Jutta Pelz
*23.6.1924 in Berlin; ✡ September 2011 in Weil am Rhein
Staatsangehörigkeit deutsch
Religion jüdisch
Vater Ludwig Pelz *29.3.1890 in Berlin ; ✡1942 in Auschwitz
Mutter Regina Kallmann *3.7.1896 in Briesen ✡ 1942 in Auschwitz
Geschwister Werner Pelz *25.9.1921 in Berlin; ✡14.5.2006 in Healesville Australien
Beruf –
Adressen Berlin, Marburger Straße 12
Heirat Günter Bergt *17.12.1932; ✡16.9.2020 in Weil
Kinder –
Weiterer Lebensweg
Zusammen mit Bruder Werner Pelz im Übersee-Gruppenwanderer Lehrgut Groß-Breesen
17.5.1939 mit den Eltern in Berlin Charlottenburg bei Minderheiten-Volkszählung
5.7.1941 behördliche Anordnung zur Auflösung der Hachschara-Lager; Umbenennung der noch bestehenden in „Jüdisches Arbeitseinsatzlager“
Zur Hachschara ins Landwerk Neuendorf
Juli -September 1941 Auflösung der Hachscharalager, Verlegung in das Lehrgut Neuendorf im Sande
Jutta Pelz teilt hier zeitweilig das Zimmer mit Walli Hirschfeld, der Freundin von Rolf Baruch; nach deren Heirat im Januar 1942 hat das Ehepaar Baruch ein eigenes Zimmer im Schloss.
November 1942 in Kraft tretendes Gesetz: „Alle im Reich gelegenen Konzentrationslager sind judenfrei zu machen und sämtliche Juden sind nach Auschwitz und Lublin zu deportieren.“
13.1.1943 Eltern auf Transport I/84 von Berlin ins Ghetto Theresienstadt
23.1.1943 Eltern auf Transport C/v von Theresienstadt nach Auschwitz
20.2.1943 neue Richtlinien des Reichssicherheitshauptamtes für die „technische Durchführung der Evakuierung“
März 1943 Reichsweite „Fabrikaktion“, alle noch in Arbeitslagern und kriegswichtigen Betrieben beschäftigten „Volljuden“ werden verhaftet und in Konzentrationslager nach Auschwitz und ins „Generalgouvernement“ deportiert
10. 4.1943 Aus Neuendorf mit LKW nach Fürstenwalde, von dort mit der Bahn nach Berlin; zu Fuß ins Sammellager Große Hamburger Straße
19.4.1943 auf dem 37. Osttransport als Teil der Fabrikaktion, allein 153 Personen aus dem Landwerk Neuendorf bei Fürstenwalde.
Esther Bejerano erinnert sich:
„Wohin der Zug fuhr, wussten wir nicht. Die Waggons waren überfüllt und wir konnten uns kaum bewegen. Wenn wir mal austreten wollten, mussten wir über die Menschen steigen, um an die Kübel in der Ecke zu gelangen. Die Luft in den Waggons war miserabel und wurde immer schlechter.“
Esther berichtet auch, dass viele alte und schwache Menschen diesen mehrere Tage dauernden Horrortrip in den Viehwaggons nicht überlebten. Ihre Leichen blieben die ganze Zeit in den Waggons.
Mit Esther saßen viele der Jugendlichen im Waggon, mit denen sie in Neuendorf zusammen war: Eli Heymann, Schimschon Bär, Schoschana Rosenthal, Miriam Edel, Anne Borinski, Hilde Grünbaum, Karla und Sylvia Wagenberg, Herbert Growald und noch viele andere.
20. 4. 1943 Ankunft in Auschwitz; Notiz im Lagerbuch von Auschwitz:
„Mit einem Transport der RSHA […] sind etwa 1 000 jüdische Männer, Frauen und Kinder eingetroffen. Nach der Selektion werden 299 Männer, die die Nummern 116754 bis 117502 erhalten sowie 158 Frauen, die die Nummern 41870 bis 42027 erhalten, als Häftlinge in das Lager eingewiesen.
Die übrigen 543 Deportierten werden in den Gaskammern getötet.“
Häftlingsnummer ?
Jutta Pelz kommt mit 10 jungen Frauen aus Neuendorf in die SS-Wäscherei im Stabsgebäude; dort arbeiten 10 junge Frauen aus Neuendorf, u.a. Mine Winter, Jutta Pelz später Bergt, Ruth Meyersohn-Müller, Sofie Löwenstein, Ruth und Schwester Edith Karliner
15.1.1945 die Häftlinge in Auschwitz hören den russischen Kanonendonner 30 km aus dem Osten
18.1.1945 Evakuierung aller drei Auschwitz-Lager; ca 60 000 Häftlinge;
18.1.1945 Beginn des Todesmarsches mit 400 Frauen von Auschwitz- Birkenau nach Loslau
Auschwitz-Überlebende berichten von der Brutalität der SS-Leute während des Todesmarsches:
Zofia Posmysz:
„Der letzte Tag in Auschwitz war der 18. Januar. Nach drei Tagen und drei Nächten zu Fuß wurden wir in offenen Güterwagen nach Ravensbrück gebracht.“
Asher Aud:
„Wenn wir sind gegangen Totenmarsch, da sind keine Menschen gegangen, da sind nur Skelette gegangen.“
Sigmund Kalinski:
„Wer nicht konnte oder wer zur Seite war, wurde erschossen, bei ungefähr 15 bis 20 Grad minus in unseren Kleidern.“
Isidor Philipp berichtet:
„Wer sich hinlegte, wurde von den SS-Männern, die auf Motorrädern fuhren, erschossen.“
19. – 23.1.1945 Ankunft in den Eisenbahnknotenpunkten Gleiwitz und Loslau. Von Gleiwitz oder Loslau in Güterwaggons zu westlich gelegen Konzentrationslager wie Buchenwald, Ravensbrück
Isidor Philipp berichtet:
„Von dort begann dann – in offenen Kohlewaggons und bei 15 Grad unter Null – die Fahrt durch Polen, Tschechoslowakei und Österreich zurück nach Deutschland.“
21./22.1. 1945 Ankunft in Loslau
22.1.-27.1.1945 Miriam mit Anni auf Transport in offenen Kohlewaggons über KL Groß-Rosen und KL Sachsenhausen (jeweils wegen Überfüllung abgewiesen) bis ins KL Ravensbrück; dort zunächst ins „Jugendlager“,
13.2.1945 im KL Ravensbrück
Nach Schätzungen starben bei diesen Räumungstransporten von Auschwitz insgesamt zwischen 9.000 und 15.000 Häftlinge.
März/ April 1945 bei Auflösung des „Jugendlagers“ für wenige Tage ins „Frauenlager“
April 1945 Erneute Todesmärsche“ mit jeweils 2000 bis 3000 Frauen in zahlreichen Kolonnen aus dem bereits überfüllten KL Ravensbrück in mehrere Richtungen. Geschwächte und kranke Häftlinge, die dem Marsch nicht mehr folgen konnten, wurden erschossen.
Verlegung in das Außenlager Neustadt Glewe
Jutta Pelz schreibt:
„Seit einer Woche wurde nicht mehr gearbeitet. Vor den Baracken bildeten sich kleine Gruppen. In jeder Gruppe wurde eine andere Sprache gesprochen, polnisch, ungarisch, französisch, deutsch usw. Ich setzte mich wie immer zu den Mädchen aus meiner Jugendgruppe. Die Schwestern Ruth und Dithel (Ruth und Edith Karliner) kannte ich schon aus Groß Breesen. Sophie (Löwenstein) und ihre Freundin Judith gehörten der streng religiösen Gruppe in Neuendorf an und ebenfalls aus Neuendorf kannte ich Channa und Irene (Irene Künstler).“
2.5.1945 Befreiung im Ravensbrück-Außenlager Neustadt-Glewe
Von Neustadt/Glewe in das neben dem alten KL liegende DP Camp Bergen-Belsen
1945 zusammen mit Charlotte Grunow, Edith Karliner und Lucie Kaufmann auf der Liste weiblicher DP-Patienten der Kieferklinik in Hamburg Blankenese
Herbst 1968 Treffen mit Mine Winter in Bad Nauheim
Gedenken
2011 Esther Bejarano hält eine Abschiedsrede auf der Trauerfeier
Quellen
Jutta Pelz Bergt, Die ersten Jahre nach dem Holocaust; Hentrich, 1996
https://www.yumpu.com/en/document/read/4910207/the-prologue-to-the-gross-breesen-letters-and-
Video-Interview mit Issy Philipp 1994
Esther Bejarano, Man nannte mich Krümel, Curio Verlag 1989
Esther Bejarano, Erinnerungen, Laika Verlag, 2013
Anneliese Ora Borinski, Erinnerungen
Diethard Aschoff, „Jeden Tag sahen wir den Tod vor Augen“. Der Auschwitzbericht der Recklinghäuserin Mine Winter, in: VZ 94 – 96, 1995 – 97, Hrsg. W. Burghardt, S. 321 – 386
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de1131454
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de1131363
Naftali-Rosenthal-Ron, Aufblitzende Erinnerungen, Autobiografie; deutsche Übersetzung von Alice Meroz, Berlin 2015
Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939
Danuta Czech, Lagerbuch von Auschwitz
https://collections.arolsen-archives.org/de/document/127212883
https://www.ortschroniken-mv.de/images/d/d9/MAL_KZ_Aussenlager.pdf
https://www.ernster.com/annot/564C42696D677C7C393738333839313434333533387C7C504446.pdf?sq=2
https://www.topfundsoehne.de/ts/de/service/mediathek/videos/2020/139178.html
https://collections.arolsen-archives.org/de/document/127212883
Ernest W. Michel, „Promises Kept – Ein Lebensweg gegen alle Wahrscheinlichkeiten“, 2013