Tichauer Marga

Marga Tichauer

*20.10.1920 in Essen ; ✡ 2.12.2011 in Melbourne

Staatsangehörigkeit deutsch

Religion jüdisch

Vater Max Tichauer *20.10.1882 ; ✡23.8.1947 in Melbourne

Heirat der Eltern in Essen

Mutter Johanna Meyer *15.5.1875 in Zons; ✡ 13.2.1936 in Duisburg

Großeltern Jakob Tichauer und Johanna Nebel

Geschwister

Helga Tichauer *15.8.1912 in Essen; ✡15.4.1983 in Melbourne; oo 1947 Michael Sondheim

Herbert Edward Tichauer, später Tisher *26.3.1915 in Essen; 18.7.1998 in Caulfield; oo Lotte Herzberg (1911-2005)

Beruf

Adressen Essen, Hermann-Göring-Straße 19; Hof Stern in Westerkappeln

Heirat

1.Ehe 18.11.1945 in Melbourne Martin Isaksohn-Jackson(*15.7.1914 in Breslau; ✡27.2.1960)

2.Ehe Erich Löwenthal, Dr. med. *19.1.1905 in Pila; ✡25.1.1997 Melbourne

Kinder

Gary Jackson; oo Livia Müller

Carol Jackson oo Harry Kamien

Die Hachschara Bewegung

In den ersten acht Jahren der Nazi-Diktatur bis zum Beginn des Russland-Feldzuges 1941 wurden Auswanderungsaktivitäten jüdischer Organisationen nicht nur geduldet, sondern sogar gefordert.

Am 25. August 1933 wurde nach dreimonatigen Verhandlungen zwischen der Jewish Agency, der Zionistischen Vereinigung für Deutschland und dem deutschen Reichsministerium für Wirtschaft zur Erleichterung der Emigration und Förderung des deutschen Exports eine entsprechende Vereinbarung geschlossen.

Im gesamten „Deutschen Reich“ entstanden überwiegend landwirtschaftliche Ausbildungsstätten für jüdische Mädchen und Jungen, sogenannte Hachscharalager (Hachschara hebräisch für Ertüchtigung).

So bestanden 1935 31 Hachschara-Lehrbetriebe für Landwirtschaft und Gärtnerei in Deutschland, in denen sich die „Chaluzim“ (hebräisch für Pioniere) durch Erlernen eines landwirtschaftlichen Berufs für ihre Auswanderung nach Palästina (Alija) vorbereiteten.

Der entsprechende Nachweis durch die jüdische Dachorganisation Hechaluz bildete die Voraussetzung für die Ausstellung eines Einreisevisums durch die britischen Behörden auf der Basis eines sogenannten „Arbeiterzertifikats der Kategorie C“. Von den ab 1933 nach Palästina auswandernden deutschen Juden gehörten „etwa 36 % zur »Mittelstandseinwanderung«, über das Kapitalisten-Zertifikat (Kategorie A), die 1000 Palästina Pfund mitbringen mussten. Etwa 32 % der Einwanderer waren Arbeiter der Kategorie C.

Zwischen 1933 und 1938 konnten mehr als 18.000 jüdische Jugendliche aus Deutschland emigrieren, überwiegend zur Alija nach Palästina. Das war etwa jeder vierte aus der Generation der 6- bis 25-jährigen.

Hof Stern in Westerbeck

Der erste Hachschara-Hof in Westfalen entstand in der Gemeinde Westerkappeln. Die Umschulungs- und Einsatzlager des RVJD in Bielefeld und Paderborn folgten erst später und bestanden von 1939 bis 1943. Die Brüder Leo (1900-1938) und Rudolf Stern (1898-1957) aus Osterkappeln hatten den Hof Elstroth, Westerbeck mit der Hausnummer 74 in der Gemeinde Westerkappeln mit 20 Hektar Land Ende 1932  bei einer Zwangsversteigerung erworben.In den Jahren 1933 bis 1938 verpachteten sie den Großteil ihres Hofes Stern an den jüdischen Pfadfinderbund „Makkabi Hazair“, der hier eine Hachschara-Stätte errichtete. Ab Januar 1934 arbeiteten und lernten hier 104 „Chaluzim“ (hebräisch für Pioniere) von 15 und 17 Jahren in der sogenannten Mi-Ha (mittleren Hachschara): 32 Mädchen und 72 Jungen. Manche blieben nur wenige Wochen, andere bis zu  eineinhalb Jahren.

1937 in Westerbeck auf dem Hof Stern 27 Bewohner gemeldet

Die Leitung des Hofes lag zuletzt bei dem aus Syke bei Bremen stammenden Ehepaar Dora und Siegfried Löwenstein, die mit ihrer Tochter Grete auf dem Hof lebten.

Von Juni 1936 bis zum Februar 1938 verließen viele Jugendliche den Hof, zumeist in ihre Heimatorte, das häufigste Abmeldedatum war der 18.2.1938.

9./10. November 1938 in der Pogromnacht überfiel ein SA-Trupp den Hof. Das Verwalterehepaar Löwenstein wurde brutal misshandelt, das Mobiliar wurde zerstört, Fensterscheiben wurden zerschlagen. Vier junge Männer lebten zu diesem Zeitpunkt noch auf dem Hof Stern. Sie wurden ebenso wie der Verwalter Siegfried Löwenstein festgenommen und in Westerkappeln inhaftiert. Während Löwenstein nach einer Woche auf den Hof zurückkehren konnte, wurden die vier anschließend für einige Wochen ins KZ Buchenwald verschleppt. Einem der vier gelang noch die Flucht ins rettende Ausland. Die anderen drei wurden später in den Osten deportiert und kamen in Buchenwald, in Riga und Stutthof um

Weiterer Lebensweg

13.2.1936 Tod der Mutter im Krankenhaus „Bethesda“ in Duisburg

Marga Tichauer zur Hachschara auf den Hof Westerbeck/Stern, Hachscharalager des jüdischen Pfadfinderbundes „Makkabi Hazair“ auf Gut Westerbeck in Westerkappeln

18.2.1938 abgemeldet aus Westerkappel nach Essen

Emigration mit dem Vater und Brüdern nach England

11.10.1945 späterer Ehemann Jackson als „Private“ aus der Australian Army demobilisiert (Eintritt 4.2.1942)

Gedenken

Grabstein auf dem Chevra Kadisha Springvale Cemetery, Noble Park North, Melbourne

Quellen

Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939

Peter W. Lande,  Jewish „Training“ Centers in Germany, Manuskript von 1978 im Bestand des Centers for Jewish History

https://www.juedische-allgemeine.de/kultur/ein-kibbuz-in-westfalen/

https://archive.org/stream/MitteilJdischerPfadfinder/Nr.%2010%20%281936%29_djvu.txt

Jüdische Einwohner von Westerkappeln seit 1933 mit Belegungsliste Westerbeck, erstellt von der Gemeinde Westerkappeln am 14.11.1946

Veröffentlicht von Franz-Josef Wittstamm

Geboren 31. Mai 1951 in Recklinghausen Gymnasium Petrinum 1961 bis Abitur1970 Studium der Humanmedizin in Bochum Approbation 1981 Promotion1982 Facharzt für Innere Medizin, Kardiologie, Intensivmedizin Im Ruhestand seit 2016

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