Herbert Ungar
*23.11.1912 in Brünn; überlebt; ✡12.2 2003 in Büsingen, Hochrhein
Staatsangehörigkeit Tscheche, staatenlos; ab Mitte 1980 deutsch
Vater Bedrich Friedrich Ungar 1880; Dr. jur.; ✡ nach dem 22.6.1942 in Piaski
Mutter Hedvika Ungarova *31.8.1883 in Brno; ✡ nach dem 22.6.1942 in Piaski
Herbert rechts, mit Eltern und Geschwistern
Geschwister
Jiri Georg Ungar *24.9.1907 in Brno; ✡ 8.9.1942 Maly Trostinec
Anne Marie Ungar *16.7.1911 in Brno; ✡ 8.9.1942 Maly Trostinec
Die Geschwister Herbert, Anna und Georg Ungar (v.l.)
Beruf Jurist Dr. jur.
Adressen
Prag, Brno Sadova 30 (Parkstasse) 30, heute Drobneho 30
Prag Trida SNB 20 bis 1967 dann bis zu der Emigration Na Smetance
In der Schweiz ab 1968 Pfannenstielstrasse 32, 8132 Egg bei Zürich
ab 2000 bis zum Tod Büsingen am Hochrhein, Kehlhofstrasse 22
Heirat nach 1945 in Prag Anezka Sovova *11.11.1918 in Zdikov (Böhmerwald), tschechische Katholikin; +3.5.2019 Büsingen
Kinder
Tomas Ungar
Jan Ungar
Weiterer Lebensweg
Beziehung vor 1941 mit tschechischer Katholikin, die er nach dem Krieg in Prag heiratet
Katholische Familie mit jüdischen Wurzeln
Jura-Studium in Prag, Promotion mit „Summa cum laude“
23.9.1938 Mobilmachung der tschechoslowakischen Armee: 18 Jahrgänge der Reserve, gesamt etwa 1.250.000 Soldaten, so dass gut 1,5 Mio. Soldaten sich unter Waffen befanden
Herbert Ungar als Soldat nach der Mobilmachung
1938 Entzug Anwaltszulassung
Danach als Hilfsarbeiter am Bau
23.11.1942 Deportationsbefehl zugestellt
30.11.1941 Transport G/H Prag ->Theresienstadt
Wegen eines Briefes, den er aus Theresienstadt an seine Freundin schreibt, wird er zum Tode verurteilt.
Die Kommunistische Ghetto Widerstandsgruppe rettet ihn, in dem sie ihn auf die Transportliste ins Ghetto Riga setzt und so aus der Reichweite der Politischen Abteilung (Gestapo) schafft
9.1.1942 Transport O Nr. 379 Theresienstadt-> Riga
12.1.1942 Ankunft Rangierbahnhof Skirotawa, Fußmarsch ins Ghetto Riga
In Riga kam er zunächst für ca 4 Monate nach Salapils und danach zurück ins Ghetto Riga ins Prager Haus
Jan. bis Mai 1943 zunächst in der Kolonne von Werner Sauer aus Köln als „Schreiner/Elektriker“ um die alte Bandweberei Lenta zu demontieren und als Werkshallen herzurichten
Herbst 1943 folgt er der Arzttochter Annemarie Caspary, die als Schneiderin auf Lenta arbeitet nach Kaiserwald; ihr Vater leitet die Lenta-Krankenstation. Die Familie wird von SD-Offizier Eduard Roschmann ins KL Kaiserwald geschickt
Juli-2. November 1943 schrittweise Auflösung des Ghettos Einrichtung des Konzentrationslagers Riga-Kaiserwald und verschiedener Betriebslager mit lokaler Kasernierung
Sommer 1944 Auflösung des KL Kaiserwald, Riga
Juli – September 1944 Transporte der Arbeitsfähigen aus Riga per Schiff nach Stutthof
6.8-9.8.1944 auf der „Bremerhaven“ von Riga nach Danzig
13.8.1944 Deportation von1300 Männern aus Stutthof
16.8.1944 Ankunft von 1300 Männern aus Stutthoff in Buchenwald
16.8.1944 Ankunft Buchenwald; gibt als Beruf „Auskultant“ an (Auskultanten sind Personen, die Universitätsveranstaltungen besuchen ohne an der Universität immatrikuliert zu sein)
4 Wochen im Quarantänelager im KL Buchenwald, Unterbringung in Wehrmachtspferdeställen und Zelten; Herbert Ungar in Block 22
16.9.1944 Deportation in das Außenlager des KL Buchenwald an der Brüllstraße in Bochum, angegliedert der Geschossfabrik des Bochumer Verein; mit dem Zug von Buchenwald nach Bochum;
18.9.1944 Unterbringung in Baracken auf der Brüllstraße nahe dem Bochumer Verein; 88 mm Panzer-Granatenhülsen-Produktion
Buchenwald-Außenlager Bochumer Verein Brüllstraße
Moritz Silbermann war lettischer Jude aus Riga und als Autoschlosser vermutlich auch auf der „Lenta“
18.3.1945 wurden die beiden Bochumer Außenlager des Konzentrationslagers Buchenwald, das AL Bochumer Verein und das AL Eisen- und Hüttenwerke AG geräumt
18.3.1945 Auflösung des Außenlagers Brüllstraße, Rücktransport von 1361 Häftlingen nach Buchenwald
21.3.1945 Ankunft von 1326 Häftlingen im KL Buchenwald
10.4.1945 Evakuierung des KL Buchenwald in geschlossenen Güterwaggons nach Theresienstadt, Flossenbürg und Dachau
KL Flossenbürg
Todesmarsch nach Cham
7.5.1945 nach der Befreiung zurück nach Prag
20.11.1945 bis 14.4.1949 Nürnberger Prozesse, als „Researcher“ im Rang eines Major der US-Army
19.7.1948 Vernehmer in Nürnberg von Fritz Scherwitz, dem er offensichtlich wohlgesonnen ist (Scherwitz als SS-Offizier Leiter der Werkstätten auf der Lenta, eine extrem schillernde, polarisiernde Person, dem viele Juden dankbar waren)
1968 Flucht in die Schweiz
2001 Interview mit Anita Kugler in Schaffhausen
12.2.2003 Tod in Büsingen, Hochrhein
Quellen
Buch der Erinnerung: Die ins Baltikum deportierten deutschen Juden, 2001
https://collections.arolsen-archives.org/de/document/5283693
https://collections.arolsen-archives.org/archive/5092021/?p=1&s=Schreiber%20Malwine&doc_id=5092021
https://collections.arolsen-archives.org/archive/5123657/?p=1&s=Ungar%201912&doc_id=5123657
Anita Kugler, Scherwitz – Der Jüdische SS-Offizier, 2017
Käthe Fries, Schießen Sie mich nieder, Lukas Verlag 2017
Sauer Werner, Mensch unter Menschen, Archiv Yad Vashem 033/4126
Gertrude Schneider, Reise in den Tod, Deutsche Juden in Riga 1941-1944, Laumann-Verlag, 2008
https://collections.arolsen-archives.org/archive/7323278/?p=1&s=Ungar%201912&doc_id=7323280
Für seine hilfreichen Ergänzungen und Korrekturen sowie die Fotos bin ich dem Sohn Jan Ungar zu besonderem Dank verpflichtet.
Guten Abend Herr Wittstamm,
Zuerst viellen Dank für die Arbeit mit dem Lebens- und Leidenszeit meines Vaters. Wie immer schleichen aich aber einige Fehler hinein, die ich gerne korrigieren möchte (falls es geht). Es würde mich auch interessieren, wie Sie überhaupt auf meinen Vater gestossen sind – ein Zufall?
Jan Ungar
Lahnhalde 31
CH-8200 Schaffhausen