Günther Karl Heinz Gern

Kennkartendoppel 1938/39, © Stadtarchiv München
*14.11.1918 in München; +8.8.1943 in Auschwitz
Staatsangehörigkeit deutsch
Religion jüdisch

Vater Dr. jur. Artur Gern *27.8.1884 in Ludwigshafen; Rechtsanwalt in München und später Heimleiter des Lehrlingsheimes der Kultusgemeinde; +25.11.1941 in Kaunas

Mutter Elisabeth Ehrlich *31.12.1894 In Kaiserslautern; +25.11.1941 in Kaunas
Geschwister
Ernst Gern *6.2.1916; oo Edmee Hess; +9.3.1983 in Lausanne

Helmut Gern *23.1.1917 in München; +1943 in Auschwitz
Beruf –
AdressenMünchen, Schweiger Straße 2; Erfurt; Paderborn
Heirat 15.12.1941 in Paderborn
Ursula Cohen*23.10.1921 in Sterkrade (Oberhausen); +1943 in Auschwitz
Kinder –
Weiterer Lebensweg
Volksschule und Gymnasium
April 1935 Bruder Ernst emigriert nach Lausanne
Oktober 1935 bis November 1938 in Erfurt
10.11.1938 Günter Gern verhaftet im Novemberpogrom,

„Schutzhaft“ in Dachau; Häftlingsnummer 19902
3.2.1939 Günter Gern entlassen aus dem KL Dachau
Gemeldet in Eberswalde, Hachschara Gut Rüdnitz an der Bahnlinie Berlin–Eberswalde
17.5.1939 Bruder Helmut und die Eltern in München bei Minderheiten-Volkszählung
23.6.1939 Vertrag zwischen der RVJD und der Stadt Paderborn zur Errichtung des Umschulungs- und Einsatzlagers Paderborn, Grüner Weg 86
5.7.1941 behördliche Anordnung zur Auflösung der Hachschara-Lager; zusammen mit Ursula Cohen aus dem Umschulungslager „Neue Feldschneidemühle“ in Eichow bei Forst, Arbeit für das Rittergut Eichow nach München
5.-9.9.1941 mit Ursula Cohen zu Besuch bei den Eltern in München; sie wohnen in dem vom Vater geleiteten Lehrlingsheim der jüdischen Gemeinde
9.9.1941 aus München kommend ins Lager Paderborn

20.11.41 Deportation der Eltern, Tante Elisabeth Einstein und zwei Kinder mit 998 Juden aus München und Augsburg nach Kauen, Kowno verschleppt; gefangen gehalten im Fort IX
25.11.1941 Tod der Eltern bei Massenerschießung im Fort IX in Kaunas
15.12.1941 Heirat in Paderborn
November 1942 in Kraft tretendes Gesetz: „Alle im Reich gelegenen Konzentrationslager sind judenfrei zu machen und sämtliche Juden sind nach Auschwitz und Lublin zu deportieren.“
März 1943 Reichsweite „Fabrikaktion“, alle noch in Arbeitslagern und kriegswichtigen Betrieben beschäftigten „Volljuden“ werden verhaftet und in Konzentrationslager nach Auschwitz und ins „Generalgouvernement“ deportiert
27.2.1943 Befehl von Wilhelm Pützer (1893-1945), Leiter des Judenreferats der Gestapo-Außendienststelle Bielefeld, das „jüdische Arbeitseinsatzlager in Paderborn“ aufzulösen und deren Insassen und weitere Juden aus dem Sprengel bis zum 1. März, also zwei Tage später, nach Bielefeld zu bringen, wo sie „spätestens“ bis 13 Uhr im „Saal der Eintracht“ eintreffen mussten.
27.2.1943 die Pforte des Lagers Paderborn wird von Polizisten bewacht, um Fluchten zu verhindern

1.3.1943 Auflösung des Arbeitslagers Paderborn; mit der Bahn nach Bielefeld; mit Bussen ins Sammellager Saal im Haus der Gesellschaft „Eintracht“ am Klosterplatz
Erwin Angress berichtet:
„Die Jüdischen Lagerinsassen – insgesamt 99 – wurden in Extrawagen nach Bielefeld transportiert, die an den fahrplanmäßigen Zug ab Paderborn am 1.3.43 um 8.24 Uhr angehängt wurden. In Bielefeld gab es im Saal des Vereinslokals ,Eintracht” ein Sammellager für Juden aus dem ganzen Bezirk. Bereits in der darauffolgenden Nacht vom 1. auf den 2. März 1943 wurden alle Juden zum Bielelelder Güterbahnhof gebracht und in Waggons gepfercht. Mit diesem Zug rollten wir dann nach Auschwitz… Nur 9 Personen haben überlebt.“
2.3.1943 40 Stunden im geschlossenen Güterwaggon, Transport Bielefeld über Hannover – Erfurt – Dresden nach Auschwitz mit allen 98 Chawerim aus dem Arbeitslager
3.3.1943 Ankunft und Selektion in Auschwitz; Ernst Michel berichtet:
„Es gab nun zwei Reihen, beide rückten langsam voran. Männer an eine Seite, Frauen an die andere. … Issy schlurfte neben mir. Er war in Paderborn einer der charismatischen und zuverlässigsten Leiter. Er war dynamisch, optimistisch und stets hilfsbereit. Er war stark wie ein Stier. Er hatte Lilo in Paderborn geheiratet einige Wochen vor unserer Deportation. Sie war bereits auf der anderen Seite. Tränen rannen sein Gesicht hinunter. Ich berührte ihn. Er nickte nur.“
Günther ins Lager aufgenommen zum Aufbau des IG-Farben Werkes Buna Monowitz, Häftlingsnummer 104925
Ehefrau Ursula Gern und Bruder Helmut vermutlich bereits an der Rampe zur Ermordung durch Gas aussortiert
8.8.1943 Tod in Auschwitz
Gedenken
27.12.1956 Pages of Testimony für Günther Gern, seinen Bruder Helmut und seine Eltern von seiner Tante Elsa Schauer
5.4.1990 Pages of Testimony für Ursula und Günther Gern von Paderborn-Chawer Alfred Ohnhaus
Quellen
Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de873544
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de873515
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de873501
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de901091
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de901186
https://www.statistik-des-holocaust.de/list_ger_wfn_43a.html
Margit Naarmann, Ein Auge gen Zion, Paderborn, 2000; ISBN3-89498-087-7
Ernst D. Gern, Memorien; Stadt AM, Judaica Memoiren 47. Maschinenschriftliches Manuskript, 49 Seiten.
https://gedenkbuch.muenchen.de/index.php?id=gedenkbuch_link&gid=64
Kurt Salinger, Nächstes Jahr im Kibbutz, Paderborn 1998
https://www.statistik-des-holocaust.de/OT411120-2.jpg
https://collections.arolsen-archives.org/en/search/person/130429402?s=Gern%201918&t=532939&p=0