Josef Katzenfuss später Katz
*1.4.1918 in Lübeck; ✡14.8.1990 in Los Angeles
Staatsangehörigkeit polnisch; staatenlos
Religion jüdisch
Vater Max Moses Katzenfuß *6.12.1876 in Preußisch Holland; ✡ 30.12.1921
Heirat der Eltern 17.8.1904 in Lübeck
Mutter Emma Cohn *19.1.1880 in Lübeck; ✡ 21.1.1942 in Riga-Jungfernhof
Onkel Bruno Katzenfuss *25.12.1880 in Preußisch Holland; 6.12.1941 nach Riga
Tante Caroline Linchen Katzenfuss geb. Cohn, Schwester von Emma Cohn; 6.12.1941 nach Riga
Geschwister
Marie Katzenfuss * 1905 in Lübtheen, Mecklenburg; oo Luckmann, „Mischehe“
Felix Katzenfuss * 2.1.1908 in Lübtheen; ✡8.5.1934, Motorradunfall
Ruth Rebekka Katzenfuss * 31.1.1913 in Lübeck; ooHolzblatt; Shanghai; ✡16.12.1959
Berthold Aron Katzenfuss (Katz) *11.12.1915 in Lübeck; ✡19.7.2000 in Lübeck
Beruf –
Adressen Lübeck, Braunstraße 6
Heirat 8.6.1946 in Lübeck Irene Lärmer *15.2.1924 in Dornheim;
Kinder
Jean Esther Katz *30. 11. 1952 in Los Angeles
Kinder –
Weiterer Lebensweg
Gemeinschaftsschule Domkirchhof, Mittelschule
1935 Kaufmännische Lehre in Witzenhausen bei Kassel
1937 Fortsetzung der kaufmännischen Lehre in Lübeck
August 1937 Pogrom in Lübeck, der Laden der Familie wird verwüstet
11.11.1938 Verhaftet im Novemberpogrom
„Schutzhaft“ in der Strafanstalt Lauerhof
20.12.1939 entlassen aus dem Gefängnis
Frühjahr 1939 mit Bruder Berthold im Hachschara-Gut Ellguth
17.5.1939 mit Bruder Berthold im Hachschara-Lager Falkenberg, Klein Schnellendorf bei Minderheiten-Volkszählung
1.9.1939 Überfall der Wehrmacht auf Polen; polnische Lübecker müssen sich regelmäßig auf der Polizeiwache melden
Sept. 1939 Bruder Berthold nach bestandener Prüfung mit Arbeiter-Zertifikat nach Palästina
5.11.1939 aus Beerfelde bei Neuendorf ins Umschulungs- und Einsatzlager Paderborn, Grüner Weg
Oktober 1940 -März 1941 Palästina-Seminar in Berlin, aus jedem Hachschara-Lager zwei
22.11.1941 auf Bitten der Mutter nach Lübeck, um sie auf dem angeordneten Riga-Transport als einziger in Deutschland gebliebener Sohn zu begleiten
4.12.1941 Verhaftung, Sammellager
6.12.1941 von Lübeck über Oldesloe mit dem Hamburger Transport nach Riga
10.12.1941 Ankunft in Riga Skirotawa; Fußmarsch ins Lager Jungfernhof
18.12.1941 mit einer Gruppe 500 jüngerer Männer aus dem Jungfernhof zum Aufbau ins Lager Salaspils
22. Januar 1942 Tante Caroline schreibt Josef beim Tod seiner Mutter :
„Mein lieber Josef, Deine liebe Mutter ist gestern abend an einem Schlaganfall in den Armen von Oberrabbiner Carlebach gestorben. Sie hat noch „Shmah Jisroel“ (Höre Israel) gesagt, sie hat sich nicht gequält. Nachmittags ist ihr plötzlich schlecht geworden, kurze Zeit später war sie tot. Sie ist gestorben wie eine ganz fromme Frau, sagt Carlebach. Sie ist wohl daran. Ich soll Dir noch Grüße von allen hier ausrichten. Deine Dich liebende Tante Linchen.“
April 1942 Josef K. kommt aus Salaspils in ein Außenlager, ein ehemaliges Studentenheim in Riga-Kaiserwald, zum Aufbau einer Gärtnerei; wegen Tauschhandel mit Lebensmitteln kommt er in das Gefängnis („Bunker“) auf dem Blechplatz im Ghetto Riga. Er berichtet in seinen Erinnerungen:
„Eine Eisentür schließt sich und wir sind doppelte Gefangene. Durch das vergitterte Fenster sehe ich, wie sich die Menschen am Bunker vorbeischleichen. Manche werfen einen mitleidigen Blick auf die Inhaftierten, um sich aber sofort ihren eigenen Gedanken wieder hinzugeben. Nur ein junges Mädchen bleibt stehen und spricht mit uns, als sich der jüdische Polizist für einige Momente abwendet. Später kommt sie zurück, um uns einige Scheiben Brot durch ein zerbrochenes Fenster zu reichen. Sie erzählt mir, dass sie im Hannoverhaus mit zehn anderen Mädchen wohnt. Sie versucht mich zu trösten, aber es scheint mir, dass sie selbst nicht an ihre Worte glaubt.“
Dieses Mädchen ist seine spätere Frau Reni Lärmer.
22.10.1942 160 jüdische Männer, Frauen und Kinder aus dem Ghetto Riga nach Libau, darunter auch Josef Katz und Dr. med. Kurt Hirschfeld aus Berlin
Lagerältester im Ghetto Libau ist Israelit, Vertreter Kigansky
Arbeit in einer Rübenzuckerfabrik im Ghetto Libau, Ernst Einstein – zuvor Lagerältester von Salaspils – ist hier zum Kolonnenführer degradiert; Josef K. kommt in Libau oft ins Gespräch mit ihm.
März 1943 Rückkehr des Arbeitskommandos von Josef K. nach Riga
20.4.1943 Einweihung des Jungmännerheims in der Moskauer Straße 21 für 20 junge Männer ohne Familienanschluss u.a für Josef K. Frau Meier ist die Reinemachefrau des Heims „Herrenhausen“.
Mai 1943 im SS- und Polizeigut Baloshi, Kommandoältester für 10 Männer und 5 Frauen heißt Hanauer
8. 10. 1943 Auflösung Ghetto Libau, Bewohner aus Libau deportiert
Juli-2. November 1943 schrittweise Auflösung des Ghettos; Einrichtung des Konzentrationslagers Riga-Kaiserwald und verschiedener Betriebslager mit lokaler Kasernierung; Kommandant des KL Kaiserwald Sturmbannführer Albert Sauer
November 1943 Rückkehr nach Riga, Aufnahme von Josef K. im KL Kaiserwald
November 1943 im Dachdecker-Kommando im KL Kaiserwald
April 1944 abgeordnet vonn SS-Hauptscharführer Blatterspiel als Gärtner in den Heereskraftfahrzeugpark HKP
Sommer 1944 Auflösung des KL Kaiserwald, Riga
Juli – September 1944 Transporte der Arbeitsfähigen aus Riga per Schiff nach Stutthof
6.8-9.8.1944 1. Großer Transport mit der „Bremerhaven“ von Riga nach Danzig
28.9.-1.10.1944 3155 Häftlinge aus Riga Kaiserwald, 300 von der Lenta auf dem Frachtschiff „Kanonier“ von Riga->Danzig
1.10.1944 Ankunft und Registrierung in Stutthof
Schichau-Werft in Danzig
November 1944-Januar 1945 Schichau Werft
November 1944 Josef K. ins Stutthof Außenlager Schichau-Werft in Danzig-Schellmühl an der Weichsel
Von September 1944 bis März 1945 bestand auf der Werft ein Außenlager des KZ Stutthof. Zunächst arbeiteten dort 500 Jüdinnen, später 1100 weibliche und männliche Häftlinge, die aus dem Lager im Danziger Vorort Kokoschken mit der Bahn zur Arbeit transportiert wurden. Hier wurden die U-Boote Typ VIII C und der modernste Typ XXI gebaut.
Lagerälteste in Kokoschken ist der lettische Jude Glücksmann, sein Vertreter Adolf Oesterreicher. Josef Katz schreibt:
„Dieses Lager hat eine jüdische Häftlingsführung. Glücksmann, ein lettischer Jude ist Lagerältester, sein Gehilfe beim Prügeln heißt Oesterreicher, ein Jude aus Kassel.“
Als Katz mit einer Gruppe für eine zusätzliche Nachtschicht vom SS-Oberscharführer mit reichlich Kartoffeln belohnt wird, erwartet sie am nächsten Morgen eine bittere Enttäuschung:
„Glücksmann und Oesterreicher haben sämtliche Betten und Spinde durchsucht und alle Kartoffeln mitgenommen.“
Januar 1945 Evakuierung des Lagers Schichau-Werft; Todesmarsch, altes Arbeitsdienstlager bei Rieben oder Godentow in Pommern
8.3.1945 Befreiung in Rieben durch Rote Armee
11.000 Stutthof-Häftlinge in 9 Kolonnen aufgeteilt, mussten sie innerhalb von 10 Tagen 120 bis 170 km zu acht Evakuierungslagern in den Orten der Region zurücklegen: Krampe, Gans, Tauenzin, Rieben, Nawitz, Godentow, Lischnitz, Boschpol und Lowitz. Etwa 4.000 Menschen verloren ihr Leben
Nach Erholung im russischen Lazarett bringt er eine Gruppe von 20 Hamburger Juden über Berlin nach Lübeck
1945 in Berlin Wiedersehen mit Reni Irene Lärmer, im Sammellager für überlebende Juden in der Iranischen Straße, dem ehemaligen jüdischen Krankenhaus ; er schreibt in seinen „Erinnerungen“:
„Rosel Sachs aus Libau ist da, und dann traue ich meinen Augen nicht, das junge Mädchen, das mir Brot in den Bunker reichte, kommt mir mit ausgestreckten Armen entgegen. Unsere Freude ist groß, ein Wunder ist geschehen. Sie erzählt mir, dass sie die Absicht hat, nach Fürth zu fahren, um ihre Angehörigen zu suchen. Ein Jahr später heiraten wir in Lübeck. Für immer werde ich ihr dankbar sein; sie gab mir Mut in einer der dunkelsten Stunden meines Lebens.“
1946 Heirat mit „Reni“ Irene Lärmer in Lübeck
Nennt im DP-Camp Nr. 590 als seinen Beruf „Transportleiter“
22.8.-6.9.1946 mit Ehefrau Irene von Bremen auf dem US-Marinetransporter SS MARINE PERCH nach New York
12.6.1953 Umbenennung in Katz im Rahmen der Einbürgerung als US Citizen in Los Angeles
Gedenken
25.4.1999 Pages of Testimony für Emma Katz ihre Schwester Lina und Bruno Katz von Mikhal Zahavi
21.4.2010 Stolperstein für Emma Katz, Braunstraße 6
Quellen
Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939
Josef Katz, Erinnerungen eines Überlebenden, Neuer Malik Verlag, 1988
Passenger and Crew Lists of Vessels Arriving at New York, New York, 1897-1957 (National Archives Microfilm Publication T715, roll 7167); Records of the Immigration and Naturalization Service, Record Group 85
https://www.stolpersteine-luebeck.de/main/adressen/braunstrasse-6.html
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de894827
Margit Naarmann, Ein Auge gen Zion, Paderborn, 2000; ISBN3-89498-087-7