Günter Hermann Eulau
*22.12.1919 in Essen; ✡ 29.11.1977 Wien
Staatsangehörigkeit deutsch
Religion jüdisch
Vater David Eulau *25.4.1890 in Rohrbach; ✡1941 Weißrussland
Mutter Hedwig Pelz *16.12.1889 in Hagen; ✡ 1941 Weißrussland
Geschwister
Hans Eulau (Uri Aloni) *17.10.1922 in Essen; 5.6.2004 in Regba; oo Chana Schmidtlova
Beruf Opernsänger
Adressen Essen, Bismarckstraße; Eltern zuletzt Judenhaus Hachestraße 22
Heirat Anneliese Fritz *23.1.1918 in Wien; ✡25.1.1981 in Wien
1.Ehe von A. Fritz mit Walter Felsenstein; Sohn Wolfgang; Biographie bei Wikipedia
Kinder ?
Die Hachschara Bewegung
In den ersten acht Jahren der Nazi-Diktatur bis zum Beginn des Russland-Feldzuges 1941 wurden Auswanderungsaktivitäten jüdischer Organisationen nicht nur geduldet, sondern sogar gefordert.
Am 25. August 1933 wurde nach dreimonatigen Verhandlungen zwischen der Jewish Agency, der Zionistischen Vereinigung für Deutschland und dem deutschen Reichsministerium für Wirtschaft zur Erleichterung der Emigration und Förderung des deutschen Exports eine entsprechende Vereinbarung geschlossen.
Im gesamten „Deutschen Reich“ entstanden überwiegend landwirtschaftliche Ausbildungsstätten für jüdische Mädchen und Jungen, sogenannte Hachscharalager (Hachschara hebräisch für Ertüchtigung).
So bestanden 1935 31 Hachschara-Lehrbetriebe für Landwirtschaft und Gärtnerei in Deutschland, in denen sich die „Chaluzim“ (hebräisch für Pioniere) durch Erlernen eines landwirtschaftlichen Berufs für ihre Auswanderung nach Palästina (Alija) vorbereiteten.
Der entsprechende Nachweis durch die jüdische Dachorganisation Hechaluz bildete die Voraussetzung für die Ausstellung eines Einreisevisums durch die britischen Behörden auf der Basis eines sogenannten „Arbeiterzertifikats der Kategorie C“. Von den ab 1933 nach Palästina auswandernden deutschen Juden gehörten „etwa 36 % zur »Mittelstandseinwanderung«, über das Kapitalisten-Zertifikat (Kategorie A), die 1000 Palästina Pfund mitbringen mussten. Etwa 32 % der Einwanderer waren Arbeiter der Kategorie C.
Zwischen 1933 und 1938 konnten mehr als 18.000 jüdische Jugendliche aus Deutschland emigrieren, überwiegend zur Alija nach Palästina. Das war etwa jeder vierte aus der Generation der 6- bis 25-jährigen.
Hof Stern in Westerbeck
Der erste Hachschara-Hof in Westfalen entstand in der Gemeinde Westerkappeln. Die Umschulungs- und Einsatzlager des RVJD in Bielefeld und Paderborn folgten erst später und bestanden von 1939 bis 1943. Die Brüder Leo (1900-1938) und Rudolf Stern (1898-1957) aus Osterkappeln hatten den Hof Elstroth, Westerbeck mit der Hausnummer 74 in der Gemeinde Westerkappeln mit 20 Hektar Land Ende 1932 bei einer Zwangsversteigerung erworben.In den Jahren 1933 bis 1938 verpachteten sie den Großteil ihres Hofes Stern an den jüdischen Pfadfinderbund „Makkabi Hazair“, der hier eine Hachschara-Stätte errichtete. Ab Januar 1934 arbeiteten und lernten hier 104 „Chaluzim“ (hebräisch für Pioniere) von 15 und 17 Jahren in der sogenannten Mi-Ha (mittleren Hachschara): 32 Mädchen und 72 Jungen. Manche blieben nur wenige Wochen, andere bis zu eineinhalb Jahren.
1937 in Westerbeck auf dem Hof Stern 27 Bewohner gemeldet
Die Leitung des Hofes lag zuletzt bei dem aus Syke bei Bremen stammenden Ehepaar Dora und Siegfried Löwenstein, die mit ihrer Tochter Grete auf dem Hof lebten.
Von Juni 1936 bis zum Februar 1938 verließen viele Jugendliche den Hof, zumeist in ihre Heimatorte, das häufigste Abmeldedatum war der 18.2.1938.
9./10. November 1938 in der Pogromnacht überfiel ein SA-Trupp den Hof. Das Verwalterehepaar Löwenstein wurde brutal misshandelt, das Mobiliar wurde zerstört, Fensterscheiben wurden zerschlagen. Vier junge Männer lebten zu diesem Zeitpunkt noch auf dem Hof Stern. Sie wurden ebenso wie der Verwalter Siegfried Löwenstein festgenommen und in Westerkappeln inhaftiert. Während Löwenstein nach einer Woche auf den Hof zurückkehren konnte, wurden die vier anschließend für einige Wochen ins KZ Buchenwald verschleppt. Einem der vier gelang noch die Flucht ins rettende Ausland. Die anderen drei wurden später in den Osten deportiert und kamen in Buchenwald, in Riga und Stutthof um
Weiterer Lebensweg
Günter Eulan zur Hachschara auf den Hof Westerbeck/Stern, Hachscharalager des jüdischen Pfadfinderbundes „Makkabi Hazair“ auf Gut Westerbeck in Westerkappeln
19.11.1937 Ankunft von Bruder Hans in Haifa mit Hechaluz- Studentenzertifikat B III
18.2.1938 mit einer großen Gruppe abgemeldet aus Westerkappeln nach Essen
1938 Günter zu Verwandten in die Schweiz
1938 Flucht von Anneliese und Walter Felsenstein in die Schweiz nach dem „Anschluss“ Österreichs
10.11.1938 Vater in Essen im Novemberpogrom inhaftiert
17.11.1938 „Schutzhaft“ im KL Dachau
26.1.1939 Vater entlassen aus dem KL Dachau
8.11.1941 Abschiedsbrief des Vaters an Sohn Günther:
„Mein lieber Günter! Hoffentlich erfreust Du Dich des besten Wohlseins. Wir müssen nun leider
morgen unser Heim verlassen. Wir vertrauen auf Gott, es wird uns schon derselbe beschützen. Lebe
wohl mein lieber Junge und lass Dich innig küssen.“

10.11.1941 Eltern aus Essen ab Düsseldorf ins Ghetto Minsk
Annelie Felsenstein-Fritz arbeitet in der Flüchtlingshilfeorganisation Kulturgemeinschaft der Emigranten in Zürich
4.11.1946 Günter Eulau mit Ehefrau Anneliese auf einem vom Roten-Kreuz organisierten Kindertransport nach Österreich
Gedenken
24.2.1956 Pages of Testimony für die Eltern von Bruder Hans Uri Aloni
Quellen
Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939
https://de.wikipedia.org/wiki/Anneliese_Felsenstein
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de863077
Mandat zur Einbürgerung in Palästina, 1937-1947
Peter W. Lande, Jewish „Training“ Centers in Germany, Manuskript von 1978 im Bestand des Centers for Jewish History
https://www.juedische-allgemeine.de/kultur/ein-kibbuz-in-westfalen/
https://archive.org/stream/MitteilJdischerPfadfinder/Nr.%2010%20%281936%29_djvu.txt
Jüdische Einwohner von Westerkappeln seit 1933 mit Belegungsliste Westerbeck, erstellt von der Gemeinde Westerkappeln am 14.11.1946