Lewin Alfred

Alfred Martin Micha Lewin

*2.4.1922 in Gotha; ✡ 23.7.1984 in Dovrat

Staatsangehörigkeit deutsch

Religion jüdisch

Vater Heinrich Lewin*26.9.1876 in Gnesen; ✡in Belzec

Mutter Else Bach verw. Marcus *8.6.1890 in Buch, Schwaben; ✡ in Majdanek

Onkel Hugo Lewin *10.9.1875 in Gnesen; ✡13.12.1943 in Theresienstadt

Tante Anna Lewin  geb. Rosenberg *18.10.1882 in Augsburg; ✡10.4.1943 in Theresienstadt

Geschwister

Halbbruder (Vater Max Marcus)

Rudi Marcus 8.5.1913 in Berlin; oo Ursula Löwenstein *27.5.1917

Beruf

Adressen Gotha, Fr. Sauckelstraße  36; Westerkappeln; Ahrensdorf; Kwuza Meduroth Hadera

Heirat

Kinder

Die Hachschara Bewegung

In den ersten acht Jahren der Nazi-Diktatur bis zum Beginn des Russland-Feldzuges 1941 wurden Auswanderungsaktivitäten jüdischer Organisationen nicht nur geduldet, sondern sogar gefordert.

Am 25. August 1933 wurde nach dreimonatigen Verhandlungen zwischen der Jewish Agency, der Zionistischen Vereinigung für Deutschland und dem deutschen Reichsministerium für Wirtschaft zur Erleichterung der Emigration und Förderung des deutschen Exports eine entsprechende Vereinbarung geschlossen.

Im gesamten „Deutschen Reich“ entstanden überwiegend landwirtschaftliche Ausbildungsstätten für jüdische Mädchen und Jungen, sogenannte Hachscharalager (Hachschara hebräisch für Ertüchtigung).

So bestanden 1935 31 Hachschara-Lehrbetriebe für Landwirtschaft und Gärtnerei in Deutschland, in denen sich die „Chaluzim“ (hebräisch für Pioniere) durch Erlernen eines landwirtschaftlichen Berufs für ihre Auswanderung nach Palästina (Alija) vorbereiteten.

Der entsprechende Nachweis durch die jüdische Dachorganisation Hechaluz bildete die Voraussetzung für die Ausstellung eines Einreisevisums durch die britischen Behörden auf der Basis eines sogenannten „Arbeiterzertifikats der Kategorie C“. Von den ab 1933 nach Palästina auswandernden deutschen Juden gehörten „etwa 36 % zur »Mittelstandseinwanderung«, über das Kapitalisten-Zertifikat (Kategorie A), die 1000 Palästina Pfund mitbringen mussten. Etwa 32 % der Einwanderer waren Arbeiter der Kategorie C.

Zwischen 1933 und 1938 konnten mehr als 18.000 jüdische Jugendliche aus Deutschland emigrieren, überwiegend zur Alija nach Palästina. Das war etwa jeder vierte aus der Generation der 6- bis 25-jährigen.

Hof Stern in Westerbeck

Der erste Hachschara-Hof in Westfalen entstand in der Gemeinde Westerkappeln. Die Umschulungs- und Einsatzlager des RVJD in Bielefeld und Paderborn folgten erst später und bestanden von 1939 bis 1943. Die Brüder Leo (1900-1938) und Rudolf Stern (1898-1957) aus Osterkappeln hatten den Hof Elstroth, Westerbeck mit der Hausnummer 74 in der Gemeinde Westerkappeln mit 20 Hektar Land Ende 1932  bei einer Zwangsversteigerung erworben. In den Jahren 1933 bis 1938 verpachteten sie den Großteil ihres Hofes Stern an den jüdischen Pfadfinderbund „Makkabi Hazair“, der hier eine Hachschara-Stätte errichtete. 104 „Chaluzim“ (hebräisch für Pioniere) zwischen 15 und 17 Jahren kamen hierher zur sogenannten Mi-Ha (mittleren Hachschara) und regulären Hachschara: 32 Mädchen und 72 Jungen. Sie blieben zwischen wenigen Tagen und eineinhalb Jahren. Die Leitung des Hofes lag zuletzt bei dem aus Syke bei Bremen stammenden Ehepaar Dora und Siegfried Löwenstein, die mit ihrer Tochter Grete auf dem Hof lebten.

Von Juni 1936 bis zum Februar 1938 verließen viele Jugendliche den Hof, zumeist in ihre Heimatorte, das häufigste Abmeldedatum ist der 18.2.1938.

9./10. November 1938 in der Pogromnacht überfiel ein SA-Trupp den Hof. Das Verwalterehepaar Löwenstein wurde brutal misshandelt, das Mobiliar wurde zerstört, Fensterscheiben wurden zerschlagen. Vier junge Männer lebten zu diesem Zeitpunkt noch auf dem Hof Stern. Sie wurden ebenso wie der Verwalter Siegfried Löwenstein festgenommen und in Westerkappeln inhaftiert. Während Löwenstein nach einer Woche auf den Hof zurückkehren konnte, wurden die vier anschließend für einige Wochen ins KZ Buchenwald verschleppt. Einem der vier gelang noch die Flucht ins rettende Ausland. Die anderen drei wurden später in den Osten deportiert und kamen in Buchenwald, in Riga und Stutthof um.

Weiterer Lebensweg

1933 Flucht des Bruders Rudi Marcus nach Riga,

5.4.1934 Passausstellung in für Rudi Marcus in Riga

30.4.1934 Ankunft des Bruders Rudi in Haifa mit Arbeiterzertifikat C

Alfred Lewin zur Hachschara auf den Hof Westerbeck/Stern, Hachscharalager des jüdischen Pfadfinderbundes „Makkabi Hazair“ auf Gut Westerbeck in Westerkappeln

21.10.1936 offizielle Eröffnung des Landwerk Ahrensdorf, Pfadfinderbund Makkabi HaZair bei Jüterbog, Luckenwalde zur Mittleren Hachschara für 60 Jungen und 20 Mädchen im Alter von 15-17 Jahren

26.10.1936 abgemeldet aus Westerkappeln zur Hachschara nach Ahrensdorf; Westerbeck-Chawer Heinz Klebe war bereits am 20.10.1936 nach Ahrensdorf gezogen

Oktober 1936 Eröffnung des Landwerk Ahrensdorf, Makkabi Hazair

31.3.1937 steht er auf der Ahrensdorf Praktikanten-Liste, Stand 31. März 1937, 41 männliche, 14 weibliche Chaluzim; Betriebsleiter Hans Winter; landwirtschaftlicher  Inspektor Paul Semler; Küchenleitung Ruth Seemann

20.7.1938 Passausstellung in Jüterbog

Alija mit Studentenzertifikat Kategorie B III

19.9.1938 Ankunft auf der SS JERUSALEM, einem regulären Linienschiff in Haifa

Kwuza Meduroth Hadera

22.11.1942 Einbürgerung in Palästina


10.5.1942 Eltern Else und Heinrich Lewin  ab Weimar – Leipzig  ins Ghetto Belzyce

19.9.1942 Onkel Hugo schließt für 851,48 RM einen Schein-Heimeinkaufsvertrag für Theresienstadt ab
20.9.1942 Hugo und Anna Lewin auf Transport XVI/1 Weimar – Halle – Leipzig nach Theresienstadt
10.4.1943 Tod von Tante Anna Lewin in Theresienstadt

13.12.1943 Tod von Onkel Hugo Lewin in Theresienstadt

November 1954 Einreise Montevideo, Brasilien

23.7.1984 Tod in Dovrat

Gedenken

Grabstein Dovrat Ahuzat Barak Common Cemetery, Dovrat, Israel

Quellen

https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de1001638

https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de1001443

https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de1001559

https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de1001645

https://collections.arolsen-archives.org/de/document/128450590

Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939

Staatsarchiv Israel, Mandat zur Einbürgerung in Palästina, 1937-1947

Jüdische Einwohner von Westerkappeln seit 1933 mit Belegungsliste Westerbeck, erstellt von der Gemeinde Westerkappeln am 14.11.1946

Brasilien, Rio de Janeiro, Einwanderungskarten, 1900-1965

Veröffentlicht von Franz-Josef Wittstamm

Geboren 31. Mai 1951 in Recklinghausen Gymnasium Petrinum 1961 bis Abitur1970 Studium der Humanmedizin in Bochum Approbation 1981 Promotion1982 Facharzt für Innere Medizin, Kardiologie, Intensivmedizin Im Ruhestand seit 2016

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