rückten langsam voran. Männer an eine Seite, Frauen an die andere. … Issy schlurfte neben mir. Er war in Paderborn einer der charismatischen und zuverlässigsten Leiter. Er war dynamisch, optimistisch und stets hilfsbereit. Er war stark wie ein Stier. Er hatte Lilo in Paderborn geheiratet einige Wochen vor unserer Deportation. Sie war bereits auf der anderen Seite. Tränen rannen sein Gesicht hinunter. Ich berührte ihn. Er nickte nur.“
—- eingewiesen in Auschwitz III zum Aufbau des IG-Farben Werkes Buna Monowitz, auf LKW in die Quarantäneblöcke des „Arbeitslager Buna“ gebracht; Tätowierung der „nichtarischen“ Häftlinge, —– bekommt die Auschwitz-Häftlingsnummer in den linken Unterarm tätowiert Kalendarium von Auschwitz vom 3.3.1943
„Reichssicherheitshauptamt Transport, Juden aus Berlin. Nach der Selektion lieferte man 535 Männer als Häftlinge ins Lager ein, sie bekamen die Nr. 104 890 – 105 424; 145 Frauen bekamen die Nr. 36 9035 – 37 079. Die übrigen wurden vergast.“
Gedenken
23. 5.2019 Stolperstein für Familien Moritz Löwenstein, Ismar Windmann und Moritz Heymann, Bergmannstraße 43, Gelsenkirchen
Quellen
Auszug aus dem Hausbuch Schloßhofstraße des Einwohnermeldeamtes Bielefeld (Signatur: StArchBi, Bestand 104,3 Einwohnermeldeamt, Nr. 1547)
Daniel Hoffmann, Lebensspuren meines Vaters, Wallstein Verlag 2007
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de999889
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de919591
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de999890
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de1110349
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de919805
http://www.stolpersteine-gelsenkirchen.de/stolpersteine_familie_moritz_loewenstein.htm
https://www.statistik-des-holocaust.de/OT420331-Gelsenkirchen1.jpg
https://collections.arolsen-archives.org/de/document/75684506
Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939
https://www.statistik-des-holocaust.de/OT430302_1.jpg
Margit Naarmann, Ein Auge gen Zion, Paderborn, 2000; ISBN3-89498-087-7
Ernest W. Michel, „Promises Kept – Ein Lebensweg gegen alle Wahrscheinlichkeiten“, 2013
Kurt Salinger, Nächstes Jahr im Kibbutz, Paderborn 1998