Adolf Stern
*2.10.1904 in Amöneburg ; ✡ 1944 in Auschwitz
Staatsangehörigkeit deutsch
Religion jüdisch
Vater Selig Pinchas Stern *28.7.1865 in Amöneburg; ✡ 28.9.1933 in Amöneburg
Heirat der Eltern 21.8.1900 in Amöneburg
Mutter Esther Spier *1.4.1869 in Zwesten; ✡ 16.3.1944 in Theresienstadt
Geschwister
Helene Stern *18.2.1902 in Amöneburg; ✡ nach dem 12.5.1942 in Belzec; oo Julius Lang
Siegfried Stern *24.11.1905 in Amöneburg; ✡ 19.1.1999 in New York
Die Zwillinge
Recha Stern *4.1.1909 in Amöneburg; ✡ 1.6.1942 nach Sobibor; Michael Meyer (*25.12.1899 Papenburg)
Jenny Stern *4.1.1909 in Amöneburg; ✡ Oktober 1944 in Auschwitz
Beruf
Adressen Amöneburg; Gelsenkirchen; Bielefeld, Laerstraße 9
Heirat Regina Nussbaum * 21.3.1908 in Gelsenkirchen
Kinder
Rahel Stern (Mitte); die Töchter Lore (links) und Margot des RVJD -Buchhalters Karl Heumann wohnen 1939 im selben Haus in Bielefeld, Laerstraße 9
Rachel Stern *13.10.1938 in Gelsenkirchen-Buer; ✡ Oktober 1944 in Auschwitz
Weiterer Lebensweg
Bis November 1938 selbständiger Kaufmann, dann arbeitslos, lebt vom Verkauf seiner Möbel und Geräte sowie von Zuwendungen aus der Verwandtschaft.
17.5.1939 mit Ehefrau und Tochter Rachel in Gelsenkirchen Buer bei der Minderheiten-Volkszählung
Die Familie Stern hatte zunächst die Emigration nach Brasilien geplant.
1.8.1939 Adolf Stern als „Auswandererberater“ der RVJD nach Bielefeld: In der RVJD-Abteilung „Wanderung“ arbeitet er zusammen mit Werner Hoffmann. Einmal wöchentlich wurden Sprechstunden in Dortmund durchgeführt.
5.7.1941 behördliche Anordnung zur Auflösung der Hachschara-Lager; Umbenennung „Jüdisches Arbeitseinsatzlager Bielefeld“
Die Deportationen aus Westfalen
26.11.1941 Adolf Stern Mitunterzeichner eines „streng vertraulichen“ Schreibens der Bezirksstelle zu den am 13.12.1941 anstehenden Riga-Deportationen an die lokalen Büros und Vertrauensleute der RJVD als Beauftragter für den Regierungsbezirk Minden, neben dem Leiter Dr. jur. Max Ostwald und Karl Heumann:
„Die von der Behörde mit der Organisation und der Durchführung des ersten Transportes Beauftragten können ihre Aufgabe nur dann restlos lösen, wenn sie Ihre ganze Unterstützung erhalten. Wir hoffen nicht, dass Sie uns in irgendeinem Punkt im Stich lassen. […] Es muss alles funktionieren, sonst können Weiterungen eintreten, die niemand verantworten kann.“
1942 Mutter Ernestine zieht von Amöneburg nach Bielefeld in die Laerstraße 9
April 1942 Errichtung einer Baracke als Siechenheim Wickenkamp auf dem Gelände Schloßhofstraße 73a
Der Konflikt mit Max Ostwald
Mitte März 1942 Die RVJD-Zentrale in Berlin drängt bei Bezirksstellenleiter Dr. Max Ostwald auf Kündigung:
„Der Personalbestand der Bezirksstelle ist im Verhältnis zu anderen Stellen tatsächlich übersetzt. … Wir müssen Sie deshalb ersuchen, wozu wir ermächtigt sind, Herrn STERN zum 31.3.1942 zu kündigen.“
März 1942 steht Adolf Stern mit 15 anderen auf einer Liste der im Februar und März 1942 „ausgeschiedenen Angestellten“ der Bezirksstelle und der JKV Dortmund.
21.4.1942 nach heftigen Auseinandersetzungen nimmt die RVJD-Zentrale in Berlin auf Drängen des RSHA Berlin die (bis dato nicht umgesetzte ) Kündigung zurück
April 1942 Adolf Stern in enger Abstimmung mit der Gestapo bei der Planung und Vorbereitung des Zamosc-Transportes am 30.4.1942; hierbei hält er den seinen Vorgesetzten Dr. Max Ostwald vollständig außen vor.
Anfang Mai 19042 Heftige Kompetenstreitigkeiten zwischen Stern und Ostwald in der Bezirksstelle veranlassen die RVJD Zentrale in der Kantstraße in Berlin, Kurt Ehrlichs als Revisor nach Bielefeld zu schicken. Ehrlich berichtet:
„dass Dr. Ostwald mit den meisten Mitarbeitern der Bezirksstelle schlecht steht und offenbar bei allen seinen Mitarbeitern recht unbeliebt ist.“
Jürgen Hartmann schreibt über die Bezirksstelle Westfalen:
„De facto scheint Ostwald die Bezirksstelle streng hierarchisch in eher preußisch-autoritärem Stil
geführt und seine Stellvertreterin wie die Mitarbeiter wenig eingebunden zu haben.“
„Auf den Mitarbeitern lastete ein immenser Druck. Interne Spannungen blieben nicht aus. Ein Konflikt zwischen Dr. Max Ostwald und dem im Wesentlichen für die „Abwanderung“ zuständigen Adolf Stern wurde von der Gestapostelle Bielefeld „gelöst“, indem Ostwald kurzerhand dem Transport ins Ghetto Theresienstadt am 31. Juli 1942 zugeteilt wurde. Stern trat nun dessen Nachfolge an.“
Aus Gestaposicht erweist Stern sich offenbar als der geschmeidigere Verhandlungspartner als der sperrige Max Ostwald; dieser wird daraufhin als Bezirksstellenleiter abgelöst und handstreichartig am 29.7.1942 mit Ehefrau Hedwig aus der Wohnung geholt; bis 13 Uhr zur Sammelstelle in Bielefeld in der Eintracht, Grosser Saal, Ritterstr. 37 gebracht und mit seiner Frau am nach Theresienstadt abgeschoben.
Herbst 1942 Errichtung von Baracken für junge Familien auf dem Gelände.
November 1942 in Kraft tretendes Gesetz: „Alle im Reich gelegenen Konzentrationslager sind judenfrei zu machen und sämtliche Juden sind nach Auschwitz und Lublin zu deportieren.“
20.2.1943 neue Richtlinien des Reichssicherheitshauptamtes für die „technische Durchführung der Evakuierung“
Ende Februar/März 1943 Reichsweite „Fabrikaktion“, alle noch in Arbeitslagern und kriegswichtigen Betrieben beschäftigten „Volljuden“ werden verhaftet und in Konzentrationslager nach Auschwitz deportiert, um den Arbeitskräftebedarf im Nebenlager Buna zu decken.
27.2.1943 Befehl von Wilhelm Pützer (1893-1945), Leiter des Judenreferats der Gestapo-Außendienststelle Bielefeld, das „jüdische Arbeitseinsatzlager in Bielefeld“ aufzulösen und deren Insassen und weitere Juden aus dem Sprengel bis zum 1. März, also zwei Tage später, nach Bielefeld zu bringen, wo sie „spätestens“ bis 13 Uhr im „Saal der Eintracht“ eintreffen mussten.
1.3.1943 Auflösung des Arbeitslagers Bielefeld, mit Bussen ins Sammellager Saal im Haus der Gesellschaft „Eintracht“ am Klosterplatz
2.3.1943 ab dem Güterbahnhof Bielefeld für 40 Stunden im geschlossenen Güterwaggon, Transport Bielefeld über Hannover – Erfurt – Dresden nach Auschwitz mit den 69 Insassen des Lager Bielefeld Schloßhofstraße und allen 98 Chawerim aus dem Arbeitslager Paderborn.
Mai/Juni 1943 in der Bezirkstelle arbeiten und wohnen nur noch Leiter Adolf Stern Karl
Heumann und die Sekretärin Anneliese Jonas. Es kam noch Hilde Friedberger als Sekretärin hinzu.
Bericht Kurt Ehrlich als Revisor aus der RVJD-Zentrale Berlin nach Bielefeld geschickt:
„dass Dr. Ostwald mit den meisten Mitarbeitern der Bezirksstelle schlecht steht und offenbar bei allen seinen Mitarbeitern recht unbeliebt ist.“
Jürgen Hartmann schreibt über die Bezirksstelle Westfalen:
„Auf den Mitarbeitern lastete ein immenser Druck. Interne Spannungen blieben nicht aus. Ein Konflikt zwischen Dr. Max Ostwald und dem im Wesentlichen für die „Abwanderung“ zuständigen Adolf Stern wurde von der Gestapostelle Bielefeld „gelöst“, indem Ostwald kurzerhand dem Transport ins Ghetto Theresienstadt am 31. Juli 1942 zugeteilt wurde. Stern trat nun dessen Nachfolge an.“
1943 Familie Heumann wohnt weiter im Judenhaus im Gebäude der Bezirksstelle in der Laerstraße 9
28./29.6.1943 mit Ehefrau, (Tochter und Mutter) sowie und den verbliebenen Mitarbeitern der Bezirksstelle Bielefeld (Anneliese Jonas, Dr. Hans Freudenthal, Familie Karl Heumann) und Dortmund (Willi Meier, Helga Baruch) auf dem Transport XI/3 in Personenwagen der 3. Klasse von Bielefeld nach Theresienstadt;
16.3.1944 Mutter Ernestine stirbt in Theresienstadt
28.10.1944 Adolf Stern mit Frau und Tochter auf Transport Ev Theresienstadt nach Auschwitz
28.10.1944 Ende Oktober wurden die Ermordungen mit Gas in Auschwitz-Birkenau gestoppt.
1.11.1944 letzte dokumentierte Ermordung in den Gaskammern; die Krematorien und die Gaskammern im Lager Auschwitz II wurden ab Oktober 1944 auf Befehl Heinrich Himmlers zerstört
Tod in Auschwitz
Der Lebensweg des Bruders Siegfried Stern
26.12.1938 Entlassung aus Schutzhaft im KL Buchenwald
9.12.1941 Siegfried Stern mit Ehefrau und Sohn Uri ab Kassel nach Riga, Ghetto
2.11.1943 Tod der Ehefrau und Sohn Uri bei Liquidierung des Ghetto Riga
Siegfried über Stutthof nach Buchenwald
16.8.-8.9.1944 im Kleinen Lager zur Quarantäne in Buchenwald, macht sich bei Registrierung 10 Jahre jünger: *1915 statt 1905
8.9.1944 Verlegung nach Tröglitz, BRABAG-Hydrierwerke, Kommando Wille
6.4.1945 Evakuierung des KL Buchenwald, Todesmarsch Richtung Leitmeritz/Theresienstadt, nach Luftangriffen auf den Transportzug interniert in der Strafanstalt Brüx in Tschechien in der Nähe von Theresienstadt
8.5.1945 Befreiung in Brüx
23.5.1945 als einziger Überlebender der Familie kehrt Bruder Siegfried Stern aus Riga nach Amöneburg zurück
1949 mit zweiter Ehefrau Minna Buxbaum (*9.2.1923 in Neuhof/Fulda) und zwei Kindern im DP-Center Hanau
1951 Emigration der Familie Siegfried Stern in die USA
Gedenken
Pages of Testimony für Adolf Stern, seine Frau und Tochter von Schwägerin Lena Moses Nussbaum
Quellen
Hartmann, Jürgen, Die Bezirksstelle Westfalen der Reichsvereinigung der Juden in Deutschland in Bielefeld 1939-1943, in: Rosenland. Zeitschrift für lippische Geschichte, 25/2021, S. 68-151. URL
Auszug aus dem Hausbuch Schloßhofstraße des Einwohnermeldeamtes Bielefeld (Signatur: StArchBi, Bestand 104,3 Einwohnermeldeamt, Nr. 1547)
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de975610
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de976406
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de977326
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de977346
https://collections.arolsen-archives.org/de/document/5098816
https://collections.arolsen-archives.org/de/document/79815655
https://www.statistik-des-holocaust.de/list_ger_wfn_43t.html
https://www.statistik-des-holocaust.de/OT411209-19.jpg
Daniel Hoffmann, Lebensspuren meines Vaters, Wallstein Verlag 2007
Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939
https://www.statistik-des-holocaust.de/list_ger_wfn_43a.html