Peter Wolff
*7.9.1924 in Berlin; Überlebender
Staatsangehörigkeit deutsch?
Religion jüdisch
Auschwitz-Nummer 105065
Vater Leo Wolff, Mediziner
Mutter Helene Marbach *26.12.1903 in Kattowitz
zweite Ehe der Mutter mit Borger
Halbschwester
Anita Maud Ernestine Borger *7.6.1928 in Kattowitz
Beruf Elektroinstallateur, Elektroingenieur
Adressen Berlin; Paderborn
Heirat am 31.12.1948 in Israel Susanne Wolff
Kinder
Sohn und Tochter (*1952 und *1954)
Weiterer Lebensweg
Nach Trennung der Eltern Umzug der Mutter Helene zu ihrem Vater nach Kattowitz zweite Ehe der Mutter, wo der Großvater eine Tischlerwerkstatt besaß.
Aufgewachsen in Kattowitz
1929 3 Jahre deutsche Volksschule, ab 1933 polnische Volksschule
2 Jahre Mittelschule, 3 Jahre Gymnasium
Mitglied einer zionistischen Jugendgruppe
1937 Vater Leo Wolff nach Palästina emigriert
Mutter Helene Borger mit Anita und Peter nach Warschau;
September 1939 gaben sich als „Volksdeutsche“ aus, zurück nach Berlin.
Dezember 1939 – September 1941 Hachschara in Schniebinchen
27.5.1940 Mutter Helene und Anita Borger in Wien im Hotel Wandl; beantragen Auswanderung in die Türkei; emigrieren über Saloniki, Istanbul nach Palästina
September 1941 Auflösung von Schniebinchen; Wechsel in das Einsatzslager „Neue Feldschneidermühle“ in Eichow bei Forst, Arbeit für das Rittergut Eichow; bei Auflösung Ende 1941 gehen 7 Chawerim im Sept. und Dezember nach Paderborn: Adolf Bender, Günter Gern, Margarete Kane, Hartwig Langenbach, Ruth Schreiber, Peter und sein Freund Manfred Wolf
Dez. 1941 Auflösung des Arbeitslagers Eichow
14.12.1941 von Eichow ins Umschulungs- und Einsatzlager Paderborn
August-Oktober 1942 stationäre Behandlung im Jüdischen Krankenhaus Berlin, Iranische Straße wegen eines Blasenleidens
27.2.1943 Befehl von Wilhelm Pützer (1893-1945), Leiter des Judenreferats der Gestapo-Außendienststelle Bielefeld, das „jüdische Arbeitseinsatzlager in Paderborn“ aufzulösen und deren Insassen und weitere Juden aus dem Sprengel bis zum 1. März, also zwei Tage später, nach Bielefeld zu bringen, wo sie „spätestens“ bis 13 Uhr im „Saal der Eintracht“ eintreffen mussten.
1.3.1943 Auflösung des Arbeitslagers Paderborn; mit der Bahn nach Bielefeld; mit Bussen ins Sammellager Saal im Haus der Gesellschaft „Eintracht“ am Klosterplatz
2.3.1943 40 Stunden im geschlossenen Güterwaggon, Transport Bielefeld über Hannover – Erfurt – Dresden nach Auschwitz mit allen 98 Chawerim aus dem Arbeitslager
3.3.1943 Ankunft und Selektion in Auschwitz; Ernst Michel berichtet:
„Es gab nun zwei Reihen, beide rückten langsam voran. Männer an eine Seite, Frauen an die andere. … Issy schlurfte neben mir. Er war in Paderborn einer der charismatischen und zuverlässigsten Leiter. Er war dynamisch, optimistisch und stets hilfsbereit. Er war stark wie ein Stier. Er hatte Lilo in Paderborn geheiratet einige Wochen vor unserer Deportation. Sie war bereits auf der anderen Seite. Tränen rannen sein Gesicht hinunter. Ich berührte ihn. Er nickte nur.“
In Auschwitz-Monowitz „BUNA“ als Hochbauschlosser eingesetzt; Mitglied der zionistischen Gruppe „NOHAM“ von polnischen Chawerim und aus Paderborn, Anführer der Paderborner Gruppe in Auschwitz war Issy Philipp aus Recklinghausen.
Peter Wolff bekommt eine privilegierte Arbeit in der Buna-Werkskantine: Sein Freund Ohni Ohnhaus berichtet:
„In Sachen Peter Wolff. Ich sage, wer im Lager etwas besser dran war, verstand die Hungrigen nicht. Peter arbeitete in der Kantine, wo er drei Portionen Brot erhielt. Außerdem kochten sie verschiedene Gerichte für sich selbst. Er gab mir also die Portionen Brot, die er erhielt, und ich verteilte sie unter meinen Freunden.“
“ Wir aßen das Brot, das wir bekamen. Ich hatte auch Zigaretten. Ich hatte kurz zuvor 100 Schachteln Zigaretten von meinem Freund in der Kantine erhalten, und wir haben sie unter uns aufgeteilt.“
Peter Wolff 7 Monate strafversetzt in das Auschwitz-Außenlager Janina, ein Kohlenbergwerk wegen eines unterstellten Zigaretten-Diebstahls; hier retten
ihn erneut seine Sprachkenntnisse, denn der Lagerkommandant behielt ihn da,
weil er dessen Liebesbriefe an und von der polnischen Geliebten übersetzen konnte.
18.1.1945 mit Oberarmdurchschuss auf dem Todesmarsch über 80 km von Auschwitz nach Gleiwitz; Isidor Philipp berichtet:
„Wer sich hinlegte, wurde von den SS-Männern, die auf Motorrädern fuhren, erschossen.“
„Von dort begann dann – in offenen Kohlewaggons und bei 15 Grad unter Null – die Fahrt durch Polen, Tschechoslowakei und Österreich zurück nach Deutschland.“
Weiter in das KL Mittelbau Dora bei Nordhausen, V2-Produktion;
2.2.1945 Unterbringung in der Boelcke-Kaserne;
BII (Birkenau?), dann Lagerkommando „Kammer“
Beim Bombenangriff am 3. April 1945 nachmittags um ca. 16 Uhr waren die Zwangsarbeiter der Tag-Schicht nicht in der Boelcke-Kaserne, ebenso beim Bombenangriff am 4. April 1945 vormittags um ca. 9 Uhr. Bei beiden Tagesangriffen traf es die vermutlich schlafenden Häftlinge der Nachtschicht.
Nach Bombardierung des Lagers Flucht mit Ernst Lobethal, den er kurz darauf trifft.
11. April 1945 Befreiung des KL Dora durch die US-Army
12. April 1945 Befreiung, Peter trifft auf die US-Army
Trotz der Errichtung eines Lazaretts starben in den nächsten Tagen 2.000 Häftlinge. Insgesamt kamen 3.000 Häftlinge in den drei Monaten des Bestehens des Boelcke-Lagers ums Leben.
Da Thüringen von der US-Army an die Rote Armee übergeben wurde, ist er mit Ernst mit den heimkehrenden französischen Kriegsgefangenen von der US-Army nach Parisgebracht worden.
Bekommt in Paris einen polnischen Pass und ein britisches Visum für Palästina
Juli 1945 Einwanderung nach Haifa auf der SS MATAROA
Nur drei Tage im Internierungscamp Athlith, seine Mutter holt ihn ab.
1946 im Kibbuz Netzer Sereni
Als Elektroinstallateur bei der Israel Electric Corporation
1947 freiwilliger Eintritt in die israelische Armee
15.5.-10.6.1948 Israelischer Unabhängigkeitskrieg
31.12.1948 Heirat in Kiriat Bialik mit Susanne in Armee-Uniform
Ab 1951 im Kraftwerk Haifa an der Schaltwarte
1957 Rückkehr nach Deutschland zum Studium der Nachrichtentechnik in Esslingen
1963 Abschluss als Ingenieur für Nachrichtentechnik
Umzug nach Neu-Isenburg
19.-28.5.1989 Treffen der Weggefährten aus Paderborn auf Einladung der Stadt Paderborn
2007 Tod in Neu-Isenburg
Quellen
Margit Naarmann, Ein Auge gen Zion, Paderborn, 2000; ISBN3-89498-087-7
Peter Wolff, Autobiografischer Bericht
Peter Wolff, Ein Überleben. Ein deutscher Jude im 20. Jahrhundert,Saarbrücken, Conte 2008
Österreich, Wien, jüdische Auswanderungsanträge, 1938-1939
https://www.dfb.de/ePaper/Auf-den-Spuren-von-Julius-Hirsch/54/
https://www.statistik-des-holocaust.de/OT430302-Paderborn4.jpg
http://www.wollheim-memorial.de/de/peter_wolff_19242007#
Fischer, Hubertus (2018a): „Umschulungslager“ Eichow. Jüdische Jugend zwischen Auswanderungsvorbereitung und
Deportation. Mit einem lokalgeschichtlichen Rückblick. In: Peter Bahl/Clemens Bergstedt/Felix Escher/Ines Garlisch/
Frank Göse (Hg.) (2018): Sonderdruck aus Jahrbuch für brandenburgische Landesgeschichte. Berlin, S. 165-194.