Weiss Rudolf

Rudolf Rudi Werner Weiss

*5.11.1921 in Oppeln; ✡17.5.2009 in Wentworth Falls, Australien

Staatsangehörigkeit deutsch, polnisch (?)

Religion jüdisch

Vater Alfred Weiss *1887 in Myslowitz; ✡ 1965 in Berlin

 „Mischehe“

Mutter Elsa Anna Dorothea Schumacher *6.2.1891; ✡ 1.8.1991 in Berlin

Geschwister

Gerda Eleonore Weiss *1927

Ilse Renate Weiss *24.7.1918 in Breslau; ✡26.3.2012 in Berlin; oo Steinberg

Georg Götz Wilhelm Weiss *9.2.1923 in Oppeln; ✡22.5.2001 Florida

Beruf Diplomierter Agronom, Landarbeiter, Forstarbeiter, Student

Adressen Kattowitz; Waldenburg

Heirat Henny Jenny Lemmlein *11.2.1917 in Berlin; ✡ 16.4.2012

Kinder

Marianne Marion Ellen Weiss *28.9.1946 in Breddin; oo Wilfried Meier

Irene Weiss 1961 in Australien; oo David Logan

Weiterer Lebensweg

1.1.1938 in Waldenburg, Schlesien

Überseegruppenwanderer Lehrgut Groß Breesen

Mai 1936 Eröffnung des nichtzionistischen Übersee-Gruppenwanderer Lehrgutes Groß Breesen; im Gegensatz zu anderen Lagern ist Groß Breesen nicht an jüdische Organisationen gebunden, war jedoch stark geprägt vom Centralverein deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens (C.V., assimiliert, liberal, national)

1936-1939 Curt „Bo“ Bondy Lagerleiter und pädagogischer Leiter, auf Bitten von Leo Baeck; von vielen ‚Groß-Breesenern‘ wurde er als charismatische Persönlichkeit, der sie viel zu verdanken haben, verehrt. Unterstützt wurde er von Ernst Cramer, einem älteren Praktikanten.

Leiter der landwirtschaftlichen Ausbildung war Oberinspektor Erwin Scheier, dessen Frau Ruth oblag die Hauswirtschaft, Tischlermeister Max Kiwi die Schreinerei.

10.11.1938 Überfall der SA auf den Hof in Groß Breesen, alle über 18-Jährigen Männer werden mit einem Bus abgeführt und ins KL Buchenwald gebracht, auch Curt Bondy, der als Homosexueller besonders gefährdet war; die Frauen und Jungen bleiben auf dem Hof zurück.

1938 Rudi und Götz Weiss zur Umschulung ins Überseeauswanderer Lager Groß Breesen

Scheier wird als Verwalter abgelöst von Dingethal, der wiederum wegen Fronteinsatz von Inspektor Hildebrandt: Nachfolger von Bondy wird Walter Bernstein.

17.5.1939 Rudi Weiss mit Bruder Götz in Groß Breesen bei Minderheitenzählung

17.5.1939 Henny Lemmlein in Groß Breesen bei Minderheitenzählung

31.8.1941 Gestapobefehl: Das Lehrgut Groß Breesen wird Arbeitslager

Die Gruppe der „Privilegierten Mischlinge“ in Neumühle

5.7.1941 behördliche Anordnung zur Auflösung der Hachschara-Lager; Um­be­nen­nung der noch bestehenden in „Jü­di­sches Ar­beits­ein­satz­lager“

August 1941 offizielle Schließung des Lagers Groß Breesen

eingewiesen zur Zwangsarbeit auf das Gut Neumühle, Kr. Lebus

November 1942 in Kraft tretendes Gesetz: „Alle im Reich gelegenen Konzentrationslager sind judenfrei zu machen und sämtliche Juden sind nach Auschwitz und Lublin zu deportieren.“

20.2.1943 neue Richtlinien des Reichssicherheitshauptamtes für die „technische Durchführung der Evakuierung“

März 1943 Reichsweite „Fabrikaktion“, alle noch in Arbeitslagern und kriegswichtigen Betrieben beschäftigten „Volljuden“ werden verhaftet und in Konzentrationslager nach Auschwitz und ins „Generalgouvernement“ deportiert

Anfang März 1943 die letzten Chawerim verlassen Groß Breesen, 25 „Volljuden“ im Rahmen der Fabrikaktion deportiert

19.4.1943 die Neuendorfer Chaluzim („Volljuden“) auf dem 37. Osttransport als Teil der Fabrikaktion, allein 153 Personen aus dem Landwerk Neuendorf bei Fürstenwalde.

Rudolf Weiss mit Arno Sallein, Martin Lippmann und Heinz Hirsch im Lager Jacobsdorf

Winter 1943/1944 Verlegung der Neuendorfer „Mischlingsgruppe“ aus dem Lager Jacobsdorf in das Forsteinsatzlager Gut Neumühle, u.a. die drei Brüder Wallach. Dort arbeiten sie zusammen mit Rudolf Weiss, Arno Sallein, Manfred Prenzlau, Heinz Hirsch, Johanna Kosterlitz, Hans Heilborn, den Schwestern Vera und Alice Bergmann, Marianne Rotstein, sowie Julius Kohn und Lutz Fink als Leiter.

Erich Wallach berichtet über das Forsteinsatzlager Neumühle und die Verhaftung:
„Schließlich ging es uns ja nicht schlecht in Neumühle – bis wir alle im September auf die Polizeistation der Kreisstadt Frankfurt/Oder vorgeladen wurden.“

September 1944 Verhaftung in Frankfurt Oder, Polizeigefängnis Leipzigerplatz

November 1944 wurden 16 „Mischlinge“, u.a. die Schwestern Vera und Alice sowie Brüder Alfred, Erich und Kurt Wallach aus dem Polizeigefängnis in Frankfurt/Oder, Leipziger Platz zur geplanten Deportation in das Berliner Sammellager im Jüdischen Krankenhaus Iranische Straße verlegt; die drei Brüder Wallach und Paul Safirstein können fliehen und untertauchen.

24.11.1944 Rudi Weiss bei Auflösung des Forsteinsatzlagers Neumühle mit 11 weiteren Chawerim als „Geltungsjude“ auf dem 113. Theresienstadt-Transport I/119 von Berlin nach Theresienstadt

Bis zur Deportation arbeitet Henny Lemmlein als Lageristin auf Gut Behlendorf

5.1.1945 Henny Lemmlein als „Geltungsjüdin“ auf dem 115. Theresienstadt-Transport I/121

8.5.1945 Befreiung in Theresienstadt

14.11.1946 Registrierung im DP-Center Deggendorf; ärztliche Untersuchung

30.1.1950 Rudi Weiss von Bremen Grohn  mit Ehefrau Henny nach Australien

1974 berichtet Rudolf Weiss im 24. Groß Breesen Letter:

„Wir kamen 1938 nach Gross-Breesen, von 1941-44 Zwangsarbeitslager, 1944-45 K.Z. Theresien stadt. 1945-1950 Neusiedlerstelle in Ostdeutschland. 1950 Auswanderung nach Australien. Rudi wurde Landschaftsgärtner, seit 1957 mit eigenem Betrieb und Angestellten. Australien ist unsere neue Heimat geworden. Wir sind wirtschaftlich selbständig und unabhängig, leben in einer sehr schönen Gebirgsgegend, 80 km von Sydney und hoffen, bei guter Gesundheit un seren eigenen Betrieb erfolgreich weiterführen zu können. Unsere Tochter Marion beendete ihr Studium an der Universität als „bachelor in science (BS)“. Sie arbeitete als „dietitian“ in leitender Stellung in mehreren städtischen Krankenhäusern. Im November 1972 ging sie nach Deutschland, um bei der Vorbereitung des 6. Diät-Welt-Kongresses in Hannover mitzuarbeiten, der im Mai 1973 stattfand. Seitdem besuchte sie England, West- und Ostdeutschland, und die Tschechoslowakei. Seit September 1973 arbeitet sie in Hamburg bei der DE-V-GE (Deutsche Vereinigung für Gesundheitspflege der Adventisten). Unsere jüngste Tochter geht in die Oberschule und ist die einzige geborene Australierin der Familie. Kürzlich waren wir in Sydney, wo Herbert Born die Breesener zu seinem 50. Geburtstag eingeladen hatte.“

Gedenken

Beisetzung von Rudolf Weiss in den Leura Memorial Gardens, New South Wales, Australien

Beisetzung von Schwester Ilse Steinberg auf dem Onkel Tom Friedhof in Berlin Zehlendorf

Quellen

https://collections.arolsen-archives.org/de/document/69643871

https://collections.arolsen-archives.org/de/document/127213294

https://collections.arolsen-archives.org/de/document/5131037

https://www.yumpu.com/de/document/read/3840614/21-brief-19-p745-54-gross-breesen-silesia

Mordechai Mal’an (Erich Wallach), Dies ist eine Geschichte über …; in: Erhard Wiehn, Wer hätte das geglaubt, 2010, Hartung Gorre Verlag

https://yvng.yadvashem.org/ad

Lore Shelley (Editor), The Union Kommando in Auschwitz, Lanham, New York, London, 1996

Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939

https://yvng.yadvashem.org/index.html?language=de

https://digipres.cjh.org/delivery/DeliveryManagerServlet?dps_pid=FL4311316

Staatsarchiv Israel, Einwanderungslisten

Harald Lordick, Landwerk Neuendorf in Brandenburg, in: Kalonymos, 2017, Heft 2

Veröffentlicht von Franz-Josef Wittstamm

Geboren 31. Mai 1951 in Recklinghausen Gymnasium Petrinum 1961 bis Abitur1970 Studium der Humanmedizin in Bochum Approbation 1981 Promotion1982 Facharzt für Innere Medizin, Kardiologie, Intensivmedizin Im Ruhestand seit 2016

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